• Veröffentlichungsdatum : 20.08.2020
  • – Letztes Update : 24.08.2020

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Routenvorschlag: Kremser Brückenkopf 1945

REDAKTION TRUPPENDIENST

Vor 75 Jahren endete der Zweite Weltkrieg nach heftigen Kämpfen in und um Wien („Wiener Operation“ der Roten Armee) im niederösterreichischen Alpenvorland. Die vorgestellte Route führt in den Raum Hollenburg-Wölbling-Herzogenburg, wo die Front in den letzten Wochen des Krieges zum Stillstand kam. Diese Route beschränkt sich jedoch nicht auf das Jahr 1945, sondern erörtert auch andere Epochen.

  • Ausgangspunkt: Frontdenkmal Hollenburg
  • Endpunkt: Sowjetischer Soldatenfriedhof Herzogenburg
  • Transportmittel: Auto/zu Fuß; Wanderung im Gelände (7,5 km; ca. 1,5 Stunden)
  • Fahrtstrecke: ca. 30 Kilometer; Dauer: ca. 5 Stunden (inklusive Wanderung)

Station 1: Frontdenkmäler bei Hollenburg

Ausgangspunkt: N 48°22’19''; E 15°42’27''

Drei ursprünglich in den 1960er-Jahren errichtete Gedenkstätten in den Weinbergen zwischen Hollenburg und Wagram ob der Traisen erinnern an die hier verlaufende letzte Frontlinie des Zweiten Weltkrieges im österreichischen Donauraum Ende April 1945 sowie an die Gefallenen während der letzten Kriegswochen:

  • das Frontdenkmal an der Hollenburger Straße;
  • ein Frontkreuz in den Weinbergen;
  • ein Herrgottkreuz am Querweg.

Das am Fuße des Schiffberges (mit der Wetterkreuzkirche, die damals eine Beobachtungsstelle war) stehende Frontdenkmal in Form eines Pfeilers mit einer aufgesetzten Kugel und vier Hauptinschriftentafeln zeugt von der hier verlaufenden Frontlinie in den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges. Konkret wird an die dort gefallenen 28 deutschen Soldaten und elf Zivilopfer erinnert. Hinsichtlich der Inschriften des 2010 generalsanierten Denkmals wäre eine Kontextualisierung der Texte hinsichtlich des heutigen Verständnisses auf der nebenan stehenden Informationstafel wünschenswert.

Der plakative Hinweis auf das Kriegsende an dieser Frontlinie: „Hier nahm der 2. Weltkrieg am 8. Mai 1945 sein Ende“ bedarf einer Erklärung. Der Ort dieses Denkmals markiert den nördlichen Endpunkt der letzten Frontlinie durch das niederösterreichische Alpenvorland, deren Südende sich bei Lilienfeld befindet. Dieser Raum ist hinsichtlich des Endes der Deutschen Wehrmacht und damit des Naziregimes historisch insofern von Bedeutung, als sich hier das Ende der Heeresgruppe Süd bzw. „Ostmark“ vollzog. In der Dimension sind die Kampfhandlungen mit jenen gegen die Heeresgruppe Mitte („Berliner Operation“) jedoch nicht vergleichbar. Der Zweite Weltkrieg endete in Europa de facto mit der Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde in Berlin-Karlshorst.

Im österreichischen Donauraum hingegen trafen sich sowjetische und US-amerikanische Soldaten am frühen Nachmittag des 8. Mai 1945 in Strengberg. In der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1945 fand im heutigen Gemeindeamt von Erlauf, in dem damals der Stab der sowjetischen 7. Gardeluftlandedivision einquartiert war, ein historisches Treffen statt. Der Kommandeur der sowjetischen 7. Gardeluftlandedivision, Generalmajor Dmitri Dritschkin, und der kommandierende General der 65. US-Infanteriedivision, Generalmajor Stanley Reinhart, stießen dort auf das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa und den um 0001 Uhr des 9. Mai in Kraft tretenden Waffenstillstand an. Der US-General wurde für dieses Treffen extra von den Sowjets aus Linz abgeholt.

