• Veröffentlichungsdatum : 11.07.2017
  • – Letztes Update : 12.07.2017

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  • 802 Wörter

Bunkerknacker der k.u.k Armee

Redaktion TRUPPENDIENST, Heeresgeschichtliches Museum

Wer im Heeresgeschichtlichen Museum den Weltkriegssaal betritt, sieht dort eine Panzerkuppel in der ein Geschoss steckt. Dieses Geschoss konnte die Kuppel zwar zerstören - durchdringen konnte sie es jedoch nicht. Dieser Umstand war der Startschuss zur Entwicklung der 38-cm-Haubitze. Eines dieser Geschütze, das unter Mitarbeit von Ferdinand Porsche in den Werken des Freiherren von Škoda erzeugt wurde, befindet sich heute im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien.

Die 38-cm-Belagerungs-Haubitze war eines der effektivsten Steilfeuergeschütze des Ersten Weltkrieges. Die Reichweite, der bis zu 740 kg schweren Geschosse betrug über 15 km, bei einer Scheitelhöhe von sechs Kilometer. Die 38-cm-Haubitze wurde für Störungs-, Zerstörungs- und Vernichtungsfeuer im Feld sowie zur Zerstörung von Festungen verwendet. 

Die Entwicklung des Geschützes

Trotz der kriegsbedingten Versorgungsengpässe kam es im Bereich der Kriegsindustrie auch während des Krieges zu technologischen Neuentwicklungen. Gerade vonseiten des Militärs wurde darauf gedrängt, die Wirkung der eigenen Waffen stetig zu verbessern, um dadurch einen Vorteil gegenüber dem Gegner zu erwirken. Eine dieser Entwicklungen war die 38-cm-Haubitze, die sich nicht nur durch ihre hohe Feuerkraft und Reichweite „auszeichnete“, sondern auch durch ihre hohe Einsatzmobilität.

Die Idee zum Bau der Haubitze stammte von Karl Freiherr von Škoda, der 1915 Generaldirektor der Škodawerke war. Im Frühjahr des zweiten Kriegsjahres hatte er die deutsche Westfront besucht und sah dabei unter anderem den von den Mittelmächten im Herbst 1914 eroberten Festungsgürtel von Antwerpen. Bei seinem Frontbesuch analysierte er die Waffenwirkung der damals eingesetzten österreichisch-ungarischen 30,5-cm-Mörser sowie der deutschen 42-cm-Haubitzen auf die Panzerkuppeln der Gegner. Aufgrund seiner Erkenntnisse unterbreitete er dem k.u.k. Kriegsminister Alexander von Krobatin den Vorschlag, ein neues mobiles Steilfeuer-Geschütz auf Basis des 30,5-cm-Mörsers zu entwickeln, das die Durchschlagskraft einer 42-cm-Haubitze haben sollte. Das Ergebnis war die 38-cm-Belagerungs-Haubitze, von der Krobatin zunächst den Bau von zwei Exemplaren bewilligte.

Die Fertigung dieser Geschütze, die die Tarnbezeichnung „Belagerungshaubitze L/17“ hatten, begann im Juni 1915. Ein halbes Jahr nach dem Fertigungsbeginn fanden im Jänner 1916 die ersten Schusstests statt. Aufgrund der überraschend positiven Testergebnisse entschloss sich Krobatin weitere Geschütze zu bestellen. Insgesamt sollten 14 Stück dieser Haubitzen gefertigt werden; tatsächlich wurden bis 1918 zehn Stück produziert. Die ersten beiden Haubitzen wurden bereits unmittelbar nach ihrer Auslieferung im Frühjahr 1916 an der italienischen Front eingesetzt.

Das Transportsystem

Die 38-cm-Haubitze war, trotz ihrer Größe und des Gewichtes überaus mobil. Hierfür ausschlaggebend war das Transportsystem, das von den Škodawerken in Pilsen, die das Geschütz produzierten und den Austro-Daimler-Werken in Wiener Neustadt, die den Antrieb der Transportmaschine herstellten, entwickelt wurde. In vier Teillasten zerlegt, konnte die über 81 Tonnen schwere Haubitze mit den, von Ferdinand Porsche entwickelten Transportfahrzeug fortbewegt werden. Dazu wurde das Geschütz mit dem sogenannten „C-Zug“ transportiert, der in seiner Entwicklung auf seinen Vorgänger, den „A-Zug“ zurückging. Dieser konnte die Haubitze sowohl auf der Schiene als auch auf der Straße „elektrisch“ und aus eigener Kraft bewegen. Ein Benzinmotor mit einer Leistung von 150 PS betrieb dabei einen Generator, der die Radnabenmotoren des Transportgerätes mit Energie versorgte.

