• Veröffentlichungsdatum : 05.04.2023
  • – Letztes Update : 04.04.2023

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Autarke Kasernen und Sicherheitsinseln

Karl Mitterberger

In den vergangenen Jahren stützte sich die Versorgung des Bundesheeres vorwiegend auf zivile und öffentliche Leistungserbringer aus dem Versorgungs- und Gesundheitsbereich. Das war – in Friedenszeiten – aus wirtschaftlichen und budgetären Gründen erforderlich. Das Abstützen von „außen“ darf – und das gilt im Einsatz und im Frieden – die Selbstversorgungsfähigkeit und Resilienz nur so weit einschränken, als die Einsatzbereitschaft und die Handlungsfähigkeit des Bundesheeres dadurch nicht gefährdet werden.

Der rasche Einsatz des Bundesheeres zur Unterstützung der Behörden und zur Hilfeleistung der Bevölkerung ist bei einem großräumigen Ausfall der öffentlichen kritischen Versorgungsinfrastruktur aufgrund eines plötzlich auftretenden Krisen- oder Katastrophenereignisses erforderlich. Die Ursachen dafür können ein überregionaler Stromausfall (Blackout), ein Cyber- oder ein terroristischer Angriff oder eine Naturkatastrophe sein. 

Die COVID-19-Pandemie sowie die globalen Auswirkungen des russischen Angriffes auf die Ukraine haben verdeutlicht, wie wichtig es ist, über nationale Reserven für den Eigenbedarf zu verfügen, um sich über einen längeren Zeitraum selbst versorgen zu können. Auch der Einsatz des Bundesheeres muss in solchen Fällen logistisch eigenständig und ohne Abstützung auf die zivile Versorgungsinfrastruktur durchgeführt werden können.

Versorgungsbereiche

Seit dem Jahr 2017 werden im Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV) umfassende Bearbeitungen zur Kasernenautarkie angestellt. Basierend auf verschiedenen Grundlagendokumenten, wie der Österreichischen Sicherheitsstrategie, der Teilstrategie Verteidigung, dem militärstrategischen Konzept 2017 oder der Studie zur Autarkie im Bundesheer, wurden detaillierte Maßnahmen zur Herstellung der Autarkie militärischer Liegenschaften beurteilt und festgelegt.

Die Bereiche 

  • elektrische Energieversorgung; 
  • Wärmeversorgung;
  • Wasserversorgung einschließlich der
    Abwasserentsorgung;
  • Betriebsmittelversorgung; 
  • Verpflegsversorgung und 
  • Sanitätsversorgung 

wurden als jene logistischen Bereiche identifiziert, in denen prioritär Vorbereitungen für einen autarken Betrieb und die Versorgung der untergebrachten Truppe für zumindest 14 Tage zu treffen sind.

Zuordnung der Aufgaben

Im Zuge der Projektorganisation „UNSER HEER“ wurden die Bearbeitungen zur Kasernenautarkie in das Projekt B-07 „Autarkie militärischer Infrastruktur“ unter der Projektleitung der Abteilung Logistische Grundlagen der Direktion 4 übergeführt. Die komplexen Planungen und Bearbeitungen im Arbeitspaket Infrastruktur (elektrische Energie, Heizung, Wasser) erfolgen durch die Abteilung Bau & Gebäudetechnik der Direktion 7. Für die Erhöhung der Tankanlagenkapazitäten wurde die Abteilung Fahrzeuge, Gerät und Ausrüstung der Direktion 5 ins Projekt geholt. Die Abteilung Militärisches Gesundheitswesen der Direktion 8 erarbeitet die Maßnahmen für eine autarke sanitätsdienstliche Versorgung. Die Abteilung Logistische Grundlagen erstellt die Vorgaben für die Realisierung der Verpflegsautarkie in den Liegenschaften und arbeitet die konzeptionellen Grundlagen für die Sicherheitsinseln aus.

Umsetzung bis 2025 

In einem ersten Schritt ist die Autarkie der Liegenschaften so weit zu stärken, dass die Versorgungsunabhängigkeit und Durchhaltefähigkeit der dislozierten Truppen für zumindest zwei Wochen möglich ist. Damit dieses Ziel erreicht wird, wurden durch das BMLV 100 relevante militärische Liegenschaften, Kommandogebäude und Kasernen nach einer festgelegten Priorisierung ausgewählt, und es wurde ein Fünfjahresplan erstellt. Die Realisierung der Autarkiemaßnahmen ist für den Zeitraum von 2021 bis 2025 vorgesehen und umfasst die logistischen Teilbereiche: elektrische Energie-, Wärme-, Wasser-, Kraftstoff-, Verpflegs- und Sanitätsversorgung. 

Jede Liegenschaft wird individuell geplant. Das ist aufgrund der unterschiedlichen infrastrukturellen Voraussetzungen, der Nutzung und der Belegung auch notwendig. Ein Standort mit einem Panzergrenadierbataillon hat einen anderen logistischen und infrastrukturellen Bedarf, um Autarkie zu erreichen, als eine Liegenschaft mit mehreren dislozierten Verbänden oder als ein Amtsgebäude des BMLV.

Notstromversorgung

Zur Sicherstellung einer durchhaltefähigen und autarken elektrischen Energieversorgung werden die Liegenschaften mit leistungsfähigen Netzersatzanlagen ausgestattet. Diese arbeiten mit einem dieselbetriebenen Generator. Für den militärischen Bereich ist diese aus heutiger Sicht zuverlässig und zweckmäßig. Die Verwendung von modular erweiterbaren Netzersatzanlagen auf Containerbasis ermöglicht gegebenenfalls einen Ausbau und eine Steigerung der elektrischen Leistung. Darüber hinaus müssen vorhandene Notstromanlagen überprüft, erneuert oder verstärkt werden. Das Ziel ist es, alle Objekte der gesamten Liegenschaft wie Kommandogebäude, IKT-Einrichtungen, Unterkünfte, Küchen, Garagen, Werkstätten, Tankstellen, Außenbeleuchtung, vorhandene Liegenschaftsbrunnen sowie Hebeanlagen zur Entsorgung des Abwassers in die liegenschaftseigene Notstromversorgung einzubinden. Damit bei einem Stromausfall eine Einspeisung des selbst erzeugten Notstroms in das öffentliche Leitungsnetz verhindert wird, muss das Kasernennetz vom öffentlichen Netz mit einer Umschalteinrichtung getrennt werden können. 

Für die mit Sicherheitsinseln und einem Backup zu den Sicherheitsinseln designierten Kasernen wird ein 20-prozentiger Mehrbedarf an elektrischer Energie miteinberechnet und vorgehalten. Darüber hinaus ist beabsichtigt, erneuerbare Energiesysteme zur Unterstützung der Netzersatzanlagen zu installieren. Hierfür kommen Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) sowie regional verfügbare erneuerbare Energieträger wie Windkraft, Wasserkraft und Biogas zur Anwendung. Möglichkeiten des zukünftigen Einsatzes von Biokraftstoff oder Wasserstoff zum Betrieb von Notstromaggregaten werden mittel- bis langfristig geprüft. Die alleinige Sicherstellung einer autarken Notstromversorgung mittels Photovoltaikanlagen ist – aufgrund der begrenzten Speicherkapazität für den Bedarf einer gesamten Liegenschaft und aus Redundanzgründen – nicht praktikabel. Ein zielführender Einsatz von erneuerbaren Energiesystemen für den Krisenfall ist nur machbar, wenn eine Zwischenspeicherung der gewonnenen elektrischen Energie realisiert werden kann. In der Planung und Umsetzung der Autarkiemaßnahmen wird jedoch die zukünftige technische Vernetzung und somit der technisch koordinierte Einsatz dieser unterschiedlichen Systeme so weit wie möglich berücksichtigt.

