• Veröffentlichungsdatum : 02.03.2018

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"Bewältige alles!" - Wettkampf der Besten

Peter Lamprecht

Die „Winter Survival“ ist der härteste internationale Vergleichswettkampf der tschechischen Streitkräfte. Er simuliert eine Fußpatrouille im winterlichen Gelände über drei Tage und fordert weit mehr als nur Durchhaltevermögen und starken Willen. Österreichische Soldaten vom Hochgebirgsjägerbataillon 26 gewannen diesen Bewerb und setzten sich gegen 21 Teams aus sieben Nationen durch.

Der internationale Winter-Vergleichswettkampf der tschechischen Armee fand 2018 unter dem Motto „Bewältige alles!“ statt. Die Verteidigungsuniversität in Brünn veranstaltete den Wettkampf, der vom 28. Jänner bis 2. Februar 2018 zum insgesamt 24. Mal stattfand. Ausgetragen wurde die Winter Survial im Hrubý Jeseník-Gebirge (Altvatergebirge) im Nordosten der Tschechischen Republik.

Bewerb

An vier Wettkampftagen wurden über 100 Kilometer Marschleistung absolviert. Dabei mussten über 3.200 Höhenmeter im Aufstieg mit voller Ausrüstung bewältigt werden. Biwakieren im Freien und fordernde Stationen wie Schiabfahrten, Feuerkampf oder Verwundetenbergung waren ebenfalls Teile des Bewerbes. Auf die Auswahl der Teilnehmer wird großer Wert gelegt, eine entsprechende Vorbereitung sowie das Beherrschen gewisser Fähigkeiten wie Orientieren oder Klettern sind daher verpflichtend. Der Wettkampf soll ein Qualitätstest der Besten sein.

Für Österreich starteten dieses Jahr die beiden Heeresbergführer Oberleutnant Peter Lamprecht und Wachtmeister Daniel Buchacher sowie der Heeresbergführeranwärter Wachtmeister David Suntinger vom Hochgebirgsjägerbataillon 26 in Spittal an der Drau, das dem Kommando Gebirgskampf angehört. In Teams zu je drei Soldaten galt es alle militärischen Fähigkeiten, die im Winter benötigt werden, unter Beweis zu stellen, Aufgabenstellungen rasch zu erfassen und kreative Lösungen zu finden. Der mentale Stress musste durch gutes Training, Teamwork und den Glauben an die eigenen Fähigkeiten bewältigt werden. Das alles macht die „Winter Survival“ weltweit einzigartig.

Der Bewerb fand rund um den Praded (Altvater) im Altvatergebirge statt. Mit 1.491 m ist er die höchste Erhebung von Mähren. Oft herrscht dort eine extrem raue Witterung. Die Wettkampfleitung und der logistische Stützpunkt befanden sich im naheliegenden Militärerholungszentrum der tschechischen Streitkräfte. Jeder Schritt wurde per GPS-Tracker live in der Organisationszentrale mitverfolgt, die Stationen koordiniert und Rettungsaktionen vorbereitet. Die Zwischenergebnisse wurden dort laufend erfasst, aktualisiert und bereitgestellt. Sie war auch die erste Anlaufstelle für Betreuer und die ständig präsenten Medienvertreter.

Mannschaften

  • Tschechien: Acht Teams der Landstreitkräfte, ein Team der Luftstreitkräfte, ein Team der Logistikverbände, zwei Teams der Militäruniversität, ein Team aus der Sektion Körperausbildung und Sport im Verteidigungsministerium, ein Team der Militärpolizei. Außerdem zwei Teams einer tschechischen Spezialeinheit der Polizei.
  • Belgien: Ein Team des Kommandos Trainingszentrum
  • Deutschland: Ein Team des Gebirgsbataillons 233
  • Österreich: Ein Team des Hochgebirgsjägerbataillons 26
  • Polen: Ein Team der Militäruniversität der Landstreitkräfte
  • Slowakei: Ein Team des 5. Regiments Spezialeinsatzkräfte
  • Ukraine: Ein Team der Odessa Militärakademie

Erster Wettkampftag

Die 22 Teams starteten am ersten Tag im Massenstart in zwei Wellen in das Rennen. Ohne Gepäck wurde mit Zeitmessung entlang einer vorgegeben Strecke mit Schiern aufgestiegen. Zur Orientierung diente eine Karte der tschechischen Armee. Die Österreicher konnten sich bereits zu Beginn an die Spitze setzen. Oben angekommen galt es im Team entlang von Markierungen durch das anspruchsvolle Gelände abzufahren. Nach insgesamt acht Kilometern wurde das erste Zwischenziel erreicht. Hier konnten sich die Österreicher durch eine gute Zwischenzeit die ersten wertvollen Punkte sichern.

