• Veröffentlichungsdatum : 16.07.2020
  • – Letztes Update : 21.12.2020

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Konfliktursache Klimawandel

Gerald Hainzl und Nicole Gruber

„Klimakrieg“ ist ein relativ neuer Begriff und wohl auch dem Zeitgeist geschuldet. Dennoch hat diese Thematik inzwischen in die sicherheitspolitische Forschung Einzug gehalten. Und das obwohl ein kausaler Zusammenhang zwischen Kriegen und Klimaveränderungen bisher nicht eindeutig belegbar ist. Zahlreiche Indizien weisen jedoch genau drauf hin. 

Gewaltsame Auseinandersetzungen sind grundsätzlich immer das Produkt des Zusammenwirkens mehrerer unterschiedlicher Faktoren. Dass klimatische Veränderungen von sicherheitspolitischer Relevanz sind, da sie Einfluss auf innerstaatliche und zwischenstaatliche Konflikte haben, ist dabei keine neue Erkenntnis. Existenzkrisen verschärfen die soziale Lage unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen und Missernten, höhere Lebensmittelpreise und damit verbundene Hungersnöte können zu Spannungen, Konflikten und letztendlich Kriegen führen. Bereits seit Jahrzehnten wird beispielsweise die Ausbreitung der Sahara Richtung Süden für gewaltsame Auseinandersetzung verantwortlich gemacht. Änderungen der Umwelt müssen aber nicht notwendigerweise negative Auswirkungen haben, sondern können sogar zur Beilegung von Konflikten beitragen.

Klimaveränderungen und Konflikte

Veränderungen der Lebensbedingungen führen überall auf der Welt zu Verhaltensänderungen von Menschen und sozialen Gruppen. Diese Veränderungen können sich auf Konflikte sowohl negativ als auch positiv auswirken. An historischen Beispielen lässt sich erkennen, dass klimatische Schwankungen Auswirkungen auf politische Entwicklungen haben. Das lässt sich beispielsweise aus den Erfahrungen der Kleinen Eiszeit für die nördliche Hemisphäre ableiten. Als nach der mittelalterlichen Warmzeit die Temperatur vom 15. bis zum 19. Jahrhundert im Durchschnitt um bis zu 0,8 ° C niedriger war, und auf viele lange, kalte Winter, niederschlagsreiche, kühle Sommer folgten, wurden die Lebensmittel aufgrund der kurzen Vegetationsperioden knapp. Auf Hungerkatastrophen folgten Mangelernährung und Seuchen. Soziale Spannungen entstanden, die sich an Minderheiten und Randgruppen entluden und den Dreißigjährigen Krieg sowie die Französische Revolution mitbegünstigten.

Denken wir an den Klimawandel, so denken wir in erster Linie an negative Auswirkungen, wie Trockenheit, Ernteausfälle oder Überschwemmungen. Die Sahelzone, der Nahe und Mittlere Osten werden oft als Regionen genannt, in denen der Klimawandel ein wesentlicher Konflikttreiber ist. Dies hängt damit zusammen, dass die Folgen des Klimawandels nicht als alleinige Ursache von Konflikten betrachtet werden können, sondern vielmehr als Konfliktmultiplikatoren zu sehen sind. Auch das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) führt an, dass insbesondere arme und marginalisierte Bevölkerungsgruppen von den Auswirkungen betroffen sind. Klimatische Veränderungen können in Kombination mit der politischen, institutionellen und sozioökonomischen Fragilität von Staaten, hoher Arbeitslosigkeit, Armut und der Marginalisierung von Bevölkerungsgruppen gesellschaftliche Spannungen verstärken und Konflikte auslösen. Negative Folgen zeigen sich insbesondere für fragile Staaten, die im Gegensatz zu einkommensstarken Ländern, oft nicht über notwendige Bewältigungsstrategien verfügen.