Wärmeversorgung

Die Herstellung einer autarken Wärmeversorgung stellt eine besondere Herausforderung dar, da in den militärischen Liegenschaften unterschiedliche Heizungssysteme verwendet werden. Eine autarke Wärmeversorgung ist derzeit in jenen Kasernen mit herkömmlichen fossilen Heizungsanlagen (z. B. Öl, feste Brennstoffe) grundsätzlich gegeben. Die eingelagerten Brennstoffmengen reichen dort für einen längeren Zeitraum. Die Sicherstellung einer autarken Wärmeversorgung ist bei jenen Kasernen und militärischen Liegenschaften notwendig, die an das öffentliche Fernwärme- oder Ferngasnetz angeschlossen wurden. Nach Möglichkeit werden Vertragslösungen mit dem regionalen Wärmeversorger angestrebt, um im Krisenfall eine Weiterversorgung sicherstellen zu können. Es hat sich jedoch gezeigt, dass vor allem Fernwärmeanbieter diese Anforderungen nicht immer erfüllen können. In diesen Fällen ist der Einsatz einer Ersatzheizanlage mit einem Heizöl-Kesselsystem notwendig. Alternativ können Ersatzheizanlagen auch über elektrische Wärmetauscher betrieben werden. Diese erhöhen den Bedarf an Notstrom und damit – zumindest derzeit – den Dieselverbrauch für den Betrieb der Notstromanlagen. Nach Errichtung von erneuerbaren Energiesystemen zur Unterstützung der Notstromanlagen wird diese Alternative gegenüber dem Heizöl-Kessel attraktiver. Die Verwendung von Öl oder Strom ist mittelfristig erforderlich, weil die Gasversorgung aus dem öffentlichen Versorgungsnetz nach zwei bis vier Tagen nicht mehr sichergestellt ist. In jenen militärischen Liegenschaften, die eine generelle Modernisierung der Wärmerzeugung erfordern, sollte langfristig mit erneuerbaren Energiesystemen – wie Geothermie und Biomasse – geheizt werden. 

Nachhaltige Energieversorgungslösungen

Alternative nachhaltige Energieversorgungslösungen sind bereits seit einiger Zeit ein Thema beim Bundesheer. Zur Unterstützung der autarken elektrischen Energie- und Wärmeversorgung ist die Verwendung und Errichtung von Photovoltaikanlagen, thermischen Solaranlagen, Biogasheizwerken und Kleinwindkraftanlagen beabsichtigt. Mittelfristig ist die Einbindung von Wasserstoff für eine Energieversorgung anzudenken (das Bundesheer arbeitet dazu an einem internationalen Forschungsprojekt mit; Anm.). Eine optimale und vor allem wirtschaftliche Lösung sind Biomasseheizwerke mit angeschlossener Kraft-Wärme-Kopplung zur eigenständigen Strom- und Nutzwärmeerzeugung. Vor allem an Standorten in der Nähe von Übungsplätzen kann die Biomasse- oder Hackguterzeugung direkt vor Ort im eigenen Bereich erfolgen. Mit einem internen Kasernenfernwärmenetz können so, vom Blockheizkraftwerk ausgehend, alle Objekte mit Energie versorgt werden. In Verbindung mit einer Photovoltaikanlage kann eine Kaserne dann unabhängig von außen versorgt werden. Ein etwaiger Überschuss kann entweder mittels Energiespeicher für den späteren Verbrauch zwischengespeichert oder ins Netz der lokalen Energieversorger eingespeist werden. Betreibermodelle für eine autarke Wärmeversorgung werden in Betracht gezogen. Die Nutzung von Geothermie wird untersucht und vor allem in Liegenschaften mit großen Freiflächen angestrebt. So leistet das Bundesheer mit der Umsetzung der Autarkiemaßnahmen auch einen Beitrag zur CO2-Reduzierung.

Wasserversorgung einschließlich Abwasserentsorgung

Österreich ist eines der wasserreichsten Länder Europas. Trinkwasser wird zur Hälfte aus Grundwasservorkommen und aus Quellen gewonnen. Die Wasserversorgung kann daher über das dicht ausgebaute öffentliche Wasserleitungsnetz der Wasserversorger ohne weitere Maßnahmen sichergestellt werden. Das ist aufgrund des ausreichend hydrostatischen Druckes sowie aufgrund der großteils vorhandenen Notstromversorgung der Pumpanlagen möglich. Dort, wo Pumpanlagen für die Wasserverteilung notwendig sind und die erforderliche Reichweite für einen autarken Betrieb nicht gewährleistet werden kann, sind Vertragslösungen zur Unterstützung durch das Bundesheer beabsichtigt. Darüber hinaus werden die vorhandenen Liegenschaftsbrunnen instandgehalten und nach den geltenden Hygienebestimmungen der Trinkwasserverordnung laufend überprüft. Bei einem Ausfall des öffentlichen Netzes können dann die für die Liegenschaft erforderlichen Wassermengen entnommen werden. Zusätzlich werden die vorhandenen Wasserwerke des Bundesheeres in die Notstromversorgung eingebunden, um bei Engpässen die Wasserversorgung sicherstellen zu können. 

Trinkwasser als „bottled water“ in Liegenschaften zu bevorraten ist möglich, jedoch äußerst aufwendig. Rechnet man für die Wasserversorgung und Zubereitung der Verpflegung in Notfallsituationen nur fünf Liter Trinkwasser für eine Person pro Tag, so sind für 1.000 Personen für 14 Tage 70.000 Liter Trinkwasser erforderlich. Für die Anlieferung der auf 92 Paletten beförderten 46.660 Flaschen zu 1,5 Liter mit abgefülltem Mineralwasser sind zumindest drei LKW-Züge notwendig. Darin sind die um ein Vielfaches höheren Trinkwassermengen, die für die Zubereitung der Verpflegung in den Truppenküchen oder für die Versorgung von Patienten in den Sanitätseinrichtungen benötigt werden (zwischen 50 und 200 Liter pro Person pro Tag) noch nicht eingerechnet. Die Bevorratung, Verteilung und der Transport hoher Trinkwassermengen zur Abdeckung des Bedarfes über einen längeren Zeitraum erfordert große Lager-, Verteilungs- und Transportkapazitäten. Zusätzlich muss das eingelagerte Trinkwasser vor Ablauf der Mindesthaltbarkeit (sechs Monate) im Normdienstbetrieb verbraucht werden, was mit einer Nachbeschaffung zur Aufrechthaltung der Bevorratungsmengen einhergeht. Aufgrund der vorhandenen Versorgungssicherheit mit Trinkwasser ist eine Bereitstellung von „bottled water“ nur für besondere Vorhaben im In- und Ausland über bestehende Abrufverträge vorgesehen.

Die Abwasserentsorgung funktioniert in den Kasernen aufgrund des Gefälles der Kanalisation größtenteils problemlos. Nach dem Ausbau der Notstromversorgung ist auch in jenen Kasernen, die über Abwasserhebeanlagen verfügen, die Entsorgung über die Kanalisation gewährleistet.

Kraftstoffversorgung

In absehbarer Zukunft benötigt das Bundesheer weiterhin herkömmliche fossile Kraftstoffe für den Betrieb seiner Kraftfahrzeuge, Gefechtsfahrzeuge, Flugzeuge und Hubschrauber. Die Bereitstellung der Kraftstoffe erfolgt direkt in den ortsfesten Tankstellen der Kasernen und Fliegerhorste. Schrittweise werden einige in den vergangenen Jahren stillgelegte Tankstellen zur Erhöhung der Kapazitäten und Kraftstoffmengen wieder aktiviert und befüllt. Damit alle Tankanlagen bei Stromausfall betrieben werden können, sind sie in die Notstromversorgung der Kaserne einzubinden. Die in den Kasernen bereitzuhaltenden Kraftstoffmengen sind auf die jeweilige Kasernenbelegung und deren Fahrzeuge abgestimmt. Darüber hinaus verfügen alle Netzersatzanlagen über eigene Kraftstofftanks, die mit der für den Betrieb benötigten Kraftstoffmenge befüllt sind. Die Kombination von Dieselaggregaten mit PV-Anlagen oder Kleinwindkraftanlagen für die Notstromerzeugung reduziert den Kraftstoffverbrauch. Für den Umschlag und Transport der Betriebsmittel zwischen Verteilertankanlagen und Kasernentankanlagen werden die Heerestankkraftwagen eingesetzt. Zur Sicherstellung der Transportkapazität werden in der Heeresorganisation zusätzliche Tankkraftwagen beschafft. Liegenschaften, die über keine ortsfesten Tankanlagen verfügen, sind an die nächstgelegene Liegenschaft mit vorhandener Tankanlage anzuweisen. Containertankanlagen werden nicht zugewiesen, da diese für die feldmäßige Kraftstoffversorgung der Truppe bereitgehalten werden. Nach der Reaktivierung der stillgelegten Tankanlagen und Einbindung aller Tankanlagen in die Notstromversorgung der Liegenschaften verfügt das Bundesheer über ausreichend Kraftstoffreserven zur autarken Abdeckung der Kraftstoffversorgung in den verschiedenen Krisenszenarien.

