• Veröffentlichungsdatum : 21.10.2021
  • – Letztes Update : 22.10.2021

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PsyOps im Bundesheer des 21. Jahrhunderts

Alexander Schiller

Aufbauend auf der jahrelangen Einsatzerfahrung, dem Austausch mit ausländischen PsyOps-Soldaten und einer darauf basierenden Einschätzung, wird hier die Zukunft der Waffengattung PsyOps im Bundesheer skizziert. Dazu wird der Ist-Stand erörtert, dieser bewertet und daraus Folgerungen bzw. Ableitungen getroffen.

Ist-Stand

Der bestehende Organisationsplan deckt mit 22 Arbeitsplätzen alle notwendigen Teilbereiche ab, um PsyOps im Bundesheer zu ermöglichen. Er wurde 2010 bei der Auflösung des Zentrums für Internationale Kooperation und dessen Überleitung in die Auslandseinsatzbasis eingenommen, seither aber nicht mehr evaluiert bzw. adaptiert. Verschiedene Elemente, die in einem modernen Kommunikationsumfeld erforderlich sind, wie das Internet, sind nicht vorhanden. Als existenziell wichtige Verstärkung kann auf ein KIOP-KPK-Element (Kräfte für internationale Operationen-Kaderpräsenzkräfte; Anm.) zurückgegriffen werden.

Die Abteilung PsyOps verfügt zurzeit über eine Mindestausstattung an Ausrüstung und Gerät, um ihre spezifischen Aufträge zu erfüllen. Im Bereich Produktion erfolgt in absehbarer Zeit die Umstellung auf eine neue Fotobearbeitungs- und Videoschnittsoftware. Damit verbunden ist der Zulauf neuer Schnittrechner. Notwendiges Gerät für eine moderne Videoproduktion wie Gimbals (stabilisierte Kamerahalterungen), Telepromter, Videodrohen etc. sind jedoch nicht verfügbar.

Im Bereich der Einsatzkamerateams fehlen digitale Echtzeit-Übertragungssysteme, mobile Schnittcontainer und moderne Kamerasysteme. Die Kapazität für eigene Printprodukte durch ein Schnelldrucksystem ist nicht vorhanden. Bei den taktischen PsyOps-Trupps sind zwei Lautsprecherfahrzeuge IVECO „Husar“ PsyOps verfügbar. Ein weiteres sollte in den kommenden Monaten geliefert werden. Bei den mobilen Lautsprechersystemen Manpack LSA 2011 besteht der Bedarf weiterer Lautsprechersysteme, die auch mobil an ungehärteten Fahrzeugen oder Luftfahrzeugen angebracht werden könnten. Die Ausrüstung für Feldkino-Einsätze ist ebenfalls nicht vorhanden.

Bewertung

Der vorhandene Organisationsplan wurde 2010 unter Berücksichtigung von dienstrechtlichen Notwendigkeiten, bedingt durch die Auflösung des Zentrums für Internationale Kooperation, erstellt. Mit dieser ist es in der Praxis herausfordernd, die immer komplexeren PsyOps-Aufgaben zu erfüllen, weshalb Flexibilität und Improvisationstalent gefragt sind. Ein Beispiel ist die nationale Gliederung der taktischen PsyOps-Trupps, die aktuell nur aus je zwei Unteroffizieren bestehen. International ist jedoch eine Gliederung von drei bis sechs Soldaten üblich.

PsyOps ist ein ausbildungsintensiver Fachbereich, wobei der Erwerb der notwendigen Qualifikation mehrere Jahre dauert. Um das Personal langfristig im Fachbereich halten zu können, ist eine entsprechende Wertigkeit der Arbeitsplätze erforderlich, wobei es ein Verbesserungspotenzial gibt. Das KIOP-KPK-Element ist eine entscheidende und wichtige Ergänzung, die wesentlich zum Fähigkeitserhalt beiträgt. Die Abteilung PsyOps konnte bisher alle Aufträge national und international erfüllen. Mit einer Adaptierung wäre jedoch ein wesentlich effizienterer Einsatz möglich.

Der Bereich Produktion ist mit einer Mindestausrüstung ausgestattet. Mit dem Zulauf der neuen Schnittrechner inklusive Software ist dieser Teilbereich modernisiert und auf dem aktuellen Stand der Technik. Eine Zusatzausrüstung, die für zeitgemäße Videoprodukte notwendig ist, fehlt jedoch. Die Einsatzkamerateams können durch das Fehlen von Echtzeitübertragungen, einer robusten Videoausrüstung und von einem mobilen Schnittcontainer noch nicht im vollem Umfang eingesetzt werden. Die eigenständige Produktion von Printprodukten wie Flugblättern oder Infoplakaten ist zurzeit nicht möglich. Hier muss auf die Kapazität der Repro-Zentren zurückgegriffen werden.

