• Veröffentlichungsdatum : 19.01.2024
  • – Letztes Update : 22.01.2024

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„Das Bundesheer muss kriegsfähig werden!"

Redaktion Truppendienst

Die Neuausrichtung des Österreichischen Bundesheeres wird in den kommenden Jahren eine zentrale Aufgabe sein. Es gibt klare Vorgaben und einen Rahmenplan, aber die Umsetzung erfordert Zeit und umfangreiche Bemühungen auf allen Ebenen.

Generalmajor Bruno Hofbauer informierte am 11. Jänner 2024 über den Stand des Aufbauplanes „ÖBH 2032+“. „Die Entwicklung des Bundesheeres verdeutlicht, dass es sich auf dem Weg zum ‚ÖBH 2032+‘ befindet. Es zeigt jedoch auch, dass es in der Vergangenheit in einer besseren Position war als jetzt“, so Hofbauer. In den vergangenen 30 Jahren hat das Bundesheer viele große Verbände verloren. Die Erinnerungen an vergangene Strukturen und Übungen mit der Miliz sind bei älteren Generationen noch lebendig, während die jüngeren Offiziere und Unteroffiziere kaum noch die Zeiten kennen, als der Grundwehrdienst acht Monate dauerte und Milizsoldaten an Truppenübungen teilnahmen. Der Vergleich mit dem „Frosch im heißen Wasser" verdeutlicht den schleichenden Verlust von militärischen Kernfähigkeiten und die Notwendigkeit einer umfassenden Kurskorrektur. 

Die Überlegungen zur Neuaufstellung des Bundesheeres begannen im Sommer 2020 mit einem Auftrag des nationalen Sicherheitsrates, die Zukunft des Bundesheeres, Bedrohungen und Reaktionsmöglichkeiten zu evaluieren. Ein Risikobild für das Jahr 2030 sowie Varianten des Streitkräfteprofils wurden erarbeitet. Im April 2021 wurde das Profil „Unser Heer“ implementiert. Dieses betont den gleichzeitigen Kampf in verschiedenen Domänen wie Land, Luft, Cyber und Informationsraum in ganz Österreich.

Fokus: Militärische Landesverteidigung

Gemäß dem Streitkräfteprofil „Unser Heer“ soll das Bundesheer den Kampf sowohl bei konventionellen als auch bei nicht-konventionellen Bedrohungen führen können. Eine vollmobile Truppe und die Fähigkeit zur raschen Reaktion sind dabei entscheidend. Ein Rückblick in die Geschichte zeigt, dass das Bundesheeres ab den 1990er Jahren auf Auslandseinsätze fokussiert war. Das führte zu einer starken Reduzierung und dem Verlust bestimmter Fähigkeiten. Die aktuelle Sicherheitslage erfordert eine Neuausrichtung, insbesondere im Hinblick auf die militärische Landesverteidigung.

Die Herausforderungen liegen nun vor allem auf den Ebenen Gruppe bis Kompanie, der gefechtstechnischen Ebene. Die Sicherung kritischer Infrastruktur und der Einsatz im urbanen Raum stehen dabei im Zentrum. Dazu benötigt es Durchhaltevermögen, Autarkie, Reaktionsgeschwindigkeit und Priorisierung bei der Aufgabenerfüllung.

Infrastruktur, Waffentechnologie und Mobilität

Generalmajor Hofbauer betonte die Notwendigkeit, dass die militärische Infrastruktur mit den neu bestellten Geräten und Ausrüstungen Schritt halten muss. Ein Beispiel ist die Beschaffung von 200 neuen Radpanzern „Pandur EVO“, für die entsprechende Abstellplätze (Garagen) erforderlich sind.

Ein weiterer Aspekt betrifft die Mobilität von Waffen wie dem Granatwerfer, der derzeit manuell betrieben wird. Im Bereich der taktischen Luftmobilität wird ein moderneres Flugzeug benötigt, da die aktuelle C130 nicht mehr auf dem neuesten Stand ist. Die Herausforderung liegt nicht nur in der Auswahl geeigneter Fahrzeuge, sondern insbesondere in der Anpassung der Infrastruktur an die Vielfalt der Ausrüstung und Bewaffnung, die je nach Einsatzprofil und Waffengattung unterschiedlich ist.

Die Mobilisierung des Bundesheeres ist eine große Aufgabe, da die Vorbereitung dazu mindestens zwei Monate erfordert. Die Einführung der Reaktionsmiliz ist ebenfalls nötig. Das Ziel ist es, in jedem Bundesland eine bis zwei Kompanien der Reaktionsmiliz zu etablieren, die innerhalb von 24 bis 48 Stunden einsatzbereit sind. Ein weiteres aktuelles Problem ist die fehlende Expertise in einigen Bereichen. Der Aufbau der Fliegerabwehr oder von anderen spezialisierten Fähigkeiten erfordert Zeit und kann nicht schnell realisiert werden.

Sicherheitspolitische Aspekte

Die sicherheitspolitische Analyse deutet darauf hin, dass sowohl für Europa als auch für Österreich die sicherheitspolitische Lage in den kommenden Jahren kritisch bleibt, ist Hofbauer überzeugt. Aus diesem Grund ist es notwendig, Fortschritte im Personalbereich zu erzielen, die Ausrüstung des Bundesheeres zu verbessern und Reaktionsfähigkeiten zu entwickeln. Fazit: „Das Bundesheer muss in einen kriegsfähigen Zustand versetzt werden, sowohl mental als auch technisch!“

Der stellvertretende Generalstabschef stellte klar, dass die militärische Landesverteidigung gegen überwiegend konventionell agierende Gegner sowie die Abwehr nicht-konventioneller Bedrohungen einen Rekonstruktionskern und die Sicherstellung zusätzlicher Kapazitäten erfordert. