• Veröffentlichungsdatum : 05.03.2018
  • – Letztes Update : 08.03.2018

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Akademisches Jubiläumsjahr

Michael Moser

Die Theresianische Militärakademie führt die Truppenoffiziersausbildung durch und stellt damit den Nachwuchs an Offizieren für das Österreichische Bundesheer (ÖBH) sicher. Die Ausbildung setzt sich aus dem Fachhochschul-Bachelorstudiengang "Militärische Führung" und dem Truppenoffizierslehrgang zusammen. Aufgrund des 20-jährigen Jubiläums blickt dieser Artikel auf ausgewählte Meilensteine in der Entstehung dieses Projektes zurück. 

Der sechssemestrige Studiengang „Militärische Führung“ ist eine praxisbezogene Berufsausbildung auf Hochschulniveau. Er bietet eine wissenschaftlich begründete, einsatzorientierte Ausbildung zur Aufgabenerfüllung als Kommandant einer (Teil-)Einheit oder als Fachoffizier. Im Truppenoffizierslehrgang werden die im Studium erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen in den Einsatzarten praktisch angewendet und gefestigt.

Dabei werden die Erfordernisse des Berufsfeldes für die möglichen Erstverwendungen, unabhängig von der Waffengattung, am Modell des Jägerzuges ausgebildet und ermöglichen somit einen Berufsvollzug im In- und Ausland. Der Fachhochschulrat genehmigte, als damals zuständige Behörde, mit der Anerkennung des Fachhochschul-Studienganges „Militärische Führung“ am 29. Juli 1997 dieses duale Ausbildungssystem. 

Entstehung

Das Jahr 1989 hat sowohl militärisch als auch bildungspolitisch große Bedeutung. Militärisch wurde mit dem Ende des Kalten Krieges die Blockkonfrontation zwischen dem Warschauer Pakt und der North Atlantic Treaty Organization (NATO) beendet. Diese Entwicklung hat eine völlig neue Konzeption der österreichischen Landesverteidigung und der dafür notwendigen Offiziersausbildung erfordert. Bildungspolitisch bedeutsam war der periodische Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im selben Jahr. Dieser forderte eine Differenzierung im postsekundären bzw. tertiären Bildungssektor Österreichs.

Der Strukturwandel von der klassischen in eine moderne, vor allem Wissen und Know-how generierende Industrie, sollte gefördert werden. Dadurch sollten Arbeitsplätze in Österreich geschaffen bzw. erhalten und die damalige Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte ins Ausland verhindert werden. Daraus resultierte unter anderem die Schaffung des Fachhochschul-Studiengesetzes im Jahr 1993, das die Entstehung der Fachhochschulen in Österreich ermöglichte. Die sicherheitspolitischen Herausforderungen erforderten eine Neukonzeption der Offiziersausbildung.

Konzept "Offiziersausbildung 2000"

Im Dezember 1991 erhielt die Theresianische Militärakademie den Auftrag, die Ausbildung der zukünftigen Führungskräfte des Bundesheeres zur Bewältigung der Aufgaben im Einsatz, in der Ausbildung und im Dienstbetrieb neu zu gestalten. Insbesondere sollten die pädagogisch-didaktischen Kompetenzen der Absolventen auf wissenschaftlicher Basis erhöht werden. Damit sollten die Grundlagen für die öffentlich-rechtliche Anerkennung der Berufsoffiziersausbildung geschaffen werden, wobei das geänderte Einsatzkonzept, die davon abgeleitete „Heeresgliederung Neu“, die Ausbildungsreform, Erfahrungen und Erkenntnisse der bisherigen Ausbildung sowie Ergebnisse der Studie des Heerespsychologischen Dienstes „Offiziersleitbild 1993“ zu berücksichtigen waren. 

Bis zur Realisierung der „Studienordnung 2000“ wurde die Grundausbildung der Offiziere mit Verordnung des Bundesministeriums für Landesverteidigung (BMLV) geregelt. Diese Ausbildung hatte eine Dauer von sechs Semestern und wurde im Zusammenwirken der Militärakademie mit den Waffen- und Fachschulen sowie den Truppenkörpern durchgeführt. Das Erlangen der Ernennungserfordernisse konnte auch bei einer praktischen Verwendung und im Selbststudium erworben werden. Das stand klar im Widerspruch zu einer Berufsausbildung mit festgelegter Dauer und vorgegebenen Inhalten sowie der Qualität an tertiären Bildungseinrichtungen.

