• Veröffentlichungsdatum : 18.07.2018
  • – Letztes Update : 19.07.2018

  • 3 Min -
  • 560 Wörter

Das Land zwischen den Gedankenstrichen

Andreas SCHINDL

Neues Nachdenkbuch für Österreicher

192 Seiten, 13,5 x 21 cm, gebunden mit Schutzumschlag

€ 20,--

ISBN 978-3-222-13472-2

Styria Verlag 2018

Wie man die österreichische Mentalität bzw. Kultur definiert, hängt von der persönlichen Einstellung und den persönlichen Erfahrungen ab und fällt naturgemäß sehr unterschiedlich aus. Auf der Suche nach der österreichischen Mentalität ist das Buch von Andreas Schindl, mit dem passenden Untertitel „Neues Nachdenkbuch für Österreicher“, eine Bereicherung. In vielen kleinen und großen Geschichten sowie Anekdoten beschreibt der Autor, was aus seiner Sicht „typisch österreichisch“ ist. Die Bundeshauptstadt Wien und die persönliche Erfahrungswelt des Autors bilden den Ausgangspunkt der Betrachtung.

In einer amüsant-lockeren Art gibt dieses Buch die Möglichkeit sich an „alte Bekannte“ wie beispielsweise Waluliso (Umwelt- und Friedensaktivist) oder (fast) vergessene Geschichten, wie die „Seeschlacht vom Neusiedlersee“, zu erinnern. Dabei relativiert er auch so manche österreichische Legende, wie den österreichischen Sieg in Cordoba über die deutsche Fußball-Elf bei der Weltmeisterschaft 1978, der ohne deutsche Hilfe in Form eines Eigentores nicht möglich gewesen wäre.

Ein besonderer Leckerbissen sind die Zitate und Anekdoten bekannter Persönlichkeiten, die diese bei diversen Anlässen und Gelegenheiten von sich gaben. So meinte beispielsweise der ehemalige Wiener Bürgermeister Helmut Zilk anlässlich der Einbürgerungsfeier, für die ursprünglich aus der Schweiz stammenden Habsburger, dass diese ein „Beispiel für die gelungene Integration einer Gastarbeiterfamilie“ wären. Ein anderer bekannter Politiker, Bundeskanzler Julius Raab, soll wiederum auf die Frage von Nikita Chruschtschow, nach dem Unterschied zwischen dem österreichischen und dem deutschen Wirtschaftswunder geantwortet haben, dass das deutsche Wirtschaftswunder hart erarbeitet sei, das österreichische jedoch tatsächlich ein Wunder wäre. 

So gesehen passt es eigentlich ganz gut, dass in Österreich das Wort Wirtschaft sowohl für die Begriffe Ökonomie als auch für Unordnung verwendet wird. Diese Unordnung kann durchaus auch als ein „Fortwursteln“ begriffen werden, das seinen Ursprung wohl auch ein wenig darin hat, dass die Verwaltungsarbeit in den österreichischen Kanzleien und Büros mit einem beinahe „wollüstigen“ Zugang zum Thema Administration erledigt, die deshalb nicht immer schnell und manchmal sogar überhaupt nicht erfolgt.

Das ist jedoch ein Umstand der nicht unbedingt ein Nachteil sein muss, da der „gelernte Österreicher“ weiß, dass man mit dem Nichtstun oft am weitesten kommt. Das dadurch ein gewisser Rückstand beispielsweise bei der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Umfeld entstehen könnte, kommentierte der ehemalige SPÖ-Finanzminister und Großindustrielle Hannes Androsch mit den Worten: „Österreich ist dort im Rückstand, wo es einen Nachteil mit sich bringt, einen Vorteil zu haben!“ oder, wie an einer anderen Stelle in dem Buch steht, dass sich Neues in Österreich erst dann durchsetzt, wenn es bereits alt ist. Dieser Umstand, der wohl die Ursache von unvollkommenen und unvollendeten Werken, Gebäuden, Ideen und anderen Fragmenten sowie Provisorien und österreichischen Lösungen ist, war bereits Napoleon bekannt. Dieser meinte, dass Österreich „immer um ein Jahr, eine Idee oder eine Armee zu spät“ wäre, was für das Land auf lange Sicht jedoch nicht immer einen Nachteil bedeutete, wie beispielsweise die Ergebnisse des Wiener Kongresses bezeugen, aus dem Österreich gestärkt hervor ging.

Dieses Buch ist eine sympathische und kurzweilige Lektüre, die den Leser mit ihren interessanten und geistreichen Argumentationen und Themenverknüpfungen zum Schmunzeln bringt und bei dem eine kritische Auseinandersetzung mit der österreichischen Lebensweise mit einem Augenzwinkern erfolgt. Somit eignet sich dieses Buch sowohl als Beschäftigung mit der österreichischen Seele, als Anstoß für eine vertiefende Auseinandersetzung mit der Mentalität der Alpenrepublik und ist darüber hinaus ein passendes Geschenk für viele Anlässe und Personen. 

-keu-

 

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