Trotz der vielen negativen Auswirkungen der Veränderungen des Klimas, muss erwähnt werden, dass manche Staaten eventuell davon profitieren könnten. Besonders das Abschmelzen des Eises in der Arktis sowie das Auftauen der Permafrostböden wird für die Staaten im Norden nicht nur negative Konsequenzen haben. Einerseits führt der Zugang zu Bodenschätzen bereits jetzt zu einem internationalen Wettlauf, andererseits werden die wärmeren Temperaturen Einfluss auf die landwirtschaftliche Produktion haben. Beides ist jedoch nicht nur mit ökonomischen Fragestellungen verbunden. Es könnte sogar zu geopolitischen Machtkämpfen und Machtverschiebungen führen. Staaten wie Russland, die von den Klimaveränderungen profitieren könnten, müssen aufgrund der auftauenden Böden allerdings massiv in die Infrastruktur investieren. Durch das Auftauen des Permafrostbodens in den nördlichen Regionen wird die derzeitige Infrastruktur vermutlich nachhaltig geschädigt. Bauwerke, Verkehrsinfrastruktur und Pipelines sind in Gefahr. Dadurch dürften hohe Kosten entstehen, die sich erst nach vielen Jahren amortisieren werden.

Konflikte können sich als Ressourcenkonflikte manifestieren. Die Kontrolle über Ressourcen und die Erlöse aus dem Verkauf sind immer mit Macht verbunden. Daher ist es nicht verwunderlich, dass gewaltsame regionale Auseinandersetzungen ausgetragen werden. Das betrifft auch Landrechts- und Landnutzungsfragen sowie den Zugang zu Wasser. Während Landrechtsfragen in den meisten Fällen innerstaatliche Konflikte nach sich ziehen, die entlang ethnischer oder religiöser Identitäten ausgetragen werden, können Fragen des Zugangs zu Wasser durchaus internationale Dimensionen erreichen. So ist beispielsweise der Bau des Grand Ethiopian Renaissance Dam am Blauen Nil ein permanenter Konfliktgrund zwischen Äthiopien auf der einen sowie Ägypten und Sudan auf der anderen Seite. Während Äthiopien den Damm für die Produktion von Strom benötigt, fürchten die Anlieger am Unterlauf, dass sie das für die Bewässerung notwendige Wasser während des Befüllens des Damms über mehrere Jahre nicht mehr in ausreichender Menge bekommen könnten. Internationale Bemühungen zur Konfliktbeilegung im ersten Quartal 2020 waren nicht erfolgreich. Allerdings konnten gewaltsame Auseinandersetzungen bisher vermieden werden.

CARE International, Maplecroft und das Center for Global Development (CGD) betrachten Afrika, Zentral-, Süd- und Südostasien als jene Regionen, deren gesellschaftliche Verwundbarkeit aufgrund des Klimawandels am größten ist. Am stärksten betroffen sind jene Gesellschaften, deren Lebensgrundlagen auf Landwirtschaft beruhen, wie in einigen Ländern der afrikanischen Sahelzone (z. B. Burkina Faso, Tschad, Niger und Mali) in denen 80 Prozent der Bevölkerung von Subsistenzwirtschaft, Agrikultur und Pastoralismus (Anm.: Landnutzung mit extensiver Weidewirtschaft auf natürlichem Land) leben. Eine Bodendegradation steht hier in direktem Zusammenhang mit dem Verlust der Lebensgrundlage und bedroht somit auch die menschliche Sicherheit.

Besonders in der südlichen Sahelzone und am Horn von Afrika haben extreme Wetterphänomene während der vergangenen Jahre die Menschen vor große Herausforderungen gestellt. Überschwemmungen und Dürren führten zu Nahrungsmittelmangel und gewaltsamen Konflikten. Als Beispiel für einen Konflikt gelten die Auseinandersetzungen zwischen sesshaften Bodenbauern und nomadisierenden Viehzüchtern. In Zeiten mit regelmäßigen Niederschlägen funktionieren die über Jahre etablierten Beziehungen zwischen nomadisierenden und sesshaften Gruppen in der Regel gut. Wenn der gewohnte Ablauf allerdings gestört ist und beide Gruppen negative wirtschaftliche Auswirkungen befürchten oder bereits darunter leiden, steigt auch das Eskalationspotential dramatisch an. Traditionelle afrikanische Konfliktlösungsmechanismen (wie z.B. Kgotla in Botswana oder Mato Oput in Uganda, Asetena kese in Ghana, Ama-ala in Nigeria, Guurti in Somalia, Dare und Ndaba in Südafrika, um nur einige zu nennen), die in der Vergangenheit für kleinere Streitigkeiten genutzt wurden, um eine annähernd gewaltfreie Koexistenz zu ermöglichen, sind für diese Form der Auseinandersetzung nicht oder nicht ausreichend geeignet. Daher entstehen in einer Phase wirtschaftlicher Verwundbarkeit, gepaart mit Existenz- und Zukunftssorgen, Konflikte um begrenzt zur Verfügung stehende Ressourcen, die mit Gewalt ausgetragen werden. Diese können isoliert in einer Region stattfinden oder sich mit anderen Konflikten zu einem großen Konfliktraum verbinden, wie derzeit etwa in der Region Liptako-Gourma, die sich auf Mali, Niger und Burkina Faso erstreckt.