In den Weinbergen unweit des Frontdenkmals steht das Frontkreuz (N 48°21’58''; E 15°42’10'') in der Nachfolge einer Grabstelle für einen gefallenen, später in ein Soldatengrab umgebetteten Offizier. Die durch ein Holzkreuz markierte Stelle wurde im Laufe der Zeit zu einem Vorplatz mit Mauer, einem Metallkreuz und einer Hinweistafel auf den Frontverlauf im Mai 1945 ausgebaut. Durch die Weinberge gelangt man zum Herrgottkreuz (N 48°21’55''; E 15°42’06''), das ebenfalls an Opfer der letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges in dem Raum erinnert.

Links:

Das Treffen der Generäle 
Die Umarmung der Sieger 
Museum Erlauf erinnert 

Krems an der Donau (Stadt) – Stadtteil Hollenburg
(Auszug Gemeindeverzeichnis TD-Handbuch)

Stadtteile südlich der Donau im Bereich des römischen Limes; Burgus bzw. Kleinkastell in der Katastralgemeinde Hollenburg. Mitte Juli 1866 eine Kompanie des Feldjäger-Bataillons Nr. 3 nach Hollenburg verlegt. Bau des Brückenkopfes (1914). Am 8. Mai 1945 Beschuss durch zwei ungarische Kanonenboote bei Hollenburg, dem fünf Menschen zum Opfer fielen.

Station 2: Nußdorf ob der Traisen – Kirche

N 48°17’60''; E 15°41’38''; H 249 m

In Österreich wird in fast allen Ortschaften mittels Denkmälern den Gefallenen beider Weltkriege gedacht. Weitere Opfergruppen gelangen oft nur spärlich zu einer Denkmalwürdigung. Dagegen gedenkt beispielsweise Nußdorf mit einer im Jahr 2012 aufgestellten Gedenktafel den Holocaust- und Euthanasie-Opfern der Gemeinde. Die Edelstahltafel steht wie das Kriegerdenkmal im Nahebereich des Kirchenvorplatzes. Zeitgleich wurden am bestehenden Kriegerdenkmal mit einer Zusatztafel die Ziviltoten des Zweiten Weltkrieges namentlich angeführt. Die Gedenktafel an die Opfer der Euthanasie ist eine von wenigen in Österreich, die diese noch heute weitgehend marginalisierte NS-Opfergruppe thematisiert.

Nußdorf ob der Traisen (Auszug Gemeindeverzeichnis TD-Handbuch)

Ehem. Ansitz in der Ortsmitte von Nußdorf, einzelne Reste erhalten. Drei Steinkugeln zum Gedenken an den Dreißigjährigen Krieg an der Südseite des Kirchturms eingemauert; Einfall der Osmanen 1683, Ort ausgeplündert, Mühle in Brand gesetzt, Bevölkerung getötet oder verschleppt. Im Zuge des Österreichischen Erbfolgekrieges 1741 Einquartierung französischer und bayerischer Soldaten; 1805 und 1809 Gänge, sog. „Feindlukan“ in den Löss geschnitten. Am 16. April 1945 Nußdorf in das Kampfgeschehen geraten; am 18. April von der Donau her durch deutsches Artilleriefeuer beschossen; Artilleriefeuer erlitt auch Reichersdorf. Kriegerdenkmale in Nußdorf (I. u. II. WK) und in der Katastralgemeinde Reichersdorf (I. u. II. WK); Gedenkkreuz in den Terrassen der Weinberge sowie Denkmal für NS-Opfer bei der Kirche.

Station 3: Kapelle Maria Ellend

N 48°20’17''; E 15°39’10''; H 400 m

Erster Weltkrieg

Die Schaffung der Entente Cordiale (ein zwischen Frankreich und dem Vereinigten Königreich geschlossenes Übereinkommen), die wachsenden Unsicherheiten im Dreibund und die Dauerkrise auf dem Balkan führten schon früh zu Überlegungen und konkreten Planungen, an der Donau Brückenköpfe zu errichten. Diese sollten einen im Kriegsfall nicht auszuschließenden russischen Vormarsch über Galizien und die Karpaten nach Schlesien, Mähren und in die ungarische Tiefebene am Überschreiten der Donau hindern.