Der Antrieb machte es möglich, auch steile Bergstraßen zu überwinden. Um diese Art des Transportes bewältigen zu können, waren etwa 200 Mann und acht Offiziere sowie zwanzig leichte und schwere Automobile mit Anhängern und vier Fuhrwerke erforderlich. Den Schienentransport der 38-cm-Haubitze wählte man zumeist bei einem Stellungswechsel von über 50 km beziehungsweise bei größeren Frontverschiebungen. Der „C-Zug“ konnte eine Geschwindigkeit von 27 km/h auf der Schiene und 14 km/h auf der Straße erreichen und dabei Steigungen bis 35 Prozent auf der Straße und 9 Prozent auf der Schiene bewältigen. Um die Haubitze zu transportieren waren insgesamt fünf C-Züge notwendig. Das Geschütz selbst konnte in vier Teile zerlegt werden. Der Einbau der Haubitze in der Feuerstellung erforderte eine Zeit von acht bis zehn Stunden. Wurde die Haubitze im Gebirge verwendet, konnte der Aufbau aufgrund des Geländes auch bis zu zehn Tagen dauern.

Die 38-cm-Haubitze im HGM

Der Weg ins Museum

Die 38-cm-Haubitze, die im HGM ausgestellt ist, trägt die Nummer sechs und wurde erstmals im März 1918 an der Westfront eingesetzt. Anschließend erfolgte ihr Transport an den italienischen Kriegsschauplatz, wo sie als eines von sieben Geschützen die dort eingesetzten k.u.k. Truppen unterstützen sollte. Bei der Junioffensive 1918 war sie ein Teil von zwei Batterien, die auf einer Höhe von 1.600 Metern ihre Feuerstellung hatten.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges kam das Geschütz auf Umwegen in das Museum, wo es seit damals eine der Attraktionen ist. Im Zweiten Weltkrieg gab es Überlegungen diese Haubitze zu reaktivieren und an der Front einzusetzen. Dazu wurde sie hinsichtlich ihrer Feldverwendbarkeit untersucht, wobei ein feiner Riss festgestellt wurde, weshalb sie im Museum blieb. Heute kann die 38-cm-Haubitze in der 2014 neu gestalteten Saalgruppe, die den Ersten Weltkrieg thematisiert, von allen Seiten besichtigt werden. Sie ist ein Zeugnis der Bemühungen der k.u.k. Armee die Überlegenheit am Gefechtsfeld wiederzuerlangen und gibt darüber hinaus einen Eindruck vom Stand der Artillerietechnik im Ersten Weltkrieg.

-Redaktion TRUPPENDIENST, Heeresgeschichtliches Museum-

 

Ihre Meinung

Meinungen (4)

  • Edlinger // 06.09.2017, 11:10 Uhr Victor Alder, Chemische Producten und Zündkapselfabrik, Oberlaa, hatte dafür die Zündmittel der Treibladung geliefert.
  • Herbie // 06.09.2017, 11:50 Uhr Ein sehr interessanter Artikel über diese Haubitze, die ich im HGM schon bewundert habe. Mein Sohn und ich besuchen immer wieder gerne dieses sehr interessante Museum. Es ist immer wieder sehenswert.
  • Karsten Bonnick // 06.09.2017, 12:56 Uhr Danke für den Artikel. Wir konnten das Geschütz im HGM "bewundern". Die dargestellten Hintergründe sind sehr interessant und werden bei mir einen erneuten Besuch anregen.
  • Emanuel // 06.09.2017, 18:34 Uhr A great article, I remember seeing it in 2012. Really an impressive piece of evidence of the industrial level that came to reach the artillery in WW1. The museum is fantastic a delight for fans of everything that has to do with the great war. I hope to come back some day.