Habsburg. Die wichtigste Dynastie der Welt
Sandgruber, Roman
Habsburg. Die wichtigste Dynastie der Welt
Molden: Wien 2025
Hardcover; 16,8 x 24 cm
320 Seiten; 68 s/w und 99 farbige Abbildungen
ISBN: 978-3-222-15150-79
Ob sie die wichtigste Dynastie der Welt waren, darüber darf gestritten werden. Zweifellos handelt es sich bei diesem Geschlecht, das aus dem Gebiet der heutigen Schweiz stammt, um sehr einflussreiche Player der europäischen (bis 1918) und amerikanischen Geschichte (bis 1700 bzw. 1864 bis 1867). Aber gibt es über die wichtigsten Habsburger denn überhaupt noch etwas zu erzählen, zu berichten, was dem historisch interessierten Leser oder dem Fachmann noch nicht bekannt wäre? Zu vielen Mitgliedern des Hauses gibt es ausführlich recherchierte Biographien – man denke nur an die relativ neuen Bücher von Karl und Michaela Vocelka (2015) bzw. Lothar Höbelt über Kaiser Franz Joseph (2009).
Roman Sandgruber, emeritierter Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Linz, bietet dem Leser eine Auswahl der wichtigsten Mitglieder der Familie in Form von kurzen Biographien, die alle in den Kontext ihrer Zeit gestellt werden. Darin verwebt er nicht nur Familien- und Dynastiegeschichte, sondern bringt auch wirtschafts- und sozialgeschichtliche sowie kunsthistorische Aspekte ein. Bevor der Autor sich jedoch mit dem Leben der einzelnen männlichen und weiblichen Protagonisten beschäftigt, bietet er einen dreißigseitigen Kursus über die Begriffe „Familie“, „Dynastie“ oder auch „Legitimation“ – ganz seinem Fach „Wirtschafts- und Sozialgeschichte“ verbunden „Die Dynastie als Geldgemeinschaft“. Dem folgt in sechs Kapiteln die Reihe der Biographien die von Rudolf I. bis zu Otto Habsburg reicht.
Doch es sind nicht nur Kaiser und Könige im Heiligen Römischen Reich, in Österreich(-Ungarn) oder in Spanien, auch Frauen oder Mitglieder von Seitenlinien, werden vorgestellt – Beispiele dazu sind die spanische Königin Johanna I. von Kastilien („Johanna die Wahnsinnige“) oder Margarethe von Österreich. Einmal unterbricht Sandgruber den Rhythmus: eine Biographie pro Unterkapitel, als er mehrere weibliche Protagonisten in einem Kapitel zusammenfasst („Fortune, Infortune. Fort Une. Die Macht der Frauen“). Zum Abschluss seiner biographischen Skizzen setzt der Autor noch einen Epilog mit dem Titel „Die ewigen Habsburger“.
Was man bei Roman Sandgrubers Werk nicht findet, ist eine kritiklose Habsburgerverehrung. Sicherlich begegnet er einigen Personen mit gewisser Sympathie und Wohlwollen, doch scheut er keineswegs vor harter Kritik zurück, die auch diejenigen treffen kann, die im heutigen Österreich – und im Fremdenverkehr (!) – immer noch verehrt wurden, wie Elisabeth, der Gattin von Franz Joseph, dem Kaiser selbst, aber auch Kronprinz Rudolf (Kapitelüberschrift: „Der Kronprinz – ein Mörder? Erzherzog Rudolf“). Gerade bei Sissi wird Sandgruber überdeutlich, wenn er ihren Lebensstil und ihre Verschwendungssucht anprangert und einen Eintrag ihres Tagebuchs in den Vergleich stellt: „[…] Angesichts dessen können die kritischen Verse, die sie in ihr Tagebuch notierte nur irritieren: „Ihr lieben Völker im weiten Reich – so ganz im Geheimen bewundere ich Euch: da nähret ihr mit eurem Fleische und Blut gutmütig diese verkommene Brut.“ Merkte sie nicht, dass sie damit nur sich selbst meinen konnte? […]“.
Ist das bereits erwähnte wichtige Einleitungskapitel in einer noch in etwas sperriger, wissenschaftlicher Sprache geschrieben, so sind die Biographien gekonnt formuliert und für den Leser einfach zu erfassen. Was leider fehlt, ist eine – wenn auch kurze – Abhandlung über die Zeit vor Rudolf I. und der ab Militärgeschichte interessierte Leser wird wohl schmerzlich die beiden wichtigsten Militärs der Dynastie vermissen, Erzherzog Karl und Erzherzog Albrecht. Nichtsdestotrotz ist „Habsburg. Die wichtigste Dynastie der Welt“ eine lesenswerte Lektüre und ein gelungenes Werk.
-mpr-

