• Veröffentlichungsdatum : 17.02.2023
  • – Letztes Update : 22.02.2023

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Naturraum am TÜPl Allentsteig

Herbert Gaugusch

Der TÜPl A ist ein besonderer Naturraum, der sich durch die militärische Nutzung als ökologisch wertvoller Lebensraum für Fauna und Flora entwickelt hat. Er ist eine Ressource, die in ihren vielfältigen Ausprägungen genutzt wird. Der Schieß- und Übungsbetrieb steht nicht im Widerspruch zum Naturschutz, vielmehr begünstigt er diesen sogar. Das hängt auch damit zusammen, dass sich Maßnahmen zur Wiederherstellung oder Bewahrung des günstigen Erhaltungszustandes der Natur mit den militärischen Forderungen nach Offenlanderhaltung
(z. B. als Schuss- und Beobachtungsfeld) decken.

Durch die Klimaveränderung und die damit verbundenen Kalamitäten hat sich das Waldbild gravierend verändert. Wurden die Wälder bisher nach rein betriebswirtschaftlichen Zielsetzungen überwiegend als Fichten-Monokulturen bewirtschaftet, können nun die waldbaulichen Ziele auf die primäre Nutzung ausgerichtet werden. Gleichzeitig ist ein erhebliches Potenzial an Biomasse vorhanden. 

Neben der Erfüllung der gesetzlichen Bestimmungen sind im Jagdbetrieb auch das jährlich anfallende Wildfleisch und die Rolle des Wildes beim Offenhalten der Landschaft von besonderer Bedeutung. Die widrigen Umstände zur Pflege des Offenlandes in der kampfmittelbelasteten Zone A führen dazu, dass sich diese Flächen zum Nachteil der militärischen Nutzung und des Naturschutzes verändern. Die Herausforderung ist es, diese Entwicklung durch geeignete Maßnahmen zu stoppen.

Mit den vorhandenen Trinkwasserreserven und einer leistungsfähigen, autarken Aufbereitungsanlage verfügt der TÜPl über eine Ressource mit überregionaler Bedeutung. Die darüber hinaus vorhandenen Wasserflächen sind hinsichtlich Brandmanagement, Nahrungsmittelproduktion und amphibischer Ausbildungsvorhaben bedeutend. Durch die Möglichkeit der Einschränkung des durch die Schieß- und Übungsvorhaben gefährdeten Luftraumes für den zivilen Flugverkehr können die Schießvorhaben aller Waffengattungen uneingeschränkt durchgeführt werden.

Forst

Etwa die Hälfte des TÜPl (ca. 7.800 ha) ist mit Wald bedeckt. Gemäß Forstgesetz 1975 werden 6.452 ha der Betriebsklasse Wirtschaftswald und 1 368 ha dem Sukzessionswald zugeordnet. Von dieser Waldfläche befinden sich etwa 3.770 ha in der kampfmittelbelasteten Zone A. Sie können nur mit Einschränkungen bearbeitet werden. Aus diesem Grund unterscheiden sich die forstlichen Maßnahmen und Eingriffe wesentlich von einer klassischen Ertragsforstwirtschaft. 

Bis 2012 erfolgte die Bewirtschaftung der Waldflächen durch die Heeresforstverwaltung Allentsteig. Diese wurde zuletzt als betriebsähnliche Einrichtung geführt und sollte vorrangig kostendeckend wirtschaften. Nach Übernahme ihrer Aufgaben durch den TÜPl A ab 2013 wurde, den Empfehlungen externer Gutachter folgend, die Forstwirtschaft an die militärische Zielsetzung (Übungs- und Schießbetrieb) angepasst. 
Durch die Bewirtschaftung der Waldfläche stehen große Hackgutmengen zur Verfügung. Für die Ausbildung der Truppe in den Bereichen Stellungsbau, Leben im Felde und Pionierausbildung gibt es ausreichend Bau- und Brennholz.

 

Wald im Wandel 

Der TÜPl A wird in drei Forstreviere unterteilt, die von je einem Förster verwaltet werden. Die erforderlichen Arbeiten werden durch acht Forstarbeiter durchgeführt. Zur Erfüllung der behördlichen Bestellungspflicht und für die notwendige Administration stehen ein Forstakademiker, vier Förster, ein Forstwart und Buchhaltungspersonal zur Verfügung. Während die motormanuelle Holzernte durch die Facharbeiter des TÜPl A erfolgt, wird die vollmechanisierte Holzernte an zivile Firmen vergeben.