So wurden bereits ab 1904 Planungen nach den Weisungen des Reichskriegsministeriums begonnen, befestigte Brückenköpfe um Wien, Tulln und Krems anzulegen. 1908 wurden die Planungen unter dem Generalstabschef Franz Graf Conrad von Hötzendorf konkreter. Ab 22. August 1914 begannen die Arbeiten. Im Brückenkopf Krems war eine Besatzung von 34 000 Mann vorgesehen. Die österreichisch-ungarische und deutsche Offensive führte am 2. Mai 1915 zum Durchbruch im Raum Tarnów-Gorlice, schließlich in Galizien zur Rückeroberung von Przemysl und Lemberg und zwang die russischen Armeen in den folgenden Wochen und Monaten zum Rückzug. Bald darauf begann man die Anlagen des Brückenkopfes Wien sowie in Tulln und Krems abzubauen.

Literaturhinweis: TD-HB Donauraum: Kapitel 1.12.2 – Die Brückenköpfe Wien, Tulln und Krems S. 345 f.

Zweiter Weltkrieg

Durch die Einnahme von zumindest einer Donaubrücke in Wien selbst konnten rasch Kräfte der Roten Armee an das linke (nördliche) Donauufer verlegt werden. Tatsächlich war die Reichsbrücke in Wien die einzige Brücke, die den sowjetischen Streitkräften zwischen Belgrad und Krems in die Hände fiel. Dies unterstreicht auch die operative Bedeutung des Kremser Brückenkopfes.

Operative Beurteilung

Nach dem Überschreiten der Traisen tritt hier ein Angreifer aus dem Osten in das für einen Durchmarsch durch das österreichische Alpenvorland Richtung Westen entscheidende Gelände ein. Im Donauraum zwischen Melk und der Enns verlaufen Westautobahn (A 1), Bundesstraße 1 und Westbahn auf engem Raum parallel. Hinsichtlich der Lage der Verkehrslinien ergibt sich infolge der geografischen Gegebenheiten gegenüber der historischen Betrachtung eine deutliche Kontinuität. Nach wie vor bieten sich keine leistungsfähigen Ausweichmöglichkeiten an.

Im zentralen Teil des österreichischen Donauraumes durchfließt die Ybbs die „Enge von Amstetten“. Tief eingeschnitten bei Waidhofen aus den Voralpen heraustretend, wird sie bis Amstetten im Alpenvorland von dichter Verbauung begleitet. Nördlich von Amstetten bietet sich mit der Neustadtler Platte bis zur Donau ein weiteres verteidigungsgünstiges Gelände an. Insgesamt handelt es sich hier um eine Linie mit hohem Sperrwert. Bei entsprechendem Ausbau kann auch entlang der Erlauf unter Einbeziehung des Hiesberges bei Melk und in Anlehnung an den Dunkelsteinerwald eine Linie mit mittlerem Sperrwert errichtet werden. Nicht zuletzt deshalb wurde in der Raumverteidigung des Kalten Krieges hier die Schlüsselzone 35 eingerichtet.

Warum die letzte HKL des Krieges im Donauraum genau hier zu liegen kam, hat mehrere Gründe:

  1. Die sowjetische Überlegenheit von etwa 3:1 reichte aus, um die Front teilweise vorzuschieben und vorteilhaftere Positionen im Gelände zu gewinnen. Sie war jedoch aufgrund des verteidigungsgünstigen Geländes des Dunkelsteinerwaldes sowie des Mangels an starken infanteristischen Kräften in den mechanisierten Sowjetarmeen zu gering, um entscheidende Geländegewinne zu erzielen, was auch nicht die sowjetische Absicht war.
  2. Nach dem Nehmen der Traisenlinie zogen die Sowjets wesentliche Kräfte (6. Garde-Panzerarmee) aus dem Großraum Wien ab, die sie nun in ihrem neuen Schwergewicht des Angriffes nördlich der Donau einsetzten („Prager Operation“). Diese Umgliederung hatte auf das Kräfteverhältnis an der Traisenlinie insofern eine Auswirkung, dass es nun kaum mehr rückwärtige sowjetische Kräfte gab, um einen Angriff - der jedoch nicht mehr vorgesehen war - zu nähren.
  3. Die Reste der Heeresgruppe „Ostmark“ entwickelten keine Offensivkraft mehr, weshalb ein mit erwartbaren schweren Verlusten verbundenes Nachsetzen in verteidigungsgünstiges Gelände (Dunkelsteinerwald, Hiesberg, Neustadtler Platte) nicht mehr notwendig war.

