• Veröffentlichungsdatum : 23.06.2025

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Hochwasser 2024 Melker Pioniere

Felix Höbarth

Das Hochwasser im September 2024 zählt zu den schwersten Unwetterkatastrophen der jüngeren Zeit in Österreich. Der entstandene Schaden forderte das Bundesheer, die Blaulichtorganisationen und zahlreiche Freiwillige. Die Melker Pioniere leisteten dazu einen wesentlichen Beitrag.

Vom 12. bis 20. September 2024 kam es infolge einer ungewöhnlichen Wetterlage zu einem massiven Hochwasserereignis. In Österreich war das Gebiet vom Salzburger Flachgau bis ins nördliche Burgenland betroffen und zusätzlich die Obersteiermark; in den Nachbarstaaten traf es besonders Tschechien und den Süden Polens. Teilweise noch nie zuvor aufgezeichnete Regenmengen in Kombination mit Sturm und Schneefällen im Hochgebirge und extreme regionale Hochwasserabflüsse waren zu bewältigen. Niederösterreich und Wien waren am schwersten betroffen. Auffallend war, dass diesmal nicht die Donau – dort verhinderten die aufgebauten Hochwasserschutzdämme ein Übertreten – die Wassermassen brachte, sondern deren Zu- und Nebenflüsse.

Auswirkungen

In den Flussgebieten unterhalb von 1 000 bis 1 200 Metern Seehöhe verursachten die intensiven und langanhaltenden Niederschläge eine rasche Bodensättigung. Das hatte zur Folge, dass Bäche ausuferten, Dämme brachen, ganze Landstriche sowie oft auch Siedlungsgebiete unter Wasser standen, Hänge rutschten, Muren abgingen und Brücken verklausten (Verschluss eines Fließgewässerquerschnittes infolge angeschwemmten Treibgutes oder Totholzes; Anm.).

Während die Donau keinen kritischen Pegelstand erreichte und die Hochwasserschutzbauten wirkten, traten viele Nebenflüsse über die Ufer. In Niederösterreich wurden in weiten Teilen des Bundeslandes 30- bis 100-jährige Ereignisse beobachtet. An vielen Flüssen kam es zu Hochwasserspitzen mit Eintrittswahrscheinlichkeiten von deutlich mehr als 100 Jahren. Die bisher gemessenen Höchstwerte wurden häufig überschritten. Niederösterreich erklärte das gesamte Landesgebiet zum Katastrophengebiet. Allein im Mostviertel, entlang der Pielach, zählten Geologen mehr als 200 Hangrutschungen. Davon wurden 50 bis 100 als akut gefährdend eingestuft.

Krisen- und Katastrophenmanagement

Die Abwehr, Beseitigung oder Linderung der Auswirkungen drohender oder eingetretener Katastrophen – Katastrophenhilfe oder Einsatzvorsorge genannt – ist in Österreich überwiegend eine Angelegenheit der Bundesländer. Die rechtliche Basis bilden die Katastrophenhilfegesetze der Länder, die eine Katastrophe als solche definieren und die behördliche Einsatzleitung in den Gemeinden, Bezirken und Ländern festlegen.

Bei Krisen und Katastrophen besteht erhöhter Koordinationsbedarf, der in Österreich durch das Staatliche Krisen- und Katastrophenschutzmanagement (SKKM) gewährleistet wird. Die diesbezügliche Geschäftsstelle ist im Bundesministerium für Inneres (BMI) angesiedelt. Das SKKM ermöglicht durch die Zusammenarbeit aller zuständigen Stellen des Bundes mit den Katastrophenschutzbehörden der Länder sowie den Hilfs- und Rettungsorganisationen eine effiziente Katastrophenhilfe im In- und Ausland.

Ersthelfer – die Freiwilligen Feuerwehren

Als unverzichtbares und sofort wirksames Element des Krisen- und Katastrophenschutzmanagements stehen in Österreich die Freiwilligen Feuerwehren zur Verfügung. Deren meist ehrenamtlichen Mitglieder sind als Helfer innerhalb kürzester Zeit vor Ort, kennen die lokalen Gegebenheiten und sind für Einsätze gut ausgerüstet. Auch bei diesem Hochwasser leisteten die Feuerwehren wochenlang Hilfe. Sie evakuierten eingeschlossene Personen, errichteten Hochwasserschutzbauten, ergriffen notwendige Schutzmaßnahmen, pumpten überflutete Keller aus und transportierten Sperrmüll aus den verwüsteten Gebäuden ab. Die Feuerwehren sind gemeinsam mit der Polizei und den anderen Rettungsorganisationen ein wesentlicher Teil der „Sicherheitsfamilie Niederösterreich“.

