• Veröffentlichungsdatum : 31.01.2023
  • – Letztes Update : 01.02.2023

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Risikobild 2023 – Krieg um Europa

Klara Oppenheim

Am 27. Jänner 2023 wurde die Jahresvorschau „Risikobild Österreich 2023 - Krieg um Europa“ im Raiffeisen Forum in Wien vorgestellt. Der Bericht fasst auf 262 Seiten alle sicherheitspolitischen Ereignisse zusammen, die auf Österreich wirken.

Eingestimmt wurden die Besucher zunächst mit einem Kurzfilm über die aktuellen geopolitischen Entwicklungstrends sowie zentralen sicherheitsrelevanten Themen auf europäischer und nationaler Ebene. „Der Krieg trifft alle“, fasste Erwin Hameseder, Generalmajor der österreichischen Miliz und Obmann der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien zusammen und leitete so das zentrale Thema der Präsentation ein.

Die globalisierte Welt und der Welthandel seien verletzlich geworden und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe das Erfordernis einer umfassenden Sicherheitsvorsorge in den Fokus gestellt. Seit dem 24. Februar 2022 sei nicht nur ein Krieg in der Ukraine, sondern auch ein Krieg gegen die westlichen Werte und die europäische Wirtschaft gestartet worden. Dieses Ereignis verdeutliche die Wichtigkeit einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU und des internationalen Krisenmanagements.
 

Investitionsschwerpunkte

Österreich als neutraler Staat dürfte das Thema der umfassenden Landesverteidigung nicht ignorieren, meinte Hameseder. Der erste Schritt in diese Richtung sei mit der Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf 16 Milliarden Euro bereits gesetzt worden. Die konventionelle Kriegführung habe an Bedeutung gewonnen, das erfordere einen Ausbau und eine Festigung der militärischen Fähigkeiten. Das Nachrüsten des Bundesheeres zu einem modernen Heer sei von existenzieller Bedeutung, damit es den zukünftigen Bedrohungen und Szenarien effektiv begegnen kann. Die Investitionsschwerpunkte reichen von

  • Mobilität der Einsatzkräfte;
  • Schutz der Soldaten;
  • Beschaffung von moderner Ausrüstung, Waffen und Geräten,
  • bis zur Autarkie von Kasernen.

Der Beitrag zur Sicherung der Landesverteidigung endet, laut Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, jedoch nicht am Kasernenzaun, sondern schließe auch Schulen, Familien und Unternehmen mit ein. Die österreichische Bevölkerung müsse über bevorstehende Risiken informiert werden um anschließend glaubwürdige Handlungen setzen zu können, die aus einer strategischen Konsequenzanalyse abgeleitet werden.

Multiple Risikofaktoren

Vor fünf Jahren seien 25 Bedrohungen für Österreich erkannt worden, mittlerweile habe sich die Zahl auf 73 beinahe verdreifacht. Der soziale Frieden sei durch mehrere Faktoren gefährdet, darunter auch die grundsätzlich positiven Aspekte wie die Globalisierung und technische Entwicklungen, aber auch die Sicherheit, die Pandemie und der Klimawandel sowie die wirtschaftlichen Folgen in Form von Inflation und Überschuldung aufgrund von politischen Abwehrmaßnahmen zur Überwindung der gegenwärtigen Krise.

Der Krieg in der Ukraine ziehe in weiterer Folge energiepolitische Auswirkungen mit sich. Ein entscheidender Schritt Österreichs, in Richtung Autonomie wird, laut Gerhard Christiner, Vorstand von Austria Power Grid AG, der Ausbau von erneuerbaren Energien sein, um die fossile Abhängigkeit von Russland zu minimieren. Die Suche nach neuen Partnern, Lieferquellen und Wegen soll das Risiko eines Blackouts reduzieren. Die Voraussetzung für diesen Schritt seien jedoch präventive Transformationsprozesse, wie der Ausbau einer Stromnetzinfrastruktur, damit die Energiewende gelingen kann.
 

Neutralität Österreichs

Die Neutralität hat weiterhin ihren Wert als außenpolitisches Instrument, denn wenn die Zeit für Friedensverhandlungen kommt, ist ein neutraler Staat wichtig, um z.B. einen Ort für Gespräche zu bieten. „Neutralität heißt nicht wertneutral zu sein, sondern nur militärisch neutral“, betont Salome Meyer, die Botschafterin der Schweiz für Österreich. Die Neutralität Österreichs ist beeinflusst durch seine geopolitische Lage und dem Beitritt zur EU. Als ein EU-Mitgliedsstaat ist Österreich in einer schwierigeren Situation als die Schweiz, wenn es um die Frage der politisch- solidarischen Beteiligung zur Lösung des Ukraine-Russland Konfliktes geht. Die Klausel 42 EUV besagt, dass im Falle eines Angriffs auf einen EU-Staat, die anderen EU-Staaten beistehen müssen. Hilfe muss nicht unbedingt in militärischer Form passieren, jedoch müsse Österreich sich bezüglich seiner Beistandspflicht und Solidarität Gedanken machen. Die Frage zwischen Neutralität und Solidarität sei somit ständig abzuwiegen und neu zu bewerten.
 

Krieg der Zukunft

Es wird eine Zeit nach dem Ukraine Krieg geben, auf die wir uns vorbereiten werden müssen. 55.000 Österreichische Soldaten sind nicht in der Lage das ganze Bundesgebiet flächendeckend zu schützen“, stellte Generalmajor Günter Hofbauer, Planungschef des Bundesheeres, fest. Er machte so auf die zukünftigen sicherheitsrelevanten Herausforderungen aufmerksam. Das Österreichische Bundesheer kann nicht hoffen, dass sich die Situation den Plänen anpasst.

Europa, aber auch Österreich, müsse in der Lage sein, eigene Entscheidungen selbstbestimmt zu treffen und autark zu handeln. Ein wesentlicher Faktor wird die strategische Autonomie sein, um das Defizit einer fehlenden europäischen Verteidigungsplanung auszugleichen.

Die zukünftige Streitkräfteentwicklung kann aus einer Friedensperspektive oder einer Einsatzperspektive betrachtet werden. Ein Stichwort in diesem Zusammenhang ist der „Kampf der Verbundenen Waffen“. Wird auf die Wehrhaftigkeit nach Schweizer Vorbild gesetzt, ist die Regenerationsfähigkeit der Streitkräfte und die Modernisierung der Verteidigung ein entscheidender Faktor. Eine fähige Armee ist wichtig für die konventionelle Abschreckung. Im Ernstfall ist sie, wie der Militärexperte Franz-Stefan Gady meinte, vergleichbar mit einer Versicherungspolizze, um das Risiko bzw. den Schaden eines Krieges zu verringern.

Klara Oppenheim, BSc ist Redakteurin beim TRUPPENDIENST.

 

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