GOB sei Dank
Die öffentliche Verwaltung ist durch immer wiederkehrende Abläufe gekennzeichnet. Ob Urlaubsansuchen oder Überstunden – sie folgen stets einem vordefinierten Ablauf mit zugewiesenen Verantwortlichkeiten. Mit der Geschäftsfallorientierten Bearbeitung sind diese Abläufe klar geregelt. Dadurch werden Dienststellenleiter und Bedienstete in ihren Verwaltungstätigkeiten entlastet.
Die Geschäftsfallorientierte Bearbeitung (GoB) ist ein Verwaltungs- und Organisationsprinzip, das im Bundesheer (insbesondere im Bereich der Administration und Logistik) verwendet wird. Ein Geschäftsfall wird von der Entstehung bis zur Erledigung möglichst vollständig von einer Person oder einer organisatorischen Einheit durchgängig bearbeitet. Ziel ist eine effizientere, transparentere und nachvollziehbare Verwaltung.
Geschichte
Das Bundesheer ist in einem ständigen Reformprozess. Kaum ist ein Reformschritt abgeschlossen – oder manchmal auch nicht –, folgt das nächste Vorhaben. Dabei genügt es nicht, nur ein Organigramm zu zeichnen, es müssen auch das Personal in die neue Struktur übergeleitet und die Abläufe der Geschäftsfälle an den neuen Organisationsplan angepasst werden. Die Strukturanpassung des Bundesheeres im Jahr 1998 war eine der umfassendsten Reformen, die zu einer Reduzierung der Truppenstärke und zu einer größeren Adaptierung der Organisationsstruktur führte. Die Sollstärke des Bundesheeres wurde von 220 000 auf 110 000 Soldaten reduziert. Als Folge davon verloren viele Bedienstete ihren bestehenden Arbeitsplatz. Nachdem Beamte der öffentlichen Verwaltung aufgrund einer Strukturänderung nicht entlassen werden können, mussten diese in die neue Organisationsstruktur übergleitet werden.
Mit dem Personal der auflösenden Verbände mussten Einplanungsgespräche geführt werden, um individuelle Lösungen zu finden. Zeitgleich begann sich die Verwaltung des Bundesheeres mit der Vereinfachung standardisierter Geschäftsfälle zu beschäftigen. Aus dem Personalstand des aufgelösten Korpskommando III wurde in Baden bei Wien ein Projekt-referat GoB errichtet, das sich mit dieser Weiterentwicklung beschäftigte. Zur Unterstützung wurde ein Software-Tool entwickelt, um diese Prozessdarstellung zu ermöglichen. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es nur ein rudimentäres Tool (Flowcharter; Anm.), um Geschäftsprozesse zu analysieren und grafisch darzustellen. Die Analysearbeit erfolgte durch eine Gruppe von Technikern des damaligen Heeres-Datenverarbeitungsamtes. Als Grundlage diente das Personal- und Ergänzungswesen alter Art der Firma IBM, das damals bereits 25 Jahre alt war.
Als neues Tool folgte die weitaus leistungsfähigere Software ADONIS, die bis heute zur Darstellung von Geschäftsprozessen genutzt wird. ADONIS ist eine Software mit einer benutzerfreundlichen Plattform für das Prozessmanagement zur Modellierung, Analyse und Optimierung von Geschäftsprozessen.
Damals ist auch das Rollenkonzept mit einem Berechtigungssystem entstanden. Damit lassen sich Berechtigungen zusammenfassen, beispielsweise alle, die Mitarbeiter in der Personalbuchhaltung benötigen, die sich aus dem vorher definierten Geschäftsprozessen ergeben.
Jedem Mitarbeiter, der zum Beispiel in der Personalbuchhaltung arbeitet, wird diese Rolle zugeordnet. Ein Mitarbeiter kann durchaus mehrere Rollen haben, wenn er mehrere Funktionen bekleidet. Auf diese Weise wird erreicht, dass sowohl Veränderungen in den Zuständigkeiten der einzelnen Mitarbeiter als auch Veränderungen im Geschäftsprozess nur an jeweils einer Stelle im Berechtigungskonzept nachvollzogen werden müssen und dieses widerspruchsfrei und überschaubar bleibt.