Orientierungsmarsch

Nach Aushändigung einer neuen Karte mit vorgegebenen Posten, wurde das Marschgepäck für die kommenden drei Tage geschultert und der Orientierungsmarsch über 21 km angetreten. In den tieferen Lagen des Altvatergebirges gab es kaum noch ausreichend Schnee, um sich mit Schiern fortzubewegen. Der Föhn der vergangenen Tage hatte sämtlichen Schnee in den Niederungen weggeschmolzen.

Aufgrund eines Übersetzungsproblems hatten einige internationale Mannschaften keine Kampfschuhe zum Wechseln mitgebracht. So auch die Österreicher, was den Marsch zusätzlich erschwerte. Mit den Schiern am Rücken und den Schitourenschuhen an den Füßen galt es nun, möglichst viele der vorgegebenen Posten im Gelände zu finden. Dafür gab es ein Zeitlimit von maximal sieben Stunden. Wer das Ziel zu spät erreichte, bekam Punkteabzüge. Die Gebirgsjäger aus Kärnten konnten trotz der äußeren Umstände als Erste alle Posten finden und erreichten mit einigem Vorsprung das Marschziel.

Funküberprüfung im Baum

Zum Abschluss des ersten Wettkampftages musste noch eine Aufgabe bewältigt werden: Einer der Soldaten wurde mit einem Seilzug 30 Meter hinauf zu einem Funkgerät gehoben und musste damit eine Funküberprüfung durchführen. Dafür waren maximal drei Minuten Zeit. Die österreichischen Heeresbergführer errichteten einen Flaschenzug und konnten so die Aufgabe in der vorgegebenen Zeit meistern.

Notbiwak

Zelte waren im Wettkampf verboten, übernachtet wurde deshalb in Notbiwaks. Unter einer Plane wurden die Schlafsäcke ausgebreitet, die Compact Ration zubereitet und alle Vorbereitungen für den nächsten Wettkampftag getroffen. Die österreichischen Gebirgssoldaten profitierten von ihren zahlreichen Einsätzen in den Alpen und wussten, dass ihre Sachen am Körper und im Schlafsack über die Nacht wieder trocknen würden.

Die Kampfkrafterhaltung war angesichts der langen Dauer des Wettkampfes über mehrere Tage besonders wichtig. Um 00:01 Uhr morgens wurde im Nachtlager Alarm geschlagen. Innerhalb von zwei Stunden mussten alle Teams ihr Notbiwak evakuiert und möglichst schnell den neuen Lagerplatz zu Fuß erreicht haben. Das Team aus Österreich erreichte als 6. Mannschaft den neuen Schlafplatz. Die restlichen Stunden bis zum Start verbrachten die Soldaten dann damit, ihre Kampfkraft zu erhalten: Schlafen, Wasser kochen, essen und Materialerhaltung. Nach dem guten Start und der respektablen Leistung beim Orientieren und Marschieren über insgesamt 29 km und 1.200 Meter im Aufstieg, konnte sich das Team aus Österreich, trotz des falschen Schuhwerks, die Tagesführung mit 51 Punkten Vorsprung vor zwei tschechischen Mannschaften sichern.

Zweiter Wettkampftag

Um 06:30 Uhr erfolgte das Startkommando für den zweiten Wettkampftag. Die maximal zur Verfügung stehende Zeit für alle Aufgaben war mit zwölf Stunden limitiert. Jedes Team erhielt eine andere Koordinate eines Geländepostens, der zu Beginn anzulaufen war. Bei den Posten befand sich die jeweils neue Koordinate für das nächste Ziel. Mit diesem durchdachten System absolvierten alle Patrouillen einen Sternlauf, wobei niemand einer anderen Mannschaft folgen konnte. Während des Orientierungsmarsches erreichte man Stationen, an denen die folgenden Aufgaben zu lösen waren.

Eroberung des Bunkers

Mit schusssicheren Westen, einem Helm, einer Waffenattrappe und einem „Kracher“ - zur Simulation einer Handgranate - ausgestattet, mussten die einzelnen Teams jeweils einen Bunker erobern. Die Lage der Bunker wurde vorweg auf einer Karte gezeigt. Auf Kommando stürmten die Soldaten in den Wald zu den jeweiligen Bunkern, zündeten dort die „Granate“ und verschafften sich so den Zutritt in das Innere. Mit einem Luftdruckgewehr, geladen mit fünf Schuss, mussten drei Ziele durch Schießscharten hindurch bekämpft werden. Nach erfolgreicher Auftragserfüllung galt es so schnell wie möglich zum Ausgangsort zurückzukehren. Die Punktevergabe erfolgte nach der Anzahl der bekämpften Ziele, der verbrauchten Munition sowie der benötigten Gesamtzeit.

