• Veröffentlichungsdatum : 03.07.2018
  • – Letztes Update : 04.07.2018

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Der Krieg der Kriege

Cornelia Bauer

Am 23. Mai 2018 ist es 400 Jahre her, dass etwa hundert zornige und erboste Protestanten zur Burg in Prag zogen und die beiden kaiserlichen Statthalter Jaroslav Borsita Graf von Martinitz und Wilhelm Slavata sowie deren Schreiber Philipp Fabricius aus dem Fenster warfen. Dieses Ereignis ist als Zweiter Prager Fenstersturz berühmt geworden und markiert als unmittelbarer Auslöser zugleich den Beginn des Dreißigjährigen Krieges, der als „Krieg der Kriege“ in die Geschichte eingegangen ist.

Der Dreißigjährige Krieg mit seinen Ursachen, den vorausgegangenen und auslösenden Geschehnissen, seinem Verlauf mit allen einzelnen Feldzügen und Schlachten zwischen den unterschiedlichen Kriegsteilnehmern könnte ganze Bände füllen (und hat dies auch schon in großer Anzahl getan). Dieser Beitrag konzentriert auf die wichtigsten Ereignisse. Ein besonderes Augenmerk liegt auf den Schweden als Kriegsteilnehmer. Diese veränderten durch ihren Eintritt in den Krieg im Jahr 1630 und ihre großen militärischen Erfolge, die sie bald darauf zu verzeichnen hatten, die Kriegslandschaft Europas nachhaltig. Galt Schweden bis dahin als eher unbedeutendes Land im Norden Europas - vor allem im Vergleich zu seinem skandinavischen Nachbarn Dänemark, das seit dem Mittelalter eine wichtige Großmacht war -, rückte es nun als „Aufsteiger“ im Krieg in das Interesse Zentraleuropas und beeinflusste das vorhandene Machtgefüge tiefgreifend. Zudem spielten die Schweden nicht nur im Verlauf, sondern auch gegen Ende des Krieges mit ihrem Feldzug nach Niederösterreich in den Jahren 1645/46 und der Bedrohung Wiens, eine entscheidende Rolle - nicht zuletzt für Österreich selbst.

Der Dreißigjährige Krieg - ein Überblick

Gemeinhin ist vom Dreißigjährigen Krieg die Rede, der seinen Anfang im Prager Fenstersturz 1618 und sein Ende mit dem Westfälischen Frieden 1648 findet. Dabei handelt es sich beim Dreißigjährigen Krieg nicht um einen einzigen großen, dreißig Jahre währenden Krieg. Vielmehr kann man ihn als eine Aneinanderkettung verschiedener Einzelkriege mit unterschiedlichen Akteuren verstehen, deren Ursachen sich bereits in den Jahren bzw. Jahrzehnten zuvor abgezeichnet hatten. Diese fanden in der politisch-konfessionellen Krise zu Beginn des 17. Jahrhunderts einen Auslöser und eskalierten schließlich in der Periode von 1618 bis 1648. Die einzelnen Ereignisse und Entwicklungen ergeben dabei keine logische Einheit, als gemeinsamer Nenner tritt jedoch das Haus Habsburg als Zentralgewalt auf, die von verschiedenen Seiten bekämpft wurde.

Das Imperium der Habsburger umfasste zu jener Zeit weite Teile Europas. Sie herrschten nicht nur über die eigenen Gebiete, sondern stellten den Kaiser im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation (kurz: Römisch-deutsches Reich), das seit dem frühen 15. Jahrhundert unter ihrer Herrschaft stand. Ihr Machtbereich erstreckte sich von den heutigen Benelux-Staaten im Nordwesten, über sämtliche deutschsprachigen Gebiete, Tschechien, Teile Polens und Ungarns in Zentral- und Osteuropa, bis hin zu Kroatien, weiten Teilen Italiens sowie der gesamten Iberischen Halbinsel im Süden des Kontinents.

