• Veröffentlichungsdatum : 17.04.2018
  • – Letztes Update : 06.08.2018

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ECMAN - Die Zukunft

Johann Fischer

ECMAN ist eine permanente Einrichtung - vorerst für sechs Jahre mit der Option einer weiteren Verlängerung von sechs Jahren - unter personeller und finanzieller Beteiligung von Deutschland, Finnland, Irland, Italien, Schweden und Tschechien. Das Zentrum für Handentschärfung formierte sich am 1. Jänner 2018 und die Implementierung erfolgte am 20. Februar 2018 in einer internationalen Veranstaltung mit hochrangigen Gästen aller teilnehmenden Mitgliedstaaten, weiteren internationalen Teilnehmern und der EDA.

Der Gesamtwert des Projektes beträgt für die Dauer von sechs Jahren 11,685 Mio. Euro. Der Anspruch an ECMAN ist hoch und definiert sich wie folgt: “The ECMAN level of ambition is to be the International Reference within Manual Neutralisation (MN) Capabilities.” Diese Ambition ist bereits der erste markante Unterschied zu MNT C&E. Der Fokus von MNT C&E beschränkte sich auf die Durchführung von komplexen Kursen und vielschichtigen Übungen für bereits qualifiziertes Personal, um die Fähigkeit MNT-Operator zu erlangen. Der qualitative Fortschritt und der erhöhte Anspruch von ECMAN wird in der Kooperationsvereinbarung im folgendem Zitat angeführt: “ECMAN develops MN capabilities ranging from trained MN-personnel (able to neutralise IEDs, including those with a CBRN payload) up to a MN evaluator reflecting the consolidated knowledge of the whole range of available equipment, techniques and procedures. This provides additional benefits in areas of efficiency, cost effectiveness, interoperability, and standardisation.”

Mit dieser weiteren Ausführung bezüglich des Anspruches in qualitativer und quantitativer Hinsicht ergeben sich breitere und anspruchsvollere Aufgaben für ECMAN als im Vergleich zum Vorgängerprojekt. Die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale aus diesem Aspekt begründen sich in den folgenden drei Bereichen.

MNT-Evaluator

Auf Basis einer umfangreichen IED-Ausbildung und einer praktischen Erfahrung im Umgang mit IED erfolgt die Zulassung für den fünfwöchigen Basiskurs und die zweiwöchige Übung. Bei einer positiven Absolvierung wird das Niveau MNT-Operator erreicht, das zur Handentschärfung von komplexen Sprengmitteln befähigt. Mit einer Erfahrung als MNT-Operator, der Einbindung beim Herstellen der komplexen Sprengmittel und der Verwendung als Ausbilder für die MNT-Ausbildung, wird die nächste Ebene des MNT-Instructors erreicht. Das Bauen einer funktionierenden komplexen Sprengfalle erfordert zusätzliche Kenntnisse als bei deren Entschärfung zur Anwendung kommen.

Die Evaluierung zur Erreichung der Qualifikation des MNT-Instructors erfolgt durch ECMAN-Personal. Die höchste Ebene wird durch den MNT-Evaluator repräsentiert und bedarf einer Vertiefung im gesamten MNT-Spektrum. Dieser muss nicht nur das Entschärfen und Erstellen einer komplexen Sprengfalle beherrschen, sondern auch die Analyse der technischen Möglichkeiten kennen, verstehen und anwenden können, um realistische Bauanleitungen für die Sprengfallen abzuleiten Zur Erlangung dieser Fähigkeiten ist eine mehrjährige Verwendung bei ECMAN in der Ausbildung und in der Forschung notwendig. Diese drei Ebenen der MNT-Fähigkeit wurden von allen teilnehmenden Mitgliedstaaten festgelegt. Die Ausbildung dazu stellt eine Kernaufgabe von ECMAN dar.

Consolidated Knowledge

ECMAN verfügt über eine permanente Struktur, die Ausbildung, Wissensgenerierung und deren Anwendung mit modernster Ausrüstung vereint. Eine Ausbildung auf höchstem Niveau kann nur erfolgreich sein, wenn die dazugehörigen Grundlagen geschaffen und laufend aktualisiert werden. Diese reichen von einfachen Taktiken, Techniken, Verfahren über die Verwendung einer modernen Ausrüstung bis hin zu notwendigen Forschungstätigkeiten. Der Wissenszweig (Knowledge Branch) trägt für diese Bereiche die Verantwortung und stellt eine qualitative Weiterentwicklung dar.