Alarmierung der Melker Pioniere

Die Alarmierung des Bundesheeres erfolgte nach einem ersten Assistenzansuchen am 15. September 2024 gegen acht Uhr früh. Dies löste einen strukturierten Prozess aus, bei dem infolgedessen innerhalb kürzester Zeit 2.400 Soldaten und ausreichend Luftfahrzeuge bereitstanden. Allein in Niederösterreich waren etwa 1.000 Soldaten in den Zentralräumen von Sankt Pölten über Krems bis Bruck an der Leitha im Einsatz. Bei den Melker Pionieren ließ der Kommandant, Oberst Michael Fuchs, bereits am 14. September die Abmarschbereitschaft weitgehend herstellen und den nahen Wasserübungsplatz räumen. Diese frühe Vorbereitung garantierte eine rasche Verlegung.

Die vorrangigen Aufgaben waren:

  • das Einleiten von Maßnahmen zu notwendigen Evakuierungen bzw. zur Menschenrettung; 
  • das Bereitstellen von Notstromaggregaten für die Pumpwerke der Hochwasserschutzbauten sowie 
  • das Entsenden von schweren Pioniermaschinen zum Bau von Ersatzstraßen.

Im Kommandogebäude wurden in kürzester Zeit das Lagezentrum hochgefahren und der Einsatzstab formiert. In der Anfangsphase führte dieser, unter dem Kommando des Bataillonskommandanten, knapp 600 Soldaten.

Formierung und Unterstellungen

Zuerst wurden drei Assistenzkompanien formiert. Darin enthalten waren die technische Pionierkompanie, die Pionierkampfunterstützungskompanie und die Pionierbaukompanie. Das Personal des Rücklasses, der durch den sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz gebundenen Pionierkompanie (wasserbeweglich), formierte Spezialeinsatztrupps mit Booten, Schneidtrupps mit Kettensägen und Spezialisten zur persönlichen Absturzsicherung sowie Faltstraßensystemen. Die Melker Pioniere bekamen vom Militärkommando Niederösterreich das gesamte Bundesland als Einsatzraum zugewiesen – vom Kamptal im Norden bis ins südliche Pielachtal. Im Westen war der Schadensraum auf den Bezirk Melk eingegrenzt, während sich die Schadstellen Richtung Osten bis ins Tullnerfeld erstreckten.

Katastropheneinsatzcontainer

Die Pioniere verfügen über insgesamt vier Katastropheneinsatzcontainer. Diese beinhalten eine vollwertige Geräteausstattung. Aufgrund der Erfahrungswerte der vergangenen Jahre, unter anderem mit Kompressoranlagen, Tauchpumpen, Schanzwerkzeug, Schneeschieber, reflektierendem Regenschutzgewand, Lüfteranlagen und Vollsichtbrillen. Somit können die Pioniere auch unterstellte Einheiten in kurzer Zeit mit Pioniergerät vollwertig ausstatten.

Eine erste Verstärkung der Einsatzkräfte erhielten die Pioniere durch einen kaderstarken Zug vom Jägerbataillon 12 aus Amstetten, einen Drohnentrupp zur Luftbilderfassung der Schadstellen aus Mistelbach und eine Pionierbaukompanie aus Salzburg. In der darauffolgenden Phase änderte sich mit der Zuführung weiterer Assistenzkräfte auch der Einsatzraum für die Melker Pioniere. Er wurde auf den Raum südlich der Donau begrenzt. „In dieser leistungsfähigen Zusammensetzung konnten wir bis Ende September eine Vielzahl an Schadstellen abarbeiten“, erklärt dazu der S3 des Verbandes, Major Florian Zierhofer.