Die Weltbank prognostiziert, dass bis 2050 mehr als 143 Millionen Menschen in Subsahara Afrika, Südasien und Lateinamerika aufgrund klimatischer Veränderungen migrieren werden. Bereits heute wird weltweit die bisher größte Anzahl an Binnenvertriebenen (IDP bzw. internally displaced persons), unter anderem aufgrund von bewaffneten Konflikten, Gewalt, Natur- und technischen Katastrophen, verzeichnet. Der Verlust der Lebensgrundlage, Arbeitslosigkeit, Nahrungsmittelknappheit und fehlende medizinische Versorgung führen neben Konflikten ebenfalls zu Vertreibungen, Landflucht und Migration.

Für Jugendliche ist es in solchen Lebensrealitäten zudem attraktiv sich der Organisierten Kriminalität oder terroristischen und militanten Gruppen anzuschließen, die zumindest ein Einkommen versprechen. Die unsichere wirtschaftliche Lage fördert auch den Zulauf von (vorwiegend) jungen Männern zu religiös und ideologisch motivierten Gruppen mit hohem Gewaltpotential. Boko Haram in der Region um den Tschadsee und al-Shabaab in Somalia profitieren davon ebenso wie ISWAP (Islamischer Staat in der Provinz Westafrika) oder kleinere Gruppen in Mali und Burkina Faso.

Die wirtschaftliche Unsicherheit sowie die Angst vor bewaffneten Auseinandersetzungen und Terror lässt die Menschen in die Städte ziehen oder in entferntere Gebiete auswandern. Weil Arbeitsplätze nicht in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen und sich die Umweltbedingungen rasch geändert haben, entschließen sich Menschen zudem dazu, ihre Dörfer und Siedlungen zu verlassen. Dies führt zu einem gewaltigen Druck auf die Städte. Zwar werden in den Medien zumeist die Mega-Cities thematisiert, aber auch kleinere Städte stehen enorm unter Druck. Der Zuzug stellt große Herausforderungen an den Bau von Wohneinheiten, um die Entstehung von informellen Siedlungen zu verhindern, sowie an Müllentsorgung, Abwassermanagement, etc.

Für Städte in Küstengebieten ergeben sich zusätzliche Herausforderungen. Der steigende Meeresspiegel und ein verstärktes Vorkommen von Sturmfluten bedrohen die städtische Infrastruktur – insbesondere informelle Siedlungen. Kleine Inseln wie die Malediven oder Tonga sind von diesen Entwicklungen existentiell bedroht. Bei weiterhin steigendem Meeresspiegel, könnte der gesamte Lebensraum verschwinden. Die Tragweite eines permanent steigenden Meeresspiegels zeigt sich auch daran, dass sogar Mega-Cities mit Millionen Einwohnern wie Kairo oder Lagos von der Erdoberfläche verschwinden würden.

Auswirkungen des Klimawandels auf Frauen in Konflikten

Die Auswirkungen des Klimawandels sind für vulnerable Gruppen, wie ältere Menschen, Personen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen, Kinder und Frauen eine besondere Herausforderung. Besonders Frauen sind aufgrund ihrer häufig gegebenen politischen, finanziellen und sozioökonomischen Benachteiligung überproportional betroffen. In vielen Gesellschaften liegt die Kontrolle der Ressourcen in den Händen der männlichen Bevölkerung: Beispielsweise wird in der Hälfte aller Länder der Erde Frauen der Zugang zu Landbesitz verwehrt und ihre Bewegungsfreiheit durch religiöse, sich auf Traditionen berufende oder andere in der Gesellschaft verankerte Regeln eingeschränkt. Auch die Rollen und Verantwortlichkeiten der Geschlechter unterscheiden sich meist stark, wobei Frauen häufig den Haushalt führen und die Familie mit Nahrung versorgen.