Verständlicherweise war die große Macht der Habsburger anderen Ländern ein Dorn im Auge. Auch innerhalb des Römisch-deutschen Reiches, das so viele verschiedene Völker und Gebiete unter einem Dach vereinte, gab es naturgemäß viel Konfliktpotenzial in politischen und religiösen Fragen.

Vier Teilkriege

Der Dreißigjährige Krieg wird in vier Teilkriege bzw. Phasen unterteilt, die zugleich den jeweiligen Kriegsgegner der Habsburger bezeichnen. Ausgelöst durch den Prager Fenstersturz wurde zunächst der Böhmisch-Pfälzische Krieg, der von 1618 bis 1623 dauerte und sich auch auf österreichischem Boden abspielte. Ihm folgte der Dänisch-Niedersächsische Krieg von 1625 bis 1629, in dem Dänemark seine Stellung als führende Macht im Norden Europas verlor und aus dem Krieg ausschied. Der Schwedische Krieg von 1630 bis 1635 markiert den Eintritt Schwedens in das Kriegsgeschehen in Kontinentaleuropa und seinen Aufstieg als neue Großmacht. Im Schwedisch-Französischen Krieg von 1635 bis 1648, der letzte und mit Abstand längste Kriegsabschnitt, stellte sich auch Frankreich offen gegen das Haus Habsburg und fand in Schweden einen Verbündeten. In dieser Phase schafften es die Schweden bis nach Wien zu gelangen und wurden dadurch eine ernste Bedrohung für das Habsburger-Reich.

Doch selbst diese Einteilung ist nur eine grobe Vereinfachung der einzelnen Kriege, politischen Vorgänge und Machtverschiebungen in Europa. Alleine für den Zeitraum von 1618 bis 1648 zählen Historiker 13 Kriege mit zehn Friedensschlüssen. Neben dieser großen Zahl an einzelnen Kriegen stellt die zeitliche Begrenzung auf eben jene 30 Jahre eine Reduktion der politischen und militärischen Ereignisse dar. So gab es schon vor 1618 zahlreiche Konflikte, wie etwa den Jülich-Klevischen Erbfolgestreit (1609 bis 1614), und mit dem Westfälischen Frieden 1648 waren nicht alle Kämpfe in Europa beendet. Würde man den Spanisch-Französischen Krieg von 1635 bis 1659 mit in Betracht ziehen, so müsste man das Ende des großen Krieges sogar in das Jahr 1659 verlegen.

Man könnte daher annehmen, dass die Zusammenfassung unter dem Begriff eines einzigen Dreißigjährigen Krieges erst nachträglich von Historikern oder Publizisten geschaffen wurde. Der Terminus war aber nach Ablauf der dreißig Jahre sofort präsent und setzte sich ab 1648 in ganz Europa durch. Das hängt damit zusammen, dass die Kriegsjahre seit dem Jahre 1618 in lateinischen sowie in deutschen Publikationen laufend mitgezählt wurden, sodass es mit fortschreitender Kriegsdauer einen 5-, 6-, 10-, 14-, 20-, 29- und schließlich einen Dreißigjährigen Krieg gab.

Religionskrieg

Doch inwiefern kann der Dreißigjährige Krieg in diesem Durcheinander an verschiedenen Kriegen, an religiösen und dynastischen Interessen der einzelnen Reiche als Religionskrieg verstanden werden? Schließlich wurde er bis ins 19. Jahrhundert hinein als eben solcher interpretiert. Demnach standen sich die Katholiken bzw. die Katholische Liga auf der einen und die Protestanten bzw. die Protestantische Union auf der anderen Seite gegenüber. Im 20. Jahrhundert hatte man dagegen die Vorstellung eines Religionskrieges aufgegeben, da erkannt wurde, dass die religiösen Trennlinien mit den politischen, verfassungsmäßigen und wirtschaftlichen übereinstimmten.