Biathlon

Das österreichische Team startete gleichzeitig und erreichte im Laufschritt den Schießstand. Mit Kleinkaliberwaffen wurde auf fünf Biathlonscheiben auf 50 Meter Entfernung geschossen und für jeden Fehlschuss eine Strafrunde absolviert. Über einen Geländeparcours gelangten die Wettkämpfer ein zweites Mal zum Schießstand und nach einer weiteren Runde zurück ins Ziel. Die österreichischen Soldaten hatten wegen ihrer Schischuhe wieder einen erheblichen Nachteil und verzeichneten zusätzlich neun Fehlschüsse. Für die Punktwertung wurden die drei Einzelzeiten zusammengezählt und die Gesamtzeit gewertet. Die österreichische Mannschaft fand sich dennoch im oberen Mittelfeld wieder, die beste Einzelzeit im Biathlon schaffte, mit nur einem Fehlschuss, ein Soldat des österreichischen Teams. 

Überquerung eines Gebirgsbaches

Mit der gesamten Wettkampfausrüstung musste ein Gebirgsbach schnellstmöglich überwunden werden. Dazu dienten frei hängende Baumstämme, ein Sicherungsseil und ein Hilfsseil für den Gepäcktransport. Die österreichischen Gebirgsjäger überwanden das Hindernis mit präzise platzierten Tritten und Geschicklichkeit. Das Gepäck wurde mit dem Hilfsseil auf das andere Ufer gezogen.

Zwischenstand nach dem 2. Tag

Mit einer sehr guten Gesamtzeit konnte das Team aus Österreich den zweiten Marschtag nach gesamt 29 km und 1.200 Höhenmetern beenden. Am Ende des zweiten Tages machten sich aber die Auswirkungen des Marsches mit den Schitourenschuhen bemerkbar: Blasen, offene Reibungsstellen und starke Schmerzen waren die Folgen. Den Tagessieg schafften zwei tschechische Teams. Das Team aus Österreich fiel mit 130 Punkten Rückstand auf Platz fünf zurück. Die Wettkampfleitung hielt zum Tagesabschluss noch eine Überraschung parat. Die ersehnte Erholung nach dem anstrengenden Marsch mussten sich die Teams nämlich erst noch „verdienen“. Um für den nächsten Tag einen neuen Ausgangsort und somit ein neues und unbekanntes Gelände vorzufinden, hatten die Mannschaften wiederum im Fußmarsch einen Ortswechsel durchzuführen. Außerhalb der Zeitwertung, jedoch mit neuerlich zwölf Kilometern Wegstrecke machten sich die Teams auf den Weg. Aufgrund einer massiven Zeitverzögerung sowie erster Ausfälle beschloss die Wettkampfleitung allerdings, diesen Marsch nach acht Kilometern abzubrechen und den Transport mit LKW zu unterstützten. Von den Strapazen gezeichnet, errichteten die Teams in den späten Abendstunden wieder ihr Notbiwak.

Dritter Wettkampftag

Wie bereits am zweiten Tag wurden die Mannschaften um 06:30 Uhr zu unterschiedlichen Abmarschpositionen entlassen. Präzises Orientieren und eine stete Marschleistung waren für die Teams wichtig. Die Wettkämpfer begegneten sich unterwegs nur, wenn ihre Wege sich kreuzten. So war es auch nicht möglich, Rückschlüsse auf die jeweilige Platzierung zu ziehen. Wie am Tag davor waren fordernde Aufgaben wie Verwundetenversorgung oder Scharfschießen unter erschwerten Bedingungen zu bewältigen.

Schießen mit dem Sturmgewehr und der Pistole

Gleich zu Beginn des Wettkampftages, noch bei Morgengrauen, hatten die österreichischen Soldaten die Aufgabe, mit dem klassischen Sturmgewehr 805 BREN und der tschechischen Pistole 75 jeweils mit zehn Präzisionsschüssen auf eine Entfernung von 40 Metern zu schießen. Die Treffer auf der „10-er Ringscheibe“ wurden gemeinsam mit der benötigten Zeit in Punkte umgerechnet und mit der Gesamtmarschzeit gewertet. Das Schießergebnis der Österreicher war in Ordnung und wesentlich für die beginnende Aufholjagd. 

Erste-Hilfe und Verwundetenbergung

Folgendes Szenario wurde vorgegeben: Nach einem Hinterhalt liegen zwei eigene Verwundete auf dem Boden und „kämpfen“ um ihr Überleben. Der Feind wird niedergehalten und es gilt, schnellstmöglich die Erstversorgung der Kameraden durchzuführen.

