• Veröffentlichungsdatum : 11.01.2021

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Der Kosovokrieg 1999

Hans-Peter Kriemann

Hans-Peter KRIEMANN

Der Kosovokrieg 1999

160 Seiten, 15 x 21,5 cm, broschiert

€ 14,95

ISBN 978-3-15-011212-0

Reclam, Ditzingen, 2019

Das Buch gibt einen übersichtlichen und raschen Überblick zu den Ereignissen, die zum Krieg im Kosovo 1999 führten, über diesen selbst sowie über seine Bedeutung für die folgenden internationalen Krisen. Es gliedert sich in acht kurze, gut lesbare Kapitel und einen Anhang, in dem auch eine Zeittafel zu finden ist. Aufgrund der Nationalität des Autors fließen immer wieder deutsche Aspekte in die Darstellungen ein. Ein wesentliches Thema erstreckt sich durch das gesamte Buch: Das Spannungsfeld der Humanitären Intervention zum Schutz von Menschenrechten versus der Souveränität eines Nationalstaates im internationalen Umfeld.

Der Autor beschreibt zu Beginn die Herausforderungen, die sich die internationale Staatengemeinschaft als Gesamtes und die europäischen Nationalstaaten im Speziellen angesichts der Eskalation im Kosovo zu stellen hatten. Für die Bundeswehr war die Beteiligung am Konflikt der erste Kampfeinsatz nach dem Zweiten Weltkrieg und führte naturgemäß zu innenpolitischen Auseinandersetzungen. Dies geschah zudem in einem internationalen politischen Umfeld, das sich noch in einer Übergangsphase nach dem Ende des Kalten Krieges befand. Der Autor fasst anschließend die Historie des Zerfalls von Jugoslawien zusammen und erläutert dabei, wie die Probleme dieses Vielvölkerstaates nach dem Tod Titos nicht mehr zu übertauchen waren und gleichzeitig die Idee des Selbstbestimmungsrechts der Völker Fuß fasste.

Im nächsten Kapitel werden die Pläne der NATO zur Operationsführung und Kräfteaufbringung unter den laufenden politischen Verhandlungen ab Ende 1998 erläutert. Dieses Spannungsfeld stellte sich herausfordernd für die Planer dar. Wie kam es zu den Vorgaben für die Planungen eines „Luftkrieges“ bzw. zu einer Landoperation? Welche faktische Rolle spielten die Berichte diverser Diplomaten, die angesichts der noch frischen Bilder aus dem bosnischen Srebrenica eine neue Welle an Gräueltaten am Balkan befürchteten? Auch die jugoslawischen Vorbereitungen zur Verteidigung werden kurz erläutert. Nachdem die internationalen Verhandlungen zur „friedlichen“ Streitbeilegung scheiterten, war man im Westen der Meinung, nun die angedrohten gewaltsamen Maßnahmen auch umsetzen zu müssen, um die eigene Glaubwürdigkeit und die Legitimität des Einsatzes zu erhalten. Es kam zur Freigabe der Luftangriffe durch die NATO, um doch noch eine politische Lösung zu erzwingen. Am 24. März 1999 begannen diese schließlich, während sich die NATO politisch selbst noch nicht einig über die langfristige Operationsführung war. Der Autor beschreibt auch den Einfluss der USA auf die Strukturen der NATO in diesem Prozess. Die Luftangriffe brachten nicht den gewünschten Effekt, die Flüchtlingszahlen nahmen stark zu und die Kollateralschäden in der Zivilbevölkerung zogen in der internationalen Öffentlichkeit Schaden für den Einsatz nach sich.

Die Lösung des Konflikts bestand schlussendlich in der Einbeziehung aller relevanter Akteure in die Planung. Dies beinhaltete auch Russland als Machtfaktor am Balkan. Für die NATO war dies an sich schwierig, weswegen man auf verschiedene politische Foren auswich, um die Akteure an einen Tisch zu bringen. Das entscheidende Gremium war schließlich mit der „G-8“ Gruppe gefunden. Der Autor beschreibt die Luftangriffe und die Gründe für die Ineffektivität zur Erreichung der eigentlichen Ziele. Ungeachtet der Angriffe gingen die innerkosovarischen Spannungen unvermindert weiter, sogar verstärkt aufgrund der Zerstörungen durch externe Kräfte. Parallel liefen die Planungen der NATO für die Operationsführung am Land weiter, mit dem Hauptaufmarschgebiet FYROM. Die Einbindung Russlands, welches nach Verhandlungen mit den USA eine Einigung mit Serbien zur Beilegung des Konfliktes erzielen konnte, ermöglichte den Einmarsch zu Lande ohne direkte Konfrontation zwischen der NATO und der serbischen Armee. Am 10. Juni 1999 wurde das Ende des Krieges offiziell, und noch am selben Tag verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1244, welche die Grundlage für den Einsatz der UNMIK zur Verwaltung und der KFOR zur Gewährleistung der Sicherheit darstellte.

Es folgte der planmäßige Einmarsch in den Kosovo über Süden durch eine starke Militärpräsenz der NATO. Fünf multinationale Brigaden erhielten in Sektoren die Raumverantwortung übertragen. Russische Kräfte agierten autark an neuralgischen Stellen. Das serbische Militär hielt sich strikt an den unterzeichneten Zeitplan und ließ keine Zweifel an der serbischen Absicht, das Abkommen vollständig zu erfüllen, aufkommen. Gleichzeitig mit dem serbischen Abzug begannen jedoch die kosovarischen Kräfte Vergeltung an der serbischen Bevölkerung zu üben. Ein weiteres Kapitel des Buches zeigt, wie der Konflikt unter anderen Voraussetzungen anders verlaufen hätte können. Es wird erläutert, welche Planungen für den Angriff am Land vorlagen, und welche Auswirkungen dies gehabt hätte. Die politische Forderung nach Legitimität und Glaubwürdigkeit zog weitreichende planerische Folgen mit sich. Zuletzt wird Einsatzerfahrungen der deutschen Luftstreitkräfte, welche die Luftangriffe plastisch schildern und nicht nur die Schwierigkeiten in der Durchführung, sondern auch die konkrete Bedrohungslage erläutern, dargestellt.

Das letzte Kapitel widmet sich der nachhaltigen Bedeutung des Kosovokrieges. Dieser hatte Auswirkungen auf das Verständnis und Verhalten der internationalen Staatengemeinschaft im Spannungsfeld zwischen Humanitärer Intervention, den Menschenrechten, der Pflicht zum Schutz der Bevölkerung, der staatlichen Souveränität und der Realpolitik. Auch die Aspekte der Glaubwürdigkeit der NATO sowie der Legitimität des Einsatzes an sich werden nochmals erläutert. Fazit: Das vorliegende Buch stellt in knapper Form die relevantesten Informationen zum Kosovokrieg zusammen. Es bietet einen rasch erfassbaren und verständlichen Überblick. Für Offiziere in Einsätzen im Kosovo eine wird eine Leseempfehlung in der Einsatzvorbereitung ausgesprochen.

-mar-

 

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