Prioritäten setzen
Trotz der erforderlichen Beitragsleistung des Bundesheeres zu den laufenden Einsparungsmaßnahmen kann man mit Stolz auf die geleistete Arbeit der österreichischen Soldaten blicken. Gemeinsam wurde ein klarer Kurs eingeschlagen, dessen erste positive Ergebnisse bereits in verschiedenen Bereichen sichtbar werden. Besonders in der Kaderanwärterausbildung sowie im täglichen Umgang mit den Rekruten zeigt sich ein gelebter, wertschätzender Führungsstil.
Dank des hohen Engagements und der Professionalität der Führungskräfte wird – trotz herausfordernder Rahmenbedingungen – eine fundierte, praxisorientierte und militärisch hochwertige Ausbildung sichergestellt. Damit wird durch die Führungskräfte ein wesentlicher Beitrag zur Einsatzbereitschaft und Zukunftsfähigkeit der Streitkräfte geleistet. Die budgetäre Lage ist anspruchsvoll, aber nicht alarmierend. Dieser Umstand erfordert jedoch einen verantwortungsvollen und zukunftsorientierten Umgang mit den vorhandenen Mitteln. Die Transformation des Bundesheeres in Richtung Zielbild 2032 sowie die sich verändernde sicherheitspolitische Lage Europas machen eine konsequente Priorisierung militärischer Kernfähigkeiten unabdingbar. Die Welt hat sich verändert und somit auch die Verteidigung – die Sicherheitspolitik und die Streitkräfte müssen sich mit ihren Beitragsleistungen diesen Veränderungen anpassen und sich klar danach ausrichten.
Das Österreichische Bundesheer leistet derzeit einen erheblichen Beitrag zur Unterstützung des BMI und somit zur Gewährleistung der inneren Sicherheit. Dies führt dazu, dass die Kernaufgabe des Bundesheeres, die militärische Landesverteidigung, in den letzten Jahren aus dem Fokus geraten ist. Angesichts der veränderten sicherheitspolitischen Lage ist es aber zwingend erforderlich, den Fokus wieder auf die Hauptaufgabe zu richten: die glaubhafte Verteidigungsfähigkeit des Staates mit einsatzbereiten Streitkräften. Dazu müssen bestehende Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit einer neuen gesamtstaatlichen Zuordnung zugeführt werden, um Personal, Mittel und Fähigkeiten zielgerichtet für den Auftrag der Sicherstellung der militärischen Landesverteidigung verfügbar zu machen.
Dieser Umstand macht eine stringente Ausrichtung aller Tätigkeiten auf den militärischen Kernauftrag unumgänglich. Nichtmilitärische Aktivitäten sind auf das notwendigste Mindestmaß zu reduzieren. Das Prinzip „Get the most out of what we have“ muss zur Grundlage aller Maßnahmen werden. Vorhandene Ressourcen müssen ausschließlich dort eingesetzt werden, wo sie unmittelbar zur Fähigkeitsentwicklung und Einsatzbereitschaft beitragen. Die Soldaten im Unteroffizierskorps sind das Rückgrat der Streitkräfte. Sie stehen für eine klare, nachvollziehbare Strategie zur Bewältigung der zukünftigen militärischen Herausforderungen. Im Zentrum stehen Ausbildung, Einsatzvorbereitung, Personalgewinnung und eine Steigerung der Attraktivität des Soldatenberufes. „Mission vorwärts“ darf kein Lippenbekenntnis bleiben – insbesondere im Bereich Personal müssen sichtbare und merkbare Maßnahmen folgen.
Es gilt, Prioritäten zu setzen, um Ressourcen zu sichern, durch:
- Einsatzgerechte Ausstattung: Der rasche Zulauf moderner und einsatzrelevanter Ausrüstung ist unverzichtbar.
- Nachwuchsgewinnung und Personalbindung: Attraktivität entsteht im soldatischen Alltag – durch handwerkliches Können und wertschätzenden Umgang. Zu diesem Thema möchte ich deutlich zum Ausdruck bringen, dass ein wertschätzender Umgang mit den jüngsten Kameraden keineswegs im Widerspruch zu einer fordernden militärischen Ausbildung steht.
- Belastungs- und Entlastungssteuerung: Zur Sicherstellung von Einsatzbereitschaft, Motivation und langfristiger Personalbindung ist eine Balance zwischen Belastungs- und gezielten Entlastungsphasen zwingend erforderlich. Die verstärkte Einbindung von Milizkader nach dem Prinzip „Miliz bildet Miliz aus“ hat sich an der Heerestruppenschule bewährt. Dies entlastet nicht nur das Ausbildungskader, sondern ist Ausdruck von Wertschätzung gegenüber den Milizkameraden und sollte konsequent ausgebaut werden.
- Führungskompetenz stärken: Die konsequente Weiterentwicklung von Verantwortung und Entscheidungsspielräumen für Führungskräfte ist notwendig, um die Führungsfähigkeit und Einsatzwirksamkeit nachhaltig zu erhöhen.
Das Österreichische Bundesheer befindet sich in einem grundlegenden Wandel. Die komplexe sicherheitspolitische Lage, der militärische Einsatzauftrag sowie das Ziel, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, bedingt klare Strukturen – und eine verantwortungsvolle Budgetpolitik. Die Führungskräfte des Bundesheeres stehen fest zusammen. Sie sind bereit, die kommenden Herausforderungen mit Entschlossenheit, Einsatzbereitschaft und kameradschaftlichem Zusammenhalt anzunehmen. Sie vertrauen darauf, dass sie durch nachvollziehbare Rahmenbedingungen, durch zielgerichteten Ressourceneinsatz und der konsequenten Fokussierung auf militärische Kernaufgaben gemeinsam erfolgreich sein werden.
Vizeleutnant Josef Stessl; 
 Kommandounteroffizier der Streitkräfte
 
                
        
    
Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST 3/2025 (405).
 
                         
                     
         
         
         
         
         
         
                
                 
                
                 
                
                 
                
                