Was augenscheinlich aus religiösen Motiven heraus begonnen hatte, wurde zunehmend zu einem dynastischen Interessenskonflikt. Die hegemonialen Ansprüche waren mit der Zeit sogar wichtiger als die Frage der religiösen Ausrichtung geworden, so dass sich ab 1635 mit Frankreich, mit dem Herrscherhaus der Bourbonen, und Österreich, dem Haus Habsburg, zwei katholische Königshäuser gegenüberstanden, die jeweils auch protestantische Verbündete hatten. 

Ursachen und Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges

Nicht außer Acht zu lassen sind die klimatologischen Umstände jener Epoche. So herrschte ab dem Anfang des 15. Jahrhunderts bis ins 19. Jahrhundert hinein die sogenannte Kleine Eiszeit, wobei es innerhalb derer zu enormen Temperaturschwankungen kam. Die Zeiträume zwischen ca. 1570 und 1630 und von 1675 bis 1715 gelten dabei als besonders kalt, was in wissenschaftlichen Aufzeichnungen oder zeitgenössischen Berichten nachzulesen ist. Diese erzählen von Missernten, Orkanen und extrem harten, langen Wintern. Zudem hatte sich die Bevölkerung in den deutschen Ländern zwischen 1500 und 1618 nahezu verdoppelt, sodass die schlechten Erträge für eine so große Anzahl an Menschen bei Weitem nicht mehr ausreichten und die Bevölkerung folglich unter schweren Hungersnöten litt. Diese von allgemeiner Verzweiflung, Misstrauen und Weltuntergangsstimmung geprägte Situation schuf auf sozialer Ebene den Nährboden für einen gesellschaftlichen Umbruch und wird als eine wesentliche Ursache für den Dreißigjährigen Krieg angesehen.

Die religiösen Konflikte schwelten schon länger, weshalb das Heilige Römische Reich Deutscher Nation nach der ersten Phase der Reformation konfessionell gespalten war. Diese Uneinigkeit versuchte man zunächst im Jahre 1555 mit dem Augsburger Religionsfrieden auszugleichen. Dieser führte zu der reichsrechtlichen Anerkennung des von den protestantischen Ständen errichteten Kirchenwesens durch den katholischen Kaiser. Gleichzeitig erwarteten sich die katholischen Reichsstände eine Absicherung ihres Besitzes gegenüber den reformatorischen Bewegungen.

So weit, so gut, hätte der Religionsfrieden nicht versucht die Konflikte im Reich mit dem sogenannten ius reformandi - dem Reformationsrecht - zu ordnen. Dieses Gesetz berechtigte den jeweiligen Fürsten seine Konfession zu wechseln und diese in seinem Herrschaftsgebiet zu bestimmen. Die Wahl der Konfession oblag also nicht dem einzelnen Individuum, sondern wurde ihm von der jeweiligen Obrigkeit aufgezwungen. Wer sich dem nicht fügen wollte, bekam das ius emigrandi, das Recht mit seinem Hab und Gut unbehindert auswandern zu können, zugesprochen.

Man schloss jedoch die Gruppe der geistlichen Fürsten vom ius reformandi aus. Das bedeutete, dass diese im Falle eines Konfessionswechsels ihre weltliche Herrschaft verlieren würden, ihre Kirchengüter aufgeben und sich aus ihren Territorien zurückziehen mussten. Dem jeweiligen Domkapitel oblag es dann einen Nachfolger zu bestimmen, der stets katholisch war. Diese Weisung, der sogenannte Geistliche Vorbehalt, wurde von vielen protestantischen Reichsständen als diskriminierend empfunden. Umgekehrt fürchteten die katholischen Stände eine Schwächung ihrer Macht und Identität, sollte man gegenüber reformatorischen Bewegungen toleranter sein. Nur weil beide Seiten einen großen Religionskrieg vermeiden wollten, hielt man sich zunächst an den ausgemachten Gewaltverzicht in religiösen Fragen.