Datensätze
Mit GoB werden durch standardisierte Verwaltungsvorgänge Daten produziert. Diese Daten müssen weiterverarbeitet werden. Dazu sind erstens die technische Infrastruktur sowie zweitens die passenden Softwarelösungen notwendig. Das Bundesheer verwendet dazu die „Personalsysteme neue Technologien“, besser bekannt unter PS-NT. Dabei handelt es sich um ein Auswerte- und Buchungssystem. Um Daten einzugeben, müssen die Bearbeiter (in der jeweilig definierten Rolle) einen direkten Zugang zu den Personalsystemen haben. Dazu gab es die 3. Verarbeitungsebene (3.VE), die zur damaligen Zeit im Bundesheer ausgerollt wurde. Bis zur Gesamtausstattung der Truppe mit diesem System dauerte es jedoch lange.
Erst 2009 wurden die letzten Kompanien endgültig an die 3.VE angeschlossen. Um 2002 erfolgte die Weiterentwicklung zu einer rollenbasierenden Applikation, die an eine Chipkarte gebunden war. In der Kompanie besaßen der Kompaniekommandant und der Dienstführende Unteroffizier die Berechtigung. Die 3. VE wurde zwischenzeitlich durch das Sichere Militärische Netz (SMN) ersetzt. Damit stand der Softwarelösung GoB die notwendige Hardware-Infrastruktur zur Verfügung. Der wesentliche Vorteil: Die Buchungen konnten nun direkt bei der Truppe online durchgeführt werden. Die aufwendige und fehlerhafte Übermittlung über Fernschreiber oder Datenträger war damit Geschichte. Auf den Dienststellen nahmen die Personalsachbearbeiter die Aufgaben der Dateneingabe wahr. Ein Zentralismus war nicht vorgesehen.
Vorteile von GoB
- verkürzte Bearbeitungszeiten,
- weniger Bürokratie,
- höhere Transparenz,
- bessere Nachvollziehbarkeit
Entwicklung
Die Anfänge der Entwicklung von GoB lagen in Baden. Aus der Projektgruppe entstand 2002 ein Referat und blieb weiterhin – trotz nachfolgender Umgliederung – der Zentralstelle in Baden unterstellt. Der Leiter des Hauptreferates GoB bekam eine Approbationsbefugnis (ESB) und konnte damit Angelegenheiten im Namen des Bundesministers erledigen. Damals war die Zuweisung einer ESB noch die Ausnahme. Erst Ende 2013 verlegte das Referat von Baden nach Wien. Die zuständige Abteilung war die Personalabteilung A (Pers A) in Wien. 2002 kam es mit der damaligen Zentralstellenrefom zu einer Zusammenführung von drei unterschiedlichen Entwicklungssträngen zu einer Organisationseinheit: Diese umfasste die Gruppen Personalwesen und Ergänzungswesen, die in die neue Gruppe Personal- und Ergänzungswesen zusammengefasst wurden. Die Verantwortung für alle Personalapplikationen (PERSIS, ERGIS und Auslandseinsatz) wurde dabei in der Abteilung PersA zusammengefasst.
GoB ist heute im ELAK integriert auf derselben Softwarelösung implementiert wie der ELAK und kann daher – auf Dokumentenebene – mit diesem korrespondieren. Der Elektronische Akt im Bund (ELAK) ist die webbasierte Akten- und Dokumentenmanagementplattform der Bundesverwaltung. Der ELAK wurde seit 1996 entwickelt und 2001 erstmals im Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten und im Bundeskanzleramt flächendeckend eingesetzt. Ein Ministerratsbeschluss entschied 2002, künftig SAP im Bundesdienst einzuführen. SAP, kurz für „Systeme, Anwendungen und Produkte in der Datenverarbeitung“, ist ein weltweit führender Anbieter von Unternehmenssoftware. Einfach gesagt ist SAP eine Software, die Unternehmen hilft, ihre Geschäftsprozesse zu verwalten und zu optimieren. Ziel war die Ausrollung des Elektronischen Aktes im gesamten Bundesdienst.
Das Bundesheer ist bis heute ausgenommen und führt die eigene Softwarelösung weiter. Es sind jedoch Schnittstellen zum Bundes-ELAK vorhanden. Im Jahr 2002 wurde im ELAK in der Zentralstelle der so genannte „Dienstzettel“ eingeführt. Im GoB konnten Dokumente gemeinsam bearbeitet werden, um daraus einen Akt zu generieren. Ab 2003 gab es die ersten Geschäftsprozesse. Aus den Dokumentenvorlagen konnten die Daten hergeholt und in einem Dokument finalisiert werden. Im ELAK ist es möglich, Akte abzulegen. Er diente als bidirektionale Schnittstelle. Es gibt vier verschiedene Akte: Personal-, Sachgebietsakt, Eingangsstück sowie den Einkaufsakt. Wie bereits erwähnt, haben ELAK und GoB eine gemeinsame Plattform, @Enterprise.