In den vergangenen etwa 15 Jahren veränderte sich das Waldbild wesentlich. Bis zur Jahrtausendwende wurden die Wälder als Fichtenertragswald bewirtschaftet (Fichtenanteil 74 Prozent). Ab dem Jahr 2007 kam es zu Naturereignissen, die einen wesentlichen Einfluss auf die Waldbestände zur Folge hatten. Wiederholt eintretende Stürme, Eisbrüche und Trockenheit schwächten die Abwehrkräfte der Bäume und begünstigten eine massenhafte Vermehrung des Borkenkäfers. Die Folge war ein flächiges Absterben der Fichtenbestände.

Trotz einer intensiven Kalamitätsnutzung (Waldnutzung infolge höherer Gewalt) von etwa 1,8 Mio. fm seit 2015, befinden sich in der Zone A derzeit etwa 500.000 fm stehendes Totholz. Eine vollständige Aufarbeitung dieser Bestände ist aus wirtschaftlichen und forstlichen Überlegungen nicht geplant. Sie beginnen bereits nach zwei Jahren zusammenzubrechen und das dort entstehende Kleinklima begünstigt die Naturverjüngung mit einem hohen Laubholzanteil. Ein Aufenthalt in diesen Totholzbeständen ist mit der Gefahr durch umstürzende Bäume verbunden. Deshalb dürfen diese Gebiete nur durch besonders geschultes Personal betreten werden.

Der durch die Natur rasch erzwungene Umbau der Wälder ist eine Herausforderung für das Waldmanagement des TÜPl. Einerseits gilt es, die Wälder so rasch wie möglich zu verjüngen beziehungsweise aufzuforsten. Andererseits ergibt sich eine einmalige Chance, die waldbauliche Zielsetzung an die aktuellen Bedürfnisse der militärischen Nutzung anzupassen. Die Stabilität und Verjüngung der Wälder kann nur erreicht werden, wenn die Wildbewirtschaftung als integraler Bestandteil des Waldbaues und der Landschaftspflege betrachtet wird.

Jagd 

In Österreich ist das Jagdrecht untrennbar mit Grund und Boden verbunden, da der Grundeigentümer grundsätzlich das Recht zum Aneignen von Wild hat. Für eine nachhaltige wildbiologische Jagdwirtschaft gilt in Österreich das Revierjagdsystem. Das bedeutet, dass eine gewisse zusammenhängende Mindestgröße (in Niederösterreich 115 ha) notwendig ist, um ein Jagdgebiet eigenständig zu bewirtschaften (Eigenjagd).

Das BMLV erfüllt als Grundeigentümer des TÜPl A die Voraussetzungen für ein Eigenjagdgebiet und übt somit das Jagdrecht auf der gesamten Fläche aus. Da dieses in Niederösterreich nur für natürliche Personen möglich ist, wird das Jagdrecht vom BMLV an einen Jagdverwalter (gem. NÖ Jagdgesetz 1974) übertragen. Diese Funktion wird auf dem TÜPl A durch einen Forstwirt wahrgenommen, die jagdlichen Aufgaben durch vier Berufsjäger, das Forstpersonal und jagdliche Hilfskräfte. 

Durch ein Bejagungskonzept wird versucht, das Wild auf die Offenlandflächen zu lenken. Dadurch wird das Kurzhalten dieser Flächen gefördert und der Verbiss im Wald verringert. Die Bewirtschaftung erfolgt nach wildbiologischen Grundsätzen und trägt zum Schutz der Artenvielfalt bei. Damit ist die Jagd für den Erhalt von vielen Schutzgütern im Sinne von Natura 2000 unverzichtbar. Durch die Eigenart der militärischen Nutzung bildeten sich einzigartige Biotope und ideale Lebensräume für seltene Wild- und Vogelarten. Trotz eines Wolfsrudels, das sich seit 2016 dort befindet, kann auf eine jagdliche Regulierung der Wildbestände nicht verzichtet werden.

