• Veröffentlichungsdatum : 12.06.2019
  • – Letztes Update : 04.10.2019

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Bunker gegen Hitler - Teil 4

Gerold Keusch

Die schweren Bunker des Walles

Die Einsatzführung in den Grenzzonen der Tschechoslowakei war auf das Zusammenwirken mehrerer leichter und schwerer Anlagen im Verbund ausgerichtet. Die schweren Festungswerke der tschechoslowakischen Landesbefestigung waren als Kernelemente eines Abschnittes geplant und standen grundsätzlich an der vordersten Reihe einer Verteidigungslinie. 

Die schweren Bunker waren als selbstständige Werke mit beidseitigen Verteidigungs- und Wirkungsbereichen konzipiert, weshalb sie auch als Einzelwerke bezeichnet werden. Von den schweren Werken wurden insgesamt 256 errichtet, wobei die wenigsten komplett eingerichtet und ausgerüstet werden konnten. In Südmähren konnten von den geplanten 45 nur sechs Anlagen fertiggestellt werden, von denen nur fünf auch teilweise ausgerüstet werden konnten. Anmerkung: Die 8,5-cm-Panzerabwehrkanonen die auf den Fotos dieses Artikels zu sehen sind wurden erst in den 1960er-Jahren eingebaut, da die schweren Werke in der Zeit des Kalten Krieges erneut ein Teil der militärischen Grenzbefestigung wurden.

Bauliche Ausführung 

Die schweren Bunker hatten eine Ausdehnung von etwa 30 x 15 m. Sie wurden nach dem gleichen Bauschema errichtet, an das Gelände angepasst und wirkten in die Flanke und den Rücken eines Angreifers. Die schweren Werke verfügten über sämtliche Einrichtungen für die Unterbringung der Mannschaft und das Führen des Gefechtes. Die Besatzung bestand - je nach Werk - aus einem Offizier und 30 bis 35 Soldaten. Im Obergeschoß ist der Zugangsbereich, der Gefechtsstand, ein Sanitätsraum, ein Lagerraum und das Herzstück der Anlage - die beiden Kampfräume. Im Untergeschoß sind die Schlaf- und Sanitärräume, die Küche, ein Maschinenraum und das Betriebsmittellager. Der höchste Teil des Bunkers sind die Beobachtungskuppeln, die zwei Ebenen über dem Erdgeschoß liegen, eine Rundumbeobachtung ermöglichen und in manchen Werken auch als MG-Stellung dienten. 

Die Stärken der Stahlbetonelemente unterscheiden sich von Werk zu Werk. In der Regel betrugen sie an der Stirnseite etwa 230 cm, an der Flanke (Schartenseite) etwa 130 cm und bei den Innenwänden etwa 100 cm. Die Stirnseite hatte eine zusätzliche Zerschellerschicht, die vier Meter stark war. Die Decke mit einer Stärke von etwa 250 cm Stahlbeton bot Schutz vor Artillerietreffern bis zu einem Kaliber von 30,5 cm. Die Beobachtungstürme bestehen aus 20 cm starken Panzerstahl und wiegen 21 Tonnen. 

Bewaffnung, Munition und Ausrüstung 

In jedem schweren Werk befanden sich zwei 4,7-cm-Panzerabwehrkanonen, zwei Zwillings-sMG 37 und vier bis sechs MG 26. Zusätzlich war die persönliche Ausrüstung der Mannschaft - Gewehre, Pistolen, Leuchtpistolen etc. - in der Anlage. Die Munition und die restlichen Versorgungsgüter in den Einzelwerken waren für neun Kampftage ausgelegt.

