200 Jahre ÖMK

Während der politischen und militärischen Neuordnung Europas nach den Napoleonischen Kriegen stellte das k.u.k. Militärgeographische Institut Mailand die erste Österreichische Militärkarte (ÖMK) im metrischen Maßstab 1 : 50 000 her.
Mit dem Ende des Spanischen Erbfolgekrieges kam 1714 unter anderem das Herzogtum Mailand in Oberitalien von der spanischen Linie der Habsburger zur österreichischen Linie. Zum Aufbau einer modernen Verwaltung wurde weltweit erstmalig von 1719 bis 1723 ein Grundstückkataster im bis heute gültigen Maßstab 1 : 2 000 und ein öffentliches Grundbuch hergestellt. Diese Arbeiten unter der Leitung von Johann Jakob Marinoni – später Direktor der Technischen Ingenieurakademie, dem Vorläufer der heutigen Landesverteidigungsakademie und der TU Wien – waren die Keimzelle für eine, im österreichischen Königreich Lombardo-Venetien von Kaiser Franz I. von Österreich mit Handschreiben vom 1. September 1814 genehmigte, „einstweilige Beybehaltung des (militärischen) Bureau topographique in Mailand“.
Dieses damals weltweit führende Institut wurde 1802 unter Napoleon in die französische Verwaltung der Cisalpinischen Republik übernommen. Nach dem Wiener Kongress 1814 wurde es als militärische Dienststelle weitergeführt und erhielt später die Bezeichnung k.u.k. Militärgeographisches Institut Mailand.
Muster 1824
Vermutlich als Prototyp für ein Kartenwerk mit vier Kartenblättern als Übersichtskarte für den Ausbau von Mailand zur Festung wurde 1824 eine Umgebungskarte (TERRITORO AL S. E. DI MILANO)
1 : 50 000 oder 694 2/5 Klafter im Format 81,2 x 51,5 cm vom Militärgeographischen Institut Mailand hergestellt. Der Kartenausschnitt in der Abbildung (S. 104 unten) zeigt das Gebiet um die Kleinstadt Lodi an der Adda. Die genaue und gut lesbare handkolorierte Karte wies noch keine Höhenangaben auf.
Im Ersten Koalitionskrieg 1796 war der Kampf um die Brücke in Lodi für die Franzosen unter General Napoleon Bonaparte kriegsentscheidend. Das Kaisertum Österreich musste im Frieden von Campoformio die Niederlande und das Herzogtum Mailand abtreten. Diese ÖMK50 M1824 konnte sich aber nicht durchsetzen, da in allen Kronländern des Kaisertums Österreich der Maßstab 1 : 28 800 üblich war.
Nach dem Desaster von Königgrätz 1866 wurde die Spezialkarte 1 : 75 000 (SK75) die Standardkarte. Dieser Maßstab war ein Kompromiss zwischen den militärischen Forderungen nach einer Militärkarte im Maßstab 1 : 50 000 und den Forderungen der Wirtschaft nach einer raschen, flächendeckenden Bearbeitung der Kronländer im Maßstab 1 : 100 000.
Muster 1924
Aufgrund der Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg wurde in der Ersten Republik vom neuen Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) bzw. vom ausgegliederten Kartographischen Institut damit begonnen, die neue amtliche Spezialkarte Österreich 1 : 50 000 herzustellen. Beim Österreichischen Bundesheer wurde nach wie vor die oben angeführte SK75 verwendet. Die wenigen österreichischen Karten 1 : 50 000 in der Militärausführung wiesen ein rotes 2-cm-Gauß-Krüger-Gitternetz auf.
Muster 1958
Der Sicherungseinsatz des Bundesheeres an der Staatsgrenze zu Ungarn im Jahr 1956 zeigte, dass einheitliche Militärkarten mit Gitternetz dringend erforderlich waren. Es gab jedoch Schwierigkeiten mit der Finanzierung dieses Projektes. Nach Überzeugungsarbeit beim BEV durch das Bundesheer wurde schließlich beschlossen, das Kartenwerk
1 : 25 000 ersatzlos aufzulassen.
1957 wurde das Konzept der österreichischen Militärkarten mit einem schwarzen 4-cm-Gitternetz im Österreichischen Militärkoordinatensystem (mit modifizierten Gauß-Krüger-Koordinaten) und das einfache Konzept der Netzmeldung mittels Punkt- und Flächenmeldung genehmigt.
Grundlage für die neuen ÖMK50 waren die provisorischen Ausgaben der Österreichischen Karten 1 : 50 000 (ÖK50). Das waren reprotechnische Vergrößerungen von Halbblättern der Spezialkarte von Österreich-Ungarn 1 : 75 000, überwiegend in Schraffenmanier mit grünem Waldaufdruck. Nur an der österreichischen Südgrenze in Kärnten und Osttirol sowie im Raum Salzburg waren ÖK50 in moderner mehrfarbiger Schichtenlinienmanier vorhanden. Das ÖMK50-Kartenwerk umfasste zunächst nur die 211 Blattbereiche der ÖK50, später aus militärgeographischen Gründen 215 Kartenblätter.
