• Veröffentlichungsdatum : 11.10.2018
  • – Letztes Update : 18.10.2018

  • 3 Min -
  • 610 Wörter

Sicherheit, Supermacht und Schießgewähr

Thomas ROITHNER

148 Seiten, 12 x 19 cm, broschiert

€ 12,99

ISBN 978-3-99070-328-1

Morawa Lesezirkel, Wien 2018

Friedensforscher Thomas Roithner beschreibt in seinem neuen Werk die Hintergründe der aktuellen Herausforderungen der nationalen und intenationalen Sicherheitspolitik. Die Perspektive, die Roithner dabei einnimmt, ist von einem idealistischen Ansatz geprägt, gemäß dem er die Ursachen und Auswirkungen, aber auch mögliche zukünftige Entwicklungen, skizziert. 

Das Buch ist - so wie das Vorgängerwerk „Märkte, Macht und Muskeln“ - eine Zusammenfassung von journalistischen Artikeln, die bereits in verschiedenen Zeitungen und Fachzeitschriften veröffentlicht wurden. Das mag auf den ersten Blick ein wenig einfach klingen, ist aber bei genauer Betrachtung ein kluger „Schachzug“. Schließlich werden dadurch Texte verfügbar und zitierbar, die ansonsten unter tausenden Artikeln untergehen würden. Aufgrund dieses Formates wiederholen sich zwar einige Themen, die jedoch bei jedem Kapitel aus einer anderen Perspektive betrachtet werden. Ein Beispiel dazu ist der Verbotsvertrag für Atomwaffen der Vereinten Nationen, der hinter dem Rücken der Atommächte des Sicherheitsrates in der UN-Generalversammlung beschlossen wurde.

Obwohl der Autor und habilitierte Doktor der Politikwissenschaft über ein breitgefächertes und fundiertes akademisches Gerüst verfügt, ist er - da er auch als Jounalist tätig ist - in der Lage komplexe Sachverhalte kurz, bündig und leicht verständlich mit wenigen Worten zu beschreiben. Ein Beispiel ist das Kapitel „Sicherheit in Seide“. Darin beschreibt er die aktuelle realistische Logik der internationalen Politik am Beispiel der Seidenstraße, die derzeit von China errichtet wird, in nicht einmal 500 Wörtern und etwa drei Minuten Lesezeit. 

Mit einem bemerkenswerten Theorieansatz behandelt Roithner die aktuelle „Krise“ der EU. Diese interpretiert er als einen Hierarchisierungsprozess innerhalb der Union, der nach dem Muster abläuft: Wer sich umso stärker für eine politische Union auf allen Ebenen einsetzt, der wird in Zukunft die bessere Position innerhalb dieser Staatengemeinschaft einnehmen. Auch wenn der Machtkampf zwischen den beiden großen Staaten Deutschland und Frankreich wohl entschieden sein dürfte, so sind die Plätze drei bis 27 wohl noch nicht vergeben und die (grundsätzlich) progressive Haltung der österreichischen EU-Politik kann durchaus so verstanden werden, dass man gerne einen Platz auf dem Stockerl hätte. 

Der Autor kommt bei seinen Ausführungen ohne böse Kritik auf die aktuelle Politik aus, versteht es „sympathisch“ und dennoch kritisch zu schreiben und stellt dabei viele Fragen, die zum Nachdenken anregen. Lobende Worte findet Roithner für das Engagemant von Bundeskanzler Sebastian Kurz (bei Redaktionsschluss des Buches noch Außenminister) und dessen Anti-Atomwaffen-Initiative, mit der er sich international nicht nur Freunde machte, aber bewiesen hat, dass Werte manchmal über Machtinteressen stehen. In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, dass alle EU-Mitglieder, die auch NATO-Mitglieder sind, gegen den Deal gestimmt haben und dabei einen „bunten Strauß“ an Ausreden hatten. Auf Grundlage dieses Umstandes beschreibt Roithner das Militärbündnis NATO als Hebelmechanismus für US-Interessen, der in die EU wirkt und dadurch auch neutrale Staaten wie Österreich auf NATO-Linie bringt. 

Roithner beschreibt die aktuellen wirksamen Macht- und Gewaltstrukturen, die auf einer kaum sichtbaren und deshalb kaum wahrnehmbaren Ebene ablaufen. Deren Auswirkungen sind jedoch real und spürbar, obwohl davon nur eine kleine Elite profitiert. Gerade deshalb ist es dieses Buch wert gelesen zu werden, da es - wenn auch auf Grundlage eines links-idealistischen Theoriekorsettes und somit nicht wertfrei - hinter die Kulissen blickt. 

Das Werk ist eine passende Komplementärliteratur für jene, die Sicherheitspolitik vor allem in einem realistisch-militaristischen Ansatz denken und somit auch für militärische Führungskräfte geeignet. Gerade in Zeiten, in denen das Bundesheer seine Bildungsinstitutionen als universitär verstanden wissen will, muss es sich kritischer Denkansätze zum Thema Verteidigung und Sicherheit stellen. Nur dadurch können jene Diskussionen in Gang gesetzt werden, die das Fundament jeglicher akademischer Bearbeitung von Themen sind - auch im Bereich der Sicherheit und Verteidigung - und das Fundament einer ganzheitlichen Betrachtung dieses Themenfeldes darstellen.

-keu-

 

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