• Veröffentlichungsdatum : 08.02.2023

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Auf dem Prüfstand

Karl Testor

Fremdsprachenkenntnisse und körperliche Fitness sind wichtige Kompetenzen für Soldaten des Österreichischen Bundesheeres. Mit dem standardisierten "Sprachlichen Leistungsprofil" wird regelmäßig die Sprachkompetenz der Bediensteten überprüft. Dabei gibt es Parallelen zur Sporttestung.

Das Beherrschen von Fremdsprachen ist eine Voraussetzung für die sprachliche Interoperabilität des Österreichischen Bundesheeres mit anderen Armeen. Die Fremdsprachenausbildung, mit Fokus auf Englisch, ist daher fester Bestandteil einer Soldatenkarriere. Anhand des sprachlichen Leistungsprofiles (SLP) werden die Sprachkompetenzen verpflichtend überprüft. Ebenso obligatorisch für alle Soldaten ist der regelmäßige Antritt zur „Leistungsprüfung Allgemeine Kondition“ (LPrAKond). 

Beide Überprüfungen sichern die Einsatzbereitschaft des Bundesheeres, denn: „man geht so in den Einsatz, wie man gerade ist.“ Darum ist es unerlässlich, stets einen genauen Überblick über die aktuellen Fähigkeiten und Kompetenzen des Personals zu haben. Die LPrAKond und die SLP tragen dazu bei. Zusätzlich dienen diesem Ziel der „Sportmotorische Test (SMT)“ oder der „Militärspezifische Test (MST)“ sowie Übungen und Evaluierungen von Truppen.
 

Sprachprüfungen und Sporttests

Was verbindet Sprachprüfungen und Sporttests? Diese Frage lässt sich am Beispiel der LPrAKond und des SLP Englisch beantworten. Beide sind für alle Soldaten des Bundesheeres verpflichtend. 

Auf den ersten Blick scheint es bei diesen beiden Überprüfungen mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten zu geben. Doch worauf kommt es bei einer Prüfung allgemein an? Einerseits muss gemessen werden, was gemessen werden soll – die Anforderungen müssen klar definiert und überprüfbar sein. Andererseits soll die Messung möglichst exakt erfolgen. 

Die Effizienz und Effektivität von Sprachprüfungen sind für die Prüflinge oft nicht vollständig erfassbar. Das liegt daran, dass das Messen von Sprachniveaus ein komplexer und dynamischer Prozess ist. Im Vergleich dazu wirken Sportüberprüfungen transparenter, wenn man zum Beispiel an das Zurücklegen einer bestimmten Strecke in einer bestimmten Zeit denkt.

Sprachkompetenzen messen 

Die Sprachkompetenz wird anhand von vier Fertigkeiten gemessen:

  • Hörverstehen (H);
  • Leseverstehen (L);
  • mündlicher Gebrauch (M);
  • schriftlicher Gebrauch (S). 

Die SLP-Prüfung deckt diese vier Teilbereiche ab. Die Leistungsstufen beginnen bei 0 (keine Kenntnisse) und gehen mit Zwischenstufen (durch ein „+“ ausgedrückt) bis zur Stufe 4 (sehr professionelle Kenntnisse). 

Erreichen Prüfungswerber in der Testung nicht das geforderte Sprachniveau, wird oft eine fehlende Objektivität bei der Sprachprüfung bzw. innerhalb der Prüfungskommission unterstellt. Vor allem die Bewertung des mündlichen Teiles wird gerne kritisiert. 
 

Sportkompetenzen messen

Bei Sportüberprüfungen denkt man im ersten Moment nicht an derartige Kritik. Das Problem der Subjektivität dürfte sich nicht ergeben, da die Stoppuhr die Zeit misst. Folglich könnte man die Aussage treffen: Die LPrAKond ist objektiv und die SLP ist subjektiv. Doch so einfach ist es nicht, denn z. B. bei der Überprüfung der Liegestütze gibt es ähnliche „Vorwürfe“ wie bei den Sprachprüfungen. Dort wird nicht auf die Stoppuhr geschimpft, sondern auf die Prüfenden. 
 

