• Veröffentlichungsdatum : 31.05.2023
  • – Letztes Update : 30.05.2023

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Militär und Sprache(n) in Österreich

Bruno Nestler, Wolfgang Zecha

Wer in Zukunft am Sprachinstitut des Bundesheeres (SIB) an einer Sprachprüfung oder -ausbildung teilnimmt, der kann die Ausstellung „Militär und Sprache(n) in Österreich im Wandel der Zeit“ besuchen. Die Historie des Sprachenwesens im Bundesheer und die Bedeutung für die heutigen nationalen und internationalen Aufträge werden in mehreren Vitrinen, unterstützt mit einem interaktiven Info-Screen und einer Broschüre, dargestellt.

Die Ausstellung wurde am „Europäischen Tag der Sprachen“ am 26. September 2022, während eines Festaktes an der Landesverteidigungsakademie im Beisein des Chefs des Generalstabes, General Mag. Rudolf Striedinger, und des Kommandanten der Landesverteidigungsakademie, Generalleutnant Mag. Erich Csitkovits, eröffnet.

Kuratiert wurde der Traditionsraum federführend von zwei langjährigen Mitarbeitern des Sprachinstitutes des Bundesheeres, dem Militärhistoriker Oberst i.R. Dr. Wolfgang Zecha und dem Militärlinguisten Oberst i.R. Dr. Bruno Nestler. 

Sprachenwesen mit Geschichte

Sei es die Sprachausbildung in zwölf Sprachen – vor allem in Englisch – zur Sicherstellung von Interoperabilität, die Sprachmittlung mit hoher fachsprachlicher Kompetenz oder die sprachlich-interkulturelle Einsatzvorbereitung von Auslandskontingenten: Der militärische Sprachendienst trug und trägt wesentlich zur Aufgabenerfüllung des Bundesheeres bei.
Die Geschichte des Bundesheeres der Zweiten Republik zählt über 67 Jahre. Somit war es höchste Zeit, das österreichische militärische Sprachwesen und die Sprachendienste militärhistorisch-linguistisch aufzuarbeiten. In der Absicht, die bisherige Geschichte des österreichischen militärischen Sprachenwesens nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, hat das SIB historisch relevante Publikationen, Fotos sowie Objekte mit Bezug zum Thema Sprache und Militär in Österreich in einer Dauerausstellung zusammengetragen. Diese befindet sich im dritten Stock des Akademietraktes der Landesverteidigungsakademie in der Stiftskaserne General Spannocchi. 

Wann immer in Österreich historisch von Militär und Sprachen (-vielfalt) die Rede ist, wird zunächst unweigerlich an die k.u.k. Armee gedacht und wie man es damals bewältigt hat, die unterschiedlichen Nationalitäten, Volksgruppen und Sprachen zum Zusammenwirken zu bringen. Auch diesem Thema widmen sich die Ausstellung und die dazugehörige Broschüre ausführlich. Das heutige Sprachenwesen im ÖBH setzt einerseits die mehrsprachige Tradition der k.u.k. Armee fort, andererseits berücksichtigt es die nationalen und internationalen sprachlichen sowie interkulturellen Bedürfnisse der modernen Streitkräfte. 

Sprachausbildung und -mittlung im Rückblick

Die Ausstellung „Militär und Sprache(n) in Österreich im Wandel der Zeit“ und die Broschüre zur Ausstellung sollen vor allem die reichhaltige Historie des Sprachenwesens im Bundesheer und die besondere Bedeutung für die heutigen nationalen und internationalen Aufträge veranschaulichen. 

Dazu werden in zwei Vitrinen Objekte aus der k.u.k. Monarchie und aus dem Bundesheer der Zweiten Republik zu den Themen Sprachausbildung, Sprachmittlung (Übersetzen und Dolmetschen) und Einsatzunterstützung gezeigt. Eine Foto- und Dokumentensammlung in Wandvitrinen sowie ein neuer Info-Screen, welcher neben der aktuellen Information zum Sprachenwesen insbesondere historische Aufnahmen beinhaltet, ergänzen die Ausstellung. 

Die Broschüre zur Ausstellung, in der auch Zeitzeugeninterviews mit Bundesminister a. D. Werner Fasslabend, den Generalen i.R. Karl Majcen und Horst Pleiner sowie den ehemaligen Mitarbeitern des SIB enthalten sind, gibt einen umfassenden geschichtlichen Rückblick und erläutert die Exponate im Detail.   

Die Ausstellung zeigt eine Vielzahl an Objekten aus der Zeit der Monarchie.
Ein Beispiel dafür sind die Wörterbücher für den Feldgebrauch in unterschiedlichen Sprachen, insbesondere die „Instruktionstücher“, wie das neben dem Text abgebildete „Werndl-Gewehr“. Diese praxiserprobten Tücher gab es in mehreren Sprachen, um den Soldaten die Handhabung der Waffen in ihren jeweiligen Muttersprachen nahezubringen. 