Verpflegung

Für die Zubereitung warmer Verpflegung in den Küchen der Liegenschaften ist eine intakte elektrische Energieversorgung und eine funktionierende Trinkwasserversorgung nötig. Zur autarken Verpflegsversorgung über zwei Wochen werden einerseits bis zu zehn Jahre haltbare Spezialverpflegung (Combat Rations, ähnlich der zivilen Outdoorverpflegung) und andererseits handelsübliche, länger haltbare Lebensmittel angekauft. Sie werden sowohl in den Heereslagern als auch direkt in den Liegenschaften bei den Truppen-, Finalisierungs- oder Regionalküchen eingelagert, zubereitet und ausgegeben. Als Grundlage für die Berechnung der einzulagernden länger haltbaren Lebensmittelmengen wurde ein vereinfachter „Autarkiespeiseplan“ für 14 Tage von der Heereslogistikschule erarbeitet. Kurzfristig sind Lagermöglichkeiten durch Anmietung von Räumen oder klimatisierten Containern sicherzustellen. Die Beschaffung und die Steuerung der Umsetzung der Lebensmittel sowie die Nachbeschaffung für die Autarkievorräte erfolgt, wie auch jetzt schon, durch die territoriale Verpflegsorganisation der Militärkommanden über die in der Bundesbeschaffung-GmbH erfassten Vertragsfirmen. Wichtig ist dabei der regelmäßige Umschlag durch Verkochen im täglichen Dienstbetrieb. 

In einem ersten Schritt wird die Verpflegsautarkie für zumindest eine Woche hergestellt. Nach Evaluierung der ersten Bevorratungsmaßnahmen – vor allem in den Bereichen Nachbeschaffung und Umschlag der Lebensmittel im täglichen Kochbetrieb, Lagerungsmöglichkeiten, Anwendbarkeit des Autarkiespeiseplanes und damit einhergehenden Optimierungsmaßnahmen – erfolgt die Erhöhung auf vierzehn Tage. Die Tagesportionen setzen sich aus einem Mix von Warmverpflegung, Kaltverpflegung, Marschkost, Combat Ration, Eiserne Portion und Gekürzte Eiserne Portion zusammen. Durch diese Aufstellung soll ein möglichst großes Anforderungsspektrum abgedeckt werden. In der Zusammensetzung wurde versucht, sowohl das Regionalküchenkonzept mit dem Produktionsverfahren „Cook and Chill“ im Bereich der gemeinschaftlichen Verpflegszubereitung miteinzubeziehen als auch eine Eigenversorgung (Selbstzubereitung) zu gewährleisten. Dies vereinfacht die Umsetzung der Lebensmittel im täglichen Kochbetrieb und verringert den Lagerraumbedarf. Letztendlich soll eine „harmonische“ Integration der einzelnen Komponenten im Normspeiseplan möglich sein, falls ein anlassbezogener Abverbrauch nicht notwendig ist. Darüber hinaus sollen die verfügbaren Feldküchen an den Standorten der Sicherheitsinseln bereitgehalten werden, um die Kapazitäten für die Verpflegszubereitung im Notfall zu erhöhen.

Sanitätsversorgung

Die autarke Sanitätsversorgung stellt eine besondere Herausforderung dar. Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen des Heeresgebührengesetzes können im Friedensbetrieb nur Wehrpflichtige, also Grundwehrdiener, Ausbildungsdienstleistende und waffenübende Milizsoldaten in den truppenärztlichen Ambulanzen sanitätsdienstlich und allgemeinmedizinisch versorgt werden. Zur Behandlung schwererer Erkrankungen und Verletzungen oder zur fachärztlichen Behandlung werden diese Patienten in militärische Sanitätszentren, in zivile Krankenhäuser oder zu Fachärzten überwiesen. Das Kaderpersonal und die Zivilbediensteten werden als Krankenversicherte nur im Notfall erstversorgt und nehmen grundsätzlich die zivile Krankenversorgung in Anspruch.