Angriff auf Maria Ellend

(Auszug aus dem Artikel: Kampf um den Kremser Brückenkopf)

Curt Lehmann war Sturmmann in der 10. Kompanie der SS-Kampfgruppe „Mähren“. Der junge Soldat absolvierte eine etwa dreimonatige Grund- und Waffengattungsausbildung in einer Sturmgeschützabteilung, die am 1. April 1945 abgeschlossen war. Am 16. April kam er mit seiner Einheit am Bahnhof von Hadersdorf am Kamp an und marschierte danach etwa 20 Kilometer nach Furth, wo er die Nacht verbrachte. Am 17. April bezog seine Kompanie Stellungen südlich von Meidling im Fladnitztal und sollte in weiterer Folge die Kräfte in Unter- bzw. Oberwölbing ablösen. Doch es kam anders.

In der Früh des 18. April wurden Lehmann und seine Kameraden an den westlichen Waldrand von Maria Ellend geführt. Dort erhielten sie den Auftrag, Schützenlöcher zu graben und darin den Angriff auf Maria Ellend abzuwarten, der noch am selben Tag von ihrer Kompanie ausgeführt werden sollte. „Ein Zug hatte das Angriffsziel ‚Gasthaus zur schönen Aussicht’, ein Zug das Angriffsziel nordöstlich der Anhöhe ‚Im Tal’ und ein Zug war als Reserve eingesetzt“, erinnert sich Curt Lehmann, der in dem Reservezug war. „Die Angriffe wurden über die freie Fläche von Westen nach Osten geführt und waren äußerst verlustreich. 60 Mann verloren dabei ihr Leben.“

Zum Zeitpunkt des Angriffes, der um 1700 Uhr begann, wurde das Gasthaus von einem sowjetischen Zug mit einer Stärke von etwa 30 Mann verteidigt, die auch über zwei Panzerabwehrkanonen verfügten. Den beiden deutschen Zügen gelang es, ihre Angriffsziele zu nehmen. Der Reservezug von Curt Lehmann wurde auf die Anhöhe nördlich „Im Tal“ nachgezogen. Während des Vorgehens erhielt er einen Steckschuss am linken Oberarm, der von dem Maschinengewehrschützen Eduard Augustin notdürftig versorgt wurde, nachdem sie die Anhöhe gewonnen hatten. Danach lief Lehmann zum Truppenverbandsplatz, um seine Verwundung behandeln zu lassen.

Mittlerweile griffen die Sowjets die Höhe „Im Tal“ an. Ihre Übermacht zwang die 10. Kompanie dazu, sich nach Norden zur Kapelle „Maria Ellend“ bzw. dem Waldrand östlich davon abzusetzen und dort Stellungen zu beziehen. Der Maschinengewehrtrupp, der Lehmann geholfen hatte, hielt die Stellung und deckte damit den Rückzug der beiden Züge der 10. Kompanie, die über die freie Fläche stürmten, um sich abzusetzen. Eduard Augustin und sein Maschinengewehrschütze 1, Erwin Giering, gelten seit diesem Zeitpunkt als vermisst. „Mit großer Wahrscheinlichkeit sind sie gefallen und nach Beendigung des Krieges im Acker verscharrt worden, wie auch andere Kameraden, deren Gräber wir nicht fanden“, so Lehmann, der den Krieg überlebte und häufig an den Ort dieses Gefechtes zurückkehrte. (Anmerkung: Die Namen der beiden Soldaten befinden sich auf dem Denkmal der Deutschen Gefallenen vor der Kirche in Kuffern.) Das verdankte er vor allem seiner Verwundung, aufgrund derer er mit einem Lazarettzug nach Westen transportiert wurde, während seine Kameraden am Kremser Brückenkopf kämpften und viele von ihnen – genauso wie unzählige junge sowjetische Soldaten auf der anderen Seite – ihre Heimat nicht wiedersehen sollten.