Umgliederung

Mit der Entlassung des April-Einrückungstermines war eine Umgliederung der Einsatzkräfte notwendig. Vereinfacht dargestellt verfügte das Assistenzkommando Melk mit Beginn Oktober 2024 über zwei Einsatzkompanien. Ein Pioniermaschinenzug aus Salzburg verstärkte die Pionierbaukompanie. Die Kompetenzen in den Bereichen Schneidtrupps, Wasserbeweglichkeit oder schwere Kranaufgaben erfüllten weiterhin Pioniere der technischen und der Pionierkompanie (wasserbeweglich). In den niederösterreichischen Garnisonen Mistelbach, Amstetten, Mautern und Korneuburg hielt das Militärkommando Niederösterreich Reservekräfte einsatzbereit.

Assistenzanforderungen

In Österreich liegt die Verantwortung für die Katastrophenhilfe bei den zivilen Behörden der Bundesländer und der Bezirke. Dorthin gelangen die Assistenzanforderungen der Bürgermeister der betroffenen Gemeinden. Diese Anforderungen erreichen die Verbände über das zuständige Militärkommando. Daraufhin entsenden diese einen Erkundungstrupp und stellen die Lage vor Ort fest, um einen Überblick über den möglichen Einsatz der Kräfte zu erhalten. Dazu verfügen die Pioniere über eine pioniertechnische Planungszelle mit erfahrenen Zugskommandanten.

Im Stab werden die Erkundungsergebnisse zusammengefasst und mögliche Varianten der Durchführung beurteilt. Danach wird der konkrete Einsatz der Kräfte entschieden und angeordnet. Dabei werden etwa Einsätze, die keine unmittelbare Bedrohung darstellen, zeitlich nach hinten gereiht. Menschenrettungen, Evakuierungen und unverzügliche Maßnahmen zur Sicherung der Schadstellen haben immer Vorrang.

An den Schadstellen

Die Melker Pioniere befanden sich bereits am zweiten Tag nach der Alarmierung vor Ort und begannen mit ihrer Arbeit. Dabei mussten Verklausungen geräumt und zerstörte Brücken geborgen werden, wie im Raum Pyhra, Bergland, Weinburg, Hadersdorf, Schönberg am Kamp, Weißenkirchen, Spitz sowie am Treppelweg in Melk. Vorrangig verklauste Brücken, Schiffsanleger und Steganlagen mussten wieder instandgesetzt werden. Mehrere Wochen war dafür der Einsatz eines Bergepanzers mit Schneidtrupps und Bagger notwendig.

Eine weitere Aufgabe der Pioniere war der Wege- und Straßenbau mit Unterstützung des schweren Pioniermaschinenzuges. Das rechte Ufer der Gemeinde Matzleinsdorf-Zelking war durch die Beschädigung der Straßenbrücke nicht mehr erreichbar. Erst eine mehrere Kilometer lange Ersatzstraße entspannte die Situation für die Anrainer.

Dazu war vorerst der konzentrierte Einsatz von Schneidtrupps mit Kettensägen und Pioniermaschinen mit Holzgreifern notwendig. Danach planierten und schotterten schwere Maschinen des Pioniermaschinenzuges den behelfsmäßigen Fahrweg. Stellenweise war auch der Einsatz von Faltstraßensystemen hilfreich. Die Maßnahmen zum Behelfsstraßenbau dauerten etwa sieben Tage. In enger Zusammenarbeit mit den Bezirksbehörden und den zuständigen Straßenmeistereien werden vor der Übergabe an die betroffene Gemeinde noch die notwendigen Verordnungen – in Form von Verkehrsschildern – erlassen. Danach können derartige Behelfsstraßen entsprechend den Auflagen genutzt werden. Den Melker Pionieren stehen zur Erfüllung dieser Aufgaben der schwere Pioniermaschinenzug, der Straßenbauzug und die Faltstraßengeräte der Brückenzüge zur Verfügung.

Hangrutschungen

Die Niederschlagsmengen verursachten gerade im südwestlichen Mostviertel, im Pielachtal, etwa 200 Hangrutschungen. Aufgrund der Beurteilung durch die zuständigen Landesgeologen wurden den Pionieren die Schadstellen zugewiesen. Großbaustellen befanden sich in Kirchberg, in Frankenfels/Oed-
rotte und in Frankenfels/Schrammbachgraben.