Breiteres Ausbildungsangebot

Das Ausbildungsprogramm von MNT C&E findet auch seinen Niederschlag in ECMAN. Neben dem Basis- und Refresher-Kurs und der renommierten Übung „European Guardian“ wird der CBRN-Bereich eine weitere Säule einnehmen. Dieser Schritt wurde aus Sicht der EDA notwendig. Die Fähigkeiten am Kommando ABC-Abwehr & ABC-Abwehrschule und der enge Schulterschluss mit den Verantwortlichen von ECMAN wurden bereits in der Zusammenarbeit mit der EDA sichtbar. Sie werden auch Erfolgsfaktoren für die Zukunft sein.

Forschung, Fähigkeiten­entwicklung, Beschaffung und Ausbildung

Österreich machte sich stark dafür Forschung, Fähigkeitenentwicklung, Beschaffung und Ausbildung in ECMAN mit kurzen Wegen und klaren Zuständigkeiten zu bündeln. Dies wurde schlussendlich in der Kooperationsvereinbarung stringent verfolgt. ECMAN verfügt über eine Struktur und über die budgetären Mittel, um alle vier Bereiche abzudecken. Die notwendigen finanziellen Ressourcen und deren Verwendung wurden in der Vereinbarung festgehalten. Der Direktor ECMAN muss diesbezüglich jährlich einen Bericht zur korrekten Verwendung der finanziellen Ressourcen vorlegen. Zusätzlich präsentiert er ein jährliches Arbeitsprogramm für das folgende Jahr, das alle Tätigkeiten von ECMAN umfasst und deren budgetäre Bedeckung, die durch alle teilnehmenden Mitgliedstaaten angenommen werden müssen. Der Direktor ECMAN ist daher der Dreh- und Angelpunkt im Zusammenwirken von Forschung, Fähigkeitenentwicklung, Bereitstellung von Material und Koordinierung der Ausbildung. Österreich hat mit dieser richtungsweisenden Zusammenführung einen Standard im internationalen Vergleich gesetzt.

Internationalität

Mit der multinationalen Zusammensetzung und im Rahmen der, von der EDA durchgeführten Kooperation, erschöpft sich der internationale Rahmen nicht. Die Kooperationsvereinbarung hält fest: “ECMAN may cooperate with national, international, civilian and military organi­sations. Civilian and military cooperation will be a milestone for ECMAN as well as for the capability development in the European Union.” MNT repräsentiert eine Nischenfähigkeit - dies steht außer Frage. Ein in sich geschlossenes und isoliertes Zentrum kann daraus aber nicht abgeleitet werden. Das komplexe Themengebiet MNT und dessen Einsetzbarkeit reicht über den ausschließlich militärischen Bereich hinaus. Wie bereits in Ansätzen beim MNT C&E-Projekt wurden erste Kontakte sowie Austausch von Know-how und Personal mit dem C-IED Centre of Excellence in Spanien und mit EUROPOL hergestellt. Dies wird auch in Zukunft ein zu beachtender Faktor sein.

Europäischer Kontext

Die Aufgabe der europäischen Verteidigungsagentur ist es, die Mitgliedstaaten in der Fähigkeitenentwicklung zu unterstützen. Einfache und in der Praxis erprobte Abläufe geben den Mitgliedstaaten klare Möglichkeiten zu Kooperationen. Anhand der Fähigkeitenentwicklung von MNT kann dies unübersehbar nachvollzogen werden. Im Zusammenwirken mit den Mitgliedstaaten und der EDA erfolgte die Entwicklung der MNT-Fähigkeit von einmaligen Kursen über ein Trainings- und Übungsprogramm bis hin zu einer permanenten Einrichtung im europäischen Kontext. Von den ersten Schritten der Finanzierung von Kursen über das operative Budget der EDA - bereitgestellt durch alle Mitgliedstaaten - über MNT C&E bis zum aktuellen Projekt konnte die EDA den Erwartungen aller teilnehmenden Mitgliedstaaten ­gerecht werden.

ECMAN repräsentiert eine permanente und strukturierte Kooperation im europäischen Kontext. Mehrere Faktoren bedürfen aber einer Erwähnung. Die Entwicklung dieser Nischenfähigkeit führte von Anfang bis zur Implementierung von ECMAN zu einer laufenden Erweiterung an teilnehmenden Mitgliedstaaten. Seitens der EDA wird in den kommenden Jahren eine weitere Erhöhung angestrebt.

„Kleinere“ Mitgliedstaaten können die Rolle des federführenden Staates mit Bravour ausfüllen, unabhängig von der Anzahl der Partner und deren Ressourcen. Österreich als federführender Staat für ECMAN führt diesbezüglich den Nachweis. Ausschlaggebend für den Erfolg eines Kooperationsprojektes sind Engagement, inhaltliche Weiterentwicklung, Flexibilität und die Fähigkeit zur internationalen Zusammenarbeit.

Teil 1- Manuelle Bombenentschärfung
Teil 3 - die nationale Sicht

Mag. Johann Fischer ist Head of Unit & Land Logistics bei der European Defence Agency in Brüssel.

 

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