Führung und Zusammenarbeit in Märchen und Arbeitswelten
Verhaltensleitsätze haben seit langem einen festen Platz in der Führungsforschung und Lehre. Auf dieser Erkenntnis aufbauend hat Wunderer in Verbindung mit dem Konzept der „implicite leadership“ nach Lord und Emerich abgeleitet, dass die Symbole der frühen Kindheit bereits Einfluss auf unser Denken und Handeln haben. Bestätigt durch die Erkenntnisse aus neuro- und entwicklungspsychologischer Sicht prägen die in sehr jungen Jahren vermittelten Normen, Regeln, Leitsätze und Maximen nachhaltig unser Leben. Wie kann man diese unterschiedlichen Einsichten nun verbinden? Wunderer analysierte dazu die „explizit formulierten Leitsätze“ von Unternehmen im deutschsprachigen Raum, aus denen er entsprechende Grundsätze extrahierte. Die Märchensammlung der Gebrüder Grimm wurde ebenfalls auf explizite Leitsätze hin analysiert und später interpretiert. Durch die Gegenüberstellung und Verbindung dieser beiden Vorgänge konnten acht Kernleitsätze herausgearbeitet werden:
Rechne mit Prüfungen und Gratifikationen - Rechne mit Sanktionen - Achte die Hierarchie und Deinen Stand - Wie emotional intelligent bist du - Sei und bleibe bescheiden - Halte, was Du versprochen hast - Sei mental intelligent - Lerne aus Fehlern.
Was bringt diese Erkenntnis nun? Die Leitsätze der Märchen können genutzt werden, um die eigenen Leitsätze in der strukturellen Führung (Kultur, Strategie, Organisation, etc) zu reflektieren. Passen diese mit den entwicklungspsychologisch früh vermittelten Werten zusammen? Ansätze des Storytellings könnten auseinanderklaffende Elemente verbinden und mit „Märchen-Case Studies“ erweitern. In der interaktiven Führung (wahrnehmen, informieren, kommunizieren, entwickeln, etc.) ist es möglich, durch die Verbindung mit Märchenleitsätzen ein besseres Verständnis der firmeninternen Leitsätze zu schaffen und die eigene Führung besser auszurichten.
Die Hamburger Sparkasse, verlangt von seinen Mitarbeitern: „Haben Sie den Mut und die Verpflichtung zu offener und konstruktiver Kritik gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern.“ In der Kategorie „Sei emotional intelligent“ konzentriert sie sich wie auch in anderen Firmen auf die Aspekte der positiven und teamorientierten Beziehungsgestaltung, Offenheit, Fairness, Selbstkritik und Meinungsvielfalt. In Märchen kann man diese offene Kritik beispielsweise in „Des Kaisers neue Kleider“ finden. Dort deckt ein Kind den Betrug auf und keiner der hochrangigen Persönlichkeiten. Experten und erfahrene Menschen zweifelten zwar schon früher, aber trauten sich nicht die Zweifel auszusprechen, aus Angst „dumm zu sein“. Auch das tapfere Schneiderlein bietet Möglichkeiten, wie man sich mit mentaler Intelligenz den schwierigsten Aufgaben stellen kann. Zugleich zeigt es, dass der Kampf ohne soziale Kompetenz alleine gefochten werden muss. Viele andere Anregungen können dem Buch entnommen werden, das sowohl zur Einbindung von Märchen anregt, aber auch mit gut belegten wirtschafts- und führungswissenschaftlichen Theorien einen guten Überblick über Ansätze für den Führungsalltag bietet.
-tk-