In einer Vitrine wird die Sprachausbildung und das Prüfungswesen im Laufe der Geschichte dargestellt. Repräsentativ für diese Zeit werden dort Tonbandgeräte zur Aussprachelehre und alte Wörterbücher gezeigt. Um die mediale und digitale Weiterentwicklung zu thematisieren, ist ein CD-Player mit Kassettendeck für das Abspielen von Hörbeispielen für Lehre und Prüfung ausgestellt. Mittlerweile finden sich in dieser Sammlung auch die ersten Laptops, mit denen das SIB ausgestattet wurde. 

Sprachmittlung – einsatzrelevanter Beitrag

Eine weitere Vitrine der Ausstellung befasst sich mit der Sprachmittlung und Terminologiearbeit bzw. mit der sprachlichen und interkulturellen Einsatzunterstützung des Bundesheeres. Zu sehen sind unter anderem Transkriptionsgeräte oder eines der ersten Tablets mit audioaktiver Sprachapplikation (z.B. SprachApp für Arabisch) des SIB, das für Sprachmittlungsgehilfen als wichtige Unterstützung für Einsätze, wie jener in der Migrationskrise, diente. 

Ein besonderes Ausstellungsstück ist ein „Microfiche-Lesegerät“ für die terminologische Recherche. Durch dieses konnten mikroskopisch verkleinerte Wortlisten lesbar gemacht und mit Eintragungen zur sprachwissenschaftlichen Terminologiearbeit eingesetzt werden. 

Dokumentation des SIB 

Gegenüber den Vitrinen befinden sich zwei Wandschaukästen. In einem der beiden findet man eine Auswahl an historischen und aktuellen Fotos von ehemaligem und aktivem Sprachfachpersonal des ÖBH, welche mit einer kurzen Beschreibung versehen sind. 

Der zweite („Dokumenten“-)Schaukasten zeigt den ersten Befehl des 1999 gegründeten SIB, die Sprachenvielfalt in der Monarchie, das aktuelle internationale Kooperationsportfolio des Sprachenwesens im Bundesheer und besondere Auszeichnungen bzw. Zertifizierungen des SIB durch externe Institutionen, wie die Urkunde zum „Institutionenpreis des Kulturpreises Deutsche Sprache“ (Jacob-Grimm-Preis) oder das „Europasiegel für innovative Sprachausbildung“. 

Abgerundet wird die Ausstellung mit „Image-Trailer“-Videos sowie einer Übersicht über aktuelle Aktivitäten des SIB wie Sprachausbildungen, Sprachprüfungen, Veranstaltungen und Dolmetscheinsätze. Dies alles ist über einen neuen interaktiven Bildschirm im Ausstellungsbereich abrufbar. 

Die Ausstellung wird durch die Broschüre „Militär und Sprache(n) in Österreich im Wandel der Zeit“ begleitet, die eindrücklich darlegt, dass es ein „Militärisches Sprachenwesen“ in nahezu allen Armeen der Welt gibt.  Kommunikation, Interoperabilität, Informationsgewinnung und (nachrichtendienstliche) Aufklärung über Sprachbarrieren hinweg sollen dabei mithilfe von Sprachendiensten für militärische Zwecke sichergestellt werden. 

Die militärische Sprachausbildung und -mittlung als militärisches Übersetzen und Dolmetschen zu verstehen sowie interkulturelle Einsatzvorbereitung und -unterstützung waren und sind die wichtigsten Funktionen, die das militärische Sprachenwesen gestern wie heute zu leisten hat. Das Erarbeiten, Beherrschen und das Anwenden fachspezifischer Terminologie in Sprachlehre und Sprachmittlung sind das Alleinstellungsmerkmal von militärischen Sprachendiensten.

Neben dem Erläutern der historischen Entwicklungen im militärischen Sprachendienst des Bundesheeres werden in einem Exkurs auch alle Angehörigen des SIB, die im Laufe der Jahre den österreichischen Sprachendienst maßgeblich weiterentwickelt haben (etwa 200 Personen), namentlich aufgelistet. 

Einen Abschluss stellen die Zeitzeugeninterviews mit ehemaligen politischen und militärischen Entscheidungsträgern dar. Die Broschüre liegt bei der Ausstellung auf bzw. kann kostenlos beim SIB angefordert werden.

Anfang mit Fortsetzung

Der Auftrag aus dem Jahr 2020, einen „Traditionsraum“ über das militärische Sprachenwesen am Sprachinstitut des Bundesheeres zu gestalten, stellte die Kuratoren vor einige Herausforderungen. Zunächst der Umstand, dass zum Thema „Sprache(n)“ im Gegensatz beispielsweise zu Waffengattungen kaum geeignete Ausstellungsobjekte verfügbar waren. Dankenswerterweise unterstützte das Heeresgeschichtliche Museum diese Sammlung mit Beratung und Zurverfügungstellung von Ausstellungsobjekten. Für die Zeit von 1918 bis 1955 konnten bis dato keine ausreichenden Dokumente und Objekte zusammengetragen werden. Diese werden aber in den nächsten Jahren in die Ausstellung integriert.

Oberst i.R. Dr. Bruno Nestler.  
Oberst i.R. Dr. Wolfgang Zecha.

 

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