Gründung von militärischen Schutzbündnissen

Nach einem Zwischenfall in Donauwörth im Jahre 1607, bei dem eine katholische Prozession durch protestantische Bürger gewaltsam gestört wurde, unterwarf Herzog Maximilian I. von Bayern die Reichsstadt in einem kurzen Feldzug. Er schloss sie seinem Territorium an und forcierte die vollständige Rekatholisierung des mehrheitlich protestantischen Donauwörth. Daraufhin versammelten sich die protestantischen Reichsstände in Regensburg und beantragten die endgültige Bestätigung des Augsburger Religionsfriedens durch den Kaiser. Erzherzog Ferdinand von Innerösterreich als Vertreter von Kaiser Rudolf II. war jedoch ein prominenter Anhänger der Gegenreformation. Er stimmte der Bestätigung des Religionsfriedens nur unter der Bedingung zu, dass diese den Geistlichen Vorbehalt miteinschließe und daher mit der Rückgabe aller entfremdeten Kirchengüter einhergehe. Dies führte am 14. Mai 1608 zur Gründung der Protestantischen Union in Auhausen, Bayern, einem militärischen Schutzbündnis mit eigener Finanzierung und eigenem Heer, der bald 29 Reichsstände angehörten. Die Antwort auf dieses Bündnis war der Zusammenschluss der katholischen Reichsstände zur Katholischen Liga unter der Federführung von Maximilian I. im Juli 1609.

Politische Ursachen für den „Großen Krieg“ gab es zu Beginn des 17. Jahrhundert zuhauf. Eine war der berühmte „Bruderzwist im Hause Habsburg“ zwischen Kaiser Rudolf II. und Erzherzog Matthias, der vor allem die Macht der evangelischen Reichsstände stärkte. Er stellt somit einen wesentlichen Bestandteil zur Vorgeschichte des Krieges dar. Der Tod Rudolfs II. setzte dem Bruderzwist ein Ende und Matthias folgte auf den Kaiserthron. Erzherzog Ferdinand von Innerösterreich hingegen, der im Jahre 1617 als Nachfolger des kranken Matthias zum König von Böhmen gewählt worden war, versuchte abermals die Gegenreformation voranzutreiben und verletzte mehrmals den Majestätsbrief, worin noch Kaiser Rudolf II. im Jahr 1609 den Protestanten weitreichende Rechte eingeräumt hatte. Nachdem 1618 zwei evangelische Kirchen niedergerissen wurden, entschlossen sich die protestantischen Stände den Bruch mit der Regierung herbeizuführen. Es folgte der eingangs beschriebene Zweite Prager Fenstersturz am 23. Mai 1618, der die Errichtung eines eigenen protestantischen Landtages, die Aufstellung einer provisorischen Regierung und eines eigenen Heeres sowie die Eintreibung von Steuern zur Folge hatte. Der Hof in Wien zeigte diesen Entwicklungen gegenüber zwei unterschiedliche Einstellungen: Während Kaiser Matthias noch die Versöhnung suchte, blieb König Ferdinand in seiner Haltung gegenüber den Protestanten hart.

Die erste Phase des Dreißigjährigen Krieges

Nach dem Tod von Kaiser Matthias am 20. März 1619 wurde Ferdinand zunächst Landesfürst von Österreich und in weiterer Folge als Ferdinand II. Kaiser des Römisch-deutschen Reiches. Doch nur vier evangelische Adelige leisteten zunächst dem neuen Kaiser die Huldigung. Alle anderen blieben Ferdinand gegenüber ablehnend und schlossen stattdessen ein Bündnis mit den böhmischen Ständen. Das geschah zu dem Zeitpunkt, als diese Kaiser Ferdinand II. als König von Böhmen absetzten und das Oberhaupt der Protestantischen Union, Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz („Winterkönig“), zum neuen böhmischen König wählten.