Auf dem TÜPl gibt es neben Kleinwild auch Rot-, Reh- und Schwarzwild. Für Rot- und Rehwild sind behördliche Abschusspläne vorhanden, die einen jährlichen Mindestabschuss vorgeben. Für das Schwarzwild gibt es keine behördlichen Abschusspläne, jedoch wird bei betriebsinternen Planungen eine Abschussquote festgelegt, um Wildschäden zu verhindern und Tierseuchen hintanzuhalten. Die Bejagung der kampfmittelbelasteten Zone A
erfolgt durch Jagdpersonal des TÜPl A, wobei Abschüsse unter Begleitung an Jagdkunden verkauft werden. Die Randbereiche des TÜPl (ca. 4.500 ha) werden an Abschussnehmer vergeben, die dort die Jagd ausüben. Jährlich werden etwa 1.100 Stück Schalenwild erlegt, das entspricht etwa 23 t küchenfertigem Fleisch. Das erlegte Wild wird an den Großhandel verkauft bzw. an die Abschussnehmer verrechnet. Ein Anteil wird auch zur Eigenversorgung, nach einer Verarbeitung durch einen regionalen Fleischereibetrieb, dem Kreislauf der Regionalküche zugeführt.

Umweltaspekte

Durch die militärische Ausrichtung ist auf dem TÜPl eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung im herkömmlichen Sinne kaum möglich. Aus diesem Grund haben eine Reihe von Tier- und Pflanzenarten, die in der „ausgeräumten“ Kulturlandschaft keinen Lebensraum mehr vorfinden, dort einen Rückzugsort gefunden. Dieser ökologisch wertvolle Zustand wurde in einer Biotoperhebung, die vom BMLV und dem Umweltbundesamt erstellt wurde, bestätigt. Mit einer Verordnung des Landes Niederösterreich wurden etwa 11.000 ha des TÜPl A zum „Europaschutzgebiet Vogelschutzgebiet“ erklärt.

Abgeleitet aus den im Niederösterreichischen Naturschutzgesetz 2000 festgelegten Bestimmungen erwachsen daraus Maßnahmen und Pflichten. Diese werden durch das Referat Militärökologie wahrgenommen. Zu dessen Aufgaben zählen unter anderem die Überwachung der Umsetzung der Ziele des Managementplanes und das Monitoring der als Schutzobjekte definierten Vogelarten inkl. dem Berichtswesen. Die wissenschaftliche Begleitung dieser Aufgaben erfolgt mit Unterstützung der Forschungsgemeinschaft Wilhelminenberg. Ziel ist es, den Zustand der natürlichen Lebensräume und der wild lebenden Pflanzen- und Tierarten in Symbiose mit dem militärischen Schieß- und Übungsbetrieb zu bewahren oder wiederherzustellen.

Seit 2016 bietet der TÜPl A auch einen Lebensraum für ein Wolfsrudel. In Kooperation mit dem Land Niederösterreich und dem Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien wird aktuell das Verhalten der Wölfe und die Wechselwirkung mit Rotwild, auch unter Einsatz von Telemetrie, erforscht.

Offenland

Durch den militärischen Schieß- und Übungsbetrieb entstanden in den kampfmittelbelasteten Zonen des TÜPl grasdominierte, steppenartige Flächen, die von Feldgehölzen, Baumgruppen und Sukzessionswäldern durchzogen sind. Dieses Offenland ist aus ökologischer Sicht besonders wertvoll, und dort befindet sich auch der Großteil der Natura-2000-Schutzobjekte. 

Die Pflege dieser Landschaft ist aufgrund der Kampfmittelbelastung nur unter erheblichen Einschränkungen möglich. Daher kommt der Bewirtschaftung des Wildes zu dessen Lenkung auf die Offenlandflächen eine besondere Bedeutung zu. Darüber hinaus führen die Einstellung der Landwirtschaft auf diesen Flächen wegen geänderter Sicherheitsbestimmungen und dem Rückgang von Übungen mit gepanzerten Gefechtsfahrzeugen zu einer fortschreitenden Verbrachung und Verbuschung der Grasflächen. Die damit verbundene Sichtbehinderung führt zu erheblichen Einschränkungen beim Schieß- und Übungsbetrieb.

Eine besondere Herausforderung sind die häufigen Flur- und Waldbrände, die durch den Schießbetrieb ausgelöst werden. Einerseits fördern Brände die Offenlanderhaltung, andererseits ist es erforderlich, Schäden durch ein Übergreifen von Bränden auf den Wald zu verhindern. Dies verlangt umfangreiche Maßnahmen in der aktiven und passiven Brandbekämpfung. Vor jedem Scharfschießen ist deshalb ein mehrstufiges Beurteilungsverfahren über die Flur- und Waldbrandgefahr durchzuführen. Dieses umfasst die Beurteilung der aktuellen Witterung, des Zustandes des betroffenen Geländes, der verwendeten Munitionsarten und der Verfügbarkeit von splittergeschützten Tanklöschfahrzeugen. Der Sicherheitsoffizier des TÜPl A entscheidet letztendlich über die Freigabe des Schießvorhabens.