Das Lautsprecherfahrzeug IVECO „Husar“ ist – auch im internationalen Vergleich – ein effektives und zweckmäßiges System. Der Zulauf des zweiten Fahrzeuges hat die Einsatzfähigkeit der Abteilung wesentlich erhöht. Bei Einsätzen niedriger Intensität im In- und Ausland wären jedoch weitere Lautsprechersysteme, die modular auch auf ungehärtete Fahrzeuge montiert werden könnten, wünschenswert. Durch das Evaluieren und Anpassen des Materialorganisationsplanes an die aktuellen Anforderungen könnte die Einsatzfähigkeit noch gesteigert werden.

 

Folgerung

Die Waffengattung PsyOps könnte mit relativ geringem finanziellen und personellen Aufwand auf einem international modernen Stand gebracht werden. Durch eine quantitative und qualitative Aufwertung von Personal und Gerät wäre es rasch und in einem realistischen Zeitrahmen möglich, ein noch effizienteres Einsatzelement zu schaffen, das bei allen künftigen Aufgaben eingesetzt werden kann. Gerade bei internationalen Einsätzen würde sich die Chance ergeben, sich vermehrt als High-Value Asset zu positionieren. Ein modernes und effizienteres PsyOps-Element könnte wie in der Abbildung gegliedert sein.

Die meisten Staaten verstärken zurzeit ihre Fähigkeiten im Bereich Information, Beeinflussung und Kooperation durch den Aufbau von Einheiten, welche die Fähigkeiten von PsyOps und CIMIC unter einem eigenen Kommando vereinen. Auch das Bundesheer könnte diesem Trend folgen und durch ein Kompetenzzentrum für Kommunikation und Kooperation ein entsprechendes Unterstützungselement schaffen. In Zeiten überschaubarer budgetärer Möglichkeiten ist das ein visionärer und optimistischer Ansatz. In einem solchen Zentrum würden sich bei der Ausbildung und Grundlagenarbeit oder der Zielgruppenanalyse Synergien zwischen den Fachbereichen ergeben.

Fazit

Die Besonderheit von PsyOps-Kräften ist neben ihrer speziellen Aufgabe und Qualifikation ihre spezifische Ausrüstung, die in keiner anderen Waffengattung so verfügbar ist. Diese befähigt sie zur gezielten Information und Beeinflussung einer Zielgruppe. Mit den angeführten Gegenständen (ohne Anspruch auf Vollzähligkeit) könnte die Effizienz und Einsatzmöglichkeit für alle Einsätze im In- und Ausland wesentlich gesteigert werden. So könnte der Ausrüstungssatz Feldkino auch zur Information bei Elementarereignissen oder bei großen Menschenmassen (z. B. an Grenzübertrittstellen) verwendet werden.

International ist die Notwendigkeit und Wirksamkeit von Spezialelementen wie PsyOps oder CIMIC anerkannt, weshalb die meisten Staaten ihre Kapazitäten in diesen Bereichen verstärken. Auch für das Bundesheer wäre das eine Möglichkeit, um sich mit geringem Aufwand zu positionieren und sich in internationalen Einsätzen mit einem solchen Element vermehrt einzubringen. Im Vergleich zu anderen Waffengattungen wäre eine effektive Ausstattung mit Personal und Material vergleichsweise rasch und kostengünstig realisierbar. Die Waffengattung PsyOps kann bei jedem Einsatzszenario des Bundesheeres aktiv oder unterstützend eingesetzt werden.

Gerade der Assistenzeinsatz Migration 2015 hat bewiesen, wie notwendig professionelle Elemente der Kommunikation bei Einsätzen im Inland sind. Der Bedarf an einer permanenten und gezielten Analyse des Informationsraumes als Gegenmaßnahme der gegnerischen Beeinflussung gewinnt immer mehr an Bedeutung. Hier könnten PsyOps-Kräfte im Zusammenwirken mit Elementen der Cyber Defence zweckdienlich sein. Ein entsprechend personell und materiell ausgestattetes PsyOps-Element würde als Einsatzelement (Beeinflussung) oder Unterstützungskraft (Information) die Einsatzfähigkeit des Bundesheeres in allen zukünftigen Einsatzszenarien wesentlich erhöhen.

Oberstleutnant Mag.(FH) Alexander Schiller; Leiter der PsyOps-Abteilung der Auslandseinsatzbasis.

 

 

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