• Veröffentlichungsdatum : 21.08.2025

  • 8 Min -
  • 1550 Wörter

Fahrlehrer des Gebirges

Reinhold Lackner

Die „Qualifizierte Gebirgsausbildung“ des Bundesheeres wurde grundlegend neu strukturiert. Die modulare Gestaltung der Lehrgänge schafft mehr Flexibilität für Berufs- und Milizsoldaten und erhöht gleichzeitig die Ausbildungsqualität. In enger Kooperation mit der Deutschen Bundeswehr sowie mit internationalen Partnern bleibt die Gebirgsausbildung ein zentraler Bestandteil der Einsatzvorbereitung für Operationen im extremen Gelände – national wie international.

Die „Qualifizierte Gebirgsausbildung“ im Bundesheer bringt als wesentliches Element der Gebirgskampfausbildung spezialisierte Soldaten hervor für die

  • Planung und die Beratung von Kommandanten zur Durchführung von Einsätzen im Gebirge und
  • Mobilitäts- sowie Überlebensausbildung von Soldaten für Einsätze im schwierigen und extremen Gelände.

Sie stellt maßgeblich die Einsatzbereitschaft sicher und garantiert den Aufwuchs an Ausbildungspersonal für die Lehrgänge und Ausbildungen für den Einsatz im Gebirge am Gebirgskampfzentrum in Saalfelden sowie bei den Verbänden. Die Struktur der „Qualifizierten Gebirgsausbildung“ änderte sich am 3. Dezember 2013 mit dem Kooperationsabkommen mit der Deutschen Bundeswehr (siehe „Umbruch in der Gebirgsausbildung, Truppendienst-Heft 1/2015). Nachdem die gemeinsamen Ausbildungsgrundlagen fertig bearbeitet waren, erfolgte im Jahr 2014 der Start der im Kooperationsvertrag festgelegten gemeinsamen Ausbildung von österreichischen und deutschen Gebirgssoldaten bei Lehrgängen (LG) der Heeresbergführer (HBF) und Heereshochgebirgsspezialisten (HHGS).

 

Änderungen Ausbildungssystematik

Nach einer fast zehnjährigen Kooperation mit der Deutschen Bundeswehr beleuchtete der damalige Evaluationsdirektor im BMLV die Ausbildung der Heeresbergführer neu. Die Auswertung der Erkenntnisse dieser Begutachtung war der Start für eine aktuelle Neuausrichtung der „Qualifizierten Gebirgsausbildung“. Daher wurde auf bi-nationaler Ebene ein neues, der jeweiligen Nation entsprechendes Ausbildungssystem entwickelt, das weiterhin auf einem dreistufigen System basiert. Das Ziel war, die Ausbildung zum Heeresbergführer nicht nur als einjährig durchgehende Ausbildung, sondern auch modulartig den Bedarfsträgern anzubieten. Dadurch sollen die Ausbildungsstrukturen in Österreich entlastet und den Kader- und Milizsoldaten die Möglichkeit geboten werden, diese lange und intensive Ausbildung in Teilen zu absolvieren. Die modulare Ausbildung stellt dabei die „Norm“ dar. Die einjährig durchgehende Ausbildung soll nur noch in Ausnahmefällen, beispielsweise für internationale Lehrgangsteilnehmer, angeboten werden.

Der LG HHGS wurde in Österreich ebenfalls angepasst. Dieser besteht aus vier Ausbildungsblöcken zu je zwei Wochen. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die Gebirgskampfausbildung gelegt. Im zweiwöchigen Ausbildungsmodul „Gebirgskampf“ werden die jeweils laufenden LG HBF und HHGS zusammengeführt, um gemeinsam die Schwerpunkte der Planung und Durchführung für einen Einsatz von Truppen im Gebirge zu durchlaufen. Die Gesamtausbildungsdauer wird dadurch zwar nicht wesentlich verkürzt, jedoch kann sie in einzelne, räumlich und zeitlich voneinander getrennte Module unterteilt werden. Die modulare Ausbildung wird seit Beginn des Jahres 2025 am Gebirgskampfzentrum in Saalfelden angeboten.

Kooperation

Die deutsch-österreichische Ausbildungskooperation bietet weiterhin den LG HBF und den LG HHGS an. Die Lehrgänge, an denen die Soldaten der jeweiligen Partnernation teilnehmen können, werden in Österreich und Deutschland durchgeführt. Hat man diese Ausbildung in einem Land begonnen, so ist diese dort auch zu beenden. Die bei der Deutschen Bundeswehr angebotenen LG HBF und LG HHGS sind inhaltlich identisch, weisen jedoch unterschiedliche Strukturen in den Ausbildungsabschnitten auf. Grundlage dafür sind die gemeinsam entwickelten Vorschriften und Ausbildungscurricula, die derzeit überarbeitet werden. Die Ausbildungsstätte in Deutschland ist die Gebirgs-&Winterkampfschule in Mittenwald in Bayern.