Ein klimabedingter Ressourcenmangel kann diese Aufgaben enorm erschweren. Beispielsweise resultieren längere Dürreperioden häufig in weiteren Distanzen bis zur nächsten Wasserquelle. Dadurch entsteht ein höheres Risiko für Frauen, Opfer von Gewalt zu werden. Der Mehraufwand verringert ebenfalls die Möglichkeit einer zusätzlichen Erwerbstätigkeit und schmälert somit die Möglichkeit des Erreichens einer gewissen Unabhängigkeit sowie das Haushaltseinkommen der gesamten Familie. Wassermangel und das jahrelange Tragen von schweren Wasserbehältern können zudem zu Komplikationen in der Schwangerschaft sowie Rücken- und Wirbelsäulenverletzungen führen. In Folge von klimabedingter Migration und Landverlust sind Frauen stärker von Armut, Arbeitsausbeutung und Gewalt betroffen. Nahrungsmittelknappheit geht häufig auch mit einer erhöhten Rate an Kinderehen und Sexarbeit (Prostitution für Lebensmittel) einher.

Frauen sind aber nicht nur „Opfer“ des Klimawandels. Sie übernehmen häufig die führende Rolle in Aktivitäten des Klimaschutzes sowie der Entwicklung von nachhaltigen und alternativen Gesellschaftsmodellen. Ungleichheiten werden zunehmend sichtbar und stärken Emanzipationsbewegungen. So übernehmen Frauen vermehrt führende Rollen in der Versorgung mit Wasser und damit in der Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion.

Mögliche Gesundheitsrisiken

Klimatische Veränderungen sind mit Folgen für die menschliche Gesundheit verbunden. Ressourcenknappheit führt häufig zu Mangelernährung, die weltweite Zahl an Todesfällen durch Hitze und Naturkatastrophen steigt, extreme Wetterereignisse können humanitäre Katastrophen und den Ausbruch von Seuchen nach sich ziehen und in Indien und Bangladesch führt der steigende Meeresspiegel, verbunden mit einem höheren Salzwassergehalt in Flüssen, bereits zu gesundheitlichen Problemen der Bevölkerung. Diese Beispiele stellen nur einige der aktuellen klimabedingten Gesundheitsrisiken dar.

Der Klimawandel könnte auch eine Veränderung der Übertragungsmuster von Infektionskrankheiten bewirken. Insbesondere betrifft dies Krankheiten, die durch Vektoren (z. B. Insekten) übertragen werden wie Malaria oder Dengue-Fieber. Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten könnten in Zukunft stärker auftreten oder sich weiter Richtung Norden ausbreiten. Eine Übertragung neuer Krankheitserreger ist nicht auszuschließen. Fragile Staaten mit schwachen Gesundheitssystemen werden von derartigen Entwicklungen besonders betroffen sein. Wie die aktuelle COVID-19-Krise zeigt, kann die Gefährdung der Gesundheit aber auch weltweit als Multiplikator für Krisen und Konflikte dienen.

Neue Herausforderungen für das Krisen- und Konfliktmanagement

Oft wird in Zusammenhang mit dem Klimawandel vergessen, dass das Problem nicht weit weg ist, sondern auch Europa betreffen wird. Die Rede ist dabei nicht von Migration aus fernen Ländern, sondern innerhalb der Europäischen Union (EU). In den südlichen Staaten der EU wie Spanien oder Italien wird es aus heutiger Sicht ebenfalls Gebiete geben, die nicht mehr bewohnbar sein werden und in denen die landwirtschaftliche Produktion de facto zum Erliegen kommen wird. Zudem werden Krankheiten wie Malaria nach Europa zurückkehren, die schon vor langer Zeit hierorts verschwunden waren. Klimaveränderungen werden in der Zukunft vermutlich eine größere Rolle in der europäischen Binnenwanderung spielen, als die bisher im Vordergrund stehenden wirtschaftlichen, politischen und sozialen Faktoren. Die Bandbreite möglicher Entwicklungsszenarien reichen von einem starken Integrationsprozess bis zu Regionalisierung und Destabilisierung der Union.

Nichtsdestotrotz ist Angst immer ein schlechter Ratgeber. Basierend auf der Beschäftigung mit Umweltkonflikten kann eine ganze Reihe von Erfahrungen und Empfehlungen auch auf Konflikte, die durch den Klimawandel entstehen werden, angewendet werden. Außerdem weisen Studien darauf hin, dass Umweltprobleme eher zu Kooperation als zu Feindseligkeit führen. Trotzdem sollten politische Lösungsansätze diskutiert und umgesetzt werden. Aufgrund der globalen Herausforderung durch den Klimawandel sollten kooperative grenzüberschreitende Lösungen gesucht werden (wie z.B. Lake Chad Basin Commission).

