• Veröffentlichungsdatum : 23.06.2017

  • 2 Min -
  • 460 Wörter

Geschichte ohne Grenzen?

Jörg ECHTERNKAMP, Hans-Hubertus MACK (Hg.)

Europäische Dimensionen der Militärgeschichte vom 19. Jahrhundert bis heute

368 Seiten, 17 x 24 cm, broschiert

€ 39,95

ISBN 978-3-11-041118-8

De Gruyter Oldenbourg Verlag, Berlin 2017

Das Buch bietet Antworten auf die Frage: „Inwiefern ließ die Bedeutung von nationalen Armeen im 21. Jahrhundert gegenüber Globalisierungstendenzen nach?

In diesem vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, kurz ZMSBw, geförderten Sammelband wird der Versuch unternommen, die nationale(-n) Militärgeschichte(-n) Europas in einen trans- bzw. übernationalen Kontext zu betrachten. Zu diesem Zweck vereinten Jörg Echternkamp (Professor, Redakteur sowie wissenschaftlicher Direktor beim ZMS) und Hans-Hubertus Mack (Offizier der Bundeswehr, Wissenschaftler) in diesem Buch ein breites Aufgebot angesehener Experten auf dem Gebiet der Geschichts- und Politikwissenschaft. Die 28 Aufsätze beschreiben auf über 300 Seiten mit nahezu 50 Abbildungen – darunter Karikaturen, Fotografien, Tabellen und Karten – 200 Jahre europäische Militärgeschichte auf der Ebene trans- und internationaler Beziehungen und Bündnisse.

Inhaltlich gesehen werden Konflikte seit den Koalitionskriegen gegen Napoléon Bonaparte bis zu dem Zerfall Ex-Jugoslawiens und weiter in sieben größeren Themenblöcken behandelt:

I. Militärische Grundzüge bis 1989/90
II. Krieg und Frieden in Europa
III. Militärisch-zivilgesellschaftliche Verflechtungen
IV. Militär in Europa: Selbst- und Fremdbilder
V. Europäische Streitkräfte in militärpolitischen Bündnissen
VI. Europa in außereuropäischen Zusammenhängen
VII. Nach dem Ende des Kalten Krieges

Die Beiträge wurden größtenteils in einem sehr gut lesbaren und einem interessanten Stil verfasst, was den Zugang zum Thema auch für ein breiteres Lesepublikum ermöglicht. Absolut erwähnenswert ist, dass etliche Themen – so etwa die Schlacht um Stalingrad 1942/43 oder die Landung in der Normandie 1944 mehrmals aufgegriffen und aus verschiedenen Aspekten beleuchtet werden. Auch neue Erkenntnisse sind dabei zu beobachten

Theoretische Überlegungen:

Im vereinten Europa wird der Europäischen Union eine bedeutende wirtschaftliche und politische Rolle zugesprochen; über eine eigene Armee verfügt sie allerdings nicht. Darüber hinaus ist die Sicherheitspolitik der EU eng an die Nordatlantische Allianz - NATO – gebunden. In dem Buch wird die Ansicht vertreten, die Streitkräfte befinden sich an der Schnittstelle von nationalen und übernationalen Zusammenhängen. Die Transnationalisierung führt verstärkt zum Aufbau multinationaler Verbände, wodurch die militärische Multinationalität immer mehr an Terrain gewinnt. 

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Sammelband „Geschichte ohne Grenzen?“ gemischte Gefühle hinterließ. Zunächst wurde klar, dass die „Grenzen“ trotz aller Bemühungen doch äußerst greifbar geblieben sind. Bezüglich Multiperspektivität, weniger Identität, wurden die Ziele etwas zu hoch gesetzt, auch wenn man annimmt, dass die militärische Multinationalität - so Echternkamp - einen vergleichsweise neuen Erfahrungshintergrund für das Verständnis von Geschichte bildet. Beide angesprochenen Begriffe sollen auf jeden Fall Platz für zukünftige Diskussionen anbieten. Andererseits muss das Bemühen der Autoren hervorgehoben werden, auf diesem neuen Forschungsfeld erste Schritte gewagt zu haben. Der Gesamteindruck bleibt trotz Kritikpunkte sowie offener Fragen eindeutig positiv und auch wenn der Verkaufspreis von etwa 40 Euro zweifelsohne hoch ist, gehört das Buch in das Regal aller militärhistorisch denkenden Personen. 

-gao-

 

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