• Veröffentlichungsdatum : 02.12.2016
  • – Letztes Update : 09.04.2020

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Der letzte k.u.k. Kommandant in Odessa

Alexander Barthou

Im Frühjahr 1918 war die Stadt Odessa von k.u.k. Truppen besetzt. Der österreichische Feldmarschallleutnant Eduard von Böltz wurde am 14. März zum Kommandanten der Besatzungstruppen und Gouverneur im „Juwel am Schwarzen Meer“ eingesetzt. Die österreichisch-ungarischen Soldaten übernahmen zuvor die Stadt von deutschen Truppen.

Feldmarschallleutnant Eduard von Böltz

Der Offizier hatte sich während der Friedensjahre mehrfach erfolgreich ausgezeichnet. Der Generalstabsoffizier absolvierte nicht nur die k.u.k. Kriegsschule in Wien, sondern auch den russischen Generalstabslehrgang in Kasan. Zudem war Böltz ein kunstsinniger und feinfühliger Herr der Alten Schule, der Opern- und Konzertaufführungen ebenso liebte, wie operative Planungen am Kartenbrett. In den Jahren 1908 bis 1912 war er als Oberst Kommandant des traditionsreichen Wiener Infanterieregimentes 4, der Hoch- und Deutschmeister, eingeteilt, die ihm den „Böltz-Marsch“ widmeten.

Mit Kriegsausbruch avancierte von Böltz als Generalmajor zum Generalstabschef der Balkanstreitkräfte und in Folge zum Kommandanten der 18. und der 19. Infanteriedivision (ID) sowie der 43. Schützendivision. Die Kriegsschauplätze reichten vom Balkan über Galizien bis hin nach Oberitalien. Im März 1918 wurde er zum Kommandanten und Gouverneur von Odessa bestellt.

Führung der Stadt

Dort begann er seine militärischen Kenntnisse mit zivilen Erfordernissen zu verknüpfen. Seine Aufgabe bestand primär darin, die Vereinbarungen aus dem „Brotfrieden“ 1917 von Brest-Litowsk zwischen Russland und den verbündeten Mittelmächten, vor allem die Zuführung von Getreide und Lebensmitteln in die österreichisch-ungarische Monarchie und nach dem deutschen Kaiserreich, sicherzustellen. Dafür wurde von Eduard von Böltz den vor Ort gleichzeitig agierenden politischen Gruppierungen der neu gebildeten bolschewistischen Sowjetrepublik Ukraine, der Ukrainischen Volksrepublik, sowie der Sowjetrepublik Odessa weitgehend Handlungsfreiheit gewährt. Dies brachte ihm in der Stadt eine gewisse Konsolidierung durch ein „Gleichgewicht der Kräfte“ ein.

Er und sein Stab waren im damaligen (und heutigen) Hotel Bristol untergebracht. Trotz aller Bemühungen musste von Böltz an dieser Aufgabe scheitern. Es gab zu wenig Transportmittel, vor allem Eisenbahnwaggons, um diese Aufgabe lösen zu können. Auch war die hungernde Bevölkerung nicht gewillt, die Ausfuhr von Lebensmitteln, vor allem Getreide, aktiv zu unterstützen. Letztendlich ist es ihm in den sieben Monaten der Besetzung der Stadt nur gelungen, ca. zehn Prozent der vereinbarten Versorgungsgüter nach Österreich-Ungarn und Deutschland zu liefern.

Kriegsende

Als die Nachricht vom Waffenstillstand am 4. November 1918 das weit entfernte Odessa erreichte, versuchte von Böltz eine geregelte Rückkehr seiner Truppen in die Heimat zu organisieren. Hier musste das Vorhaben ebenfalls aufgrund der nicht in ausreichender Menge vorhandenen Transportmittel scheitern. Die k.u.k. Soldaten fühlten sich nicht mehr an ihren Fahneneid gebunden, verließen ihre Kommandanten auf eigene Faust und warfen die Waffen weg. Letztendlich blieb von Böltz alleingelassen in seinem Gefechtsstand zurück.

Am 8. November 1918 endete das Soldatenleben von Feldmarschallleutnant Eduard von Böltz. Ob durch Fremdgewalt oder aus eigenem Entschluss ist historisch nicht eindeutig belegbar. Die Stadt Odessa hat ihm jedenfalls auf dem Stadtfriedhof ein würdiges Begräbnis und eine letzte Ruhestätte bereitet.

Gedenken

Beinahe hundert Jahre später hat diese Grabstätte, der in Wels (OÖ) wohnhafte Urenkel des Eduard von Böltz, DI Roland Kloss, wiederentdeckt. Historiker aus Odessa und der Bürgermeister selbst haben sich für die Renovierung und Wiedereinweihung des Grabes eingesetzt. Das Österreichische Schwarze Kreuz (ÖSK) unterstützte die Aktion. So kam es, dass am 30. Oktober 2016 die ukrainische Militärmusik auf dem Friedhof den „Böltz-Marsch“ spielte und der österr. Verteidigungsattaché in Kiew, Oberst dG Erich Simbürger, gemeinsam mit einer Delegation des ÖSK die Farben rot-weiß-rot präsentierten. In Anwesenheit der Nachkommen des von Böltz, politischer Vertreter und zahlreicher Gäste wurde dem Feldmarschallleutnant die letzte Ehre erwiesen. Dabei wurde entdeckt, dass in diesem Friedhof auch ein Obelisk zum Andenken an die hier bestatteten k.u.k. Soldaten existiert. Dessen Renovierung wird eines der nächsten Projekte des ÖSK an die Gedenken der gefallenen österreichisch-ungarischen Soldaten sein.

Alexander Barthou

Zur Artikelserie: Der Erste Weltkrieg in Europa

 

Ihre Meinung

Meinungen (1)

  • Alexander Blümel // 12.08.2020, 10:14 Uhr Sehr geehrte Herren! Ein recht interessanter Artikel über Böltz. Die Beschreibung des Fotos ist allerdings nicht richtig. Der Offizier mit dem Stock ist nicht Böltz, sondern FM Böhm-Ermolli. Beste Grüße Alexander Blümel