• Veröffentlichungsdatum : 01.02.2018

  • 8 Min -
  • 1528 Wörter

Saber Guardian 2017 - Teil 2

Rudolf Sturmlechner

Rechtlicher Hintergrund und Durchführung

Die Organisation der Transitunterstützung für die U.S. Army Europe durch das Österreichische Bundesheer. Der Transit der US-Truppen von Deutschland nach Osteuropa im Zuge der US-Übung „Saber Guardian 2017“ erfolgte auch durch österreichisches Hoheitsgebiet. Nachdem die rechtlichen Fragen geklärt waren, wurde dieser durch den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport genehmigt. Damit einher ging der Auftrag an das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (BMLVS), die US-Truppen zu unterstützen und die erforderlichen Maßnahmen sicherzustellen, um einen ungehinderten Transport durch Österreich zu gewährleisten.

Die Unterstützung für fremde Truppen durch das ÖBH ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich und muss den Aufgaben des Bundesheeres - konkret der „Militärischen Landesverteidigung“ (als Teilaufgabe des Artikel 79 des Bundes-Verfassungsgesetzes) - dienen. Bei einer gemeinsamen Ausbildung und Übung ist klar ersichtlich, dass diese Ausbildungstätigkeit der Vorbereitung auf die „Militärische Landesverteidigung“ dient. Bei der Unterstützung des US-Transits zur „Saber Guardian 2017“ war die verfassungsrechtliche Zulässigkeit dadurch gegeben, dass Planung, Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung dieser Unterstützungsmaßnahmen der „allgemeinen Einsatzvorbereitung“ gemäß § 2 Abs. 2 und Abs. 3 des Wehrgesetzes dienten. 

Ausbildungsnutzen 

Der zu erwartende Ausbildungsnutzen für die befassten Dienststellen und Angehörigen des Bundesheeres bezog sich vor allem auf die Aus-, Fort- und Weiterbildung in den Bereichen Verkehr & Transport und HNS. Dabei ergab sich die Gelegenheit, die bestehenden Konzepte und Richtlinien zu überprüfen, die diesbezüglichen Verfahren anzuwenden und dabei gewonnene Erfahrungen für eine etwaige Verbesserung zu berücksichtigen. Für alle betroffenen Soldaten und Zivilbediensteten war der gesamte Planungs- und Durchführungszyklus ein „On-the-Job-Training“. Dieses diente vor allem dem Aufbau und der Festigung der Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zum Errichten und Betreiben eines National Movement Coordination Centre im Kommando Logistik. 

Verantwortlichkeit für fremde Truppen 

Die Verantwortlichkeit und Zuständigkeit des BMLVS und des Bundesheeres für fremde Truppen und Soldaten ist auf die militärischen Liegenschaften wie Übungsplätze und Kasernen beschränkt. Außerhalb von diesen ist das BMLVS nur für österreichische Soldaten zuständig, hat jedoch keine Verfügungsgewalt über fremde Soldaten. Für diese sind die österreichischen Behörden und Dienststellen (beispielsweise die Polizei) zuständig, falls es zu Zwischenfällen kommen sollte. Bei einer gemeinsamen Übung regelt die gemeinsame Übungsleitung die Zuständigkeiten, und die U.S. Military Police dürfte auch eine österreichische Kolonne eskortieren. Bei einem Transit muss die US-Übungsleitung die Lotsung und die Kennzeichnung ihrer eigenen Kolonnen jedoch selbst anordnen, wobei die Bestimmungen der US-Armee, die nationalen Bestimmungen des BMLVS und die österreichischen Gesetze und Verordnungen kaum Spielraum offen lassen.

Das BMLVS und das Bundesheer dürfen keine vertraglichen (finanziellen) Bindungen für eine fremde Armee eingehen. Dies hat zur Folge, dass das Bundesheer beispielsweise keinen Vertrag mit der städtischen Müllabfuhr für die US-Truppe eingehen kann. Die US-Truppe muss derartige Verträge demnach selbst abschließen und auch die finanziellen Vertragsbestandteile abhandeln und erfüllen.

Aufgabenzuweisung

Ziel aller diesbezüglichen Maßnahmen des BMLVS war der ungehinderte, störungsfreie und rasche Transit der US-Truppen durch Österreich zur Übung „Saber Guardian 2017“ nach Ungarn. Da der Antrag nicht nur den Verkehr und den Transport, sondern auch den Host Nation Support umfasste, waren die Planungen der betroffenen Stellen frühzeitig vorzunehmen. Daraus ergaben sich die folgenden Aufgaben:

Kommando Landstreitkräfte 

Mit der Planungsweisung, dem Erfahrungsbericht zur Movement-Conference, der HNS-Response, der Behördeninformation und der Durchführungsweisung seitens der Quartiermeisterabteilung sowie mit unzähligen weiteren Informationen und Bestimmungen, wurde dem Kommando Landstreitkräfte die Verantwortung zur tatsächlichen Unterstützung des US-Transits stufenweise übertragen. Damit das Kommando Landstreitkräfte den Auftrag erfüllen konnte, war jedoch eine temporäre personelle Verstärkung des „Referates für Verkehr, Transport und Kraftfahrausbildung“ der G4-Abteilung vorzusehen. Dieses wurde mit fachkundigen Offizieren und Unteroffizieren des Kommandos Logistik verstärkt, um das National Movement Coordination Centre in der Grazer Belgier-Kaserne zu errichten und zu betreiben. 