Die geänderten und vielschichtigeren Aufgaben des ÖBH, mit Assistenzeinsätzen, internationalen Einsätzen mit humanitären oder friedenssichernden Zielsetzungen bis hin zum Verfahren Abwehr, erforderten eine inhaltliche Anpassung der Offiziersausbildung. Diese zum Teil neuen Aufgaben benötigten eine Lösung im Einklang mit dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik. Darüber hinaus sollte damit dem angestiegenen Bildungsniveau der Gesellschaft Rechnung getragen werden. Die neue Ausbildung sollte  die Attraktivität und Akzeptanz des ÖBH erhöhen, für Nachwuchs sorgen und die Integration in die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik unterstützen.

Anerkennung des FH-Studienganges

Das Fachhochschulstudiengesetz regelt die fundierte Berufsausbildung auf Hochschulniveau in Studiengängen. Das Ziel ist dabei, dem Stand der Wissenschaft und den Erfordernissen der praxisorientierten Ausbildung zu entsprechen. Damit sollen die beruflichen Möglichkeiten der Absolventen inner-, und außerhalb des ÖBH gefördert werden. 

Die Grundsätze der Gestaltung hinsichtlich Dauer, Studienplan, Prüfungsordnung und dem Abschluss waren die Gründe, weshalb die Varianten des Kurzstudiums bzw. die Schaffung eines Bundesgesetzes für die Theresianische Militärakademie analog zu den damaligen Pädagogischen Akademien ausgeschlossen wurden. Ein Universitätsstudium dient der wissenschaftlichen Berufsvorbildung und hätte die Ausbildungszeit der Offiziere verlängert. Ebenso war für die Schaffung eines Bundesgesetzes der politische Wille bzw. Konsens nicht gegeben.

Die Bearbeitung des Konzeptes „Offiziersausbildung 2000“ endete mit dem Vorschlag der

  • Einleitung des Genehmigungsverfahrens zur Umsetzung des Konzeptes,
  • Begutachtung durch eine eigens dafür geschaffene sektionsübergreifende Arbeitsgruppe im BMLV zur Implementierung des Fachhochschul-Studienganges „Berufsoffiziersausbildung“,
  • Evaluierung durch die Wissenschaftskommission des BMLV und durch externe universitäre Einrichtungen sowie
  • Antragsstellung an den Fachhochschulrat durch das BMLV als Erhalter eines Studienganges.

Mit dem Vorschlag zur Neustrukturierung der Offiziersausbildung wurde ein wesentlicher Schritt zur Ausbildungsreform im ÖBH eingeleitet. Damit sollte sichergestellt werden, dass

  • die Führungskräfte, die an sie gestellten Anforderungen effizienter erfüllen,
  • das Selbstwertgefühl der Offiziere gesteigert,
  • der Status in der Öffentlichkeit angehoben,
  • die Ausbildung in die zukunftsorientierte österreichische Bildungslandschaft integriert,
  • die rechtliche Anerkennung der wissenschaftlich fundierten Ausbildung erreicht und
  • die Ausbildung zum Berufsoffizier an den europäischen Standard angepasst wird.

Meilensteine der Entwicklung des FH-Studienganges

Alle österreichischen Fachhochschul-Studiengänge müssen akkreditiert werden. Für die Anerkennung müssen sie den Zielen und Grundsätzen für die Gestaltung von Studiengängen gemäß den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Die Akkreditierung des FH-Studienganges „Militärische Führung“ erfolgte aufgrund der Erstzulassung auf fünf Jahre befristet. Vor der zu beantragenden Re-Akkreditierung wurden, gemäß Qualitätssicherungsverfahren, eine interne und eine externe Evaluierung durch ein Peer-Review-Team durchgeführt. 

