• Veröffentlichungsdatum : 03.07.2017

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  • 592 Wörter

Die vergessene Partnerschaft

Rüdiger SCHIEL

Kaiserliche Marine und k.u.k. Kriegsmarine 1871 - 1914

Band 23 der Kleinen Schriftenreihe zur Militär- und Marinegeschichte

419 Seiten, 17 x 24 cm, broschiert

€ 76,--

ISBN 978-3-89911-215-3

Verlag Dr. Dieter Winkler, Bochum 2014

Kaiserliche Marine und k.u.k. Kriegsmarine 1871 - 1914

Zur an sich nicht gerade vorbildlichen strategisch-operativen Kooperation zwischen den Landstreitkräften des Deutschen Kaiserreichs und Österreich-Ungarns vor 1914 liegen zahlreiche Publikationen vor, zur taktisch-technologischen schon deutlich weniger und zur Kooperation der beiden Seestreitkräfte gab es bisher erstaunlicherweise gar nichts! Offenbar wurde hiefür bisher eine nationalzentrierte Sichtweise gepflogen, aber nunmehr gibt es die erste Aufarbeitung der Zusammenarbeit der beiden Marinen und mit dieser dankenswerten Publikation wird eine schwerwiegende Lücke bei diesem doch nicht uninteressanten  Bereich geschlossen. Und der Band arbeitet in höchst akribischer Weise und großer Sorgfalt in allgemein verständlicher Darstellung alle insgesamt denkbaren Bereiche einer Kooperation zwischen den Partnerflotten und deren Institutionen auf, behandelt detailgenau die Kontakte und Felder der Kooperation, zeigt aber auch die teilweise vorhandene Distanziertheit ja sogar das doch phasenweise bestehende Misstrauen und die gegenseitigen Einschätzungen hinsichtlich der Einsatzbereitschaft, des technologischen Standards und des Kampfwertes der verschiedenen Elemente der jeweiligen Marine und die jeweils hinter der sich in sehr unterschiedlicher Intensität entwickelnden Zusammenarbeit stehenden Intentionen.

Grundsätzlich wurde von deutscher Seite die k.u.k. Marine als „kleine“ Partnerflotte in einem anderen Operationsgebiet betrachtet und eine strategisch-operative Zusammenarbeit oder engere Abstimmung erfolgte lange Zeit nicht. Erst mit dem Abschluss der erneuerten Marinekonvention des Dreibundes in den letzten Jahren vor Kriegsbeginn gewannen strategisch-operative Überlegungen einen gewissen Stellenwert, hätte doch die k.u.k. Marine zusammen mit der italienischen Flotte und der deutschen Mittelmeerdivision auch aus deutscher Sicht einen wirksamen Faktor im Mittelmeer bilden können, um Kapazitäten der Entente hier zu binden und damit der Nordsee zu entziehen. Daher auch ein gewisses deutsches Interesse am Schlachtschiffbau der k.u.k. Marine, wobei man gewisse kritische Anmerkungen zur Elementen der Konstruktion einbrachte, während die k.u.k. Marine ihrerseits an der konstruktiven Gestaltung einzelner schiffbaulicher Komponenten bei den deutschen Schlachtschiffen und an der Konzeption der Schlachtkreuzer interessiert war. Intensiver gestalteten  sich Kontakte und auf Gegenseitigkeit ausgerichtete Informationen im technisch-taktischen Bereich und gerade im Bereich der Torpedos und  des Minenkampfes sowie der Seefliegerei und U-Boote kam es hier zu regerem Bemühen.

Der Band behandelt in zwei großen Abschnitten mit insgesamt 62 Teilkapiteln die Gesamtheit denkbarer Kooperations- und Beziehungsfelder, beschränkt sich dabei aber nicht auf den rein operativ-taktischen und technischen- ausbildungsbezogenen Bereich sondern setzt sich auch mit den sozialen und kameradschaftlich-persönlichen Gegebenheiten und des schwierigen Weges vom Misstrauen zum Vertrauen auseinander. Eine grundsätzliche Darstellung der Rahmenbedingungen beider Flotten liefert die Grundlage für das Verständnis der folgenden Kooperation  und in einem abschließenden Abschnitt werden Reichweite und  Bedeutung der Beziehungen zwischen Berlin-Wilhelmshaven-Kiel mit Wien-Pola untersucht und die Rückwirkung auf die Entente und hier vor allem Großbritannien hinterfragt.

Ein bislang im Schrifttum zumindest aus österreichischer Sicht sträflich vernachlässigter Bereich der Kooperation im maritimen Bereich zwischen den Hauptpartnern des Dreibundes in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg liegt nun in sorgfältiger wissenschaftlicher Aufbereitung vor und die verdienstvolle Arbeit des Autors sollte von all jenen nachhaltig gewürdigt werden, die sich für die Innensicht und das Selbstverständnis der beiden behandelten Marinen interessieren und damit vor allem für die k.u.k. Marine wertvolle Einsichten in die Grundlagen für deren späteres Verhalten während des kommenden Krieges gewinnen können. 

Trotz des Umfanges dieses Werkes wird dankenswerterweise in manchen Bereichen auf konkrete Einzelheiten verzichtet. Das mag an der Ursache liegen, dass für manche Bereiche ein Mangel an Quellen besteht. Insgesamt ein höchst empfehlenswerter und vor allem wichtiger Beitrag zum Verständnis vieler Belange der späteren Kriegführung zur See 1914 bis 1918.

-hp-

 

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