Dies sorgte für Empörung bei den Habsburgern, wodurch Kaiser Ferdinand II. gemeinsam mit dem evangelischen Herzog von Sachsen, in welchem er einen Verbündeten fand, den Feldzug gegen Böhmen eröffnete. Im Hintergrund fanden Verhandlungen mit den österreichischen Ständen statt, wodurch man es schaffte, die Protestanten in zwei Lager zu spalten, sodass auf einem neuerlichen Huldigungslandtag ein größerer Teil der Stände dem Kaiser den Treueeid schwuren. Man ließ den Evangelischen dabei allerdings keine Wahl: Wer sich Kaiser Ferdinand II. nicht beugte, sollte als untreuer Untertan mit Gewalt zum Gehorsam gezwungen werden. Schließlich versprach Ferdinand den protestantischen Ständen ihre religiöse Freiheit, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass diese alle ihre Bündnisse und Verpflichtungen aufgaben. Die radikalen Protestanten, die sich in Retz versammelt hatten, lehnten dies jedoch ab. Sie beharrten auf die Anerkennung ihres Bündnisses mit den Böhmen sowie der Zusicherung eines Waffenstillstandes.

Verwüstungen und Schlachten in Niederösterreich

Durch diese Verbindung der böhmischen Stände zu jenen in Österreich wurde der böhmische Aufstand ins Land unter der Enns (Niederösterreich) getragen. Dort sorgte er in der ersten Phase des Krieges zwischen 1618 und 1620 für arge Verwüstungen in weiten Teilen des Landes. Mehrmals konnten Truppen der böhmischen Rebellen in Niederösterreich eindringen. Im Jahr 1619 gelang es ihnen sogar die Donau zu überschreiten und Wien von Osten her zu bedrohen. Ab 1620 verlagerten sich die Kämpfe wieder mehr nach Böhmen selbst. Am 8. November 1620 kam es zur Schlacht am Weißen Berg (Bílá Hora) bei Prag, in der die kaiserlichen Truppen gemeinsam mit jenen der Katholischen Liga einen entscheidenden Sieg davontragen konnten. In weiterer Folge wurden 61 Anführer bzw. Unterstützer der gegnerischen Seite gefangen genommen, darunter 27 Standesherren, die man exekutierte. Über andere radikale Protestanten verhängte man die Reichsacht. Darunter versteht man eine Fried- und Rechtloserklärung auf dem gesamten Gebiet des Römisch-deutschen Reiches, die mit der Konfiszierung des gesamten Besitzes der Person einherging. Dies führte zu einer deutlichen Unterlegenheit der evangelischen Stände in Niederösterreich und zu einem weiteren Ausbau der Macht Kaiser Ferdinands II. Dieser nützte diese günstige innenpolitische Lage für eine neuerliche Welle der Gegenreformation. Dennoch gelang es ihm nicht, Niederösterreich vollständig zu rekatholisieren.

Mit dem Ende des Böhmisch-Pfälzischen Krieges 1623 wurde die Belastung für die Bevölkerung in Niederösterreich nicht - wie man annehmen würde - kleiner, sondern noch größer. Abgedankte, herumstreifende oder desertierte Soldaten schlossen sich oftmals zu Banden zusammen, verlangten Laufgeld (das den Söldnern bei der Anwerbung von neuen Rekruten gezahlte Handgeld; Anm.) und sorgten für Angst und Schrecken bei der Bevölkerung. Die Situation hatte sich dermaßen zugespitzt, dass man im Jahre 1627 an die Bauern appellierte ihre Felder nur noch gemeinsam zu bestellen, damit sie sich bei plötzlichen Überfällen beistehen konnten. Zudem kam es in vielen Dörfern zu Raub und Plünderungen wegen durchmarschierender Truppen und neu geworbener Rekruten.

