• – Letztes Update : 15.03.2016

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Der Schlüssel zur Attraktivität des Bundesheeres

Christian Langer

Als eine der 180 Maßnahmen zur Attraktivierung des Grundwehrdienstes wurde seitens der militärischen und politischen Führung festgelegt, dass die Grundwehrdiener im Laufe ihres Dienstes zu mehreren Zeitpunkten zu unterschiedlichen Themenbereichen befragt werden. Damit soll auf der Ebene Einheit den Einheitskommandanten die Möglichkeit geben werden, die Ausbildung, den Umgang mit den Grundwehrdienern, die Sinnvermittlung, Abläufe etc. zu hinterfragen und darauf aufbauend periodisch eine Grundlage für Steuerungsmaßnahmen zu haben. Damit dieser Prozess in eine Feedbackschleife mündet ist angeordnet, dass im Sinne der Transparenz und einer partizipativen Strategie, sowohl die Feedbackgeber als auch der Kader eine unmittelbare Rückmeldung der Daten erhalten, um so am Verbesserungsprozess allgemein, verbindlicher teilhaben zu können.

Dem Psychologischen Dienst (PsychD) als Auftragsnehmer war es einerseits besonders wichtig, für dieses Führungskräfte Feedback-GWD (FüKfteFb-GWD) einerseits Fragebögen zu entwickeln, die auf früheren Befragungen aufbauen, ein gutes Lagebild für die Einheitskommandanten geben und bei den Bedarfsträgern eine hohe Akzeptanz haben. Andererseits war es uns ein großes Anliegen, nur den Einheitskommandanten eine direkte Rückmeldung zu geben, um diesen auch die Möglichkeit einzuräumen, Verantwortung für Veränderungsmaßnamen zu übernehmen. Damit soll eine vorzeitige Bewertung und Be(Ver)urteilung der Ergebnisse durch Vorgesetzte vermieden werden. Sehr wohl entspricht es unserer Intention, dass im Rahmen der Kommandantenverantwortung der Einheitskommandant seinen Vorgesetzten in Verbesserungsprozesse miteinbezieht, allerdings liegt das in seinem Ermessen.

Sehr wichtig war deshalb, dass die Informationspflicht nach „oben“vom PsychD derart angelegt wurde, nur zusammengefasste Daten zu präsentieren, die keine Rückschlüsse auf Brigaden, Bataillone oder sogar Einheiten möglich machen. Erfahrungen aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass bei solch sensiblen Daten, noch dazu wenn sie unerfreulich sind, rasch voreilige Rückschlüsse gezogen wurden, ohne den Kontext mit einzubeziehen. Diese sogenannte „blame culture“, in der es vorwiegend darum geht, für Fehlleistungen, Missstände, Defizite etc. Schuldige zu suchen und festzumachen, in der vorwiegend  zwischen „gut“ und „schlecht“, zwischen „angepasst“ und „unangepasst“, zwischen „Konformität“ und „Anders sein“  unterschieden wird, unterdrückt jede Form der Entwicklung, der Kreativität und der Toleranz. Die Suche nach Verantwortlichkeiten ist zudem kein taugliches Mittel, um Ursachen von Problemen zu beheben. Damit wird sehr viel Anpassungsleistung produziert, anstatt durch eine entsprechende Fehlerkultur Fortschritt, Entwicklung und Commitment zu erzeugen.

Mit Beginn der Befragungen im Jänner 2014 wurden bisher fast 40 000 Fragebögen ausgewertet, fast 700 Rückmeldungen an die Kommandanten übersandt, und es ist mittlerweile für die meisten Einheitskommandanten möglich, die Daten unterschiedlicher Einrückungskontingente ­gegenüberzustellen.

Um die Aussagekraft der gewonnen Daten im FKfteFb-GWD zu erhöhen, werden seitens des PsychD, seit Jänner 2015 Workshops (sog. „Fokusgruppen“) bei ausgewählten Einheiten durchgeführt, um das Datenmaterial zu verdichten und Bedingungsgegebenheiten zu eruieren. Dazu wird je eine Personengruppe aus den Rekruten, aber auch aus dem Kader eingeladen, das „Warum“ der Befragungsergebnisse in der eigenen Einheit und mögliche Verbesserungsmaßnamen zu erarbeiten. Ziel ist es, einerseits ein besseres gegenseitiges Verständnis zwischen Rekruten und Kader zu fördern und andererseits aus all den Ergebnissen der Fokusgruppen Ansätze zu erkennen, die für einen Verbesserungsprozess in den Einheiten hilfreich sein können.

Egal ob Rekruten oder der Kader, egal ob von diesen kurze oder langfristige Beziehungen zum ÖBH bestehen, bei beiden sollte das Verhältnis zur „Firma“ ÖBH von wechselseitigem Vertrauen, Respekt, Sinngebung und Wertschätzung getragen sein. Zwischen den beiden Gruppen existiert ein Bedingungsgefüge, eine  gegenseitige Abhängigkeit, deren Qualität die Selbst- und Fremdsicht bestimmen. Und nicht zuletzt sind sowohl die Rekruten als auch der Kader Meinungsträger nach außen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass sich manche Probleme durch gezielte Maßnahmen auf Einheitsebene verbessern oder sogar beheben lassen. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in der Verantwortung der militärischen und politischen Führung liegt, Rahmenbedingungen sicherzustellen, dass Attraktivität über alle Ebenen hinweg erlebt und gelebt werden kann.

Der Schlüssel zur Attraktivität des Budesheeres sind die Rekruten - aber auch der Kader und die Führung.


Oberst dhmfD Mag. Christian Langer ist Psychologe beim Heerespsychologischen Dienstes.

 

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