Für das internationale Krisen- und Konfliktmanagement hat der Klimawandel ebenfalls Folgen. Da gewaltsame Konflikte und damit verbunden meist Migration zu erwarten sind, wird die internationale Gemeinschaft gefordert sein, Migrationsbewegungen einzudämmen, indem für ein friedliches Umfeld Vorort gesorgt wird. Die langfristigen Auswirkungen des Klimawandels werden sich in jeder Region, den einzelnen Ländern und sogar innerhalb der einzelnen Gesellschaften unterschiedlich manifestieren. Aus diesem Grund wird es zunehmend von Bedeutung sein, Politiken und Programme zu entwickeln, die zu einer Verbesserung der Resilienz gegenüber Klimaereignissen führen und dabei die jeweils spezifische Situation vor Ort zu betrachten. Insbesondere betrifft dies ein Verständnis für die Lebensgrundlagen, die gegebenen „Verwundbarkeiten“, den Zugang zu staatlichen oder kommunalen Hilfsleistungen im Katastrophenfall sowie die grenzüberschreitenden Zusammenhänge möglicher klimabedingter Konfliktfelder. Humanitäre Hilfe, Entwicklung und Sicherheit greifen dabei verstärkt ineinander.

Das Erzielen langfristiger und nachhaltiger Erfolge erfordert einen holistischen und länderübergreifenden Ansatz. Im Internationalen Krisen- und Konfliktmanagement wird der Faktor Klimawandel jedoch noch nicht ausreichend systematisch berücksichtigt. Die Notwendigkeit für den Aufbau von Frühwarnsystemen sowie von Bewältigungs- und Anpassungsstrategien an die geänderten Umfeldbedingungen ist gegeben. Für Truppen in internationalen Einsätzen könnten sich daraus neue Handlungsoptionen ergeben und den Fokus Richtung Konfliktprävention verschieben. Dies könnte beispielsweise den Einsatz in Gebieten umfassen, die von Hungersnot, Dürre oder extremen Wetterereignissen gezeichnet sind, um mögliche, sich daraus ergebende Konflikte bereits in ihrer Anfangsphase zu transformieren.

Eine Voraussetzung dafür wären effektive Frühwarnsysteme sowie die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Staaten bei Missionen zur Schaffung nachhaltiger, lokaler Strukturen und Eigenverantwortlichkeit in der Prävention von Konflikten. Internationale Missionen könnten zudem verstärkt im Aufbau lokaler Infrastruktur eingesetzt werden, um die Grundversorgung der Bevölkerung zu verbessern. Mechanismen und Politiken für eine gezielte und gerechte Verteilung von Ressourcen sind entscheidend, um Konflikten entgegenzuwirken. Dabei gilt es zu beachten, dass auch ein ungeregelter Zugang zu einem Mehr an Ressourcen gesellschaftliche Spannungen verstärken kann. So führte etwa ein Projekt der Entwicklungszusammenarbeit im Norden Burkina Fasos zu einer erhöhten Reisproduktion. Dieser Umstand wurde zum Pull-Faktor für zuvor nicht ansässige Gruppen und veränderte die demographischen und politischen Gegebenheiten vor Ort. Die zum Teil nomadisch lebende Gruppe der Fulani, die das Land zuvor nutzte, fühlte sich folglich benachteiligt und vertrieben.

Die geschilderten Szenarien setzen allerdings voraus, dass internationale Programme sowie Operationen/Missionen kritisch hinterfragt werden. Wie ist eine verbesserte Kooperation der Akteure vor Ort zu erreichen, um die diversen Konfliktursachen adäquat zu adressieren? Werden auf einzelne Länder beschränkte Mandate ausreichend sein oder sollten auch die angrenzenden Regionen mitgedacht werden? Sind die derzeit in der „Toolbox“ vorhandenen Instrumente die richtigen, um auf künftige Herausforderungen adäquat reagieren zu können? Die Dynamiken und die Multidimensionalität aktueller Konflikte, in denen Klimaveränderungen eine wachsende Rolle spielen, erfordern es jedenfalls, sich mit diesen Fragen schon jetzt und in der Zukunft auseinanderzusetzen.

Hofrat Mag. Dr. Gerald Hainzl ist Forscher am Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement an der Landesverteidigungsakademie.

Mag. Nicole Gruber ist Referentin und Forschungsassistentin am Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement an der Landesverteidigungsakademie.

 

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