• Veröffentlichungsdatum : 13.09.2021
  • – Letztes Update : 15.09.2021

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Über den Wolken, auf der Piste und am Ring

Gerold Keusch

Am 2. und 3. September 2022 findet die 10. AIRPOWER in Zeltweg statt. Die Flug- und Leistungsschau wird vom Österreichischen Bundesheer in Kooperation mit Red Bull und dem Land Steiermark veranstaltet. Sie soll ein Event für die ganze Familie sein, das „ein Lächeln in die Gesichter der Besucher zaubert“. Am 6. September 2021 fand am Red Bull Ring eine Pressekonferenz mit Überraschungen und besonderen Einlagen statt.

Am Fliegerhorst in Langenlebarn wartet ein spezielles Flugzeug. Eine DC-6B, die ehemalige Dienstmaschine von Josip Broz „Tito“, dem jugoslawischen Staatschef von 1945 bis 1980. 1958 wurde sie produziert und mit allem damals verfügbaren Luxus ausgestattet, um Tito und seine Gäste standesgemäß zu befördern. Mit ihrer Retrolackierung und dem metallisch-spiegelnden Rumpf ist die viermotorige Maschine ein Hingucker für Laien und eine „Ikone“ für Flugzeugfans. Darüber hinaus ist sie das einzige noch flugfähige Exemplar dieses Typs.

Unterschiedliche Partner für eine besondere Show 

Heute ist die DC-6B im Besitz von Dietrich Mateschitz. Er entdeckte einst ein Getränk in Südostasien, vermarktete dieses und machte es weltberühmt: Red Bull. Die Dose wurde – dank des dahinterstehenden Marketingkonzepts – zu einer der bekanntesten und renommiertesten österreichischen Marken. Sie steht für Kraft, Dynamik, Action und Fun, aber auch für Technologie und Innovation. Nicht umsonst nennt Mateschitz unter anderem eine Rennstrecke, zwei Formel-1-Teams und ein fliegendes Flugzeugmuseum – die Flying Bulls, zu denen die DC-6B gehört – sein eigen. Eine potente Sammlung, wenngleich nicht unbedingt „politisch korrekt“ und ein Dorn im Auge von Klimaaktivisten.

Seit vielen Jahren gibt es eine Kooperation zwischen Red Bull und dem Österreichischen Bundesheer. Das Bundesheer bietet Schutz und Hilfe, dass es unter anderem mit schwerem Gerät wie Kampfpanzern oder Kampfflugzeugen leistet. Als Marke steht es zudem für Werte wie Disziplin, Ordnung und Kameradschaft. Im Gegensatz zu Red Bull, das als Unternehmen wirtschaftliche Interessen verfolgt, erfüllt das Bundesheer einen gesetzlichen Auftrag. Dazu verfügt es über Übungsplätze, schweres Kriegsgerät, Kasernen und Flugplätze – ein ebenfalls potentes Arsenal, für manche nicht unbedingt „politisch korrekt“ und ein Dorn im Auge von Friedensaktivisten.

Auf dem ersten Blick gibt es – bis auf eine (je nach Zugang) möglicherweise fehlende „political correctness“ im jeweiligen „Geschäftsmodell“ und dem Hang zu potentem Gerät – wenig, dass das Bundesheer und Red Bull gemeinsam hätten. Aber es braucht auch nicht unbedingt mehr als das, um eine Partnerschaft einzugehen. Deren Produkt ist die AIRPOWER, die einzige Flugshow in Österreich und eine der größten Europas. Diese wird auch im Jahr 2022 stattfinden. Der Veranstaltungsort ist Zeltweg. Konkret eine „große Wiese“ beim Fliegerhorst Hinterstoisser, wo unter anderem die Eurofighter stationiert sind, unweit des Red Bull Rings, an dem die Formel 1 mittlerweile zweimal jährlich gastiert.

