• Veröffentlichungsdatum : 24.01.2024
  • – Letztes Update : 20.02.2024

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Maßnahmen und Einsatzarten der EloKa

Herbert Kröll

Die Elektronische Kampfführung (EloKa) liegt im Fokus heutiger militärischer Aktivitäten. Wie sehr, zeigt aktuell der Ukraine-Krieg. Während Cyber-Gefahren durch mediale Wahrnehmung oder eigene Erfahrungen bekannt sind, ist dies bei elektromagnetischen Störungen über die Freiraumausbreitung kaum der Fall. Umso mehr müssen der Stellenwert und die Wirkung des Einsatzes von Elektronischer Kampfführung in der Ausbildung hervorgehoben werden.

Störungen in der militärischen Funkkommunikation

Ohne Funkkommunikation ist eine militärische Führung kaum vorstellbar. Diese findet durch neue Funktechnologien mittlerweile in einem immer größeren Bereich des Elektromagnetischen Spektrums statt. Kurzwelle (KW) über lange Distanzen, dem Funkamateur bestens bekannt, oder Ultrakurzwelle (UKW) in überschaubarer Distanz, wie bei vielen zivilen Funkgeräten oder beim regionalen Radio, sind jedem bestens vertraut. Auch das Mobilfunknetz (Handynetz) oder WLAN werden von allen bedenkenlos genutzt. Gelegentliche Störungen durch technische Probleme werden zwar wahrgenommen, meist bleibt es aber bei einer Beschwerde beim Anbieter. Die Wiederherstellung der Funktionalität obliegt dem Anbieter bzw. dem Netzverantwortlichen: der Nutzer wartet in der Regel verärgert ab, bis alles wieder funktioniert.

In der militärischen Kommunikation stellen sich Störungen jedoch ganz anders dar.

Störungen unter Einsatz von EloKa sind nicht immer sofort eindeutig erkennbar, weshalb eine Schulung von Soldaten in der Wahrnehmung von Störungen erforderlich ist. Diese kann mit einem Störsimulationssystem (Störsender) in der Ausbildung einsatzorientiert durchgeführt werden.

Störungen werden in der Regel mit einer besonderen Absicht verursacht, die wiederum ein kalkuliertes und beabsichtigt erzwungenes Verhalten beim Gegner auslösen soll. Diese stehen zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einer beabsichtigten Wirkung im Zusammenhang. Das rechtzeitige Erkennen von Störungen durch den Gegner ist daher oftmals eine Warnung vor einem bevorstehenden Angriff bzw. einer gezielten taktischen Aktivität. Da eine militärische Funkkommunikation für die Führung und die Erfüllung des Auftrages zumeist unerlässlich ist, hat der mit der Funkkommunikation beauftragte Soldat unverzüglich und selbstständig alle ihm zur Verfügung stehenden Maßnahmen zu ergreifen, um die Funkkommunikation aufrechtzuerhalten. Dies wird er aber nur dann tun, wenn die Art der Störung erkannt wird. Kein Empfang eines Signales einer Gegenstelle ist noch lange keine Störung (beispielsweise wenn kein Funkverkehr stattfindet), sie kann aber auch durch eine gezielte Störung verursacht sein, die zum jeweiligen Zeitpunkt noch nicht wahrgenommen wurde. Um dies zu erkennen, muss gezielt geschult werden.

Arten von Störungen und ihr Erkennen

Die Ursachen, weshalb eine Funkkommunikation aufgrund von Störungen nicht mehr funktioniert, können vielfältig sein. Grundsätzlich gliedern sie sich in natürliche und künstliche Störungen. Natürliche Störungen entstehen meist durch kosmische, atmosphärische oder wetterbedingte Einflüsse. Sie lassen sich nur bedingt vorhersehen und unterliegen nicht den Planungen oder Absichten des Gegners. Anders ist das bei künstlichen Störungen. Diese aktiven (durch Aussenden elektromagnetischer Energie) und passiven (ohne Aussenden elektromagnetischer Energie, aber diese in der Ausbreitung stark beeinflussenden) Störungen unterliegen hinsichtlich Zeit, Absicht und Auswirkungen den genauen Planungen durch den Gegner. Sie rechtzeitig zu erkennen und zu identifizieren, bedeutet vorgewarnt zu sein, dass der Gegner etwas „im Schilde“ führt. Die unmittelbare Meldung einer erkannten Störung im Sinne des „MIJIWARNREP“ (Meaconing, Intrusion, Jamming und Interference Warning Report) ist daher von höchster Wichtigkeit.

Melden von Störungen

Jede beim Betrieb von Systemen, welche das elektromagnetische Spektrum nutzen, beobachtete bzw. festgestellte Störung ist zu dokumentieren und unverzüglich mittels MIJIWARNREP zu melden. Damit werden

  • Meaconing (Abfangen und Wiederholen von Navigationssignalen, um feindliche Systeme, die auf einer Navigation basieren, zu verwirren),
  • Intrusion (jeder Versuch eines Gegners, durch Eindringen in den Funkverkehr zu verwirren und in die Irre zu führen, wobei Funkstellen und Betriebsdienst imitiert werden),
  • Jamming (gezieltes Stören durch Aussendung elektromagnetischer Energie, um die Nutzung des elektromagnetischen Spektrums einzuschränken oder zu verringern) und
  • Interference (unbeabsichtigte Störungen, die aufgrund von Strömen oder Nebenaussendungen entstehen) gemeldet.

Das Verfassen dieser Störmeldung kann mit einem SGS-2000 (Störgerätesatz) der Führungsunterstützungsschule (FüUS) während einer Übung umfassend geübt werden. Dabei werden zumeist künstlich aktiv beabsichtigte Störungen wie beim Jamming mit verschiedenen Störsignalen ausgesendet. Auch künstlich aktiv unbeabsichtigte Störungen wie fremde Radiosender oder der eigene Funkverkehr, können auf diese Weise simuliert werden. Ebenso kann eine Intrusion dargestellt werden.

Störsimulation in der Funkausbildung

Wie kann das Verhalten eines Funkers auf Störungen durch den Gegner ausgebildet werden? Viele Armeen bedienen sich dabei eines Störsimulationssatzes oder verfügen über einsatzspezifische Mehrzweck- oder Störsender. Mit diesen Systemen können elektromagnetische Strahlungen wie bei einer EloKa-Bedrohung durch den Gegner abgestrahlt werden. Um den Anforderungen im Einsatz gerecht zu werden, sind hohe Sendeausgangsleistungen erforderlich. Vorrangig in der Ausbildung ist jedoch die Wirkung der Simulation im Ziel, womit bei Nichtberücksichtigung von Entfernungen, auch Simulationssysteme mit relativ kleiner Leistung authentisch und realitätsnah eingesetzt werden können. Mit dem SGS-2000 verfügt die FüUS über ein derartiges Störsimulationssystem. Im Zuge von Übungen können mit dem SGS-2000 unterschiedliche Szenarien der EloKa-Bedrohung dargestellt und geübt werden. Im Vordergrund steht dabei die Umsetzung von elektronischen Schutzmaßnahmen (ESM), die aber nur dann durchgeführt werden, wenn eine elektronische Bedrohung vorhanden ist und somit wahrgenommen wird. Ohne diese würden sich auch keine Wirkungen bei der Durchführung elektronischer Schutzmaßnahmen ergeben. Einfache Maßnahmen, wie die Erhöhung der Sendeleistung, bessere Antennen, Abschirmung gegenüber Störsendern bzw. Funkaufklärung oder Wechsel des Standortes, werden nicht umgesetzt, wenn die Funkverbindung funktioniert und keine elektronische Bedrohung gegeben ist bzw. wahrgenommen wird.

Um das richtige Verhalten als Schutzmaßnahme zu schulen, ist daher der Einsatz elektronischer Gegenmaßnahmen mittels Störsendern erforderlich. Wenn diese nicht vorhanden sind, kann das korrekte Verhalten unter einer EloKa-Bedrohung auch nicht geübt werden. Dies könnte sich bei elektronischer Bedrohung im Einsatz als fataler Fehler herausstellen. Bisherige Einsätze im Zuge der Ausbildung an der FüUS bei Lehrgängen und bei größeren Übungen haben gezeigt, dass der Einsatz des SGS-2000 als spannende und meist neue Herausforderung gerne angenommen wird. Bereits das Wissen um den Einsatz des Störgerätesatzes hat zu mehr Konzentration beim Hinhören an den Funkgeräten geführt. Schließlich wollten Soldaten als erste den Störsender entdecken und melden.

Die verschiedenen Störsignale und Wirkungen wurden interessiert wahrgenommen und waren Inhalte von langen Gesprächen über die Erfahrungen aus der Übung. Im Verlauf längerer Störmaßnahmen wurden durch die Lehrgangsteilnehmer selbstständig Möglichkeiten und Wege entwickelt, wie der Störsender umgangen werden kann. Wenn durch Maßnahmen und Vorkehrungen  eine Verminderung der Störwirkung erzielt wird und die Führungsfähigkeit trotz Störtätigkeit aufrechterhalten werden kann, ist das Ausbildungsziel erreicht.