Im National Movement Coordination Centre liefen alle Informationen von

  • der strategischen Ebene des BMLVS (Quartiermeisterabteilung, Lagezentrum, Kommunikationsabteilung, Abwehr), 
  • der strategischen Ebene des BMLVS (Quartiermeisterabteilung, Lagezentrum, Kommunikationsabteilung, Abwehr), 
  • den betroffenen ausländischen Stellen (US-Verteidigungsattaché, 21TSC, National Movement Coordination Centre in Deutschland und Ungarn), 
  • den benachbarten hohen Kommanden (Kommando Luftstreitkräfte und Kommando Logistik), 
  • den inländischen behördlichen Dienststellen (Landespolizeidirektionen, ASFINAG) und 
  • den unterstellten Dienststellen (Militärkommanden) 

zusammen und wurden dort verarbeitet. Unter anderem waren die Führungs- und die Verbindungsstruktur, die Einzelheiten der Transitunterstützung, die Belange der militärischen Sicherheit sowie die personelle Verstärkung für das eigene Kommando, für die unterstellten Militärkommanden und für die betroffenen Kasernen anzuordnen. 

Militärkommanden

Von der „Saber Guardian 2017“ waren in erster Linie die Militärkommanden Oberösterreich, Niederösterreich und Burgenland unmittelbar betroffen, da der Straßentransit zwischen Suben und Nickelsdorf geplant war. Manche Militär-Sonderzüge der U.S. Army Europe, die von US-Soldaten begleitet wurden, liefen über Salzburg und durch Wien, so dass auch diese Militärkommanden betroffen waren. Die Führung seitens des jeweiligen Militärkommandos erfolgte aus aktivierten Lagezentren oder mit dem „Diensthabenden System“. Gemäß einer Anordnung des Kommandos Landstreitkräfte waren die Grenzübergänge temporär zu überwachen, um die US-Konvois bereits ab der Staatsgrenze „unter Kontrolle“ zu haben.

Eine Begleitung bzw. Lotsung der Militärkolonnen wurde nicht angeordnet, da diese in die Zuständigkeit der US-Armee fällt. Da aber mancher Konvoi wegen falscher Routenwahl zum Teil erhebliche Verkehrsbehinderungen verursachte, wurde eine Eskortierung ab der Autobahnabfahrt in die zugeordnete Kaserne angeordnet; konkret für die Strecke von der A8 zur Zehner-Kaserne in Ried im Innkreis durch das Bundesheer und für die Strecke von der A1 in die Ostarrichi-Kaserne in Amstetten-Schönbichl durch jene US-Soldaten, die als „Permanent Party“ in der Kaserne stationiert waren. 

Die Aufgabe der US-Soldaten in der Ostarrichi-Kaserne war es, gemeinsam mit der US-Vertragsfirma KBR (Kellogg Brown & Root) das Convoy Support Centre zu errichten und zu betreiben. Dazu mussten die Konvois für die Ruhepause und die Nächtigung empfangen und mit Verpflegung und Betriebsmitteln versorgt werden. In diesem Convoy Support Centre befand sich auch ein Verbindungsoffizier des Militärkommandos Niederösterreich. Dieser war der territorial zuständige Ansprechpartner, sowohl für die Konvois als auch für die Grenzüberwachung in Suben und Nickelsdorf und deshalb rund um die Uhr direkt erreichbar. Darüber hinaus konnte er den HNS gemäß der HNS-Response im Namen des Militärkommandos bzw. des Kasernkommandanten anordnen und leisten.

Aufgaben der Kasernkommanden 

Zur Durchführung der „Saber Guardian 2017“ waren die folgenden Kasernen unmittelbar betroffenen:

  • Zehner-Kaserne in Ried im Innkreis für Betankung; 
  • Ostarrichi-Kaserne in Amstetten mit dem Convoy Support Centre für Betankung, Ruhepause und Nächtigung;
  • Burstyn-Kaserne in Zwölfaxing für Betankung. 