Die Schweden im Dreißigjährigen Krieg

Währenddessen verlagerte sich das Kriegsgeschehen im Dänisch-Niedersächsischen Krieg in den niederländischen Einflussraum. Gemeinsam mit dem Dänenkönig Christian IV. und den niedersächsischen Reichskreisen errichteten die Niederlande, England und Frankreich 1625 eine Front gegen die Kaiserlichen, die bis 1629 wirksam war. Christian IV. unterlag jedoch in mehreren Schlachten, wodurch Dänemark mit dem Frieden von Lübeck aus dem Krieg ausschied.

Die kaiserlich-katholischen Truppen unter General Wallenstein konnten unterdessen ihre Macht bis in den Ostseeraum ausweiten, wodurch sie erstmals die schwedische Einflusssphäre bedrohten. Das führte zu einer Verschiebung der Machtverhältnisse in Norddeutschland und dem Ostseeraum, in dem Schweden bereits Gebiete besaß. Damit einher gingen die Entwicklungen rund um den deutschen Protestantismus. Sie gaben dem streng lutherisch gesinnten Schwedenkönig Gustav II. Adolf schließlich am 6. Juli 1630 den Anlass zum Eintritt in den Krieg.

Zunächst ging niemand davon aus, dass Schweden die Kriegslandschaft Europas nachhaltig verändern würde, sondern dass die Kriegsteilnahme Schwedens nur von regionaler Bedeutung im norddeutschen Raum wäre. Mit dem Vertrag von Coswig (Elbe abwärts von Dresden) verbündeten sich die zwei Hauptgegner des katholischen Lagers - Schweden und Sachsen. Diese standen mit ihrem vereinten Heer den kaiserlichen Truppen unter der Führung von Graf von Tilly am 18. September 1631 in der Schlacht bei Breitenfeld (unweit Leipzigs) gegenüber und bereiteten den Kaiserlichen eine vernichtende Niederlage. Nun stand den Schweden Süddeutschland offen. Es folgte ein Triumphzug ohnegleichen. In weiterer Folge kam es zur Einnahme der Städte Mainz, Nürnberg, Weißenburg und Donauwörth. Nachdem auch noch der letzte Widerstand am Lech gebrochen wurde, erfolgte der Einmarsch der Schweden in Bayern, sodass im Mai 1632 Gustav II. Adolf mehr oder weniger auf dem Thron des Kurfürsten Maximilian I. saß.

Die sächsische Armee war unterdessen nach Böhmen gezogen und konnte im November 1631 Prag besetzen. Im unbesetzten Teil Böhmens stellten die Kaiserlichen unter der Führung von Wallenstein im Winter 1631/32 eine neue Armee auf, wodurch das nördliche Niederösterreich durch massenhafte Einquartierungen von Truppen schwer belastetet wurde. Auch wenn sich das Heer der Schweden durch Hunger, Krankheit und Desertion stark minimiert hatte, griff es noch am 16. November 1632 in der Schlacht bei Lützen die Kaiserlichen an, wobei Gustav II. Adolf auf dem Schlachtfeld fiel. Trotz des Todes des Schwedenkönigs konnte dabei keine der Parteien den Sieg für sich beanspruchen.

In weiterer Folge verschlechterte sich die schwedische Stellung im Reich zunehmend, unter anderem waren die mit Schweden verbündeten Reichsstände kriegsmüde und zahlungsunwillig. Die Schlacht bei Nördlingen am 6. September 1634, in der die Schweden unterlagen, hatte den Zusammenbruch der schwedischen Macht in Süddeutschland zur Folge. Die Reste ihrer Armee konnten nach Nordosten bis an die Ostsee zurückgedrängt werden. Sachsen und der Kaiser unterzeichneten 1635 den Prager Frieden, dem sich fast alle Reichsstände anschlossen. Doch noch immer war im Reich kein Frieden in Sicht, denn nun schritt Frankreich zum offenen Krieg gegen die Habsburger. Dies führte wiederum zu einer Verbesserung der Situation für die Schweden, als 1638 ein folgenschweres Bündnis mit Frankreich eingegangen wurde. Im Jahre 1640 kam es erstmalig zu einer militärischen Verbrüderung Frankreichs und Schwedens, was die Kaiserlichen zunehmend schwächte. Immer öfter konnten Streifscharen der schwedischen Truppen bis nach Mähren vorstoßen, wobei es einzelne Reitertrupps sogar bis nach Oberösterreich und vor die Tore Wiens schafften.

