Aufwachen! Europa und die neue Weltunordnung

Friedrich Orter hat mit seiner markanten und ruhigen Stimme als Kriegsreporter des ORF durch zahlreiche Konflikte, Kriege und bewaffneten Auseinandersetzungen der letzten Jahrzehnte geführt. In seinem aktuellen Buch beschreibt er kurz, prägnant und mit spitzer Feder die wesentlichen sicherheitspolitischen Problemfelder der heutigen Zeit aus seiner Sicht.

Orter beginnt sein Werk mit der Darstellung des Ist-Zustandes, der „Weltunordnung“, wie er sie bezeichnet. Im Fokus steht die Epoche seit dem Zusammenbruch der bipolaren Weltordnung, wobei er die Zeit seit 2001 näher beschreibt und sich so dem aktuellen „Status-quo“ nähert. Der Ukraine-Konflikt, die Migrations- und Flüchtlingskrise, das Erstarken des radikalen Islams, die Kriege und bewaffneten Konflikte rund um Europa, aber auch die Rolle Chinas im Südchinesischen Meer werden thematisiert und als „geopolitische Umbrüche in einer orientierungslosen Zeit“ erörtert.

"Aufwachen!" ist eine Streitschrift - ein Buch in Kommentarform. Es ist eine schonungslose Abrechnung mit all jenen, denen Orter die Schuld an der aktuellen Weltunordnung und ihrer Verharmlosung gibt. Die Gier nach Wahlsiegen von rechten Populisten auf Kosten der Stabilität Europas und des gesellschaftlichen Konsenses, betrachtet er genauso kritisch, wie die kurzsichtige Naivität vom „Projekt Multikulti samt Gutmenschentum“, die in „falsch verstandener political correctness“ jede Meinung die von ihrer abweicht als Rassismus diffamieren. Besonders hart ins Gericht geht der Autor vor allem mit dem Islam, dem er die Integrationsfähigkeit in die aufgeklärte Gesellschaft Europas abspricht.

Neben der Auflistung der sicherheitspolitischen Problemfelder bietet der Autor, zumindest für Europa, aber auch einen Lösungsansatz an: Eine Vertiefung der EU und ihrer Krisenbewältigungsinstrumente sowie eine konsequente Politik, die sich an den europäischen Werten orientiert, aber auch nicht davor zurückscheut, unpopuläre Maßnahmen zu setzen.

Aufgrund der Kürze des Inhaltes kommen der historische Entwicklungspfad und eine detaillierte Darstellung der Hintergünde zur aktuellen Situation sowie die Begründungen des Autors hinsichtlich seiner Analyse zu kurz. Darüber hinaus werden manche Zukunftsprognosen nur angedeutet, jedoch nicht umfassend erörtert. Das ist insofern schade, da Friedrich Orter jemand ist, der aufgrund seiner jahrelangen Erfahrung über ein bemerkenswertes Wissen verfügt und in der Lage ist, die „blinden Flecken“ der öffentlichen Wahrnehmung zu verkleinern und bisher wenig beachtete Zusammenhänge sichtbar zu machen und zu formulieren.

Friedrich Orters Werk ist keine leichte Lektüre, obwohl sie leicht lesbar und fesselnd geschrieben ist. Sie ist ein düsterer Ausblick auf eine mögliche Zukunft in einer Welt, die immer mehr aus den Fugen zu geraten scheint, denn: „Friede, Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit, Wohlstand – sie sind keine Naturgesetze. Sie sind ein wertvolles, gefährdetes Gut, das immer wieder bedroht wird und immer wieder verteidigt werden muss.“

-keu-