In Krisenfällen ist eine vollständige Abstützung auf das zivile Gesundheitsversorgungsystem jedoch nur mehr eingeschränkt möglich. Zur Sicherstellung einer autarken Sanitätsversorgung über einen längeren Zeitraum für alle in militärischen Liegenschaften stationierten Soldaten und zivilen Heeresangehörigen sind die bestehenden Sanitätseinrichtungen bzw. truppenärztlichen Ambulanzen in den Kasernen so umfangreich auszustatten, dass die im Frieden sowie im Einsatz zu erbringende medizinische Grundleistung durchgehend aufrechterhalten werden kann. Vor allem ist der Leistungsbereich 1 zur Sicherstellung sofortiger lebenserhaltender und notfallmedizinischer Maßnahmen, der notärztlichen Erstversorgung und der sanitätsdienstlichen Versorgung von ambulanten und stationären Patienten mit geringer Gesundheitsbeeinträchtigung zu stärken. Das Sanitätsgerät ist schrittweise zu modernisieren und das Sortiment an Arzneien, Reagenzien und Verbandstoffen für die Gesamtanzahl des in der jeweiligen Liegenschaft zu versorgenden Personals vorzuhalten und einzulagern. Die vorhandenen Bettenstationen für eine stationäre Behandlung und Pflege von Patienten sind aufnahmebereit zu halten. Die Adaptierung von Räumlichkeiten je nach der örtlichen Verfügbarkeit zur Erweiterung der Bettenkapazität im Krisenfall ist vorzusehen. Liegenschaften, die über keine Sanitätseinrichtungen verfügen, sind an die nächstgelegene Sanitätseinrichtung anzuweisen. Beim Projektmanagement „UNSER HEER“ wurde das Projekt A-09 „Optimierung und Weiterentwicklung der Sanitätsstrukturen“ unter Projektleitung der Direktion 8 initiiert. Dabei werden die konkreten Bedarfe der Autarkie unter Berücksichtigung der zu erbringenden Grund- und Einsatzleistungen des Leistungsbereiches 1 festgelegt. Nach der Realisierung dieser Maßnahmen ist die sanitätsdienstliche und allgemeinmedizinische Grundversorgung in den Sanitätseinrichtungen sichergestellt.

Zwölf Sicherheitsinseln

Aufbauend auf der hergestellten Kasernenautarkie sollen in einem zweiten Schritt insgesamt zwölf infrastrukturell leistungsfähige Kasernen in den Bundesländern zu Sicherheitsinseln ausgebaut werden. Zusätzlich sollen weitere elf Kasernen als Back-up zu den Sicherheitsinseln vorbereitet werden. Hierzu wurden erste konzeptionelle Überlegungen angestellt, die jedoch für eine konkrete Realisierung noch weiterzuentwickeln sind. 

Grundsätzlich sollen Sicherheitsinseln die Unterstützung von regionalen Behörden und Blaulichtorganisationen sowie sonstigen Bedarfsträgern im großräumigen Krisen- und Katstrophenfall bei Bedarf garantieren. Eine Sicherheitsinsel wird von den Bedarfsträgern dann genutzt, wenn von ihren Standorten und Einrichtungen aus die Aufgaben des Krisen- und Katastrophenmanagements nur mehr teilweise sichergestellt werden können. Sicherheitsinseln sollen geschützte logistische Basen bilden, in denen sich z. B. die Polizei, die Rettung oder die Feuerwehr versorgen können. Für die Versorgung der umliegenden Bevölkerung im Notfall durch Rettungsorganisationen können geschützte Umschlag- und Verteilungspunkte für Hilfsgüter eingerichtet werden. Grundsätzlich wird von einem durchgehenden 24/7-Schichtbetrieb ausgegangen. Die Sicherheitsinsel soll auch als zivile Anlaufstelle zur Krisenkommunikation für die umliegende Bevölkerung dienen, um gesicherte und verlässliche Informationen über betriebsbereite Standorte zur Krisenbewältigung durch zivile Stellen zu erhalten. Die Sicherheitsinseln befinden sich daher vor allem in Ballungszentren oder in deren Nähe. Eine Unterbringung und eine damit einhergehende Versorgung mit Verpflegung und Wasser sowie eine medizinische Versorgung von Teilen der Bevölkerung aus Bundesheerbeständen ist aus Kapazitätsgründen und in Hinblick auf die militärische innere Sicherheit auszuschließen. Die Sicherheitsinseln dienen aber nicht der Unterstützung von Teilen der Bundesregierung zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Krisen- und Katastrophenfall. Dafür werden eigene Liegenschaften bereitgehalten.