Dabei mussten Schussverletzungen, starke Blutungen von offenen Brüchen, Atemstillstand oder ein Spannungspneumothorax (Lungenkollaps) bestmöglich mit dem erweiterten Erste-Hilfe-Paket behandelt werden. Fachkundiges Sanitätspersonal überwachte die Tätigkeiten. Innerhalb von sieben Minuten mussten die Verwundeten stabilisiert und transportfähig gemacht werden.

Wurde die Zeit überschritten, gab es keine Punkte und der Transport durfte nicht fortgesetzt werden. Der Verwundetentransport erfolgte mit einer Universaltrage. Dabei musste ein Mannschaftsmitglied durch seine beiden anderen Kameraden entlang eines Parcours geborgen werden. Die österreichischen Soldaten erreichten die maximale Punktezahl und Bestzeit.

Felsenhindernis

Bei dieser Station waren die Gebirgsjäger aus Spittal an der Drau in ihrem Element. Über eine Sicherungsanlage galt es eine Felswand hinaufzuklettern, sich über Stufen mehrmals abzuseilen und schlussendlich mit einer Seilrutsche möglichst schnell wieder ins Ziel zu gelangen. Wiederum konnten die Österreicher die Bestzeit aufstellen und wichtige Punkte für die Gesamtwertung sichern.

Zieleinlauf und Wertung nach dem 3. Tag

Nach einer Tagesmarschleistung von 30 Kilometern und 820 überwundenen Höhenmetern, erreichte das österreichische Team das lang ersehnte Ziel. An diesem Tag trugen sie zur Gänze ihre Schier auf dem Rücken und absolvierten die gesamte Strecke in Schitourenschuhen. Mit guter Mannschaftsleistung erreichten sie die zweitbeste Marschzeit und sammelten bei den Stationen wichtige Punkte. So kämpfte sich das Team vom 5. Platz zurück an die Spitze und übernahm mit 56 Punkten Vorsprung wieder die Führung.

Vierter Wettkampftag

Nach einem ersten Lauf durch einen Parallelslalom starteten in einem weiteren Durchgang die besten elf Teams im KO-System gegeneinander. Das heißt, dass das unterlegene Team jeweils ausschied und der Gewinner in die nächste Runde aufstieg. Alle drei Soldaten des österreichischen Teams starteten gleichzeitig in den Lauf, während parallel dazu das jeweilige Konkurrenzteam unterwegs war. Jenes Team, das mit allen drei Wettkämpfern als erstes die Ziellinie überschritt, siegte. Die österreichischen Wettkämpfer stellten im ersten Lauf die Bestzeit auf und sicherten sich so die Qualifikation für die folgenden KO-Rennen. In weiterer Folge konnte sich das österreichische Team gegen seine Konkurrenten durchsetzen und gewann den Parallelslalom.

Gleich im Anschluss wurden die Schuhe gewechselt und es erfolgte der Start zum Mannschaftsorientierungslauf. Dazu erhielt jedes Team drei Luftbilder mit unterschiedlichen Posten. Nach dem Start sammelten die einzelnen Wettkämpfer so viele Posten wie möglich und kehrten zum Ziel zurück. Dafür standen maximal 20 Minuten zur Verfügung. Wer später zurück kam, wurde disqualifiziert. Für die beste Zeit sowie die Anzahl der richtigen Posten gab es entsprechende Punkte.

Fazit und Mehrwert

Das Team aus Österreich gewann nach vier anstrengenden Wettkampftagen die „Winter Survival“ 2018 mit insgesamt 1.254 Punkten vor der Mannschaft der 7. mechanisierten Brigade der tschechischen Armee und der Mannschaft der Agentur für Logistik der tschechischen Armee mit einem Abstand von 201 Punkten. Die zu bewältigende Marschleistung und die fordernden Stationen machen den Bewerb einzigartig: drei Tage im Team völlig auf sich allein gestellt, dazu die schlechten Schneeverhältnisse, mit denen einige Teams nicht rechneten, weshalb alle Aufgaben in Schitourenschuhen absolviert werden mussten und die ein oder andere sprachliche Barriere. Hartes Training, ein starker Wille, Teamgeist und das Beherrschen wichtiger militärischer Fähigkeiten wie Orientieren, Schießen, Selbst- und Kameradenhilfe etc. waren das Rezept des österreichischen Erfolges. Das Österreichische Bundesheer und die Gebirgstruppe im Speziellen konnte im internationalem Kontext ihre qualifizierte Ausbildung unter Beweis stellen und erlangte dafür auch große Anerkennung.

Oberleutnant Peter Lamprecht; Hochgebirgsjägerbataillon 26

 

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