• Veröffentlichungsdatum : 27.07.2018
  • – Letztes Update : 02.08.2018

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Das psychologische Immunsystem

Evelyn Schlegel, Lisa Aigner

Es gibt vielfältige Möglichkeiten, wie man Belastungen entgegenwirken kann. Eine Möglichkeit besteht darin, eigene Ressourcen zu fördern und sich selbst zu stärken.

In der Psychologie gibt es dazu einen großen Forschungsschwerpunkt - die Posi­tive Psychologie. In dieser spielen die positiven Aspekte und Stärken des Menschseins, vor allem die psychische Resilienz, also die psychische Widerstandskraft, eine große Rolle. Der Begründer der Positiven Psychologie, Martin Seligman, war an der Konzeption eines etablierten psychologischen Fitnessprogramms in der U.S. Army beteiligt. Dieses beinhaltet ein fundiertes Resilienz-Training. Um zu erklären, warum dem Training der psychischen Widerstandskraft eine so große Bedeutung zugesprochen wird, muss zuerst den Ursprüngen der ­Positiven Psychologie nachgegangen ­werden.

Positive Psychologie - ein neuer Fokus

Ende der 90er Jahre schlug der amerikanische Sozialpsychologe Martin Seligman einen Perspektivenwechsel in der Psychologie vor. Anstatt sich auf Defizite und Krankheiten zu konzentrieren, sollten Wohlbefinden und Gesundheit stärker in den Vordergrund rücken. Ihn interessierte, was Menschen seelisch gesund hält, wodurch Wohlbefinden erreicht werden kann und welche Faktoren zu einem gelingenden Leben beitragen können. Außerdem stellte er sich die Frage, warum manche Menschen besser als andere mit belastenden Ereignissen umgehen können. Damit wurde die Entwicklung und Stärkung der psychischen Widerstandskraft ins Zentrum gestellt.

Resilienz - unsere psychische Widerstandskraft

Resilienz entspricht unserem „psychologischen Immunsystem“. Dieses können wir durch eigene Verhaltensweisen und die Unterstützung durch andere stärken. Wie ein Gummiband, das durch seine Elastizität massiven Belastungen standhalten kann, um dann wieder in seine Ursprungsform zurückzukehren, können resiliente Menschen Probleme oder Krisen durch ihre aufgebauten Ressourcen besser bewältigen und danach gestärkt in den Alltag zurückfinden. Gleichzeitig hilft Resilienz, Belastungen oder Krisen vorzubeugen.

Resilienz-Training in der U.S. Army

Um Soldaten auf mögliche herausfordernde und traumatische Situationen vorbereiten und stärken zu können, wurde Martin Seligman von der U.S. Army um Mithilfe bei der Erstellung und Etablierung eines psychologischen Fitness-Programms gebeten. Ziel war es, die Soldaten nicht nur körperlich, sondern auch psychologisch fit zu halten. Die Resilienz wurde dabei als Schlüssel zur psychologischen Fitness gesehen. Im Zuge dessen entstand 2009 das „Comprehensive Soldier (and Family) Fitness-Programm“ (CSF-Programm). Dieses beinhaltet neben regelmäßigen Messungen der psychologischen Fitness auch ein Resilienz-Training. Das CSF-Programm ist, laut Seligman, mittlerweile genauso etabliert wie Liegestütze. Evaluierungen des Programms zeigen eine Steigerung der Resilienz und einen Rückgang psychischer Erkrankungen.

Stärkung der eigenen Widerstandskraft

Welche Bereiche der psychologischen Resilienz können nun trainiert werden? Auf emotionaler und persönlicher Ebene sind der Aufbau von positiven Emotionen, eine optimistische Grundhaltung, Achtsamkeit, erfolgreiche Selbstregulation sowie Disziplin wichtige Faktoren. Im Bereich der sozialen und familiären Resilienz können effizientes Kommunizieren, das Schaffen von Netzwerken und Vertrauen, gesundes Konfliktverhalten sowie gemeinsame Zielsetzungen und Ressourcenschöpfung trainiert werden. Aber auch die sogenannte spirituelle Resilienz umfasst wichtige Bereiche wie Selbstbewusstsein, Wissen über sich selbst und sein Wertesystem und soziales und gesellschaftliches Bewusstsein. Durch individuelles Training und Rahmenbedingungen, die diese Bereiche fördern, kann die eigene Widerstandskraft aufgebaut und gestärkt werden.

Psychologisch fit durch positive Emotionen

Für die konkrete Umsetzung eines Resilienz-Trainings im beruflichen Alltag seien hier ein paar Beispiele angeführt: Um auf emotionaler Ebene positive Emotionen aufzubauen, empfiehlt es sich, eine optimistische Sichtweise einzunehmen. Auch Musik und Humor tragen zu positiven Gefühlen bei. Ebenso hilfreich sind Achtsamkeitsübungen. Bewusst inne zu halten und ganz im Moment zu sein, wahrnehmen ohne zu beurteilen, kann Gelassenheit fördern. Im sozialen Bereich ist die vertrauensvolle Beziehung zu Kameraden, Freunden und Familie wichtig. Zu guter Letzt geht es darum, sich seiner Stärken bewusst zu sein und eigene Ressourcen zu fördern. Denn wer Ressourcen aufbaut, ist gegen Krisen gut gewappnet.

MMag. Evelyn Schlegel ist Militärpsycho­login.

Lisa Aigner, MSc, ist Gesundheitspsychologin in Ausbildung.

 

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