• Veröffentlichungsdatum : 03.01.2024
  • – Letztes Update : 08.01.2024

  • 6 Min -
  • 1214 Wörter
  • - 10 Bilder

Zeitenwende für die Landesverteidigung?

Redaktion Truppendienst

TREND RADAR 02/2023: Im aktuellen "Trend Radar" werden die Einschätzungen und Einstellungen der Bevölkerung bezüglich Sicherheit, Verteidigungspolitik und dem Image des Österreichischen Bundesheeres präsentiert. Der Fokus liegt auf Themen wie der Sicherheitslage, den Hauptanliegen der Bevölkerung, der Wahrnehmung von Bedrohungen wie steigenden Preisen, Zuwanderung, dem Ukraine-Konflikt und dem Klimawandel. Zudem werden die Haltung zur Neutralität, die Meinung zum Bundesheer und die Unterstützung für den Aufbauplan 2032+ sowie die Geistige Landesverteidigung beleuchtet. Die Zusammenfassung zeigt wichtige Trends und Meinungen der österreichischen Bevölkerung in sicherheitspolitischen Angelegenheiten. Die Daten entstammen einer im Oktober 2023 durchgeführten Bevölkerungsumfrage.

Sicherheitsempfinden und Bedrohungswahrnehmung

Das Sicherheitsempfinden der österreichischen Bevölkerung zeigt eine gemischte Wahrnehmung. Weltweit betrachtet empfinden weiterhin 55% die Lage als unsicher, wobei insbesondere ältere Personen (ab 60 Jahren) dieses Bedrohungserleben mit 71% stark wahrnehmen. Im Vergleich zu früheren Jahren bleibt dieser Anteil konstant hoch, während das Sicherheitsempfinden innerhalb Österreichs langsam von einem Tiefpunkt im letzten Jahr (50%) wieder auf 55% steigt.

Das persönliche Sicherheitsempfinden zeigt ebenfalls eine Steigerung auf 63%, liegt aber immer noch deutlich unter den Werten vor der Krise. Interessanterweise nehmen gemischte Gefühle (teils sicher, teils unsicher) im Vergleich zu historischen Werten zu, was auf eine komplexere Bedrohungswahrnehmung hindeutet.

Die Hauptsorgen der Bevölkerung bleiben die steigenden Preise, die von etwa 70% als sehr oder eher bedrohlich wahrgenommen werden. Im Vergleich zum Vorjahr nehmen Bedrohungen wie Spannungen zwischen dem Westen und Russland sowie der Klimawandel etwas ab, während sich nun 50% durch Zuwanderung bedroht fühlen, was einem Anstieg von 8% im Vergleich zum Vorjahr entspricht.

Neutralität, Partnerschaften und Isolationismus

Die Neutralität genießt weiterhin starke Unterstützung in Österreich, wobei 74% der Bevölkerung diese bejahen. Es gibt jedoch große Unterschiede zwischen den Generationen, da 81% der Über-60-Jährigen zustimmen, aber nur 51% der Jungen bis 26 Jahre.

In Bezug auf die Positionierung in Konflikten befürworten 41% eine klare Haltung zu politischen Konflikten im Ausland, während 22% dies auch bei militärischen Konflikten wollen. Männer neigen eher zu einer klaren Position (44% bei politischen und 25% bei militärischen Konflikten). Die ältere Generation (60+) ist eher für klare Positionen (57%), im Gegensatz zur jüngeren Bevölkerung (30%).

26% sehen eine abnehmende Verantwortung Österreichs auf der Weltbühne, wobei ältere Menschen (28%) und Männer (32%) diesen Bedeutungsverlust stärker wahrnehmen. Personen mit Migrationshintergrund hingegen glauben eher an eine Zunahme der Verantwortung Österreichs (43%).

Hinsichtlich der Partnerschaften bevorzugt ein Drittel der Bevölkerung die USA als verlässlichen Partner, während etwa jede fünfte Person China und Russland als verlässliche Partner betrachtet. Frauen sind kritischer bei der Einschätzung von USA, China und Russland als Partner, wobei Männer eher die USA als verlässlichen Partner ansehen (44% gegenüber 24% bei Frauen). Personen mit abgeschlossener Lehre zeigen eher Verständnis für Russland. Die Unterstützung für eine Orientierung an der NATO in Sicherheits- und Verteidigungsfragen liegt bei 20%, was den höchsten bisher gemessenen Wert darstellt.

Die Stimmung in Österreich bezüglich des Engagements in globalen Sicherheitskrisen hat sich stark verändert. Während 2019 noch 62% der Meinung waren, dass Österreich anderen bei der Bewältigung von Problemen und Konflikten helfen sollte, sind es aktuell nur noch 43%. Im Gegenzug bevorzugen nun 49% der Befragten, sich eher aus solchen Problemen und Krisen herauszuhalten. Erstmals zeigt sich eine relative isolationistische Mehrheit in Österreich.

Besonders auffällig ist der Wandel bei der jungen Generation bis 26 Jahre: Im Jahr 2022 hatten nur 41% eine isolationistische Position, während es aktuell 55% sind. Auch die Generation der 43-59-Jährigen (Generation X) neigt stark zur Nicht-Einmischung, wobei 59% dieser Altersgruppe gegen eine Einmischung Österreichs in die Angelegenheiten anderer sind.

Für diejenigen, die weiterhin die internationale Integration Österreichs unterstützen, werden diplomatische Maßnahmen wie humanitäre Hilfe, wirtschaftliche Sanktionen und Stabilisierungseinsätze des Österreichischen Bundesheeres als geeignete Mittel der Außen- und Sicherheitspolitik angesehen.

