• Veröffentlichungsdatum : 01.01.1970
  • – Letztes Update : 27.11.2017

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Herausforderung Drohnenabwehr - Symposium Luftstreitkräfte 2017

Michael Barthou

Was tun, wenn Drohnen als Waffe verwendet werden? Wie kann man ihnen begegnen? Diese und weitere Fragen wurden von 22. bis 23. November 2017 am mittlerweile 9. Symposium der Luftstreitkräfte diskutiert. Zahlreiche Referenten sprachen über den Bereich „Herausforderungen Drohnenabwehr“ in drei Panels vor 200 Teilnehmern. Die Veranstaltung dient der Fortbildung des Kaders der Luftstreitkräfte, der Offiziere der höheren Kommanden sowie der Zentralstelle zu einem fachspezifischen Thema und wurde von der Flieger- und Fliegerabwehrtruppenschule (FlFlATS) in den Räumlichkeiten der Niederösterreichischen Landes-Feuerwehrschule in Tulln an der Donau organisiert und durchgeführt. 

Guter Tag für Luftstreitkräfte

Nach einer kurzen Begrüßung des Kommandanten der FlFlATS, Brigadier Mag. Günter Schiefert, eröffnete der Leiter der Sektion IV des BMLVS, Generalleutnant Dr. Schmidseder, mit dem Satz: „Es ist ein guter Tag für die Luftstreitkräfte“. Schmidseder betonte, dass die Luftstreitkräfte in Richtung einer grenzüberschreitenden Luftraumüberwachung ginge, da dies die Zukunft sei. Ebenso müsse man den „worst case“ berücksichtigen, nämlich was man täte, wenn eine Drohne mit einer „schmutzigen Bombe“ in eine Großveranstaltung rast. Hier müssen intensive Überlegungen und Lösungen gefunden werden, so Schmidseder. Zweiter Eröffnungsredner war der Kommandant der Luftstreitkräfte, Generalmajor Mag. Karl Gruber, der die gravierend in Umbruch befindliche internationale Sicherheitslage, die hybriden Bedrohungen und die Unterwanderung von Behörden durch radikale Kräfte ansprach.

Raffinesse steigt

Oberst Dipl.-Ing. Michael Goldstein vom Kommando der Luftwaffe in Deutschland brachte grundsätzliche Aspekte über Drohnen vor, die die Basis für die folgenden Panels bildeten. Dabei behandelte er unter anderem die zentrale Frage, wie sich Soldaten vor Drohnen schützen könnten. Laut Goldstein ist ein System zu deren Abwehr zu wenig. „Man braucht verschiedene variable Systeme, quasi ein System von Systemen“. In weiterer Folge zeigte Goldstein die Schwierigkeit auf, Drohnen im Nahbereich wirksam zu bekämpfen. Ein Ansatz, Drohnen wirksam zu bekämpfen, sei der Einsatz von Laserwaffen, die sich gerade in Entwicklung befänden. Sein Fazit: „Die technische Raffinesse steigt“.

Renaissance von Tarnen und Täuschen

Zu Beginn des ersten Panels referierte Oberst d.G. Mag. Thomas Reiter über gegenwärtige und zukünftige Bedrohungen durch Drohnen. Dabei verwendete er den Begriff „Countering Emerging Air Threats“ (C-EAT). Er unterschied bei Drohnenangriffen zwischen dem Personenzielverfahren und dem Objektzielverfahren (z. B. kritische Infrastruktur), das im Schwergewicht eher dem Bundesheer zuzuordnen ist. Zu seinen Ausführungen gehörte auch die Forderung nach der Revitalisierung der klassischen Fliegerabwehrtruppe.

Über den Einsatz von Micro-Drohnen in der Ukraine referierte Oberst d.G. Mag. Manfred Stacher von der Militärberatung der OSZE in Wien. Stacher beschrieb unter anderem den erfolgreichen Einsatz von zivilen Drohnen gegen militärische Ziele wie Munitionslager. Dazu wurden aus Styropor bestehende Billigst-Drohnen behelfsmäßig zuerst mit einem Glas Wasser und weißen Phosphor, später mit alten russischen Hohlladungsgranaten bewaffnet. So konnte zum Beispiel im März 2017 mit so einem improvisierten Flugobjekt ein ukrainisches Munitionslager mit 200.000 Tonnen Munition zur Explosion gebracht werden. Um eine effektive Bedrohung durch Drohnen innerhalb der Truppe zu vermeiden käme es nun zu einer Renaissance von „Tarnen und Täuschen“, so Stacher. Sein Fazit: Drohnen sind Verbrauchsmaterial.

Vom Fraunhoferinstitut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung in Deutschland trug Major der Reserve Dr. Markus Müller vor. Dabei präsentierte er den Teilnehmern die aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet der Drohnenabwehr bzw. -erkennung. Das wären zum Beispiel das „Gated Viewing“, das Gegenstände oder Personen auch durch dichten Rauch, Feuer oder andere sichtbehindernde Mittel beobachten kann oder die „Laser-Doppler-Vibrometrie“, wo durch das Reflexionsverhalten des Objektes oder der Drohne der jeweilige Beladungszustand (Sprengstoff etc.) erkannt und somit die ausgehende Gefährdung festgestellt werden kann.