Kalter Krieg

Den Planungen und Vorbereitungen für die Abwehr einer Gesamtbedrohung Österreichs im Kalten Krieg lag die nachstehende vermutliche Feindabsicht im Großen zu Grunde: Ansatz einer verstärkten Armee bestehend aus zwei motorisierten Schützendivisionen und einer Panzerdivision der „Zentralen Gruppe der Truppen“ - so die Bezeichnung der in der CSSR stationierten Teile der sowjetischen Streitkräfte - aus dem Raum Breclav-Brno-Znojmo durch das Weinviertel. Man erwartete das Überschreiten der Donau zwischen Tulln und Krems, und danach den Vorstoß in den Raum St. Pölten. Daher wurde südlich der Donau in diesem Raum die Sperrzone 33 eingerichtet und infolge der über die Jahrhunderte unveränderten topografischen Gegebenheiten erneut der „Brückenkopf Krems“ in die Verteidigungsanlagen miteinbezogen und so genannte Feste Anlagen (zumeist Bunker mit Panzertürmen) errichtet.

Literaturhinweis: TD-HB Donauraum: Kapitel 1.15.3 – Vom Staatsvertrag zur Spannocchi-Doktrin S. 472 - 486.

Wanderung über das einstige Gefechtsfeld 

WARNUNG: Bei Wanderungen in ehemaligen Frontgebieten kann man auf Kriegsrelikte stoßen. In diesem Fall verständigen Sie den Polizeinotruf 133. Heben Sie nichts auf, was Sie nicht selbst weggeworfen haben!

Download Karte

  1. Station: Kapelle Maria Ellend
                   Ausgangs- und Übersichtspunkt
  2. Station: Feste Anlage aus dem Kalten Krieg
                   Relikt der Raumverteidigung, das von der taktische Bedeutung dieses Bereiches nach                 1945 zeugt. (heute im Privatbesitz)
  3. Station: Übersichtspunkt
                   Blick auf das ehemalige Gefechtsfeld (siehe Absatz "Kampf um Maria Ellend")
  4. Station: MG-Stellung
                  Standort etwa 200 m nördlich am Waldrand
  5. Station: Frontverlauf „Kammlinie“
                   Im Gelände erkennbare Front- und Trennungslinie
  6. Station: Kapelle Theyern
                   Platz des weitesten Vorstoßes der Sowjets in den Brückenkopf
  7. Station: Rotes Kreuz
                   Hier wurden deutsche Deserteure von SS-Rollkommandos gehängt 
  8. Station: Gasthaus zur Schönen Aussicht
                   Übersichtspunkt und umkämpfter Ort 1945 (siehe Absatz "Kampf um Maria Ellend")

Statzendorf (Auszug Gemeindeverzeichnis TD-Handbuch)

Waffenfunde aus der Keltenzeit (Grab 2); heute im Wiener NHM ausgestellt. Ehem. Wehrkirche in Kuffern (Katastralgemeinde) von einer Wehrmauer umringt. Während des Ersten Weltkrieges Höhe um die Kapelle Maria Ellend nördlich von Kuffern Teil des Kremser Brückenkopfes. Mitte April 1945 heftige Gefechte, zwölf Zivilpersonen getötet, zahlreiche Objekte zerstört, andere beschädigt. Schwere Kämpfe im Raum Maria Ellend-Kuffern, Kapelle und Gasthaus beschädigt. Im Oktober 1945 ein Mann von sowjetischen Soldaten erschossen; Gewaltakte und Diebstahl (Dezember 1945). Kriegerdenkmale in Statzendorf (I. u. II. WK) und Kuffern (I. u. II. WK); Gedenktafel bei der Kirche in Kuffern für die Gefallenen der Endkämpfe. In der Zeit des Kalten Krieges gab es im Rahmen der Raumverteidigung auf der Höhe Maria Ellend mehrere Feste Anlagen.

Station 4: Oberwölbling – (Wehr-)Kirche, Soldatenfriedhof

N 48°19’10''; E 15°35’27''; H 342 m (Kirche)
N 48°19’24''; E 15°35’19'' (Soldatenfriedhof)

Die Errichtung von Wehrkirchen im Donauraum lässt sich im Wesentlichen auf eine Zeitspanne vom 11. bis in das 17. Jahrhundert eingrenzen. Das entscheidende Erkennungsmerkmal ist die den Kirchhof umgebende Wehrmauer. Zum Einsatz kamen Wehrelemente, wie Wehrgänge mit Schießscharten, Zinnen, mauerstärkende Türme, vorgelagerte Zwingermauern, vorgelagerte Wall- und Grabenanlagen sowie Torturmanlagen. Ab dem 15. Jahrhundert wurden viele Kirchen wegen der unruhigen Zeiten in Ostösterreich zu Wehrkirchen aufgerüstet bzw. festungsartig ausgebaut oder nach Zerstörungen als Wehrkirchen wiederaufgebaut.