Subjektive Prüfungsverfahren 

Bei diesen Aussagen fallen Analogien auf. Das liegt vor allem daran, dass diese beiden Teilprüfungen „subjektive Prüfungsverfahren“ sind. „Subjektiv“ bedeutet hier jedoch nicht willkürlich, sondern dass die Auswertung durch ein „Subjekt“, also einen Menschen erfolgt, der sich an vorgegebene Normen hält. 

Bei den Liegestützen ist beispielsweise vorgesehen, dass in der Endstellung „die Arme [...] im Ellbogen soweit gebeugt [sind], dass der Oberkörper und die Oberarme eine gedachte Linie (Waagrechte) bilden“ (DVBH Körperausbildung, S. 91). Diese „gedachte Linie“ ist im Grunde ein genau definierter Bemessungsbereich. Gleichzeitig ist klar, dass diese je nach Körperbau und Geschwindigkeit bzw. Ausführung besser oder schlechter erkannt werden kann. Somit entsteht ein kleiner Bemessungsspielraum und damit eine mögliche Ungenauigkeit bzw. Varianz in der Strenge der Prüfenden, die gerne kritisiert wird. 

Die 2.400-m-Laufüberprüfung wird hingegen auf einer normierten Bahn mit einer geeichten Stoppuhr durchgeführt. Dies reduziert den Spielraum in der Bewertung gleichsam auf null. Da die Fehlerquellen bei der Auswertung der Laufüberprüfung äußerst gering und zudem von subjektiven Kriterien entkoppelt sind, wird von einer „objektiven Prüfung“ gesprochen.

Passive vs. aktive Fertigkeiten 

Auch die Sprachprüfung besteht aus objektiven und subjektiven Teilen. Die Prüfung des Hör- sowie des Leseverstehens geschieht mit standardisierten Prüfmitteln. Diese Tests bestehen stets aus denselben Lesetexten und Hörbeispielen mit normierten Multiple-Choice-Fragen (MCF). Man spricht von einer Standardisierung, weil diese Prüfmittel mit entsprechend großen Testgruppen geeicht und vereinheitlicht wurden. Daher kann man die Überprüfung dieser passiven Fertigkeiten gut mit dem 2.400-m-Lauf vergleichen.

Wie werden die aktiven Fertigkeiten bei Sprachprüfungen gemessen? Dort überprüft man sprachliche Leistungen in gesprochener oder geschriebener Form. Das Produkt ist von Person zu Person unterschiedlich. Man kann daher nicht eindeutig normieren, was gesagt oder geschrieben wird, es sei denn, man würde exakt vorgegebene Texte auswendig lernen lassen. Dann würde allerdings nicht die Sprachkompetenz überprüft werden, sondern die Merkfähigkeit. 

Mündliche Sprachprüfung 

Ähnlich wie bei der Liegestützüberprüfung gibt es bei der mündlichen Sprachprüfung eine Beschreibung für die Prüfenden, welche Kriterien zu messen sind. Diese Bewertungsrichtlinien findet man auf der Intranetseite des Sprachinstitutes des Bundesheeres (SIB) im Bereich „Informationen zu Sprachprüfungen“. 

Dort steht beispielsweise unter Leistungsstufe 2 (funktionale Kenntnisse), mündlicher Gebrauch: „kann [...] Personen, Orte und Gegenstände beschreiben und vollständig über gegenwärtige, vergangene und zukünftige Tätigkeiten berichten“ (Bewertungsrichtlinie, S. 19). Wer also die Leistungsstufe 2 in einer Sprache erreicht hat, kann detailliert über die Erlebnisse des letzten Wochenendes sprechen. Sind die mündlichen Beschreibungen ungenau und werden z. B. die Zeitformen nicht korrekt verwendet, dann ist die Leistungsstufe 2 nicht erfüllt und der Prüfungswerber befindet sich in der Leistungsstufe 1+. 