Landwirtschaftliche Flächen

Gemäß den geltenden Sicherheitsbestimmungen dürfen landwirtschaftliche Arbeiten nur außerhalb der Kampfmittelbelastungszonen durchgeführt werden. Die dafür infrage kommenden Flächen befinden sich in den Randzonen (etwa 2.300 ha) und sind an die Grunderwerbsgenossenschaft des Landes Niederösterreich zur Nutzung vergeben. Diese verpachtet die Flächen an etwa 240 Landwirte aus der Umgebung. Die Verträge sind so gestaltet, dass keine Abgeltung von Flurschäden wegen Übungen oder Wildschäden vorgesehen ist. Damit können diese Räume militärisch weitgehend uneingeschränkt genutzt werden. Etwa 650 ha landwirtschaftliche Flächen werden im Zuge der Landschaftspflege durch den TÜPl mit splittergeschützten Traktoren bewirtschaftet. Die Bearbeitung erfolgt nach einer sicherheitstechnischen Beurteilung und Freigabe durch Fachorgane. Die dabei gewonnenen Produkte werden für Wildfutter verwendet bzw. verkauft.

Steinbruch 

Durch den TÜPl A werden vier Steinbrüche, unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen des Mineralrohstoffgesetzes, betrieben. Das dort gewonnene Material mit einer Gesamtmenge von jährlich etwa 45.000 t wird für die Sanierung des Straßen- und Wegenetzes sowie für sonstige Bau- und Sanierungsarbeiten verwendet. Die Steinbrüche befinden sich in den Randgebieten des TÜPl und können ohne Beeinträchtigung des Schießbetriebes bearbeitet werden. Die zur Materialgewinnung notwendigen Sprengungen werden unter der Leitung eines Steinbruchleiters von Pionieren bei Lehrgängen durchgeführt. Die Zerkleinerung des abgesprengten Felsmaterials erfolgt durch angemietete Mobilbrecher. Insgesamt steht ein Abbauvorrat von etwa 1.350.000 t zur Verfügung.

Wasser 

Der TÜPl A verfügt über eine eigene, autarke Trinkwasserversorgung. Die Wasseraufbereitung erfolgt in einem Wasserwerk, das aus vier Tiefbrunnen gespeist wird. Von dort gelangt das Wasser in einen Hochbehälter im Lager Kaufholz und über eine Drucksteigerungsanlage zum Endverbraucher. Der autarke Betrieb der Anlage ist durch eine Notstromversorgung sichergestellt. Die jährliche Wasserliefermenge beträgt etwa 200.000 bis 300.000 m³. Zusätzlich zum Bedarf der militärischen Einrichtungen werden die Stadtgemeinde Allentsteig sowie die Gemeinden Göpfritz und Röhrenbach mit Trinkwasser versorgt.

Auf dem TÜPl befinden sich sieben größere Teiche und mehrere kleinere Stillgewässer im Gesamtausmaß von ca. 31 ha. Die Teiche haben insgesamt ein Potenzial von etwa 20 t Fischertrag im Jahr. Ein Großteil der nutzbaren Wasserfläche ist an einen zivilen Pächter vergeben. Auf dem Gelände des TÜPl A befindet sich auch ein Teil des Stausees Ottenstein. Die Wasserfläche wird vor allem für die Wasserausbildung der Pioniere, als amphibische Schießbahn für Spezialeinsatzkräfte und, im Anlassfall, auch für die Entnahme von Löschwasser herangezogen.

Truppenübungsplatz Allentsteig: Zahlen, Daten, Fakten

  • Truppenausbildung und Naturschutz sind kein Widerspruch
  • 2/3 der Fläche sind NATURA-2000-Gebiet
  • Etwa die Hälftedes TÜPl ist Wald
  • 6.542 ha Wirtschaftswald
  • 1.368 ha Sukzessionswald
  • 3 Forstreviere
  • TÜPl ist Eigenjagdgebiet
  • Klein-, Rot-, Reh- und Schwarzwild
  • jährlich ca. 1.100 Stück Wild/ca. 23 t Fleisch
  • 7 größere, mehrere kleine Teiche
  • ca. 31 ha Gewässerfläche
  • jährlich ca. 20 t Fischertrag
  • Lebensraum für Fischotter, Biber, Seeadler, Wolf und andere seltene Tiere

Oberst Herbert Gaugusch, MSD MA ist Kommandant des TÜPl A.

Themenschwerpunkt TÜPl A

 

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