• Veröffentlichungsdatum : 06.07.2022

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Arzt im Bundesheer

Anna Hlawatsch

Österreich steht im internationalen Vergleich sowohl bei der Ärzte- als auch bei der Absolventendichte gut da. Dennoch fehlt es vielerorts an Nachwuchs, auch beim Österreichischen Bundesheer. Ab Herbst 2022 sollen daher zehn Anwärter in Humanmedizin ausgebildet werden. Möglich macht dies eine im Universitätsgesetz verankerte Leistungsvereinbarung zwischen dem Bildungsministerium und der Medizinischen Universität Wien.

Die Heeres-Kandidaten müssen, wie alle 7.240 Bewerber, am regulären Aufnahmetest (MedAT-H; Anm.) am 8. Juni 2022 teilnehmen. Lediglich 680 Humanmedizin-Studienplätze werden an diesem Tag in Wien vergeben. Allerdings müssen die Heeres-Kandidaten lediglich die 75-Prozent-Hürde aller angetretenen Bewerber erreichen. 

Für Bewerber, die keinen Studienplatz erhalten haben, besteht die Möglichkeit eines weiteren Prüfungsantrittes im Folgejahr. Jene, die Anfang August 2022 eine Zusage erhalten haben, werden als Vertragsbedienste entlohnt und können sich während des Semesters ihrem Studium widmen. Dafür erhalten sie monatlich mindestens 1.100 Euro brutto. Als Gegenleistung verpflichten sie sich für 20 Jahre (sechs Jahre Studium, drei bis sechs Jahre Arzt- bzw. Facharztausbildung und acht bis elf Jahre Dienstverwendung als Militärarzt; Anm.). Nach Abschluss der Ausbildung steigt das Gehalt auf mindestens 3.800 Euro brutto pro Monat an. Ein Militärarzt erhält mindestens 5.500 Euro brutto pro Monat. 

Der Militärarzt durchläuft die theoretische und praktische Ausbildung zum Allgemeinmediziner bzw. Facharzt wie seine zivilen Kollegen. Nach Abschluss seiner Ausbildung ist er aber nicht nur zu Fortbildungen, sondern auch zu Tätigkeiten in zivilen Einrichtungen verpflichtet. „Unsere Patienten sind in der Regel sehr jung, unseren Fachärzten fehlt es meist an älteren Patienten und dem Patientenaufkommen. Daher sind Dienste in zivilen Einrichtungen, wie im Notarztsystem so wichtig, um die erlernten Fähigkeit zu erhalten“, sagt Oberstärztin Dr. Gudrun Walter, Kommandantin des Sanitätszentrums Ost und ärztliche Leiterin. 

Alltag eines Militärarztes

Der Leistungsbereich des Sanitätszentrum Ost umfasst neben der Allgemeinmedizin die Fachbereiche Anästhesie, Augenheilkunde, Chirurgie, Dermatologie, HNO, Interne, Neurologie (derzeit unbesetzt; Anm.), Orthopädie, Psychiatrie, Radiologie, Unfallchirurgie und Zahnmedizin.

Das Spektrum reicht somit von der medizinischen Versorgungsebene 1 bis 3. Neben der normalen Versorgung der Heeresangehörigen sind die Ambulanzen auch für die verpflichtenden Auslands-einsätze, die Fliegermedizinischen und Sportmedizinischen Untersuchungen notwendig. „Die Untersuchungen fristgerecht im zivilen Bereich vornehmen zu lassen, würde Wochen in Anspruch nehmen. Im Sanitätszentrum Ost können wir sie an einem Tag durchführen. Die Ambulanzen werden über diese Untersuchungstage  im Voraus in Kenntnis gesetzt“, sagt Walter. 

Der Berufsalltag eines Militärarztes in einem Sanitätszentrum unterscheidet sich kaum von jenem eines zivilen Kollegen. Die Ambulanzzeiten sind wie im zivilen Bereich von 0800 bis 1300 Uhr, können aber patientenabhängig darüber hinaus gehen. Am Vormittag und Nachmittag finden, wie auch in einem zivilen Krankenhaus, Visiten im stationären Bereich der Sanitätsanstalt statt. „Auch wenn das Leistungsspektrum des Bundesheers ein anderes ist als im zivilen Bereich, erfüllt jeder Militärarzt die gleichen Aufgaben wie seine zivilen Kollegen“, ist Walter überzeugt. 

Ausbildungsweg

Im Idealfall ist ein Militärarzt ein Arzt für Allgemeinmedizin, da er so in vielen Bereichen eingesetzt werden kann. Unabhängig davon, sollte jeder Militärarzt Notarzt sein“, sagt Walter. Wichtig ist auch die körperliche Leistungsfähigkeit der Mediziner. „Auch, wenn es für die medizinische Versorgung der Anspruchsberechtigen nicht vorrangig ist, jeder Militärarzt ist Soldat. Der Erhalt der körperlichen Leistungsfähigkeit ist daher wichtig. Ein Militärarzt muss, wie jeder Soldat, regelmäßig körperliche Leistungsziele erfüllen können. Wie er diese erhält, bleibt aber jedem selbst überlassen.“ 

Medizinstudenten, die ihren Grundwehrdienst erst nach ihrem Studienabschluss antreten, leisten diesen als GWD-Ärzte. Nach der einmonatigen Basisausbildung „Kern“ folgt eine dreiwöchige Ausbildung in der Militärmedizin. Diese besteht aus einem Basiskurs, der in der Sanitätsschule stattfindet.  

Ein Teil der allgemeinmedizinischen Ausbildung, einzelne Fächer der Facharzt-ausbildung sowie Fort- und Weiterbildungen können im Sanitätszentrum Ost absolviert werden. Künftige Militärärzte müssen im Anschluss an die Grundausbildung eine spezielle Ausbildung zum Offizier durchlaufen um später Leitungsfunktionen übernehmen zu können. 

Berufswunsch Militärarzt 

Militärärzte sollten vor allem Interesse an Auslandseinsätzen und Sport mitbringen. Sport während der Dienstzeit ist wie bei allen Heeresangehörigen erlaubt und erwünscht. Interessierten stehen mehrere Arbeitszeitmodelle zur Verfügung. Zudem besteht die Möglichkeit eine private Ordination im Sanitätszentrum Ost einzurichten. Als Militärarzt sollte man  regelmäßig Auslandseinsätze absolvieren. „In Bosnien, dem Kosovo und dem Libanon ist das Bundesheer an Missionen beteiligt, die die Anwesenheit von Militärärzten notwendig machen. Noch vor einigen Jahren konnten wir uns auch auf zivile Ärzte stützen. Leider hat in der vergangenen Zeit das Interesse jedoch deutlich abgenommen“, sagt Walter.

Mag. Anna Hlawatsch, Redakteurin beim TRUPPENDIENST.

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