Gemäß der Beschreibung der Leistungsstufe 1+ erfüllt die Person folgende Sprachkompetenz: „Ist eingeschränkt und mit Unterbrechungen in der Lage, Menschen, Orte und Gegenstände zu beschreiben, […]. Zeitangaben können fehlerhaft sein.“ (Bewertungsrichtlinie, S. 8). Die Prüfenden müssen also erkennen, ob beispielsweise Zeiten wie die Mitvergangenheit (Past Tense) richtig angewandt werden. 
Die eigentliche Herausforderung für die Prüfer ist jedoch eine andere. Die Prüfungswerber müssen dazu angeregt werden, eine „bewertbare Produktionsleistung/Sprachproduktion/…“ hervorzubringen (im Englischen wird von einem „rateable sample“ gesprochen, ein bewertbares Beispiel; Anm.). Die Prüfungskommission muss somit die Geprüften zum freien und selbstständigen Reden bewegen, um Ausgesprochenes bewerten zu können. Dabei gilt es oftmals, die Nervosität der Prüfungswerber zu zerstreuen oder bei Personen, die auch in ihrer Muttersprache nicht besonders kommunikativ sind, nachzuhelfen. Es steht also nicht im Vordergrund, wie lange eine Prüfung dauert oder welche persönliche Meinung transportiert wird, sondern, was die Person in Bezug auf ihre Sprachleistung produzieren kann. 

Bewertung von Prüfungsergebnissen 

Bezüglich der Aussagekraft der Prüfungsergebnisse gibt es ebenfalls Ähnlichkeiten zwischen der LPrAKond und dem SLP. Wie bereits erwähnt, dienen beide der Messung der Leistungsfähigkeit und unterstützen damit die Einsatzbereitschaft des Bundesheeres. 

Die LPrAKond misst eine grundsätzliche physische Leistungsfähigkeit, die SLP-Prüfung das sprachlich kognitive Leistungspotenzial. Für beide Überprüfungen gilt, dass sie für die Teilnahme an Einsätzen, für Bewerbungen oder für die Zulassung zu Laufbahnkursen relevant sind. Grundsätzlich erfährt man, ob die erbrachte Leistung über-, unter- oder genau durchschnittlich ist bzw. war. Der Durchschnitt entspricht dem Einsatzerfordernis für den jeweiligen Arbeitsplatz oder die jeweilige Dienstgradgruppe, das von der obersten Führung definiert wird. Unteroffiziere sollen beispielsweise in Auslands-einsätzen und -funktionen im jeweiligen Aufgabenbereich funktionale Kenntnisse aufweisen. Bei Offizieren werden professionelle Kenntnisse verlangt, um etwa die Verhandlungssicherheit gewährleisten zu können. 
 

Ziel erreicht?

Für die LPrAKond sowie für das vorgegebene SLP gilt, dass man im Falle der Nichterreichung erneut trainieren muss, um sich zu verbessern. In diesem Zusammenhang kann festgehalten werden: Es ist einfacher, ein Leistungsniveau zu erhalten als dieses zu verbessern. Wenn man ein Jahr nicht laufen geht, dann ist es wesentlich schwieriger, eine überdurchschnittliche Leistung bei der LPrAKond zu erreichen. Bei sprachlichen Leistungen ist es ähnlich, wobei dort die Fähigkeiten nicht so rasch abnehmen wie beim Sport. Dafür ist der Spracherwerb bzw. -aufbau jedoch entsprechend langwieriger. Für Sport und Sprachen gilt: Wenn man zu weit vom Ziel entfernt ist, benötigt man fachliche Hilfe. Was im Sport durch den Trainer oder Instruktor geschieht, leistet beim Spracherwerb eine fachlich und didaktisch qualifizierte Lehrkraft. Darüber hinaus ist dem Sport und der Sprache gemein, dass sie ein hohes Maß an Eigenverantwortung und (Selbst-)Disziplin verlangen. Sowohl der „Aufbau“ als auch der „Erhalt“ der körperlichen und der sprachlichen Einsatzbereitschaft benötigt Zeit. Wer sich für das Aus- und Weiterbildungsangebot interessiert, findet im Intranet auf der Seite des SIB die Prüfungs- und Sprachausbildungstermine angeführt. 

Die über die Grenzen Österreichs hinaus anerkannte Ausbildung im Bundesheer spiegelt sich letztendlich in der Auftragserfüllung im Einsatz. Die dazu notwendige Interoperabilität wird maßgeblich durch die sprachlichen Kompetenzen der österreichischen Soldatinnen und Soldaten ermöglicht. Das SIB und das System unterstützen dabei, damit dies auch künftig so sein kann.

Major dhmfD Mag.(FH) Dr. Karl Testor; Leiter des Referates 3/I Prüfungswesen und Qualitätsmanagement im Sprachinstitut des Bundesheeres.

 

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