Je nach Schadstelle war es Voraussetzung, nach der Freigabe durch den Geologen, zuerst eine Zufahrt zu schaffen, um die schweren Pioniermaschinen heranführen zu können. Erst danach konnte mit den Erdarbeiten bzw. mit dem Aushub von bis zu drei Meter tiefen Drainagegräben begonnen werden. Schließlich waren zahlreiche bauliche Maßnahmen notwendig, um den Hang nachhaltig zu sichern. Als eine weitere Sofortmaßnahme waren oberflächliche Risse zu verschließen. So wird das weitere Eindringen von Wasser verhindert und Hänge stabilisiert.

Die Zufahrten mussten vorbereitet werden, um schwere Maschinen (Bagger, Grabenbagger, Dumper o. ä.) an die Schadstellen bringen zu können. In enger Absprache mit den Landesgeologen beginnen danach die Erdarbeiten zur Drainagierung. Das heißt, dass das gerutschte Material abgebaggert und verbracht werden muss. Dann graben Pioniermaschinen oft mehrere hundert Meter lange und bis zu drei Meter tief Drainagegräben, füllen die Böden mit Schotter und bringen die Rohre ein. Die Aufgaben der Pioniere beginnen dafür mit dem Erfassen der Schadstelle, den notwendigen Absprachen, dem Einrichten der Baustelle bis hin zur Modellierung der Hänge.

Beschädigte Straßen und der hohe Transportbedarf stellten eine Herausforderung bei der Zufuhr von geeignetem Schottermaterial bzw. beim Abtransport des nässedurchsetzten Erdmaterials dar. Die Schadstelle in Kirchberg musste mit bis zu 3.000 Kubikmetern Schottermaterial versorgt werden. Ein Beispiel für eine nachhaltige, bauliche Hangsicherung war jene in Frankenfels/Schrammbach. Dort errichteten Pioniere der Pionierbaukompanie eine elf Meter hohe Krainerwand (eine Gitterstruktur aus Holz oder anderen Baustoffen, in die ein Füllstoff wie Erde oder Schotter geschüttet wird; Anm.).

„Dazu haben wir den Hang bis zu einer tragfähigen Schicht abgetragen und eine ebene Fläche geschaffen. Auf dieser haben wir den Grundbaum (Längsbaum aus Holz; Anm.) platziert und den Schwerboden geschaffen. Danach bauten wir Lage für Lage aus vernagelten Läufern und Krainern, füllten und verdichteten mit Bruchmaterial und arbeiteten uns so nach oben. Das Wesentliche an der Konstruktion ist die Wasserdurchlässigkeit. Die fertige Krainerwand darf die Entwässerung des Hanges nicht hemmen“, so Offiziersstellvertreter Hannes Neulinger.

Schwere Pioniermaschinen

Hangsicherungsmaßnahmen benötigen schwere Pioniermaschinen und Kipperfahrzeuge. An der Schadstelle Kirchberg standen zehn Pioniermaschinen im Einsatz. Dort war auch ein S-70 „Black Hawk“-Hubschrauber für den Materialtransport notwendig. Im Frankenfels/Oedrotte entschied der Landesgeologe gemeinsam mit den Pionieren die völlige Drainagierung des Hanges und die darauffolgende Modellierung der Schadstelle. Dort waren unter anderem zwei Schreitbagger im Einsatz, das sind speziell für steile Hanglagen konzipierte Bagger.

Gefahrenstoffe

Mehrere Wochen waren Soldaten der Pionierkampfunterstützungskompanie in Loosdorf bei Melk im Einsatz, wo es darum ging, mehrere hundert Fässer mit Chemikalien aus einem Naturschutzgebiet zu bergen. In der ersten Phase war weder ein sicheres Befahren noch ein ungehindertes Begehen möglich. Mit sinkendem Wasserstand tauchten an den unmöglichsten Stellen immer wieder Fässer auf – viele davon offen oder beschädigt. Erst nach etwa zwei Wochen war ein vorsichtiger Einsatz von Pioniermaschinen möglich. Als unbedingt notwendig zeichnete sich dabei der unterstellte Drohnentrupp aus. Erst durch die Auswertung der Luftbilder konnte das Ausmaß der Schäden und somit die Lage der Fässer genau erkannt werden.

