• Veröffentlichungsdatum : 09.06.2023
  • – Letztes Update : 07.06.2023

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Ein „ganz normaler“ Soldat?

Martina Fuchs, Christoph Rella

Martina Fuchs, Christoph Rella

Ein „ganz normaler“ Soldat? Feldpostbriefe eines Wiener Unteroffiziers. Von Polen bis Stalingrad

Kral Verlag, 2023

160 Seiten

16,5 x 23 cm, Hardcover

ISBN 978-3-99103-110-0

26,90 €

Kriege sind abschreckend und interessant zugleich. Heute, wo die aktiven Teilnehmer des Zweiten Weltkrieges beinahe zur Gänze gestorben sind, kann sich de facto niemand mehr deren damalige Lebensrealität vorstellen. Fragen nach den Erlebnissen von (einfachen) Soldaten, dem Alltag an der Front und im Hinterland, ihrem Umgang mit der Angst vor Tod oder Verwundung sind in der heutigen Wahrnehmung eines bewaffneten Konfliktes zentral. Eine Quelle, um diese Fragen zu beantworten, sind die Feldpostbriefe von Soldaten. Obwohl diese oft zensiert wurden, bzw. eine Sprache und Ausdrucksweise wählten, damit sie nicht zensiert werden würden, geben sie Hinweise über das Soldatenleben im Krieg. Nicht umsonst scheint der Fokus vieler aktueller Bücher auf dieser historischen Ressource zu liegen – so wie das im Frühjahr 2023 erschienene Werk der Historiker Martina Fuchs und Christoph Rella.

Die meisten Feldpostbriefe zeugen von negativen Erlebnissen der Schreiber, bei denen deren dramatische Erfahrungen zentral sind oder zwischen den Zeilen sichtbar werden. Viele erfahren einen tragischen Aspekt durch den Umstand, dass der Autor im Krieg fiel, weshalb die Erzählungen so abrupt enden wie deren – oft nur kurzes – Leben. Diese Tragik trifft auch auf den Protagonisten des Buches, den Küchenunteroffizier Karl Wintereder aus Wien, zu. Er starb vermutlich kurz vor dem Fall von Stalingrad nach etwa dreieinhalb Jahren Kriegsdienst, wobei die genauen Umstände seines Todes unklar sind.

In dem Buch werden die etwa 100 Briefe und Postkarten Wintereders thematisiert, die einen Einblick in das Wesen und das Privatleben des „einfachen Soldaten“ in der Etappe geben. Der Mehrwert des Buches ergibt sich vor allem durch zwei Aspekte. Erstens, erklären die Autoren am Beginn des Buches das Feldpostwesen der Deutschen Wehrmacht und dessen Bedeutung für Sender um Empfänger, womit sie eine Einordnung der Thematik ermöglichen und ihren wissenschaftlichen Zugang darstellen. Zweitens, unterscheiden sich die Inhalte der publizierten Korrespondenz von den meisten anderen Feldpostbriefen aus Stalingrad. Nicht das Elend und das Leid im Kessel stehen im Mittelpunkt, sondern die Zuversicht und auch das Unverständnis gegenüber seinen Kameraden, die an der Front ständig mit dem Tod konfrontiert waren.

Das vorliegende Werk ist eine interessante Auseinandersetzung mit der Soldatenrolle. Es präsentiert den Schreiber als eine spannende, wenngleich nicht immer sympathische, Person, die es geschafft hat, trotz den Zwängen des Krieges ein Umfeld zu schaffen, das für ihn erträglich war. Somit erweitert dieses Buch die Erzählung des Zweiten Weltkrieges um einen Aspekt und verkleinert den blinden Fleck in Bezug auf das Soldatenleben währenddessen.

-keu-

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