Militärische Liegenschaften bzw. Kasernen verfügen über eine Infrastruktur sowie über Führungs- und Logistikeinrichtungen, die für eine Sicherheitsinsel genützt werden können. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass Kasernen für eine bestimmte Stärke einer militärischen Truppe ausgelegt sind, daher sind bei voller militärischer Belegung nur eingeschränkte infrastrukturelle und logistische Kapazitäten zur Abdeckung des Bedarfes externer Bedarfsträger vorhanden. Die Voraussetzung für den Betrieb von Sicherheitsinseln ist, dass genügend freie Infrastruktur vorhanden ist, die durch die externen Bedarfsträger adaptiert und genützt werden kann. Des Weiteren ist die Nutzfläche der Kaserne durch ihre Einfriedung begrenzt, daher können nur die Freiflächen innerhalb des Kasernenareals genutzt werden.

Wesentlich ist es, den regional unterschiedlichen Bedarf, den eine Sicherheitsinsel abdecken soll, im Einzelnen zu erfassen. So stellt sich der Unterstützungsbedarf im Umfeld einer Landeshauptstadt anders dar als jener in kleineren Garnisonen. Daher ist es unumgänglich, mit den örtlichen Behörden und Organisationen genau festzulegen, welche Versorgungsleistungen in welchem Umfang durch die Sicherheitsinsel erbracht werden sollen. Jede Sicherheitsinsel muss konkret auf den regionalen Bedarf ausgerichtet werden. Die zu erbringenden Unterstützungsleistungen oder die abzudeckenden Bedarfe im Krisen- oder Katastrophenfall sind im Rahmen eines Übereinkommens einschließlich der Verrechnungsmodalitäten mit den jeweiligen Bedarfsträgern detailliert zu vereinbaren.

Sicherheitsinseln

Unterstützungsleistungen, die durch eine Sicherheitsinsel je nach konkretem und regionalem Bedarf bereitgestellt werden sollten, sind: 

  • Bereitstellung von autarker Infrastruktur für regionale Behörden, Blaulichtorganisationen, Zivilschutz- und Hilfsorganisationen zum (Ausweich-)Betrieb einer Leitzentrale, zur Sicherstellung ihrer Führungsfähigkeit, für die Unterbringung und zur Lagerung von Versorgungs-/Hilfsgütern;
  • Bereitstellung befestigter und unbefestigter Freiflächen zum Abstellen und Umschlagen von Versorgungs- und Hilfsgütern für eine geordnete Verteilung, zum Parken von Einsatzfahrzeugen sowie für die Errichtung temporärer mobiler Unterkünfte auf Zelt- und Containerbasis (für die Einsatz- oder Hilfsorganisation);
  • Mitnutzung der Hubschrauberlandeplätze in den Kasernen;
  • Mitnutzung der kaserneneigenen Eisenbahnanschlüsse für die Anlieferung oder Verbringung von Hilfsgütern;
  • Betankung der Einsatzfahrzeuge der in der Liegenschaft untergebrachten externen Bedarfsträger sowie der umliegenden regionalen Behörden, Blaulichtorganisationen, Zivilschutz- und Hilfsorganisationen an den kaserneneigenen Tankanlagen;
  • Versorgung der in der Liegenschaft untergebrachten externen Bedarfsträger mit Verpflegung und Wasser sowie Versorgung außerhalb der Liegenschaft befindlicher externer Bedarfsträger im Rahmen von Assistenzen und Unterstützungsleistungen;
  • sanitätsdienstliche Erstversorgung für die in der Liegenschaft untergebrachten externen Bedarfsträger;
  • Dekontamination von in Liegenschaften untergebrachten externen Bedarfsträgern nach Anforderung von ABCAbw-Kräften bei Bedarf;
  • Mitnutzung von verfügbaren Instandsetzungsflächen und Wartungsboxen zur Behebung von Pannenschäden bei den Einsatzfahrzeugen der externen Bedarfsträger;
  • Lagerung und Entsorgung des zusätzlichen Abfalles der externen Bedarfsträger;
  • Sicherstellung des vorbeugenden Brandschutzes und der ersten Löschhilfe für die Bereiche der in der Liegenschaft untergebrachten externen Bedarfsträger;
  • zusätzliche Informationsanlaufstelle für die regionale Bevölkerung;
  • Unterstützung der umliegenden regionalen Behörden, Blaulichtorganisationen, Zivilschutz- und Hilfs-organisationen, Betreiber der kritischen Infrastruktur und der Zivilbevölkerung im Rahmen von Assistenzen und/oder Unterstützungsleistungen mit den in der Sicherheitsinsel dislozierten militärischen Kräften.