Eine solche ehemalige Wehrkirche findet sich in Oberwölbling, einem Platz, der oftmals und zuletzt auch vor 75 Jahren in intensive Kämpfe verwickelt wurde. Die aus einer ehemaligen Burgkirche hervorgegangene Pfarrkirche erhielt Anfang des 16. Jahrhunderts eine massive Wehrmauer mit rechteckigen Schießscharten. Farbunterschiede im Mauerwerk zeigen die Position des ehemaligen hölzernen Wehrganges an. Zwei schindelgedeckte Rundtürme verstärkten in der Nordost- und Nordwest-Ecke die Wehrmauer. Das im Kirchhof befindliche Kriegerdenkmal beider Weltkriege weist die nach dem Ersten Weltkrieg häufig gewählte Form eines von einem Adler bekrönten Obelisken auf. Daneben befindet sich in einer Nische der ehemaligen Wehrmauer eine Gedenktafel für die zivilen Opfer des Jahres 1945.

Die Gemeinde Oberwölbling befand sich zu Kriegsende für mehrere Wochen im Frontbereich. Zwischen 1979 und 1983 wurde oberhalb des Ortszentrums am Abhang des Dunkelsteinerwaldes ein Sammelfriedhof für ungefähr 4.000 Soldaten errichtet. Der Großteil der hier Bestatteten gehörte der deutschen Wehrmacht an, aber auch Soldaten des 1. Weltkrieges fanden hier ihre letzte Ruhestätte. Ein Metallhochkreuz überragt die flächenmäßig in Blöcke geteilte Gräberanlage, die durch die Masse der schlicht gestalteten niedrigen Steinkreuze einen starken Impuls zum Nachdenken evoziert.

Literaturhinweis: TD-HB Donauraum: Kapitel 3.1 Das Bedürfnis nach Schutz S. 525 - 540.

Exkurs: Denkmalkultur im Wandel

Vor dem 19. Jahrhundert beschränkte sich das Gedenken auf Ereignisse und Feldherrn mit einem Fokus auf sakrale Ausdrucksformen. Ab dem 19. Jahrhundert setzte ein Wandel in der militärischen Denkmalstradition ein, die ihren Ausgangspunkt im Jahr 1793 in Frankreich mit der Einführung einer Wehrpflicht (Levée en masse) hatte. Da eine kriegerische Auseinandersetzung nunmehr zu einer Angelegenheit des Volkes geworden war, erforderte das gemeinsame Einstehen für die Nation, in Anlehnung an das in der Französischen Revolution errungene Egalitätsprinzip, eine gemeinsame Erinnerungswürdigkeit.

Während bei den frühen Kriegerdenkmälern nur die Offiziere mit Namen und Rang ein Gedenken erhielten, setzte sich gegen Ende des 19. Jahrhundert die Nennung von allen Gefallenen auf der Inschriftentafel durch. Diese Änderung in der Auffassung der Denkmalwürdigkeit fand auch im österreichischen Donauraum statt – bis hin zum Anspruch auf eine eigene Grabstätte auf einem Soldatenfriedhof. Die zweite Hälfte des 19. Jhs. ist geprägt von einer Denkmalflut und dem Hang zu einer monumentalen Sieges- und/oder Heldendarstellung, soweit es dafür einen historischen Bezugspunkt gab. Eine kritische Auseinandersetzung mit den Hintergründen des Krieges, der politischen Situation oder die kritische Auseinandersetzung mit dem Themenbereich Krieg und Diktatur, fehlte zumeist völlig. Die Heldenverehrung der beiden Weltkriege wich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert zunehmend einem stillen Erinnern, Mahnen und einer kritischeren Auseinandersetzung mit den Umständen, die zum Tod der Soldaten führten.