 

Wie werde ich …

Der Einstieg in die qualifizierte Gebirgsausbildung ist entweder über den LG Heeresgebirgsausbilder (HGA) oder direkt über den LG HHGS möglich. 

... Heeresgebirgsausbilder?

Um den Einstieg in die „Qualifizierte Gebirgsausbildung“ zu schaffen, sollte sich der Anwärter als Vorbereitung für den Lehrgang mit den Zielen der Truppengebirgsausbildung befassen. Die Absolvierung der Truppengebirgsausbildung erfolgt in der Regel in einem Laufbahnlehrgang (Kaderanwärterausbildung für Unteroffiziere und Offiziere) oder bei einem Ausbildungsvorhaben der Truppe. Wurde an der Truppengebirgsausbildung nie teilgenommen, ist es möglich, sich die Ausbildungsziele mit Unterstützung des qualifizierten Gebirgspersonals selbst anzueignen.
Der Ablauf sowie die Inhalte der Truppengebirgsausbildung sind den Durchführungsbestimmungen für die Gebirgskampfausbildung in der jeweils geltenden Fassung zu entnehmen. Zur Verbesserung des eigenen schifahrerischen Könnens kann vor Beginn des LG HGA Winter das Seminar Militärische Schibasisausbildung (Sem MilSBA) besucht werden. Für die Meldung zum LG HGA Winter sind die im jeweilig gültigen Curriculum vorgeschriebenen Zulassungsbedingungen zu erfüllen.
 

... Heereshochgebirgsspezialist?

Die Lehrgänge zum HHGS können entweder auf direktem Weg oder mit einer vorherigen Teilnahme an den Modulen des LG HGA bewerkstelligt werden. Wählt man aufgrund seiner eigenen Vorkenntnisse einen direkten Einstieg in die Ausbildung zum HHGS, sind Teile der Fähigkeiten eines HGA zu können. Diese Vorkenntnisse sind im Curriculum LG HHGS aufgelistet. Der LG HHGS beginnt immer mit dem Modul LG HHGS Fels und/oder Hochtouren. Nach zumindest einem dieser Module kann die Fortsetzung der Ausbildung im Modul HHGS Schihochtouren erfolgen. Die Qualifikation HHGS wird mit dem Modul HHGS Gebirgskampf abgeschlossen.
Nach Abschluss aller Module oder zumindest nach den Modulen HHGS Fels und Hochtouren kann der LG HHGS Sicherungsanlagenbau absolviert werden. Diese Zusatzqualifikation befähigt den HHGS alle Arten von Sicherungsanlagen, auch unter Sicherstellung der Bewegung von Truppen, zu errichten. In weiterer Folge ist es, bei begründetem Bedarf der Heeresflugretter Einsatzgruppen, für den HHGS möglich, sich als Heeresflugretter (HFRt) im Rahmen des LG HFRt qualifizieren zu lassen.

... Heeresbergführer?

Der Heeresbergführer stellt die höchste Qualifikationsstufe der Gebirgsausbildung dar. Diese Qualifikation ist mental und körperlich eine der anspruchsvollsten Ausbildungen im Bundesheer. Eine überdurchschnittliche körperliche Leistungsfähigkeit sowie ausreichende alpine Erfahrung sind die zentralen Elemente, um diese Ausbildung zu absolvieren. Der HBF muss auch bei widrigsten Umfeldbedingungen eingesetzt werden können. Die in dieser Ausbildung geforderten Geländeschwierigkeiten bewältigen zu können, dient dazu, die notwendige „Bewegungsüberlegenheit“ zu erlangen, um die Aufträge bei Einsätzen unter extremen Bedingungen ausführen zu können. 
Für die Ausbildung zum HBF ist es zunächst erforderlich, die Grundausbildung zum Unteroffizier oder Offizier abzuschließen. Im nächsten Schritt muss sich der Anwärter entscheiden, ob der Lehrgang zum Heeresbergführer in einem Jahr oder modulweise (innerhalb von bis zu vier Jahren) absolviert werden soll.

 

HBF: Einjährige Ausbildung

Die Ausbildung zum HBF beginnt immer mit den Fels- und Hochtourenlehrgängen der HHGS Ausbildung. In diesen Modulen wird die grundsätzliche Eignung zur Weiterbildung zum HBF festgestellt. Wird diese erbracht, kann der Einstieg in die HBF Ausbildung im LG HBF Fels erfolgen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zwischen dem Abschluss des LG HHGS Fels und LG HHGS Hochtouren wenig Zeit bleibt, um sich auf den anschließenden Beginn der HBF Ausbildung beim LG HBF Fels vorzubereiten. Diese Lücke soll durch das Implementieren von ergänzenden Zielen in der Ausbildung zum HHGS geschlossen werden. Das bedeutet, dass ein möglicher Aspirant in derselben Zeit mehr Ausbildungsziele in den HHGS Lehrgängen zu absolvieren hat, um den LG HBF Fels erfolgreich abzuschließen. Diese ergänzenden Ziele sind im aktuell gültigen Curriculum angeführt.
Zusätzlich zu den Modulen des LG HHGS wird jeweils ein Seminar Infowoche HBF Sommer und Winter angeboten, um möglichen Teilnehmern der HBF Ausbildung eine ergänzende Option zur Steigerung ihres persönlichen Könnens zur Verfügung zu stellen.
Nach dem erfolgreichen Absolvieren des LG HBF Fels sind die folgenden Module/Lehrgänge in der vorgegebenen Reihenfolge in der Dauer von insgesamt 20 Ausbildungswochen zu absolvieren:

  • Sicherungsanlagenbauer (SiAnlBau, 3 Wochen);
  • Heeresflugretter (HFRt, 1 Woche)
  • Lawinenauslösesprengen Teil I (1 Woche);
  • Heeresschiausbilder (HSA, 2 Wochen);
  • HBF Schi (2 Wochen);
  • HBF Steileis (1 Woche);
  • Lawinenauslösesprengen Teil II (1 Woche);
  • HBF Schihochtouren (2 Wochen);
  • HBF Gebirgskampf (GebKpf, 2 Wochen);
  • HBF Bergrettung (2 Wochen);
  • HBF Hochtouren (3 Wochen).

Im letzten Ausbildungsabschnitt, dem  Lehrgang HBF Hochtouren, müssen Kursteilnehmer alle erworbenen Fähigkeiten im Hochgebirge bei der Planung und Durchführung von Führungstouren unter Beweis stellen.

Modulweise Absolvierung

Beim modulweisen Absolvieren schließt man vor Beginn des LG HBF Fels die gesamte HHGS Ausbildung ab. Der Einstieg in die HBF Ausbildung erfolgt immer über den LG HBF Fels. Die nachfolgenden Ausbildungsmodule sind in ein- bis dreiwöchigen Lehrgängen zu absolvieren. Für die Teilnahme gibt es einige Voraussetzungen, die für die Meldung zu den Lehrgängen berücksichtigt werden müssen. Beispielsweise kann das Modul LG Heeresbergführer-Schi nur durchlaufen werden, wenn davor die Ausbildung zum Heeresschiausbilder positiv abgeschlossen wurde. Diese Lehrgangsvoraussetzungen und weitere Details werden dem in Entwicklung befindlichen Curriculum für die Ausbildung zum staatlich geprüften Heeresbergführer zu entnehmen sein.

 

Militärische Schiausbildung

Die militärische Schiausbildung stellt die Beweglichkeit der Soldaten im Winter auf allen Ebenen sicher und wird nach den Grundsätzen der Österreichischen Militärschischule am Gebirgskampfzentrum durchgeführt. Diese seit Jahrzehnten etablierte Ausbildung bleibt grundsätzlich unverändert.

Heeresschilehrer

Besonders schibewegliche Kadersoldaten können sich nach der erfolgreich absolvierten Ausbildung zum Heeresschiausbilder (HSA) zum Heeresschilehrer (HSL) weiterbilden. Dies geschieht in zwei Ausbildungslehrgängen, dem LG HSL Anwärter in der Dauer von zwei Wochen und im LG HSL Prüfung, der ebenfalls zwei Wochen dauert. Die Ausbildung zum Heeresschiausbilder (HSA) ist in der Ausbildung zum HBF integriert. 

Zukunft

Bei der Weiterentwicklung der Streitkräfte im Prozess ÖBH 2032+ ist und bleibt die Ausbildung für Einsätze im Gebirge als Querschnittsmaterie erhalten und spielt eine wichtige Rolle bei der allgemeinen und speziellen Einsatzvorbereitung der Kader- und Milizsoldaten. Im europäischen Kontext der „EU Pooling & Sharing Mountain Training Initiative“ genießt das alpine Ausbildungsangebot des Bundesheeres im internationalen Umfeld hohes Ansehen und wird intensiv in Anspruch genommen. Des Weiteren findet eine immer engere Zusammenarbeit mit dem Think Tank der NATO, dem Mountain Warfare Center of Excellence, statt.

Fazit

Die „Qualifizierte Gebirgsausbildung“ des Bundesheeres ist eine der umfassendsten und anspruchsvollsten militärischen Ausbildungen. Soldaten mit diesen Qualifikationen sind im Inland und in internationalen Einsätzen gefragt, insbesondere bei Rettungseinsätzen und sonstigen Operationen im schwierigen und extremen Gelände. Die Anpassungen im Bereich der „Qualifizierten Gebirgsausbildung“ sollen die Attraktivität der Ausbildung steigern. Kürzere, einzelne Ausbildungsabschnitte und das Nutzen von Synergien innerhalb der Qualifikationsstufen sollen die Ausbildungslandschaft der Gebirgs- und Gebirgskampfausbildung  des Bundesheeres optimieren. Ziel ist es, diese qualitativ hochwertige Ausbildung weiterhin für alle Soldaten des Bundesheeres zu ermöglichen, um die Anzahl der Alpinspezialisten bei der Truppe zu erhöhen.

 


Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST 2/2025 (403).

Zur Ausgabe 2/2025 (403).


 

Ihre Meinung

Meinungen (0)