Die Evaluierung des Studienganges bestand in der Analyse und Bewertung des Zusammenhanges zwischen Berufsfeld, Qualifikationsprofil und Curriculum. Sie wurde von Experten aus dem Bildungsbereich des Militärs durchgeführt. Außerdem wurde die inhaltliche Treffsicherheit und Aktualität des Curriculums bewertet. Am Ende dieser Evaluierung stand ein Bericht, der dem Peer-Review-Team im Vorfeld zu übermitteln war. Die externe Beurteilung fasste den Erfüllungsgrad der definierten Ziele, Anforderungen und Erwartungen in einem Bericht zusammen und schlug Folgemaßnahmen zur Erreichung der Qualitätsziele vor.

Die Begutachtung des FH-Studienganges durch das Peer-Review-Team ergab vier wesentliche Empfehlungen für die Re-Akkreditierung:

  • Anpassung des Organisationsplanes, damit im Hinblick auf die Autonomie des Studienganges im Verbund mit der Theresianischen Militärakademie Rechtssicherheit hergestellt wird.
  • Die Autonomie des Studiengangleiters sollte an der Zuerkennung der Budgethoheit nachvollziehbar werden.
  • Verlängerung des bisher sechs Semester umfassenden Studiums auf acht Semester.
  • Die Installierung eines Bestellungsverfahrens für die Auswahl des Lehr- und Forschungspersonals.

Die Optimierung des FH-Sudienganges „Militärische Führung“

2016 erfolgte zusätzlich zur Durchführung des Audits der Auftrag durch das BMLV die gesamte Truppenoffiziersausbildung und somit auch den Bachelorstudiengang „Militärische Führung“ aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen neu zu strukturieren. 

Folgende Schritte sind in der neuen Struktur der Truppenoffiziersausbildung wesentlich:

  • Übernahme der Berufsoffiziersanwärter (BOA) erst nach dem Kaderanwärterjahr mit Beginn September.
  • Alle BOA haben die Waffengattung Jäger zu wählen.
  • Verschiebung der Semester innerhalb des Jahresablaufes nach vorne, dadurch wird einerseits die uneingeschränkte Teilnahme an der Juli-Übung (Constructor) ermöglicht, andererseits sind die Semester hinsichtlich der internationalen Kooperationen mit dem Ausland wesentlich besser synchronisiert.
  • Modifikation der Gebirgsausbildung auf zwei Wochen Sommerkurs und eine Woche Erhaltung der Beweglichkeit auf Skiern im gebirgigen Gelände.
  • Durchgehender Waffengattungsblock im Ausmusterungsjahr, der das Internationale Berufspraktikum sowie vier ECTS an Rechts-Lehrveranstaltungen umfasst. Durch die relativ späte Waffengattungswahl sind eine gezieltere Vorbereitung auf die Waffengattung sowie ein größerer Handlungsspielraum für die Waffen- und Fachschulen gegeben.
  • Das Nationale Berufspraktikum, das Internationale Berufspraktikum sowie die vier ECTS an Lehrveranstaltungen bilden das 30 ECTS umfassende sechste Semester.
  • Abschluss der Englischausbildung mit dem Ende des dritten Semesters. Der bisherige Gesamtumfang wurde beibehalten, entspannt jedoch die Situation hinsichtlich des Standardisierten Leistungsprofils, da noch genügend Zeit bis zur Ausmusterung für eventuelle Nachbesserungen vorhanden ist.
  • Entfall der taktischen Reise.

Die neue Ausbildungsform hat bereits mit der Kaderanwärterausbildung 1 im September 2016 begonnen. Der optimierte Studiengang startete an der Theresianischen Militärakademie im September 2017.

Schwergewicht Internationalisierung

Bereits mit der Re-Akkreditierung 2002 wurde die Absicht verfolgt, Teile des Berufspraktikums im Ausland zu absolvieren. Der bisher im Jahrgangsverbund durchgeführte, zweiwöchige Auslandsaufenthalt bei einer Institution eines Partnerstaates sollte auf zumindest vier Wochen ausgedehnt werden. Dabei sollte, unter Rücksichtnahme auf die Streitkräfteentwicklung, der Erfahrungsgewinn durch dezentrale Entsendung zu mehreren Institutionen verschiedener Partnernationen erhöht werden. 2005 wurden daher erstmals Offiziersanwärter entsandt. 