GoB integrierte im Laufe der Zeit immer mehr vorhandene Einzellösungen für Geschäftsfälle verschiedener Dienststellen im Bundesheer unter einem Dach. Ein „Leuchtturmprojekt“ war beispielsweise die Integration des Heeresgebührenamtes, das sich durch die Vereinnahmung weiterer Geschäftsfelder zum Heerespersonalamt weiterentwickelte. Das damals im Heerespersonalamt eingeführte System MIBIS war darauf beschränkt, Verfahren nach dem Heeresgebührenamt abzuführen. Das sind Familienunterhalt, Wohnkostenbeihilfe, Entschädigungen, Verdienstentgang für Übende usw. Für Zivildiener werden der Familienunterhalt und die Wohnkostenbeihilfe administriert, für die vorher die Bezirksverwaltungsbehörden verantwortlich waren. MIBIS konnte vollinhaltlich durch GoB abgelöst und dadurch die Arbeitsunterstützung der Mitarbeiter des Heerespersonalamts wesentlich verbessert werden.
Als weiteres Geschäftsfeld kam die Führerscheinverwaltung dazu, da das Heerespersonalamt als Führerscheinbehörde für das Bundesheer fungiert. Damit sind nunmehr alleine im Heerespersonalamt rund 50 verschiedene Rollen vorhanden. Das MIBIS war nur ein rudimentärer „Textomat“, in den verschiedene Daten aus dem Personal-Informations-System (PERSIS) in festgelegten Dokumentenvorlagen importiert wurden. Dieses System wurde – wie bereits erwähnt– 2009 durch GoB abgelöst. Im neuen Verwaltungsansatz wird der Wehrpflichtige als „Kunde“ gesehen. Dieser kann nun über die Plattform „bundeheeronline“ direkt Anträge eingeben. Der Sachbearbeiter prüft die Daten und startet daraufhin den GoB-Prozess. Seit Anfang 2025 werden übrigens die Dienstausweise bzw. Wehrdienstkarten im GoB administriert. Damit wird auch dieser Geschäftsprozess im gesamten Bundesheer einheitlich geführt.
GoB in a nutshell
Das GoB besteht aus mehreren Kernelementen:
- Prozessorientierung: Geschäftsprozesse (z.?B. Personalangelegenheiten, Beschaffung, Rechnungswesen) werden als durchgängige Abläufe gesehen – nicht als fragmentierte Einzelschritte.
- Verantwortungsklarheit: Jeder Geschäftsfall hat klare Zuständigkeiten – weniger Schnittstellen, weniger Fehlerquellen.
- IT-Unterstützung: Die Bearbeitung erfolgt meist elektronisch z.?B. über Systeme wie SAP, ELAK oder andere Bundesheer-interne Anwendungen.
Ziel ist es, mit weniger Aufwand und klaren Abläufen eine höhere Qualität und Geschwindigkeit in der Verwaltung zu erreichen.
Beispiel Einberufung
Um die Vielschichtigkeit des GoB darzustellen, werden anhand des folgenden Beispieles die Schritte und Eigenheiten eines solchen Prozesses aufgezeigt. Als konkretes Beispiel dient die Einberufung eines Wehrdienstpflichtigen zum Bundesheer. Der GoB-Prozess lautet „Einberufung eines Grundwehrdieners“. Das Ziel ist, einen jungen Staatsbürger (Max Mustermann) zur Ableistung des Präsenzdienstes einzuberufen. Der Einrückungstermin ist der 1. Jänner 2026.
1. Auslöser/Eingang des Geschäftsfalls
Max Mustermann wird von der Meldedatenbank (ZMR) automatisch an das Militärkommando gemeldet, weil er wehrpflichtig ist. Seine Daten werden in das System übernommen (z.?B. in das Personalverwaltungssystem PANDA oder ELAK).