Gefahrenquelle Pellets

Ein besonderer Erfahrungsgewinn für die Feuerwehr und die Pioniere war der Umgang mit Pelletlagern nach einem Hochwasserereignis. Die Einsatzkräfte waren bisher noch nie mit einer derartig umfangreichen Räum- und Beseitigungsaktion konfrontiert worden. Ganze Siedlungen waren davon betroffen. Pellets haben einen Wassergehalt von unter zehn Prozent und reagieren hygroskopisch (ist die Eigenschaft von Stoffen, Wasser aus der Umgebung zu binden; Anm.). Wassereintritte und Kondenswasser, das von der Decke des Lagers oder des Lagerbehälters heruntertropft, lösen Pellets an der Schüttungsoberfläche auf.

Die Pellets quellen auf und erhöhen das Volumen deutlich. Beim vollständigen Fluten des Lagers (im Falle von Hochwasser oder bei Feuerwehreinsätzen) kann es im Extremfall zu einer Verdoppelung des Füllvolumens kommen. Hiermit ist eine nicht unwesentliche Druckentwicklung auf die umgebende Lagerkonstruktion verbunden. Der Druck reicht aus, um die schwächste Stelle des Lagers zu brechen. Pellets härten nach wenigen Tagen aus und sind danach nur noch mühsam zu entfernen. Nur durch die Verwendung akkubetriebener Bodenfräsen konnten die Soldaten die Lager räumen. Produktionsbedingt können feuchte Pellets Kohlenmonoxid ausgasen. Beim Räumen von Pelletlagern muss deshalb für eine ausreichende Belüftung gesorgt werden.

Wiederkehrende Schadstellen

Manche Schadstellen begegneten den Pionieren mehrmals. So verklauste die Wehranlage über die Pielach in Weinburg (Bez. St. Pölten-Land) zum wiederholten Mal. Die bei Hochwasserstand gefährliche Räumung forderte die Pioniere samt Bergepanzer und Bagger für mehrere Wochen heraus. In Spitz an der Donau sorgte das Gesteinsmaterial des Spitzerbaches für ein gefährliches Abflusshindernis. Der mehr als 100 Meter lange, unterirdisch geführte Bach bis zur Mündung in die Donau war dort freizuräumen. Abhängig vom Wasserstand dauerte diese Räumung jeweils mehrere Wochen. Zudem musste für eine ausreichende Belüftung durch Gebläseanlagen gesorgt werden.

Die vor Ort drohenden Gefahren wachsen oft  aufgrund der hohen Strömungsgeschwindigkeiten gepaart mit dem verklausten Material, dem Auftreten von Spannungen innerhalb der Verklausungen und beim Räumen sowie dem Arbeiten zum Anbringen der Anschlagmittel und dem Einsatz von leistungsfähigen Seilwinden und Bergemitteln. Dazu stehen den österreichischen Pionieren Spezialisten im Umgang mit persönlicher Absturzsicherung zur Verfügung. Die dort eingesetzten Soldaten handeln bewusst in die Gefahr hinein.

Aufbringungssystem

Als wirksamen Teil des Katastrophenhilfeprogrammes in Niederösterreich gibt es seit 2017 zwischen der zivilen Firma STRABAG BMTI und dem Militärkommando Niederösterreich ein Abkommen, das den Bedarf an Maschinen und Baggern abdeckt. Dieses Aufbringungssystem regelt, wie Ressourcen im Katastrophenfall beigestellt werden. Diese reichen von Transportkapazitäten bis zu Spezialgeräten. Bei diesen Einsätzen haben die Melker Pioniere je einen Rad- und Baggerlader, zwei Raupenbagger, zwei Raddumper und 30 Bautrockner aus diesem Abkommen beansprucht.

Versorgungsführung und -durchführung

Die im Assistenzeinsatz zur Katastrophenhilfe eingesetzten Soldaten leisteten in den betroffenen Gebieten wichtige Hilfe. Im Hintergrund boten Spezialisten aus dem Versorgungsbereich eine oft nicht sofort sichtbare Unterstützung. „Unser Auftrag beinhaltet im Frieden und im Einsatz die bestmögliche Versorgung aller eingesetzten Pioniere und Soldaten. Wir decken dabei die Bereiche Verpflegung, Betriebsmittel, Sanität, Munition und Sprengmittel sowie die Maßnahmen der Instandsetzung inklusive des Berge- und Abschubmanagements von Schadgerät ab. Die Versorgungsführung findet sich im Bataillonskommando, die Versorgungsdurchführung in den Zügen der Stabskompanie. Alle Maßnahmen werden dazu im Bataillonsstab koordiniert und angeordnet“, erklärt der verantwortliche S4, Major Sascha Rappolter.