Aufbauplan 2032+

Die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung unterstützt den Aufbauplan 2032+, der umfassende Investitionen in Fahrzeuge, Ausrüstung der Soldaten und autarke Kasernen vorsieht. Etwa 69% der Bürger sind mit diesen Investitionen einverstanden. Besonders die Generation der Über-60-Jährigen zeigt eine hohe Zustimmung (78%), während auch die jüngere Bevölkerungsmehrheit (59%) den Plan unterstützt. Einkommensabhängig gibt es kaum Unterschiede in der Zustimmung.

Zusätzlich befürworten 57% eine zukünftige Erhöhung der Ausgaben für die Landesverteidigung, ein Wert, der über längere Zeit stabil ist. Neben der Verteidigung sind auch die Gesundheit (80%), Bildung (70%) und Pensionen (62%) Bereiche, die aus Sicht der Österreicher ausgebaut werden sollten. Hingegen wird eine Verringerung der Arbeitslosenunterstützung (30%) und der Entwicklungshilfe (27%) eher befürwortet.

Wahrnehmung Bundesheer

Die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung (69%) hat eine eher positive Einstellung zum Österreichischen Bundesheer. Insbesondere die Generation der Über-60-Jährigen zeigt eine hohe Zustimmung von 84%. Regionale Unterschiede sind deutlich, mit einer starken Befürwortung in Kärnten (85%) im Gegensatz zu Wien, wo nur 61% eine positive Einstellung zum Bundesheer haben.

Das Bundesheer genießt ein hohes Vertrauen, da 77% der Befragten angeben, eher, überwiegend oder voll und ganz Vertrauen zum Bundesheer zu haben. Im Vergleich zu anderen Organisationen liegt es gemeinsam mit der Polizei an zweiter Stelle in puncto Vertrauenswürdigkeit, nur Feuerwehr und Rettung haben höhere Werte.

Die Wahrnehmung des Bundesheeres hat sich in verschiedenen Aspekten verbessert: Die Leistungen im Rahmen der militärischen Landesverteidigung werden von 42% positiv bewertet, was im Vergleich zu Vorjahren (2021: 33%, 2022: 32%) eine deutliche Steigerung darstellt. Die Wahrnehmung der Ausrüstung und Bewaffnung ist ebenfalls gestiegen, mit 24% positiven Bewertungen im Vergleich zu 15% im Jahr 2019.

Besonders beeinflusst wurde der positive Eindruck des Bundesheeres durch Auftritte in den Medien. Beispielsweise stieg die Zahl der Menschen, die einen positiven Eindruck von Fernsehauftritten des Bundesheeres haben, von rund der Hälfte im Jahr 2019 auf 75% in aktuellen Umfragen.
 

Bundesheer: Rolle in der Gesellschaft

Die Einstellung der Österreicher zum aktiven Verteidigen des Staates im Falle eines Angriffs bleibt konstant bei 31%, wobei Männer (41%) und junge Menschen unter 23 Jahren (39%) besonders bereit sind, mit der Waffe zu verteidigen.

Ein Großteil (79%) der Befragten, betrachten das Bundesheer als einen normalen Bestandteil der Gesellschaft. Zudem glauben 65% der Bevölkerung, dass das Bundesheer zentrale Gesellschaftswerte wie Freiheit und Gerechtigkeit verkörpert.

Eine Mehrheit von 68% ist der Ansicht, dass das Österreichische Bundesheer zur Sicherung der liberalen und demokratischen Werteordnung beiträgt, wobei diese Ansicht vor allem bei der Generation 60+ (80%) vertreten ist, während weniger als die Hälfte der jüngeren Altersgruppen dem zustimmt.

Die Geistige Landesverteidigung wird von 74% der Bevölkerung als wichtig erachtet, wobei besonders in Schulen, wo 79% dafür plädieren, dass schulpflichtige Jugendliche über die Bedeutung und Aufgaben des Bundesheeres informiert werden sollen, eine hohe Zustimmung herrscht.

Etwa die Hälfte der Befragten (52%) betrachtet das Bundesheer als einen attraktiven Arbeitgeber für junge Menschen, wobei jedoch die Polizei (41%) als attraktivster Arbeitgeber gilt und beide Organisationen in ihrer Attraktivität stetig zunehmen. Besonders junge Menschen und die Elterngeneration bewerten das Bundesheer unterdurchschnittlich oft als attraktiven Arbeitgeber.

Fazit

Die Sicherheitslage wird von der österreichischen Bevölkerung nach wie vor pessimistisch eingeschätzt, wobei steigende Preise, Zuwanderung und der Ukrainekonflikt als Hauptanliegen genannt werden. Obwohl die Wahrnehmung des Ukraine-Konfliktes leicht zurückgegangen ist, fühlt sich immer noch die Hälfte der Menschen bedroht. Die Bedeutung des Klimawandels als Bedrohung hat ebenfalls abgenommen. Die Neutralität wird weiterhin von einem Großteil der Bevölkerung unterstützt, wobei Generationsunterschiede zu berücksichtigen sind. Das Österreichische Bundesheer erhält eine positive Grundhaltung von einem großen Teil der Menschen, ebenso wie der Aufbauplan 2032+. Seine Verankerung in der Gesellschaft wird von einer großen Mehrheit wahrgenommen, und die Mehrheit unterstützt einen Ausbau der Geistigen Landesverteidigung.

Hier geht es zum "Trend Radar" Archiv

-redTD-

 

Ihre Meinung

Meinungen (0)