MIJIWARNREP (Meaconing Intrusion Jamming Interference Warning)

Standardisierte Meldung mit folgenden Inhalten:

  • Datum/Uhrzeit des Ereignisses
  • Name, taktisches Element, wer meldet
  • System, welches betroffen ist
  • Störung nach Art, Stärke und Charakteristik
  • Ort, an dem die Störung auftritt
  • Beginn und Ende der Störung
  • Auswirkung auf den Betrieb und die Ausstattung
  • Frequenz bzw. Frequenzbereich
  • Beschreibung als Zusatzinfo zur Authentifizierung, ob Meaconing, Intrusion, Jamming oder Interference vorliegen.

Der SGS-2000 in taktischen Übungen

Mit Beginn der Übungsphase kann der SGS-2000 als Störgerätesatz bei elektronischen Unterstützungsmaßnahmen zur Detektion aller vom Gegner bzw. von anderen verwendeten Frequenzen im Bereich von 20 MHz bis 3 000 MHz genutzt werden. Um keine eigenen Frequenzen zu detektieren, was zu vielen Ergebnissen führen und einen erhöhten Zeitaufwand bei der Bearbeitung der Signale erfordern würde, sind dem Störtrupp alle eigenen Frequenzen bekannt zu geben. Diese können dann programmiert werden, um sie von der Detektion bzw. Aufklärung und von Störmaßnahmen auszuschließen. Funksprüche des Gegners können aufgezeichnet werden, um sie in weiterer Folge zur Täuschung des Gegners wieder auszusenden. Die aufgezeichneten Sprüche können in Form von .wav-Dateien (digitale Rohdateien eindimensionaler Schwingungen; Anm.) über externe Datenträger zur weiteren Auswertung zur Verfügung gestellt werden.

In der Folge wird der SGS-2000 als Störelement für elektronische Gegenmaßnahmen eingesetzt. Dabei können die unterschiedlichen Störbetriebsarten für unterschiedliche Kommunikationssysteme zur Einschränkung bzw. Verhinderung der Führungsfähigkeit genutzt werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass taktische Einsatzreichweiten für den SGS-2000 nicht relevant sind. Die Entfernung zum Störziel wird durch die (geringe) Sendeleistung bestimmt, die je nach Frequenz inklusive Antennengewinn eine (ausreichende) Abstrahlleistung ergibt. Ein Einsatzstörsystem verfügt jedoch über Sendeleistungen von mehr als zwei kW, womit taktische Einsatzentfernungen von durchschnittlich sieben bis zehn Kilometern möglich sind. Diese Entfernung ist vor allem von der Sendeleistung des zu störenden Funksystems und vom Gelände abhängig. Dadurch kann die Führungsfähigkeit mittels Kommunikationssystemen oder die Wirkungsfähigkeit von Waffensystemen erheblich beeinträchtigt werden.

Der SGS-2000 ist somit eine Waffe, dessen Munition die elektromagnetische Energie ist und dessen Ziele die Führungs- und Informationssysteme sowie Leit- und Lenksysteme sind. Die Möglichkeiten dieser „Waffe“ kann der taktische Kommandant in entscheidenden Situationen des Gefechtes für sich nutzen, sofern er über dessen Fähigkeiten Bescheid weiß. Die EloKa muss sich daher mit dem Nutzer absprechen, der die EloKa über seine Absichten informiert, damit deren Fähigkeiten abgestimmt werden können. Als Beobachter für die erzielte Störwirkung kann die eigene FM- und elektronische Aufklärung angesehen werden. Die Beobachterfunktion kann der Störtrupp auch selbst durch das integrierte CONRAD-Funksystem wahrnehmen.

Fazit

Es ist meist nicht bekannt, welche Störanfälligkeit die eingesetzten Kommunikationssysteme beim Einsatz elektronischer Gegenmaßnahmen besitzen. Übungen wie „URBAN HERMES“ im Raum Mistelbach oder „STEINFELD“ im Raum Wiener Neustadt haben gezeigt, wie sich Funksysteme beim Einsatz elektronischer Gegenmaßnahmen verhalten. Aufgrund der Störwirkung musste auf das Führen durch Handzeichen übergegangen bzw. die Lage neu beurteilt werden. Der SGS-2000 der FüUS bietet zahlreiche Möglichkeiten, die technische Funktionssicherheit von UKW-Systemen auszutesten und das Verhalten des Bedienungspersonals unter EloKa-Bedrohung zu schulen. Eines kann mit Sicherheit gesagt werden: Konflikte mit elektronischer Bedrohung nehmen zu. Diese in Übungen einzubeziehen bedeutet, sich einer realitätsnahen Ausbildung unter einsatzorientierten Bedingungen zu unterziehen.

Vizeleutnant Herbert Kröll; Hauptlehrunteroffizier Simulationssysteme in der Lehrgruppe EloKa der Führungsunterstützungsschule.


Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST 4/2023 (394).

Zur Ausgabe 4/2023 (394)


 

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