Sperrmüllentsorgung

Am Montag, den 30. September 2024, begannen die Melker Pioniere, die vom Hochwasser betroffenen Bezirke St. Pölten-Land und Tulln mit Transportfahrzeugen zu unterstützen. Der Auftrag war, den durch das Hochwasser entstandene Sperrmüll mit Hakenladern aufzunehmen und auf Deponien zu transportieren. Es wurden knapp 4.000 Tonnen gesammelt. Täglich standen bis zu sieben Hakenlader im Einsatz. Herausforderungen waren die teilweise engen Gassen sowie die Lage der Sammelplätze, die oft kaum Platz für die Verladung mit den Hakenladern aufwiesen.

System Faltstraße

In drei Gemeinden rückten Pioniere an, um die durch das Hochwasser zerstörten Brücken zu bergen. Die Stahl- bzw. Betonkonstruktionen rutschten durch die Wasserkraft von ihren Lagern und blieben im Flussbett liegen. Derartige Abflusshindernisse müssen nach dem Rückgang der Wassermassen geborgen werden. Dazu bewährte sich der Drehkranzbagger mit angebauten Hydromeiseln. In Elsarn, Phyra und in der Gemeinde Mank bargen die Pioniere die Brücke vollständig. In Mank und in der Gemeinde Hafnerbach half ein Behelfssteg aus Aluminiumgerät als provisorische Übergangslösung. Besonders relevant erwiesen sich neben Pionier- und Bergepanzern die Faltstraßen. Durch das Ablegen der sechseckigen Verbundplatten konnten gebrochene Dämme in kurzer Zeit wieder befahren werden. In Kritzendorf an der Donau, in Rust im Tullnerfeld sowie in der Gemeinde Matzleinsdorf war so ein Weiterarbeiten der Pioniere überhaupt erst möglich gemacht worden.

Ursachenforschung

Pflanzen bieten nicht nur Lebensraum für Kriechtiere und Insekten, sie wirken als Immissionsschutz, Sauerstoffproduzenten, Schattenspender und Bodenanker. Bei mehr als der Hälfte aller Hangrutschungen fehlten diese natürlichen Bodenanker. Meist verursachen zwei wesentliche Faktoren die Rutschungen: Aus wirtschaftlichen Gründen fehlte zum einen der ursprüngliche Bewuchs – Pflanzen würden die Hänge schon im Vorfeld drainagieren – und zum anderen sind vielfach fehlerhafte Dränagierungsmaßnahmen als Auslöser erkennbar. Hänge oder Wiesen werden oft durch den Einbau von Drainagerohren entwässert. Dabei reicht es nicht, wenn flache Stellen verrohrt werden und die Drainageschläuche an der steilsten Stelle enden. Genau dieser Umstand ist es, der verhindert, dass das ablaufende Wasser die Reibung an den steilsten Stellen verhindert. Genau dort findet sich jedoch der Anbruch der Hangrutschung.

Fazit

Die Hilfeleistung des Bundesheeres nach Unwetterereignissen außergewöhnlichen Umfanges ist Teil der in der Verfassung verankerten Aufgaben. Einer der ersten Assistenzeinsätze in der Chronik des Verbandes findet sich im Jahre 1923. Damals rückten Melker Pioniere aus, um die Hubbrücke in Melk nach einem Eisstoß zu bergen. Die Hochwasserkatastrophe vom September 2024 hat neuerlich gezeigt, dass die Pionierkräfte durch ihre Ausbildung und moderne Ausrüstung in der Lage sind, in Katastrophenfällen die Zivilbevölkerung zu unterstützen.

 

Vzlt Felix Höbarth; Öffentlichkeitsarbeit & Kommunikation im Pionierbataillon 3


Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST 2/2025 (403).

Zur Ausgabe 2/2025 (403).


 

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