Mit dem Veranstaltungsort dieser Flugshow kommt der dritte Partner ins Spiel: das Land Steiermark. Dieses steht für Natur, Tourismus, Tradition, aber auch für technische Innovation und Industrialisierung. Neben der Stahlindustrie im Mur- und Mürztal und der Autoindustrie in Graz wird die Obersteiermark, wo die AIRPOWER stattfindet, zunehmend zu einem Standort innovativer Firmen, die auch im Flugzeug-, Raumfahrt- und Automobilsektor tätig sind. Die Flugshow passt somit gut in die Steiermark und bietet darüber hinaus einen wichtigen Impuls für den Tourismus der Region. Ohne das Land Steiermark (dem politischen Verwaltungkörper) und seine Expertise zu Tourismus, Verwaltung sowie dem politischen Rückhalt durch die Landesregierung wäre eine solche Veranstaltung nicht durchführbar. Dass diese hinter dem Projekt steht, zeigt sie durch ihren Einsatz im administrativen Bereich, bei dem auch neue Wege beschritten werden.

Flug mit Begleitung

Zeltweg, der Veranstaltungsort der AIRPOWER, ist das Ziel des heutigen Fluges der DC-6B. In dieser haben mittlerweile alle Passagiere – unter ihnen Verteidigungsministerin Klaudia Tanner mit ihrer Entourage und zahlreiche Journalisten – Platz genommen, nachdem sie die Maschine zuvor auf dem Boden bestaunt haben. Nun warten sie angeschnallt im vermutlich luxuriösesten Flieger Österreichs auf den Abflug. Um 0845 Uhr begrüßt der Pilot seine Gäste und wünscht einen angenehmen Flug. Die Motoren werden gestartet und beginnen zu brummen, die beiden Stewardessen erklären die Sicherheitsmaßnahmen an Bord. Die Maschine rollt zur Start- und Landebahn und bleibt dort stehen. „In einer Minute geht’s los. Viel Spaß!“, sagt der Pilot. Nun drehen die Motoren hoch und das Flugzeug bebt. Mit einem Ruck beschleunigt die DC-6B und rast über die Langenlebarner Piste – einst Austragungsort von Formel-2-Rennen, an denen auch die österreichische Motorsportlegende Jochen Rindt teilnahm. Schließlich hebt das Flugzeug ab und steigt steil in den Himmel empor.

Die Motoren surren, die Gläser in den Vitrinen scheppern und es riecht nach Kerosin. Die Passagiere blicken aus dem Fenster und auf die Häuser die immer kleiner werden. Sie wechseln ein paar Worte und lächeln sich zu. Plötzlich macht sich Unruhe breit. Kameras werden gezückt und die Gesichter kleben an den Fenstern. Neben der DC-6B sind zwei Begleiter aufgetaucht: Eurofighter! Sie fangen Titos ehemaliges Präsidentenflugzeug ab, das „unbefugt“, aber nicht unbemerkt in den österreichischen Luftraum „eingedrungen“ ist. Die Abfangübung der beiden Eurofighter resultiert in einigen dosierten Flugmanövern der Piloten und bietet den Passagieren einen zusätzlichen Höhepunkt.

Nach etwa einer Stunde Flugzeit landet das von den Eurofightern begleitete ehemalige Staatsflugzeug am Fliegerhorst Hinterstoisser in Zeltweg. Auch diese Piste war einst der Austragungsort von Autorennen, bevor der Österreichring (später A1-Ring und heute Red Bull-Ring) erbaut wurde. 1963 fand dort der erste Formel-1-Lauf in Österreich statt, ein Jahr später debütierte Jochen Rindt dort in der Motorsport-Königsklasse. Die DC-6B rollt aus und hält an. Die Passagiere schnallen sich ab, stehen auf und warten bis die Türe aufgeht. „Perfekt war das. Ein Erlebnis!“, sagt Ministerin Tanner, die – wie die anderen Fluggäste – lächelt. 