Literaturhinweis: TD-HB Donauraum: Kapitel 3.2 - Der Wunsch nach Erinnerung S. 540 - 552

Wölbling (Auszug Gemeindeverzeichnis TD-Handbuch)

Prähistorische Wallanlage in der Katastralgemeinde Ratzersdorf (N 48°18'08.9", E 15°33'22.4"); erste Erwähnung der Burg Landersdorf im 12. Jh. (N 48°18'53.3", E 15°34'30.8"); in ein Schloss umgebaut. Wehrkirchenanlagen in Unterwölbling - Befestigungen nicht mehr erkennbar; sowie in Oberwölbling mit erhaltenen Mauern und Wehrtürmen (N 48°19'11.0", E 15°35'28.6"). In Krisenzeiten zum Fluchtort bestimmt; von den Osmanen 1683 jedoch eingenommen. Zuvor Einquartierung kaiserlicher Verbände während des Dreißigjährigen Krieges. Im Zuge des Österreichischen Erbfolgekrieges 1741 französische Truppenpräsenz; in den Jahren 1805 und 1809 erneut französische Truppendurchzüge. Am 15. April 1945 Zusammenstöße in Ambach; deutsche Einheiten verschanzten sich im dortigen Wald - zahllose Todesopfer; kampfloser Fall von Oberwölbling am 16. April, zwei Tage später von den Deutschen zurückgewonnen; vier Zivilisten getötet. Gemeinde drei Wochen lang Frontgebiet; Anfang Mai 1945 Einmarsch der Roten Armee; in Unterwölbling ein Großteil der Gebäude beschädigt; beiderseitige Verluste infolge heftiger Nachhutgefechte; anschließend Gewaltakten und Diebstahl. Soldatenfriedhof in Oberwölbling mit etwa 4.000 Gefallenen des Zweiten Weltkrieges (3.921 Bestattete am Eingang, 4.066 beim Kreuz in der Mitte des Friedhofes angegeben); zwei Gedenksteine in Erinnerung an die Melker Pioniere bzw. Marinekameraden und Opfer der Seefahrt; verschiedene Gedenkkreuze (Zaunerkreuz, Munkkreuz). Kriegerdenkmal bei der Kirche (I. u. II. WK) sowie Gedenktafel für die zivilen Toten des Jahres 1945.

Station 5: Obritzberg – (Wehr-)Kirche

N 48°17’24''; E 15°35’35''; H 366 m

Die auf einem Höhenrücken mit Steilabfall errichtete Sankt Laurentius Kirche befindet sich auf geschichtsträchtigem Boden. Bodenfunde belegen die Nutzung des heutigen Kirchenhügels über die Jahrtausende hinweg. Der Bogen spannt sich von einer urgeschichtlichen befestigten Höhensiedlung über eine frühmittelalterliche Fliehburg, eine abgekommene Kuenringische Burg, eine neuzeitliche Zufluchtsstätte mit einer im Jahr 1526 errichteten Ringmauer bis zu der heutigen Pfarrkirche. Ein mittelalterlicher, sechseckiger Wehrturm (Bergfried) erhielt im Laufe der Geschichte die Funktion eines Glockenturmes für die Pfarrkirche in der Nachfolge der ehemaligen Burgkapelle.

Bei der hier vorgestellten Tour gilt das Interesse dem zum Kirchenturm ausgebauten ehemaligen sechseckigen Bergfried. Dieser wurde im Zuge von Kampfhandlungen gegen Kriegsende 1945 gesprengt. Die schwer beschädigte Kirchenanlage ist wieder instandgesetzt, der neu errichtete Kirchenturm knüpft durch die Sechseckform an den Vorgängerbau an. Die Steine des zerstörten mittelalterlichen Wehrbaues stehen nun als Erinnerungszeichen zu einer Mauer aufgeschichtet am Kirchenvorplatz. Damit wird der einst wehrhafte Standort dokumentiert, der über lange Zeit durch die erhöhte Lage der Kontrolle des Umlandes und als Zufluchtsstätte für die lokale Bevölkerung diente.