2. Bearbeitungsschritte (Prozessschritte)
- Zuerst wird die Einberufungsfähigkeit festgestellt. Das geschieht anhand der Abfrage des Tauglichkeitsstatus bei der Stellungskommission. Weitere Daten sind: Wohnsitzdaten, Schul-/Berufsausbildung, Wunschtermine, eventuelle Befreiungen oder Zurückstellungen prüfen (z.?B. Studium, Zivildienst, Pflegepflichten).
- Danach wird der Einrückungstermin geplant. Es erfolgt eine Zuweisung zu einem Truppenkörper (z.?B. ein Jägerbataillon). Dazu erfolgt eine Abstimmung mit der Personalbedarfsplanung (Kontingente bei der Truppe).
- Nachdem dies geklärt ist, wird der Einberufungsbescheid erstellt. Der Bescheid wird elektronisch generiert. Die notwendigen Daten werden automatisch übernommen (z. B. Wohnadresse, Einrückungsdatum, Truppe).
- Der Versand des Bescheides erfolgt mittels Post oder elektronisch via E-Zustellung, wenn sich die Person registriert hat.
3. Abschluss des Geschäftsfalls
Mit der Bestätigung des Einberufungsbescheides im System wird dies in einem Akt elektronisch gespeichert. Schließlich erfolgt die Übergabe an die empfangende Einheit zur weiteren Verwendung. Die Besonderheiten bei GoB lassen sich in diesem Prozess wie folgt darstellen:
- Keine Medienbrüche: alles möglichst digital und ohne Ausdrucke oder händische Übergaben.
- Verantwortung klar geregelt: Zum?Beispiel bearbeitet die Personalstelle A von Anfang bis Ende den Geschäftsfall.
- Alle Schritte – von Datenaufnahme bis Versand – laufen idealerweise in einer durchgängigen Bearbeitung ab (meist von einer Person oder Abteilung).
Jeder Schritt ist dokumentiert und revisionssicher. Durch die geschäftsfallorientierte Bearbeitung wird die Einberufung effizient, standardisiert und möglichst ohne Unterbrechung von einer zentralen Stelle abgewickelt. Das spart Zeit, reduziert Fehler und entlastet andere Organisationseinheiten.
Bearbeiter
Das Referat GoB ist für den laufenden Betrieb verantwortlich. Es besteht derzeit aus vier Personen. Sie sind für über 500 Geschäftsfalldefinitionen, die Verwaltung von etwa 3 500 Dokumentenvorlagen und für den Usersupport verantwortlich. Es gibt rund 6 800 aktive GoB-Anwender. Rund 30 bis 50 Fälle müssen täglich individuell überprüft werden. Mit dem Referat Applikation und deren drei Sachbearbeitern der Direktion 6 besteht eine enge Zusammenarbeit.
Im GoB gibt es Standardbenutzer. Jedes Mal wird über die Chipkarte die tagesaktuelle Berechtigung überprüft. Die Zuweisung der einzelnen Rollen kann nur zentral über ein Referat erfolgen. Eine wesentliche Herausforderung sind die ständigen Strukturveränderungen. In den vergangenen zehn Jahren wurden sieben Dienstbehörden neu geschaffen oder aufgelöst. Jedes dieser Ereignisse verursachte eine Neuanpassung der Rollen im GoB.
Ausblick
Personal- und Ergänzungswesen bzw. deren Rechtsgrundlagen sind „lebende Materien“. Jedes Jahr werden durch den Gesetzgeber im Dienst- und Wehrrecht – teilweise markante – Neuerungen oder Veränderungen beschlossen und durch Novellierungen der entsprechenden Gesetze auf den Weg gebracht. Hinzu kommen auch noch Bestimmungen aus vielfältigen Rechtsbereichen wie Sozialversicherungsrecht, Steuerrecht und vieles mehr. Verwaltungsverfahren müssen daher laufend an veränderte Rahmenbedingungen angepasst werden.
Hinzu kommen notwendige Anpassungen in der Ablauforganisation, wie die Umsetzung erkannter Optimierungspotenziale. Die Anwendung GoB ist in hohem Maße geeignet, diesen Anforderungen schnell und für alle Anwender gleichermaßen wirksam gerecht zu werden. Dies wird auch in Zukunft unsere Aufgabe sein – eine optimale Arbeitsunterstützung aller Bearbeiter sowie aller personalführenden und – verwaltenden Ebenen sicherzustellen.
Hofrat Kurt Breth; Referatsleiter GoB/Abteilung Allgemeine Personalangelegenheiten.
Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST 3/2025 (405).

