• Veröffentlichungsdatum : 14.04.2023
  • – Letztes Update : 13.04.2023

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London 1916

Frederik C. Gerhardt

Frederik C. Gerhardt

London 1916

Die vergessene Luftschlacht

Schöningh, Paderborn 2019

266 Seiten, 48 s/w-Abb.,

13,1 x 21,8 cm

ISBN: 978-3-506-73247-7

€ 29,90

Der Erste Weltkrieg war nicht nur durch den erstmaligen massenhaften Einsatz von Flugzeugen aller Art gekennzeichnet, sondern auch von dessen optisch mächtigeren, aber ungleich verwundbareren großen Bruders: dem Starrluftschiff. Untrennbar verbunden mit diesem ist auch der Offizier, Erfinder und Geschäftsmann Ferdinand Graf von Zeppelin (1838 bis 1917), der trotz vieler Rückschläge die Produktion des Luftschiffes vorantrieb und schließlich Erfolg hatte.

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges und dem Beginn der Seeblockade Großbritanniens gegen das Deutsche Reich, versuchte dieses den Gegner zur Aufgabe der Blockade zu zwingen. Einerseits griff man dabei auf die U-Boot-Waffe zurück, andererseits auf die Starrluftschiffe von Heer und Marine, die einen strategischen Bombenkrieg gegen Großbritannien führen sollten. Diese Aufgabe fiel aufgrund der geringen Bombentraglast und Reichweite ab 1914 noch nicht den Flugzeugen, sondern den Luftschiffen zu. Dies gilt jedoch nur für das Deutsche Reich, denn sein Verbündeter Österreich-Ungarn setzte im Frühjahr 1916 ebenfalls auf strategische Bombenangriffe, jedoch auf kürzerer Strecke und mit Flugzeugen (Angriff auf Mailand Februar 1916; Anm.).

In den ersten Kriegsjahren bombardierten die Starrluftschiffe des Kaisers englische Städte mit wechselndem Erfolg. Im dritten Kriegsjahr erreichten diese Angriffe „den Höhepunkt und den Anfang vom Ende des ersten strategischen Bombenfeldzuges“, wie der Autor das Hauptthema seiner Studie umreißt. Nach einer ausführlichen und detaillierten Einleitung der technischen Entwicklung der Luftfahrt vor und zu Kriegsbeginn, der Quellenlage sowie der Ausarbeitung der anfänglichen Ziele dieser Einsätze, die nach einem Prolog (Angriff Hauptmann Linnarz auf London am 31. Mai 1916) folgt, blickt Gerhardt auf die Angriffe der einzelnen Zeppeline auf Ziele in England. Hier versucht er alle anhand der überlieferten deutschen und britischen Quellen genau nachzuzeichnen.

Dem folgt ein Großkapitel über die „Bedeutung der Luftkämpfe: The End of the beginning“ (nach dem Zitat Churchills vom 10. Oktober 1942). Hier bearbeitet der Autor drei Fragen zum militärischen Nutzen der Angriffe, der völkerrechtlichen Einordnung sowie den unmittelbaren Folgen der deutschen Bomberraids. Damit liefert er einen Beitrag, der für den Historiker noch wichtiger ist, als das genaue Nachvollziehen der Zeppelinkämpfe sowie ihrer ausgeklügelten Abwehr – die Basis für den Erfolg von 1940 im „Battle of Britain“. Gerhardt zieht nicht nur Parallelen zu den Zielen und Vorgehensweisen des strategischen Bombenkrieges und der Nachrichtenauswertung darüber im Zweiten Weltkrieg, sondern zum Teil bis in die Gegenwart. Abgerundet wird dies durch ein Kapitel über die Erinnerungen an diese Kämpfe und einem Epilog, der den Leser in das Jahr 1940, zum „Battle of Britain“ führt, deren erfolgreiche Abwehrmethoden bis in die Jahre des Ersten Weltkriegs zurückreichen.

Der Autor legt eine exzellente Studie vor, die seinesgleichen sucht. Es ist nicht nur das intensive Aktenstudium in britischen und deutschen Archiven, sondern das Zusammenführen dieser Quellen mit Zeitzeugenberichten, Zeitungsmeldungen und der (aktuellen) Literatur, die die Qualität dieses Werkes ausmacht. Dass die einzelnen Berichte der Kommandanten der Luftschiffe teilweise zu lang sind, mindert die Güte des Werkes in keiner Weise. Fazit: So wie Gerhardts Buch sollte moderne Militärgeschichte verfasst sein.

-mpr-

 

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