In der Zweiten Schlacht bei Breitenfeld am 2. November 1642 konnten die Schweden das kaiserliche Heer abermals schlagen, wodurch sie unter der Führung von Feldmarschall Lennart Torstensson zwischen 1643 und 1645 den „Krieg der Kriege“ bestreiten konnten. Dieser führte sie nach Niederösterreich. Ausschlaggebend dafür war der überragende Erfolg in einer der längsten Schlachten des Krieges, der Schlacht bei Jankau (circa 50 Kilometer nördlich von Budweis) am 6. März 1645, in der die dritte kaiserliche Hauptarmee zerschlagen werden konnte. Mehr als die Hälfte der Soldaten wurde getötet oder gefangen genommen, der Rest des Heeres flüchtete nach Süden. So hatten die Schweden im offenen Feld mit keinerlei Widerstand mehr zu rechnen, und der Weg nach Niederösterreich stand offen.

Der Schwedenfeldzug 1645/46

Über Znaim und Retz kommend, bewegte sich die schwedische Hauptarmee über Unter-Ravelsbach und Hadersdorf am Kamp Richtung Krems, wo sie auf den ersten nennenswerten Widerstand der Kaiserlichen stieß. Nachdem die Schweden die Stadt Stein in einem furchtbaren Gemetzel eroberten, befürchtete man in Krems, das bereits unter starkem Beschuss stand, das gleiche Schicksal. Der Bevölkerung gelang es jedoch den befehlshabenden Oberst der Kaiserlichen davon zu überzeugen, die Stadt an den Feind zu übergeben.

Einige schwedische Trupps bewegten sich unterdessen Richtung Westen dem Donauufer entlang und schafften es dabei bis nach Persenbeug gegenüber Ybbs an der Donau, wobei sie unter anderem die Burg Dürnstein eroberten. Bis zum 30. März 1645 konnten die Schweden unter Gewaltanwendung, oder auch nur durch bloße Drohung, fast alle Städte und größeren Orte, sowie Burgen und Stifte im Großraum von Krems, einnehmen. Das Ziel der Schweden, einen Brückenkopf über die Donau zu schlagen, konnte allerdings nicht umgesetzt werden. Die schwedische Hauptarmee marschierte hingegen am linken Donauufer Richtung Osten bis nach Stetten bei Korneuburg, das sie ebenfalls schnell einnehmen konnten. Die Truppen unter Torstensson wandten sich nun gegen Wien. Erstmals seit den Jahren 1619/20 war die habsburgische Residenzstadt, aus der die kaiserliche Familie bereits nach Graz geflüchtet war, wieder bedroht. Schon bald konnte die Wolfsschanze, eine Sternschanze, die einen wichtigen Brückenkopf bildete und die Straße von Wien Richtung Norden sicherte, eingenommen werden (diese verlief entlang der heutigen Augartenstraße über mehrere Brücken und Inseln und gehörte damals nicht zu Wien).