Im November 2008 beschlossen die Verteidigungsminister der Europäischen Union die Gründung der „European Initiative for the Exchange of Young Officers inspired by Erasmus“. Das Ziel dieser Initiative ist es, den Austausch der noch in Ausbildung befindlichen zukünftigen militärischen Führungskräfte zu fördern. Dadurch soll die Offiziersausbildung harmonisiert, die Interoperabilität der Streitkräfte gefördert und die Basis für die Entwicklung eines europäischen Verteidigungsverständnisses gelegt werden. In der dafür im Februar 2009 geschaffenen Implementation Group sind zwei Offiziere der Theresianischen Militärakademie vertreten. Oberst dG Karlheinz Wiedner und Oberst dhmfD Harald Gell, der seit 1. April 2015 auch der Chairman dieser Gruppe ist.

Die Institutionelle Evaluierung empfahl für die Sicherstellung des nachhaltigen Transfers der zahlreichen internationalen Erfahrungen des Lehr- und Forschungspersonals sowie der Studierenden die Schaffung eines „International Office“. Die dafür neu geschaffene Dozentur für Vergleichende Militärische Führungsausbildung wird seit der Aufstellung durch Oberst Gell geführt und hat zahlreiche Common Modules in die Truppenoffiziersausbildung integriert. Die Bezeichnung „Common Module“ bedeutet, dass Lehrveranstaltungen in der „European Initiative for the Exchange of Young Officers inspired by Erasmus“ unter Schirmherrschaft des European Security and Defence College der Europäischen Union in der Arbeitssprache Englisch entwickelt wurden und diese, unabhängig von Streitkraft und Nation, in der jeweiligen Offiziersgrundausbildung absolviert werden.

Die an der Militärakademie angebotenen Common Modules können während des Internationalen Wintersemesters von bis zu zehn Offiziersanwärtern europäischer Partnerinstitutionen besucht werden. Durch die terminliche Staffelung besuchen die internationalen Studierenden ausschließlich die in den Bachelorstudiengang „Militärische Führung“ integrierten Common Modules. Die vollständige Integration in die Ausbildung der im ersten, dritten bzw. fünften Semester befindlichen drei Jahrgänge an der Theresianischen Militärakademie trägt dazu bei, dass die interkulturelle Kompetenz, aber vor allem die Interoperabilität aller Studierenden gefördert werden. Darüber hinaus wird die Mobilität des Lehr- und Forschungspersonals in Bezug auf diese Common Modules unterstützt. Das ermöglicht den kostengünstigen Transfer von aktuellem Wissen über robuste Einsätze, an welchen das ÖBH nicht beteiligt ist, in die Truppenoffiziersausbildung. Darüber hinaus werden durch das Erasmus+ Programm die Kosten dafür übernommen.

Auf einen Blick

Seit nunmehr 20 Jahren bildet der Fachhochschul-Studiengang den wesentlichen Teil der Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie. Gemeinsam mit dem ergänzend dazu durchgeführten Truppenoffizierslehrgang wird eine dem Stand der Wissenschaft und den aktuellen und zukünftigen Anforderungen der Praxis entsprechende Bildung der zukünftigen Führungskräfte des ÖBH erreicht. Die neue Truppenoffiziersausbildung bildet - im Gesamten gesehen - für die Offiziersanwärter eine optimale Vorbereitung auf das Berufsfeld und lässt Freiräume zu, um sowohl auf aktuelle als auch auf zukünftige Herausforderungen Rücksicht nehmen zu können.

Die Möglichkeit der durchgehenden Prägung an der Theresianischen Militärakademie trägt einerseits zur Einsatzbereitschaft der Absolventen bei und rechtfertigt den Einsatz der beachtlichen finanziellen und personellen Ressourcen für den Erhalt von FH-Studiengängen im BMLV. Andererseits wird damit die hohe internationale Anerkennung der österreichischen Offiziersausbildung gefördert und aufgrund der terminlichen und inhaltlichen europäischen Synchronisation durch die Integration zahlreicher Common Modules gefestigt und ausgebaut. 

Oberstleutnant Mag. (FH) Michael Moser ist Referent Dokumentation und Bibliothek an der Theresianischen Militärakademie

 

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