• Veröffentlichungsdatum : 08.09.2022
  • – Letztes Update : 13.09.2022

  • 6 Min -
  • 1256 Wörter

Austrian Rangers

Gerold Keusch

Die U.S. Ranger zählen zu den härtesten Einheiten der Welt. Viele Gerüchte ranken sich um diese speziell ausgebildeten Soldaten und ihre Einsätze. Im Sommer 2022 fliegen vier österreichische Soldaten der „leichten“ 7. Jägerbrigade in die USA nach Fort Benning. Dort nehmen sie an der Ranger-Ausbildung teil und erhalten die Möglichkeit an diesem militärischen Spezialtraining teilzunehmen.

Die U.S. Ranger sind leichte Infanterieelemente, die Aufträge in der Tiefe des Gegners – hinter feindlichen Linien – durchführen. Dabei sind die Kampfelemente für mehrere Tage auf sich alleine gestellt und von der eigenen Versorgung bzw. Unterstützung de facto abgeschnitten. Daraus folgt, dass sie psychisch und physisch bestens trainiert sein müssen und ihr Soldatenhandwerk – von der Waffenhandhabung bis zur Gefechtstechnik – perfekt beherrschen müssen. Die Ranger sind als besonders spezialisierte Infanterieelemente einzuordnen, die deshalb auch zur Zusammenarbeit mit Spezialeinsatzkräften, wie dem Jagdkommando, geeignet sind.

Eliteausbildung in drei Phasen

Wer Ranger werden möchte, muss einen fordernden „Grundkurs“ absolvieren. Dieser dauert zwei Monate (61 Tage) und wird zwölf Mal im Jahr für etwa 100 Soldaten durchgeführt. Der Kurs gliedert sich in drei Phasen, die jeweils etwa 20 Tage dauern:

  • Fort Benning Phase, mit dem Aufnahmeverfahren und danach der Ausbildung mit den Schwerpunkten Gefechtstechnik und Taktik der leichten Infanterie;
  • Mountain Phase, eine Alpinausbildung im Mittelgebirge;
  • Swamp Phase, mit den Themen Kampf im urbanen Umfeld und im Küstenbereich.

Begleitend zu diesen Abschnitten wird die Eignung der Soldaten für den Dienst in einer Ranger-Einheit ständig festgestellt. Dies erfolgt anhand einer permanenten hohen körperlichen Belastung durch Märsche, Gefechtsbahnen etc., den Schlafentzug (max. fünf Stunden Schlaf am Tag) und die – gemessen an der Tätigkeit – geringe Kalorienaufnahme (ca. 2.200 kcal/Tag) während des zweimonatigen Trainings. Konkret soll die Belastung immer auf einem so hohen Niveau sein, dass der Durchhaltewille – die psychische Komponente – zu einem entscheidenden Faktor wird. Erschwerend sind die klimatischen Bedingungen während des Kurses. So müssen die Ranger-Anwärter sowohl mit hoher Luftfeuchtigkeit und Hitze als auch mit Kälte und Höhenlage (während der Gebirgsausbildung) zurechtkommen.

In der relativ kurzen Zeit von zwei Monaten kann die körperliche Leistungsfähigkeit nur geringfügig verbessert werden. Im Gegenteil: Aufgrund der fehlenden Erholungsphasen wird sich die körperliche Leistungsfähigkeit sogar verringern. Deshalb müssen die Soldaten möglichst fit sein, wenn sie nach Fort Benning kommen. Um das zu Überprüfen gibt es ein psychisch und physisch forderndes Aufnahmeverfahren. Das ist die erste Hürde, bei der bereits etwa die Hälfte der Ranger-Anwärter scheitert, obwohl sie sich dieser Ausbildung freiwillig unterziehen. Von jenen Soldaten die am Kurs teilnehmen können, schaffen etwa die Hälfte einen positiven Kursabschluss. Die anderen scheiden während des Trainings aus; einige wegen Verletzungen, die meisten weil sie den Belastungen nicht standhalten.

Ranger aus Österreich

Im Zuge eines Partnerschaftsprogrammes mit der U.S. Army erhielt das Österreichische Bundesheer vier Plätze für zwei Ranger-Kurse, einer im Sommer (ein österreichischer Kursteilnehmer) und einer im Herbst 2022 (die restlichen drei Österreicher). Die Soldaten, die dieses Angebot annehmen können, kommen von der „leichten“ 7. Jägerbrigade aus Kärnten und Niederösterreich. Nach einem positiven Kursabschluss und ihrer Rückkehr sollen sie das in den USA erworbene Wissen und Können an ihre Kameraden in Österreich weitergeben. Der Mehrwert für das Bundesheer ergibt sich, da die Ranger-Ausbildung eine international anerkannte einsatzorientierte militärische Spezialausbildung ist, bei der man „von den Besten“ lernen kann.

Die österreichischen Soldaten erhalten die exakt gleiche Ausbildung wie die Teilnehmer aus den USA und jene von anderen Staaten. Nach positiver Absolvierung des Kurses sind sie somit vollwertige („echte“) Ranger. Doch bevor es soweit ist, gilt es für die vier Soldaten ein dichtes, hartes und geleitetes Training zu absolvieren. Bei diesem werden jene physisch-psychischen Grundlagen geschaffen, damit sie die Aufnahmeprüfung bestehen und die Ausbildung überstehen. Dafür verantwortlich ist das Heeressportzentrum, das in Zusammenarbeit mit der 7. Jägerbrigade, dieses Training organisierte.