Die örtlichen Kasernkommanden hatten die Aufgabe, die zugesagte Unterstützung unmittelbar zu leisten. In Ried und Zwölfaxing beschränkte sich diese vor allem auf den Zutritt und die Einfahrt bei der Wache, auf die Weiterleitung zur Tankstelle bzw. zum Betankungsplatz und auf die Möglichkeit zur kurzen Erfrischung bzw. der anschließenden Weiterleitung gemäß der Marschplanung. Darüber hinaus hatten sie das Eintreffen und Verlassen der US-Konvois an das zuständige Militärkommando zu melden.

In der Ostarrichi-Kaserne in Amstetten war mehr zu leisten. Das betraf einerseits die Permanent Party der U.S. Army Europe und andererseits das Convoy Support Centre und die Militärkonvois. Konkret wurden Zelt- und Parkplätze festgelegt, eine zweite Kaserneinfahrt für große Fahrzeuge vorbereitet und der Betankungsplatz zugeordnet und ausgeschildert. Darüber hinaus waren die Bewachung und die Sicherung der Kaserne zu verstärken und die Sicherheitsmaßnahmen entlang des Kasernenzaunes zu verbessern, um einen „Rest over Night in a Safe Haven“ sicherzustellen.

Zusammenfassung und Resümee

Am 1. Juni 2017 begann der US-Transit mit einem Militär-Sonderzug aus Deutschland; mehrere dutzend Sonderzüge und Konvois, etwa 40 Hubschrauber, dutzende Autobusse, aber auch unzählige Einzelfahrzeuge verlegten über Österreich nach Ungarn. Die US-Soldaten nutzten das Convoy Support Centre in Amstetten, um aufzutanken und sich auszuruhen. Die höchste Anzahl an Nächtigungen in Amstetten betrug knapp 300 Soldaten in den letzten Tagen vor dem Beginn der „Saber Guardian“-Übungsserie zwischen 4. und 8. Juli 2017. Das National Movement Coordination Center in Graz steuerte die Straßentransporte und veranlasste anhand der Informationen der Deutschen Bundeswehr und von den Grenzübergängen die erforderlichen Maßnahmen des Bundesheeres.

Der Rückmarsch aus dem Übungsraum begann am 24. Juli 2017 unmittelbar nach Übungsende. Da dafür nur mehr wenige Konvois bzw. Fahrzeuge für den Straßentransit geplant waren, wurde ab dem 27. Juli 2017 durch die US-Vertragsfirma KBR das Convoy Support Centre in der Ostarrichi-Kaserne schrittweise abgebaut. Die Rückgabe des genutzten Geländes in der Ostarrichi-Kaserne vom Kommandanten der U.S. Permanent Party an das Militärkommando NÖ bzw. an das Kasernkommando erfolgte am 7. August 2017. 

Die „Final Billing Conference“ konnte daher am 24. August 2017 plangemäß beim Militärkommando Niederösterreich in der St. Pöltener Hesser-Kaserne unter Leitung der Quartiermeisterabteilung und des G8 des Kommandos Landstreitkräfte stattfinden. Nach Prüfung der Unterlagen (z. B. Übersichten und Lieferscheine) erfolgte schlussendlich die Bestätigung (Unterschrift) der empfangenen Leistungen durch den Chief International Logistics des 21TSC, so dass die Abschlussrechnung durch den G8 des Kommandos Landstreitkräfte erstellt und dem US-Verteidigungsattaché in Wien übermittelt werden konnte. Auch die zusätzlichen kurzfristig beantragten Leistungen des Bundesheeres im Zuge einer Sicherheitslandung eines US-Hubschraubers UH-60 am 27. Juli 2017 in Schenkenbrunn (Bezirk Krems) wurden anstandslos in die Verrechnung integriert.

Fazit

Planung und Durchführung der Transitunterstützung für „Saber Guardian 2017“ waren für alle Beteiligten eine anspruchsvolle und komplexe Aufgabe, die ohne wesentliche Probleme erfüllt werden konnte. Sie ist ein Beispiel dafür, wie durch das koordinierte Zusammenwirken unterschiedlicher Ebenen, frühzeitige Planung und vorausschauende Befehlsgebung ein vielschichtiges und heikles Vorhaben positiv bewältigt werden kann. Dieses Zusammenwirken war die Grundlage dafür, dass das Ziel des ungehinderten, störungsfreien und raschen Transits der US-Truppen zur „Saber Guardian 2017“ nach Ungarn, Rumänien und Bulgarien sowohl hin als auch retour erreicht werden konnte.  

Teil 1 - Planung und Vorbereitung

Oberst des Intendanzdienstes Rudolf Sturmlechner, MSD; Leiter des Referates 3 (Host Nation Support, Verkehr & Transport, Kraftfahrbetrieb und Gefahrgut) der Quartiermeisterabteilung.

 

Ihre Meinung

Meinungen (0)