Die Welt rüstet auf

Mehrere europäische Staaten haben angesichts des Ukraine-Krieges beschlossen, mehr in die Verteidigung zu investieren. Doch der Trend ist nicht neu: Schon seit Jahren steigen die Rüstungsausgaben – nicht nur in Europa.

Der Krieg in der Ukraine sorgt global für hohe Preissteigerungen und Güterknappheit. Wie bei jeder Krise gibt es aber auch Profiteure: die (insbesondere westliche) Waffenindustrie. Da viele europäische Länder ihre Verteidigungsausgaben steigern wollen, rechnet die Branche mit erhöhten Umsätzen. Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall hat etwa die Zahlen zum Geschäftsjahr 2021 veröffentlicht und beziffert eine Umsatzsteigerung von 4,7 Prozent auf 5,658 Milliarden Euro. Laut dem Vorstandsvorsitzenden Armin Papperger will Rheinmetall „angesichts der veränderten politischen Lage in Europa“ mit seinen Produkten „an steigenden Budgets für die militärische Ausrüstung teilhaben“. Der Konzern rechnet für das Geschäftsjahr 2022 sogar mit einem Umsatzwachstum von 15 bis 20 Prozent. Der Aktienkurs von Rheinmetall ist derzeit (Stand: 21. März 2022) auf dem höchsten Kurs seit Jahrzehnten. Ähnlich sieht es bei anderen Unternehmen in der Branche aus. Anfang März 2022 schossen die Aktienkurse von Rüstungskonzernen wie Lockheed Martin (USA), BAE Systems (Großbritannien) und der Thales Group (Frankreich) in die Höhe.

Wegen Russlands Einmarsch in die Ukraine haben mehrere EU-Länder angekündigt, ihre Militärausgaben aufzustocken. Die deutsche Bundesregierung will etwa ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr schaffen. Polen will die Zahl seiner Soldaten sogar verdoppeln, Finnland investiert in die Luftabwehr und Griechenland sowie Italien wollen neue Waffen für mehrere Milliarden Euro beschaffen. Die österreichische Bundesregierung will das Verteidigungsbudget auf ein Prozent des BIP anheben. Alle im Nationalrat vertretenen Parteien sind sich über die Notwendigkeit einer Erhöhung des Heeresbudgets einig. Der Aufrüstungstrend beschränkt sich nicht auf Europa. Auch China hat 2022 (trotz niedrig angesetztem Wachstumsziel) vor, die Rüstungsausgaben überdurchschnittlich um 7,1 Prozent zu erhöhen. Neben der Volksrepublik wollen auch Taiwan, Japan und Vietnam aufrüsten. Der Ukraine-Krieg gibt dem ohnehin schon länger stattfindenden Trend im asiatisch-pazifischen Raum zusätzlichen Aufschwung.

Aufrüstung seit 2014

Ein Bericht des schwedischen Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) zeigt einen Anstieg der weltweiten Militärausgaben seit 2014. Der größte Anstieg fand allerding bereits um die Jahrtausendwende statt und hielt bis 2010 an. Nach einem kurzen Rückgang ab 2010 steigen die Zahlen seit 2014 wieder. Den größten Zuwachs gibt es in Asien und Ozeanien. Das ist die einzige Region weltweit, in der seit 1989 eine beständige Steigerung der Rüstungsausgaben nachzuweisen ist. Allein Chinas Militärausgaben sind seit 1994 jedes Jahr gestiegen. Aber auch Indiens Verteidigungsetat hat sich laut Daten von SIPRI von 1990 bis 2019 um knapp 260 Prozent erhöht. Die Hauptgründe dafür dürften politische Spannungen um Gebietsstreitigkeiten sowie der allgemeine wirtschaftliche Aufschwung vieler asiatischer Staaten sein.

Laut aktuellen Daten von SIPRI ist der internationale Waffenhandel von 2017 bis 2021 zwar leicht zurückgegangen (um 4,6 Prozent), es gibt aber große regionale Unterschiede. Während Afrika und die beiden amerikanischen Kontinente weniger Waffen importierten (Südamerika erreichte sogar den niedrigsten Wert seit 50 Jahren), stiegen die Importe in Asien, Ozeanien und Europa deutlich. Laut SIPRI seien „Spannungen zwischen China und vielen Staaten in Asien und Ozeanien“ und eine „starke Verschlechterung der Beziehungen zwischen den meisten europäischen Staaten und Russland“ die Hauptgründe für Waffenimporte in diesen Regionen. Großbritannien, Norwegen und die Niederlande waren laut SIPRI die größten europäischen Importeure. Auch in anderen Staaten Europas erwarte man angesichts des Ukraine-Krieges einen deutlichen Anstieg im kommenden Jahrzehnt. Die größten Waffenexporteure sind die USA (39 Prozent), gefolgt von Russland (19 Prozent), Frankreich (11 Prozent), China (4,6 Prozent) und Deutschland (4,5 Prozent). Unter den zehn größten Rüstungskonzernen sind allein sechs US-amerikanische Unternehmen.

-cf-

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