Muster 1961
Bei dieser Weiterentwicklung der ÖMK50 erfolgte ab 1961 der Militäraufdruck und damit die Prägung des Gitternetzes in violetter Farbe. Das hatte sich bereits im Zweiten Weltkrieg bewährt. Solche Gitter erleichtern die Angabe von Punkten und Flächen in den ÖMK50 im militärischen Führungsverfahren bei Nacht und bei extremen Wetterbedingungen. Weiters kam erstmalig eine systematische aerophotogrammetrische Geländeaufnahme anhand von Stereo-Senkrecht-Luftbildern zur Anwendung.
Muster 1965
Eine Weiterentwicklung erfolgte ab 1965 zur Verbesserung des Informationsgehaltes der ÖMK50 in den damals als militärisch wichtig beurteilten Räumen wie dem Alpenvorland und den Alpeneingängen. Der Nachführungszyklus des BEV wurde aufgrund der zahlreichen neuen Güter- und Forstwege im ländlichen Raum und der regen Bautätigkeit in den Randbereichen von Siedlungen von der militärischen Führung als ungenügend angesehen. Durch den Militärgeographischen Dienst bei den Militär- und Gruppen-/Korpskommanden erfolgte unter anderem eine Kartennachführung im Zeichenschlüssel der ÖK50.
Muster 1981
Während der Zeit der Raumverteidigung machte sich bei der Artillerie und den schweren Waffen ein kartografisches Problem bemerkbar: die Überlappung benachbarter Gitternetze im Anstoßbereich von zwei Meridianstreifen des Bundesmeldegitters. Besonders störend trat dieses Problem im Alpenvorland und im Kärntner Unterland auf.
Eine einfache und truppentaugliche Lösung war – als weltweite Novität – der Rückseitenaufdruck bei 33 Kartenblättern der ÖMK50 mit dem Gitternetz des jeweils benachbarten Meridianstreifens. Um Verwechslungen zu vermeiden, wurde der Militäraufdruck der ÖMK50 mit dem Gitternetz M31 (einschließlich der Randausstattung) ab 1981 in grüner Farbe dargestellt. Die ÖMK mit einem Gitternetz M28 oder M34 verblieben in der gewohnten violetten Farbe.
Muster 1987/1989
Ein großer Nachteil des Bundesmeldegitters war, dass es im zivilen Bereich als geographisches Bezugssystem für regionale Daten wegen der maßstababhängigen Millimeterkoordinaten der Punktmeldung nicht akzeptiert war. Deshalb wurde 1984 durch die Österreichische Raumordnungskonferenz ein neues bundeseinheitliches Meldesystem anhand von Karten in Form des Bundesmeldenetzes (BMN) entwickelt. Die Gitternetze in Schwarz (mit zusätzlichen Rasterbändern und Ziffernwiederholungen in der Militärausführung in Violett bzw. Grün) waren nun in allen amtlichen Karten des BEV und in den ÖMK erstmals nach 60 Jahren getrennter Entwicklung wieder ident.
Mit der Umstellung der ÖMK50 auf das BMN wurde erstmals eine thematische Erweiterung des topographischen Zeichenschlüssels in Form der Aufnahme von Sanitätseinrichtungen (Krankenhäuser, Rot-Kreuz-Stellen, Apotheken etc.) durchgeführt. Da das Musterblatt 1987 nicht überzeugte, erfolgte 1989 eine umfassende Neukonzeption.
Muster 1997/2004
Eine tiefgreifende Änderung der geodätischen Grundlagen und des Layouts der neuen ÖMK50 in der Ausführung Universale Transversale Mercatorprojektion (UTM) erfolgte ab 1. Jänner 2001 mit der Ausgabe 1 im Vierfarbendruck. Notwendig wurde diese Projektionsanpassung an internationale Vorgaben durch grundlegende sicherheitspolitische Änderungen seit dem Fall des Eisernen Vorhanges 1989: der Beitritt Österreichs zur Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE/OSZE, 1975/1994), zur Europäischen Union (EU, 1995), zur „Partnerschaft für den Frieden“ (PfP, 1995) und zu Vorfeldorganisationen der Westeuropäischen Union (WEU, 1999).
Ab der Ausgabe 2 seit 2004 gibt es wieder den gewohnten Mehrfarbendruck. Seit 2011 besteht eine international kompatible zivil-militärische Einheitsausgabe der ÖMK50UTM unter Berücksichtigung des GRS80-Ellipsoids, des Europäischen Terrestrischen Referenzsystems 1989 und der Verwendung des roten 2-cm-UTM-Gitternetzes.
Muster 2024 - Ausblick
Mit diesem neuen Muster – genau 200 Jahre nach dem ersten Muster 1824 – wurde ein neuer Typ für eine ÖMK50 mit Änderungen im Zeichenschlüssel erprobt und eingeführt. Die Ausgabe an die Truppe soll im Jahr 2025 beginnen, damit diese über ein aktuelles Kartenmaterial verfügt.
Brigadier i. R. Prof. Dr. Gerhard Fasching; ist der ehemalige Leiter des Österreichischen Militärischen Geo-Dienstes

Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST 1/2025 (402).
Zur Ausgabe 1/2025 (402)