Die 4,7-cm-Panzerabwehrkanone wurde speziell für den Einsatz in Festen Anlagen entwickelt. Sie verfügte über eine Selbstladeautomatik und hatte eine theoretische Schussfolge von 40 Schuss/Minute. Für die Kanone gab es Spreng- und Panzergranaten, die 40 mm starken Panzerstahl auf eine Entfernung von 1 000 m durchschlagen konnten. Das Zwillings-sMG 37 war die Zweitbewaffnung der schweren Anlagen. Es wurde von zwei Soldaten bedient und verfügte neben der mechanischen Zieleinrichtung über eine Notvariante (siehe Modell 37). Die Läufe des MG waren versetzt so eingerichtet, dass sie ab einer Entfernung von 100 m auf das Fahrwerk und den Turm eines Panzers gewirkt hätten. Zum Schutz des unmittelbaren Umfeldes und gegen feindliche Infanterie waren MG 26 in den Anlagen, die auf einbetonierten Lafetten aufgesetzt wurden. Neben den beiden MG 26 in den Kampfräumen befand sich je eines im Gang zwischen den Kampfräumen und den Beobachtungstürmen, falls diese ebenfalls mit einem MG bestückt waren. 

Neben den Stellungen für die MG 26 befinden sich Handgranatenauswurfschächte zur Bunkernahverteidigung. Im Fall eines direkten Angriffes hätte man entsicherte Handgranaten durch diese fallen lassen können, die außerhalb der Anlage detoniert wären. Die Beobachtung des Angeländes um die schwere Anlage erfolgte mit Periskopen in den Wänden und den Schlitzen der Beobachtungstürme, wodurch eine Rundumsicht gewährleistet war. Die verschiedenen Systeme garantierten, dass eine feindliche Annäherung genauso erkannt werden konnte, wie feindliche Kampffahrzeuge oder Infanteristen, die den Bunker stürmen wollten.

Inneneinrichtung

Im Erdgeschoss befinden sich die Kampfräume. Der Eingangsbereich ist zweimal gebrochen, um nicht von außen in die Anlage wirken zu können. Zusätzlich ist dieser Bereich mit einer Luftschleuse und einer Schießscharte versehen, um Eindringlinge abzuwehren. Die Betonwände waren mit Blechtafeln ausgestattet, um bei Artillerietreffern das Absplittern von Betonteilen zu verhindern. Im Fernmelderaum saß ein Funker, der die Verbindung zu anderen Werken und zur nächsten Kommandoebene hielt. Die Waffenkammer diente zur gesicherten Lagerung von Waffen sowie als Werkstätte und Kommandoraum. 

Die Anlagen sollten ständig besetzt und innerhalb weniger Stunden einsatzbereit sein, um einen überraschenden Angriff so lange abwehren zu können, bis die leichten Bunker, in denen sich keine permanente Mannschaft befand, bezogen worden wären. Deshalb, aber auch um die Durchhaltefähigkeit im Gefecht zu gewährleisten, gab es eine einfache, dem Zweck entsprechende „Wohninfrastruktur“ im Untergeschoss der schweren Werke mit Sanitär-, Unterkunfts- und Aufenthaltsräumen und einer Küche. Zusätzlich gab es Lagerräume für Lebensmittel und die Betriebsmittel des Notstromaggregates und einen Brunnen zur autarken Wasserversorgung. Der Unterkunftsbereich bestand aus je einem Raum für den Kommandanten, die Unteroffiziere und die Mannschaft.

Jeder Bunker hatte ein Luftfiltersystem, das über ein Aggregat oder händisch betrieben wurde. Damit konnte frische Luft von außen zugeführt und verteilt sowie verbrauchte Luft nach außen transportiert werden. Zusätzlich wurde ein Überdruck erzeugt, damit weder Luft, Rauch, künstlicher Nebel noch Kampfstoffe in den Bunker eindringen konnten. Die Soldaten in den Kampfräumen hätten im Gefecht mit Schutzmasken und Schläuchen mit sauberer Luft versorgt werden sollen, um nicht von den Gasen der Granaten und Patronen vergiftet zu werden.

Link zu Teil 5

Offiziersstellvertreter Gerold Keusch, BA ist Redakteur beim TRUPPENDIENST.

 

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