Aktuelle Rechtslage veraltet

Im zweiten Panel ging es um die rechtlichen Aspekte des Drohneneinsatzes und der -abwehr. Die rechtlichen Bestimmungen für die zivile Nutzung von Drohnen brachte Martina Koller von der Austro Control GmbH den Zuhörern näher. Danach referierte Oberstleutnant dIntD A. Univ. Prof. Dr. Sigmar Stadlmeier über die rechtlichen Grundlagen für die Abwehr von Drohnen. Martin Ryff, Chef Recht der Schweizer Luftwaffe, führte die rechtliche Situation für den Einsatz und Gebrauch von Drohnen in der Schweiz aus. Fazit von Ryff: „Die bestehende Rechtslage entspricht nicht dem Fortschritt der Technik“.

Mit „Die Bedrohung ist in den Köpfen angekommen“, beendete der amtierende Chef des Stabes und ab 1. Dezember 2017 mit der Führung beauftragte Kommandant der FlFlATS, Oberstleutnant d.G. Mag.(FH) Reinhard Kraft, den ersten Symposiums-Tag treffend.

Kraft-Raum-Zeit-Problematik

Der zweite Tag war mit dem Panel 3 dem Thema Abwehr von Drohnen gewidmet. Den Beginn machte Hofrat Dr. Wieser vom Amt für Rüstung und Wehrtechnik. Er präsentierte unter anderem die Ergebnisse der maximal möglichen Detektionsreichweiten gegen Drohen von im Bundesheer eingeführten und von Firmen zur Verfügung gestellten Gerät. Ergebnis war, dass die unterschiedlichen Systeme auch unterschiedliche Ergebnisse lieferten - abhängig vom jeweiligen Drohnentyp. Dabei schneidet das Wärmebildgerät des „Mistral“-Fliegerabwehrsystems sehr gut ab. Die Wirkung auf den jeweiligen Drohnentyp sei aber ein anderes Kapitel, so Wieser.

Im Anschluss referierte Oberst Ing. Günter Wendner, Referatsleiter Luftstreitkräfte im BMLVS. Für ihn gäbe es allgemeine Herausforderungen, die gelöst werden müssten wie eine unklare Rechtslage, eingeschränkte Ressourcenlage mit gleichzeitig hohem Anpassungszeitdruck und komplexe Zusammenhänge mit einem hohen Realisierungsrisiko. Wichtig ist für Wendner die Evaluierung der vorhandenen Mittel im Bundesheer. Dabei wird es zu einer teilweisen Modernisierung, Ergänzung und einem Austausch von Systemen kommen müssen. Vor allem sei die Kraft-Raum-Zeit-Problematik in den Szenarien zur Drohnenabwehr wesentlich, meinte Wendner.

Laser - Mittel der ersten Wahl

Wie Drohnen konkret abgewehrt werden können, erklärte Stabshauptmann Norbert Probst von der Deutschen Bundeswehr. Er präsentierte mehrere Möglichkeiten der Wirkung gegen Drohnen wie zum Beispiel gegen die überall erhältliche DJI „Phantom 4 Pro. Lösungsansätze können laut Probst sein:

  • Störung der Steuersignale, etwa durch Aktivierung der Heimkehrfunktion
  • Tierischer Ansatz wie der Einsatz von Greifvögeln (Nachteil: nicht nachtflugtauglich)
  • Bodengestützte Netzwerfer wie der „Skywall“ 100 (bis 100 m) oder der „Skywall“ 300 (bis 250 m)
  • Einsatz von Handwaffen/Kanonen/Raketen (Nachteil: hoher Munitionseinsatz und Gefährdung Dritter)
  • Elektromagnetische Effekte
  • Lasersysteme
  • Netznutzende Flugsysteme

Stabshauptmann Probst erläuterte vor allem die Vorteile der Lasersysteme wie eine letale Wirkung über große Entfernungen, skalierbare Wirkung und der niedrige Schusspreis von einem USD. Dennoch: kein Wirkmittel erfüllt alle Anforderungen. Trotzdem kommt Probst zu dem Schluss, dass „der Laser das Mittel der ersten Wahl“ ist. Seiner Beurteilung nach sei zeitnah keine 100-prozentige Lösung in Sicht. Deshalb müsse die Bedrohung durch Drohnen ein alltäglicher Bestandteil der Ausbildung werden.

Der Kommandant der Luftstreitkräfte beendete das dritte Panel mit einer Zusammenfassung des Zustandes der österreichischen Luftstreitkräfte und deren Ausblick.

Das Symposium Luftstreitkräfte bietet zwar keine fertigen Lösungen, schafft aber Problembewusstsein, um Lösungen auf den Weg zu bringen.

-mb-

 

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