Zielorientiertes Training

Nachdem die Soldaten, die sich für einen der Kursplätze bewerben wollten, feststanden, startete am 17. Jänner 2022 die Vorbereitung. Diese begann mit der Feststellung des Ist-Standes der körperlichen Leistungsfähigkeit, um eine Grundlage für die weitere Planung des Trainings zu erhalten. Dabei wurden vor allem die Komponenten Kraft und Ausdauer überprüft sowie andere physische Parameter (Größe, Gewicht, Body Mass Index etc.) auch mit Spezialgeräten festgestellt.

Auf Basis dieser Ergebnisse wurden von Sportwissenschaftern des Heeressportzentrums Trainingspläne erstellt. Diese sollten die Anwärter unterstützen, um jene Fitness zu erreichen, mit dem der Aufnahmetest (Ranger Physical Fitness Test – RPFT) souverän absolviert werden kann. Das bedeutet, dass sie nicht das Minimum erreichen sollen, sondern ein Niveau, mit dem sie – gemäß den Erfahrungen der U.S. Ranger – die Ausbildung auch bestehen können (siehe Abbildung).

Im Mittelpunkt der Vorbereitung, die etwa ein halbes Jahr dauert, liegt in den Bereichen: Laufen, Rumpfstabilität und Armkraft sowie dem Marschtraining. Zusätzlich gibt es ein Schießtraining, Sportklettern, aber auch einen maßgeschneiderten Englischsprachkurs, um auch in diesem Bereich fit zu sein. Jeden Monat trafen sich die Anwärter für ein paar Tage, um gemeinsam zu trainieren. Bei diesen Gelegenheiten wurde der Trainingsfortschritt festgestellt und zusätzliche Ausbildungen von Spezialisten des Heeressportzentrums durchgeführt, wie ein spezielles Schießtraining (mit Vizeleutnant Karl Pavlis) und Militärisches Boxen (mit Vizeleutnant Gerald Pelikan).

Am Beginn waren etwa 20 Berufssoldaten an der Ranger-Ausbildung interessiert. Einige von ihnen schieden aus persönlichen Gründen aus, andere sahen wegen dienstlichen Gründen (Einsätze, Übungen etc.) keine Möglichkeit, sich entsprechend vorzubereiten. Von den verbliebenen Anwärtern wurden schließlich jene ausgewählt, die aufgrund ihrer bisherigen Leistungen, ihrer dienstlichen Erfahrung und anderen Gründen am geeignetsten erschienen. Ihre nächste Station auf dem Weg nach Fort Benning führte sie zum Englisch-Sprachtraining nach Wien.

Sprachausbildung

Die Teilnahme an der Ranger-Ausbildung fordert nicht nur eine gediegene körperliche und mentale Vorbereitung, sondern auch eine Schulung der Kurssprache Englisch. Zu diesem Zweck absolvieren die Anwärter vier Wochen lang ein maßgeschneidertes Englisch-Training am Sprachinstitut des Bundesheeres in der Wiener Stiftkaserne. Der wesentliche Unterschied zu anderen Englisch-Sprachkursen ist, dass American English und nicht British English die Referenzsprache ist. Im Mittelpunkt steht die Verbesserung der Sprach- und Hörfertigkeiten, die für den Aufenthalt in den USA notwendig sind. Um den Sprachunterricht so wirklichkeitsnahe wie möglich zu gestalten, wurde sogar ein US-Veteran als Gastlehrer gewonnen. Dieser vermittelte mit dem anderen Lehrpersonal jene US-Militärsprache, die die österreichischen Soldaten bei der Ausbildung benötigen werden. Neben nützlichen Phrasen und Vokabeln wird auch die US-Militärkultur vermittelt und das Ranger-Handbook durchgearbeitet.

Auch in dieser Phase der Vorbereitung kommt das sportliche Training nicht zu kurz. Vor und nach der Sprachausbildung laufen und marschieren die angehenden Ranger oder sie heben Gewichte in der Kraftkammer. Die Hitze des Juni 2022 mit Temperaturen von über 30°C und die hohe Luftfeuchtigkeit unterstützen sie bei ihrer Vorbereitung. Schließlich warten in den USA ähnliche Bedingungen auf sie. Eine zusätzliche Komponente wird durch die Hitze jedoch erschwert, die Zunahme eines Gewichtspolsters von etwa 5 kg. Dieser soll jene Energiereserve während der Ausbildung zur Verfügung stellen, die wegen der geringen Kalorienaufnahme von etwa 2.200 kcal bei hoher körperlicher Belastung fehlt.
 

Flug in die USA

Nach einem halben Jahr Vorbereitung sind die österreichischen Soldaten am Ende der Vorbereitung „heiß“ auf den Beginn des Trainings in Fort Benning. Am 11. August 2022 fliegen drei der vier österreichischen Ranger-Anwärter in die USA, nachdem der erste bereits ein Monat zuvor seine „Reise“ angetreten hat. Während dieser bereits zum Ranger ausgebildet wird, steht für die drei anderen noch eine Eingewöhnungsphase am Plan. Dabei sollen sie organisatorische Angelegenheiten erledigen, sich an das Klima gewöhnen, jenes US-Militärgerät kennenlernen, das sie verwenden werden, aber auch Sport betreiben und essen. Im September starten sie dann „endlich“ mit dem Kurs. Dann schalten sie für 61 Tage ihre Handys ab und tauchen ein in eine der härtesten Ausbildungen, denen sich ein Soldat aktuell stellen kann.

Hofrat Gerold Keusch, BA MA ist Leiter Online-Medien beim TRUPPENDIENST.

 

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