Zusätzliche Aspekte

Über die beschriebenen infrastrukturellen und logistischen Teilbereiche hinausgehend sind zur Sicherstellung einer Durchhaltefähigkeit zusätzliche Aspekte im Bereich 

  • der Führungsunterstützung; 
  • der Kommunikation mit Dritten; 
  • des Schutzes der Liegenschaften und der militärischen Sicherheit; 
  • des Brandschutzes; 
  • der Lagerhaltung und 
  • der Abfallbewirtschaftung 

zu berücksichtigen, auszuarbeiten und zu realisieren. Wesentliches Hauptaugenmerk ist auf die Personalrekrutierung beim Fachpersonal zu legen, um dem schon jetzt spürbaren Personalmangel und den in den kommenden Jahren noch mehr werdenden personellen Abgängen entgegenzuwirken. 

Die Pandemie und der Ukraine-Krieg führten zu Einschränkungen in der Verfügbarkeit und bei den Lieferketten von Rohstoffen und Fertigwaren. Dies verursacht Verzögerungen vor allem im Bereich der Beschaffung und in der Bauwirtschaft. In der Elektroindustrie zeigte sich vor allem der hohe Bedarf an Stahl und Kupfer sowie an elektronischen Steuer- und Regelkomponenten als Preistreiber unter anderem bei Netzersatzanlagen. Das hat einerseits zu enormen Kostenerhöhungen und andererseits zu Verschiebungen in der Umsetzungsplanung geführt. 

Die Änderungen im Elektroniktechnikgesetz und in den nachfolgenden Verordnungen erfordern bei der Errichtung neuer Netzersatzanlagen und der daraus resultierenden Adaptierung von Niederspannungs-Hauptverteileranlagen oft den gesamten Austausch der in den Liegenschaften erdverlegten alten Niederspannungskabel, damit der gesetzlich vorgegebene Brandschutz gewährleistet ist.

Das sich derzeit noch in Begutachtungsverfahren befindliche Krisensicherheitsgesetz ist eine wesentliche Grundlage für den Ausbau von Sicherheitsinseln. Dieses Gesetz wird gegebenenfalls eine Anpassung der an die militärischen Liegenschaften gestellten Erfordernisse notwendig machen.

Darüber hinaus ist bei Projekten die Ausrichtung auf ein Bundesheer 2032 zu berücksichtigen und es sind entsprechende Ableitungen sowie Vorgaben für eine Realisierung zu treffen.

Zusammenfassung

Mit der Realisierung von Autarkiemaßnahmen für die ersten Liegenschaften wurde bereits Anfang 2021 begonnen. Bis Ende 2024 werden 39 Liegenschaften (Planungsstand Jänner 2023) über die erforderliche Kasernenautarkie verfügen. Ende 2025 soll die Versorgungsunabhängigkeit in den angeführten logistisch-infrastrukturellen Teilbereichen aller designierten Liegenschaften realisiert sein. 

Diese autarken Kasernen gewährleisten die militärische Handlungsfähigkeit im Krisen- und Katastrophenfall und stellen somit die Voraussetzung für die Implementierung von Sicherheitsinseln dar.

Nach Realisierung der Autarkie von militärischen Liegenschaften und dem Ausbau von Sicherheitsinseln wird es wesentlich sein, Maßnahmen für die Aufrechterhaltung und auch zur Weiterentwicklung der erreichten Autarkie zu setzen. Die Routineprozesse für die Bevorratung und die Nachbeschaffung der Autarkiegüter und für die Instandhaltung der technischen Anlagen für Notstrom-, Wärme- und Wasserversorgung sind weiterzuentwickeln und zu verbessern. Die laufende Kommunikation mit den Behörden und anderen Einsatzorganisationen sowie die Durchführung gemeinsamer Übungen tragen letztendlich dazu bei.

Die vollständige Autarkie der militärischen Infrastruktur und der Ausbau der Sicherheitsinseln stellt einen essenziellen Beitrag zur staatlichen Krisen- und Katastrophenvorsorge dar. Sie ist zur Aufrechterhaltung der Einsatzfähigkeit des Bundesheeres als strategische Handlungsreserve der Republik Österreich zum Schutz der staatlichen Einrichtungen und der österreichischen Bevölkerung unerlässlich.

Oberst Karl Mittelberger, MA; Referent in der Abteilung Logistische Grundlagen der Direktion 4 (Logistik)

 

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