• Veröffentlichungsdatum : 16.03.2016

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2015 - ein besonderes Jahr

Franz Peer

Das Jahr 2015 ist eines, in dem sich für Österreich und das Bundesheer besonders bedeutsame Ereignisse in runden Zahlen jähren. Der Zweite Weltkrieg endete vor 70 Jahren. Der Staatsvertrag und das Neutralitätsgesetz wurden vor 60 Jahren unterzeichnet und auch der Beitritt Öster-reichs zur Europäischen Union fand vor mittlerweile 20 Jahren statt. Doch was bedeuten diese Ereignisse für einen Soldaten?

Aufgrund der allgemeinen Wehrpflicht hat der österreichische Soldat einen besonderen Bezug zu seinem Heimatland. Er steht im Dienste der Gemeinschaft und ist Garant für Freiheit, Schutz und Hilfe. Auch wenn gelegentlich Zweifel aufkommen - die meisten Bürger stehen hinter dem Bundesheer. Diese wechselseitige Beziehung ist über Jahrzehnte gewachsen und mit den besonderen, bereits angeführten Ereignissen eng verknüpft. Gemäß dem politischen Auftrag soll der Präsenzdiener einen Nutzen aus dem Grundwehrdienst ziehen und vom hier erworbenen Wissen und Können in seinem weiterem Leben profitieren. Das kann und darf sich jedoch nicht nur auf die soldatischen Grundfertigkeiten beschränken.

Deshalb ist dem jungen Staatsbürger in Uniform die Notwendigkeit zur Absicherung seines Lebensbereiches - in letzter Konsequenz sogar durch die  Anwendung militärischer Gewalt, einsichtig zu vermitteln. Dazu bedarf es jedoch der Kenntnisvermittlung geschichtlicher Ereignisse und ihrer Folgewirkungen. Somit beantworten sich auch Fragen wie: Worin liegt der Sinn meiner täglichen Dienstleistung als Grundwehrdiener in Erfüllung der Wehrpflicht? Warum ist mein Beitrag für mein Land bedeutend?

Österreichs hohe Lebensqualität mit seinem Wohlstand und Sicherheit ist kein Geschenk und darf nicht als selbstverständlich beansprucht werden. Dieses höchst lebenswerte Umfeld wurde in Jahrzehnten hart erarbeitet. Der Staatsvertrag musste den Besatzungsmächten mühevoll abgerungen werden. Er wurde unserem Land weder aufgedrängt noch, wie oft falsch dargestellt, durch die besondere Trinkfestigkeit mancher Politiker erreicht. Vielmehr war er das Ergebnis zäher und langjähriger Verhandlungen. Die Neutralität mit ihrer Verpflichtung, diese mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu verteidigen, ebnete letztendlich den Weg zu unserer Freiheit.

Hier liegt der Grundstein des Österreichischen Bundesheer, das heuer mit Stolz seinen 60-jährigen Bestand feiern darf. Seit dem Beitritt zur Europäischen Union leistet unser Heer einen international geschätzten, wertvollen Beitrag bei der Europäischen Sicherheitskonzeption. Zwangsläufig hat sich dadurch auch das Einsatzspektrum nachhaltig verändert. Neues soldatisches Denken in allen Belangen ist erforderlich. Hier ist es notwendig, die richtigen Antworten auf die Fragen nach dem Sinn der Wehrpflicht, des Grundwehrdienstes und der täglichen soldatischen Tätigkeit zu geben.

Es reicht nicht, den jungen Kameraden, sowohl Grundwehrdienern als auch dem Kaderpersonal, nur das soldatische Handwerk zu vermitteln. Die Staatsbürgerkunde im weitesten Sinne muss neben den soldatischen Grundfertigkeiten ein Thema sein. Die Kenntnis über die Wurzeln unseres Landes und der geschichtlichen Entwicklung ermöglichen Verständnis, Einsicht und Überzeugung am Dienst mit der Waffe. Die im Österreichen Bundesheer geforderten Fähigkeiten und Tugenden werden so verständlich und dadurch als notwendig akzeptiert.

Das Kaderpersonal hat zu berücksichtigen, dass die meisten Präsenzdiener und viele der jungen Kaderkameraden erst nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union geboren wurden. Zu wenig Staatsbürgerkunde in den Schulen und im Elternhaus ergeben eine oft erschreckende Unwissenheit und große Wissenslücken über die österreichische Geschichte und Gesellschaft sowie ihre möglichen aktuellen und zukünftigen Bedrohungen.

Diese Situation sollte nicht untätig akzeptiert werden. Sicherheitspolitisches Schlafwandeln durch Unkenntnis und Unwissenheit führt zu Unverständnis und Ablehnung gemeinsamer staatsbürgerlicher Vorsorgemaßnahmen mit ihren Pflichten. Diese werden dann als unbequem, lästig oder sogar als unzumutbar empfunden. Das Beseitigen dieser Wissenslücken ermöglicht das Erkennen des tieferen Sinnes der täglichen Arbeit des österreichischen Soldaten.

Die runden Gedenktage in diesem Jahr bieten eine gute Möglichkeit sich mit dieser Thematik oder treffender formuliert, diesem Ausbildungsthema intensiv zu beschäftigen. Womit sich auch die Frage nach dem Sinn des Präsenzdienstes sowie der Dienstleistung des Bundesheeres und seiner Soldaten für unsere Gemeinschaft überzeugend beantworten lässt.


Vizeleutnant Franz Peer ist Kommandounteroffizier der 4. Panzergrenadierbrigade.

 

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