Eine sichtbare Spur der Kampfhandlungen gegen Kriegsende zeigt ein ebenfalls am Vorplatz befindliches, 1921 eingeweihtes Kriegerdenkmal mit der Darstellung einer Soldatenskulptur auf hohem Sockel. Die gleiche Steinfigur findet sich auch an einigen Kriegerdenkmälern in naheliegenden Orten, wie Reichersdorf, Markersdorf an der Pielach und Kirchberg am Wagram. Der Obritzberger steinerne Soldat stellt mit einer Beschädigung im Kopfbereich eine Besonderheit dar, weist er doch auf die erbitterten Kämpfe hin als er vor 75 Jahren in das Kreuzfeuer eines Artilleriebeschusses geriet.

Obritzberg-Rust (Auszug Gemeindeverzeichnis TD-Handbuch)

Erhaltene Grabenreste der Hausberganlage Zagging (N 48°15'56.1", E 15°38'46.7"); Anlage auf einem Stich von Georg Matthäus Vischer (17. Jh.) noch abgebildet, um 1800 abgebrochen. Ehem. Wehrkirchen in Großrust und Obritzberg; Ruine des Wehrturmes aus dem frühen Mittelalter; Einfall der Osmanen 1529 und 1683; Kirche und Pfarrhof niedergebrannt. Während des Dreißigjährigen Krieges durch kaiserliche Hilfstruppen geplündert. Mitte April 1945 für mehrere Wochen in die Frontlinie geraten; Kirchturm von den Deutschen gesprengt; Verlauf der Hauptkampflinie über den Kirchenberg; drei Zivilisten getötet, mehrere Häuser zerstört oder beschädigt; nach dem Einmarsch der Roten Armee Diebstahl und Gewalttaten. Kriegerdenkmale in Obritzberg (I. u. II. WK) und in Kleinhain bei der Kirche (I. u. II. WK), Gedenktafel in der Kirche sowie Kriegsgrab im Friedhof (I. u. II. WK).

Station 6: Herzogenburg – sowjetischer Soldatenfriedhof

N 48°17'12''; E 15°41'34''

Die Spitzen der Roten Armee hatten am 13. April bei St. Andrä die Traisen nordöstlich von Herzogenburg gewonnen und drangen noch am gleichen Tag mit ihren ersten Spähtrupps über die unversehrt gebliebene Holzbrücke bei St. Andrä bis nach Herzogenburg vor, mussten sich aber danach zurückziehen. Am 14. April drangen die Sowjets über die Traisen, besetzten Herzogenburg und stießen nach Nordwesten zum Kremser Brückenkopf.

Herzogenburg (Auszug Gemeindeverzeichnis TD-Handbuch)

Gegend im 10. Jh. von magyarischen Reiterscharen überrannt und verwüstet; Ringmauer um die Siedlung errichtet. Mittelalterliche Hausberganlage in Gutenbrunn (N 48°17'58.9'', E 15°46'44.2''); Augustiner-Chorherrenstift Herzogenburg mit Graben und Wallanlage im 13. Jh. erwähnt; mehrfach umgebaut. Reste der ehem. Befestigungen mit Toren und Türmen aus dem 15./16. Jh. in Herzogenburg erhalten (N 48°17'14.9'', E 15°41'45.5''); Ort von den Einfällen der Osmanen sowie dem Dreißigjährigen Krieg betroffen. Schlossanlage, sog. Kellerschlössl in der Katastralgemeinde Wielandsthal ((N 48°17'51.1'', E 15°41'04.8''). Im Zweiten Weltkrieg Feldflugplatz nördlich des Stiftes errichtet; Segelfliegerschule der HJ und Luftüberwachungsstation ah Hohen Kölbling – Bodenplatte des Hangars; ab 1944 Ziel alliierter Luftangriffe. Am selben Ort sterbliche Überreste eines sowjetischen Soldaten Anfang 2014 gefunden. Kampflose Übergabe der Stadt an die Rote Armee am 14. April 1945, zuvor Traisenbrücke gesprengt; westlich der Stadt aufgestellte deutsche Truppen beschossen daraufhin Herzogenburg; 35 Zivilisten getötet. Errichtung einer sowjetischen Militärkommandantur; sowjetische Kriegsgräberanlage beim Friedhof mit 241 Gefallenen. Am 6. Juli 1945 Weichenanlage auf der Eisenbahnstrecke Traismauer-Herzogenburg von NS-gesinnten Tätern gesprengt. Kriegergedenkkapelle im Friedhof (I. u. II. W)..

 

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