Pressekonferenz am Red Bull Ring 

Neben der Rollbahn wartet ein Heeresbus auf die Passagiere. Er bringt sie zur Pressekonferenz am Red Bull Ring. Bei dieser präsentieren Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, Landesrätin Barbara Eibinger-Miedl, Landtagsabgeordneter Johannes Schwarz und Alexander Steyrer, Marketingchef Red Bull Österreich, die wichtigsten Fakten zur Flugshow. Bevor die Pressekonferenz beginnt, werden zwischen Formel-1-Boliden und anderen Rennfahrzeugen des Fanshops die Gäste akkreditiert und eines der drei „Corona-G“ kontrolliert. Danach beginnt die nächste Action – eine dynamische Flugvorführung über dem riesigen Bullen der Rennstrecke. Den Anfang macht ein BO-105-Hubschrauber, der Loopings und Rollen zeigt. Dann tauchen vier Fallschirmspringer (Bundesheer-Leistungssportler) mit den Fahnen Österreichs, der Steiermark und der AIRPOWER am Himmel auf. Nachdem sie gelandet sind, wird es laut. Zwei Eurofighter donnern im Tiefflug über die Schönberg-Gerade, steigen danach steil in den Himmel, fliegen eine Kurve und noch einmal über die Rennstrecke. Nun kann die Pressekonferenz beginnen.

„Heute ist ein großer Tag der Freude! Denn im Jahr 2022 wird es wieder eine AIRPOWER geben, am 2. und 3. September“, sagt Verteidigungsministerin Tanner, bevor sie die wichtigsten Eckpunkte nennt: „Diese Flugshow soll eine Veranstaltung für die gesamte Familie sein, bei der es ein Programm am Boden und in der Luft geben wird. Die Militärpiloten wollen zeigen, was sie täglich machen: Ihre Leistung und Kunstfertigkeit in der Handhabung ihrer Fluggeräte.“  Für Tanner ist die AIRPOWER eine militärische Leistungsschau, bei der sich neben dem Bundesheer auch zivile Firmen präsentieren können und zusätzlich die Möglichkeit besteht, das Militärluftfahrtmuseum in Zeltweg zu besuchen. 200 zivile und militärische Luftfahrzeuge aus etwa 20 Nationen sollen an dem Event teilnehmen. Sie ist eine der größten Flugshows in Europa, bei der bis zu 300.000 Besucher erwartet werden. Tanner stellt aber auch klar, dass die AIRPOWER für das Bundesheer weit mehr als „nur“ eine Veranstaltung ist: „Sie ist eine militärische Großübung. Das betrifft die Führung, Planung, Vorbereitung bis zur Abwicklung und Durchführung der Veranstaltung, aber auch der Zusammenarbeit mit zivilen Partnern.“

Action mit Wertschöpfung und Klimaschutz 

Verteidigungsministerin Tanner betont, dass die drei Partner (Bundesheer, Red Bull und Land Steiermark) großen Wert auf Klima- und Umweltschutz sowie Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung lägen. Bereits in der Planungsphase würden Experten eingebunden, um diese Aspekte nicht nur zu bedenken, sondern auch tatsächlich umzusetzen. Möglichst viele Besucher sollen deshalb mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Shuttle-Diensten oder dem Fahrrad zu der Veranstaltung kommen, weshalb es eine Kooperation mit der ÖBB geben soll. Die Flüge selbst werden innerhalb des freigegebenen Flugstundenkontingents abgewickelt und somit zu keinen zusätzlichen Belastungen führen. Darüber hinaus soll Plastik vermieden und vor allem wiederverwertbare Materialien verwendet werden.

Barbara Eibinger-Miedl, die steirische Landesrätin für Wirtschaft, Tourismus, Regionen, Wissenschaft und Forschung, stellt klar, dass Klimaschutz und Großveranstaltungen kein Widerspruch seien und es beides bräuchte. Sie betont die positiven Effekte dieser Veranstaltung für Wirtschaft und Tourismus in der Region. Diese sichert lokale Arbeitsplätze, bringe Bekanntheit und eine Wertschöpfung in Millionenhöhe. Zusätzlich stellt Eibinger-Miedl fest, dass die AIRPOWER eine gute Möglichkeit sei, damit sich die Steiermark als Kompetenzregion für Luft- und Raumfahrt präsentieren können. In dieser Branche sind aktuell etwa 80 steirische Unternehmen tätig, die etwa 750 Millionen Euro Umsatz mit etwa 3.000 Beschäftigten erwirtschaften.