Torstensson wartete auf Verstärkung von Georg I. Rákóczy, den Fürsten von Siebenbürgen, die allerdings nicht eintraf. Alleine wagte er den Angriff auf Wien jedoch nicht, sodass er sich durch das Weinviertel bis nach Brünn in Tschechien in Bewegung setzte. Ortschaften wie Mistelbach, Poysdorf und Hohenau an der March hatten unter dem Schwedeneinfall zu leiden, da sie verwüstet wurden. Torstensson rechnete mit einer raschen Einnahme Brünns, was sich allerdings als Fehleinschätzung erwies. Die Belagerung der mährischen Stadt und die damit verbundene Abwesenheit des schwedischen Heeres verschaffte den Kaiserlichen die Gelegenheit, ihr eigenes Heer zu verstärken und neu zu formieren. Als erste Maßnahme ging man gegen die Besatzungen, die die Schweden in den Ortschaften an der Donau zurückgelassen hatten, vor. Neben diesen Besatzungstrupps hatten Desertion, Hunger und Pest das schwedische Heer dezimiert.

Das gab den Kaiserlichen die Möglichkeit, zunächst die Wolfsschanze und in weiterer Folge alle eingenommenen Städte zurückzuerobern. Bis Ende August 1646 gelang es schließlich alle schwedischen Streitkräfte aus Niederösterreich zu vertreiben und eine weitere Bedrohung des Landes sowie Wiens endgültig abzuwenden. Ein großer Schritt zu einem allgemeinen Frieden im Reich war somit getan. Es sollte aber noch gut zwei Jahre dauern, bis dies endgültig bewerkstelligt werden konnte.

Westfälischer Friede 1648

Mit den Abschlüssen der Friedensverträge von Münster und Osnabrück zwischen dem 15. Mai und dem 24. Oktober 1648, die in ihrer Gesamtheit als Westfälischer Frieden in die Geschichte eingingen, fanden die Kampfhandlungen schließlich ein Ende. Man kann den Westfälischen Frieden als ersten internationalen Friedenskongress betrachten, bei dem nahezu alle großen europäischen Mächte vertreten waren. Der Friedensvertrag von Münster regelte den Waffenstillstand zwischen dem Habsburger Kaiser und Frankreich, während der Friedensvertrag von Osnabrück den Frieden zwischen dem Kaiser und dem römisch-deutschen Reich einerseits und den Schweden andererseits absicherte.

Mit dem Westfälischen Frieden konnte der Dreißigjährige Krieg zwar beendet werden, die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Krieges waren jedoch noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, spürbar. Eine Bestandsaufnahme im Land unter der Enns aus dem Jahre 1648 verdeutlicht das Ausmaß an Verwüstungen. Mit Abstand am schlimmsten war das Weinviertel betroffen, wo 58 Prozent der Häuser zerstört waren. Schließlich war es auch die Gegend, die besonders unter dem Schwedeneinfall gelitten hatte. Im Waldviertel waren es über ein Drittel der Häuser, die in Schutt und Asche gelegt worden waren. Ihm folgte das Viertel ober dem Wienerwald (Mostviertel), das 16 Prozent verödete Häuser zu verbuchen hatte. Hier gingen die Zerstörungen aber einzig und alleine auf das Konto der Kaiserlichen. Das Viertel unter dem Wienerwald (Industrieviertel) hatte nur geringfügige Schäden, die nicht einmal ein Prozent ausmachten. In den beiden letztgenannten Gebieten gab es sogar in der letzten Phase des Krieges eine ausgesprochene Bautätigkeit, in der viele frühbarocke Denkmäler sowie die Stifte St. Pölten, Lilienfeld und Heiligenkreuz entstanden.

Auf einen Blick

Der Dreißigjährige Krieg war eine Epoche, die für eine Generation unterschiedliche Kriege und militärische Auseinandersetzungen bedeutete. Auf den kleinsten Nenner gebracht, war er ein Ringen zwischen den Gegnern des Hauses Habsburg um die Vormachtstellung in Europa, bei der auch religiöse Motive eine entscheidende Rolle spielten.

Mag. Cornelia Bauer ist Skandinavistin und freie Journalistin.

 

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