Alexander Steyrer, der Marketingchef von Red Bull Österreich, betont die langjährige gute Zusammenarbeit aller Beteiligten, die sich auf Augenhöhe begegnen und ihre jeweilige Expertise einbringen. Bereits bei der ersten AIRPOWER, die 1997 unter dem Namen „Internationaler Flugtag“ ausgetragen wurde, fanden die Drei zueinander. „Wir sind unterschiedliche Partner und habe deshalb unterschiedliche Stärken. Wenn man diese zusammenführt gibt es als Resultat eine besondere Airshow.“ Das Bundesheer sorgt unter anderem für die Organisation, Sicherheit, luftfahrttechnisches Know-how und internationale Kontakte. Das Land Steiermark bringt seine Wirtschafts-, Tourismus- und Verwaltungskompetenz ein. Red Bull steuert seine Expertise im Marketing- und Kommunikationsbereich sowie seine Luftfahrtkompetenz mit den Flying Bulls bei. Diese sind, gemeinsam mit den Piloten und Luftfahrzeugen des Bundesheeres und der anderen Streitkräfte, die eigentlichen Stars der Veranstaltung. Für die AIRPOWER22 kündigte Steyrer einen besonderer Höhepunkt an: die „Red Bull Aerobatic Triple“. Dabei werden zum ersten Mal mit einem Helikopter, einem Flugzeug und Fallschirmspringern drei Elemente für eine Choreographie gemeinsam „in die Luft gehen“. Sie wollen actionreiche Manöver zeigen, die nur mit höchster Präzision und perfektem Timing möglich sind. Diese Einlage hätte bereits bei der AIRPOWER19 stattfinden sollen, musste damals jedoch wetterbedingt abgesagt werden.

Rückflug mit Vorfreude

Nach dem Ende der Pressekonferenz und einem Imbiss geht es zurück nach Langenlebarn. Zuvor gilt es aber noch den Fanshop im Eingangsbereich zu besuchen und dort die Formel-1-Boliden zu bestaunen. Ebenfalls nicht fehlen darf der Gang in den Tunnel unter der Start-Ziel-Geraden des Red Bull Rings. Dort finden sich die Champions und Sieger, die auf dieser Rennstrecke einst zu Gast waren bzw. sind. Neben Michael Schumacher, Ayrton Senna oder Jackie Stewart dürfen auch Niki Lauda und Jochen Rindt nicht fehlen. Rindt, der erste Formel-1-Weltmeister Österreichs, der am 5. September 1970 in Monza tödlich verunglückte, ist untrennbar mit dieser Strecke und damit der Entwicklung der Region, die auch in der AIRPOWER resultiert, verbunden. Ohne sein Engagement für den Bau des Österreichrings, wie der Red Bull Ring ursprünglich hieß, würde es diese Flugshow wohl nicht im Jahr 2022 zum bereits zehnten Mal dort geben.

Vor dem Hauptgebäude der Rennstrecke steht bereits der Bus für die Fahrt auf den Fliegerhorst. Dort wartet die DC-6B auf ihre Passagiere für den Rückflug. Die Techniker machen ihre letzten Checks, als die Fluggäste aussteigen und zur Maschine gehen. Dann steigen sie ein, nehmen Platz und schnallen sich an. Nach dem bereits bekannten, aber in dieser Maschine dennoch aufregenden, Prozedere für den Start rollt die ehemalige „Air Force One“ Jugoslawiens zur Start- und Landebahn. Dort bleibt sie stehen, um kurz darauf die Piste entlang zu donnern und abzuheben. Der Rückflug ist kürzer, aber etwas rauer als der Hinflug. Die Piloten absolvieren so manches Manöver und machen die Passagiere bei einer Flugshow-light mit der G-Belastung vertraut. Nach etwa 30 Minuten setzt die Maschine in Langenlebarn auf. Der Flug in einer Maschine mit Geschichte an einem Ort mit Geschichte und Zukunft ist damit beendet. Die Vorfreude auf das nächste fliegerische Highlight – die AIRPOWER22, die wohl alle Passagiere besuchen werden – bleibt.

Hofrat Gerold Keusch, BA MA; Leiter Online-Medien in der Redaktion TRUPPENDIENST.

www.airpower.gv.at

 

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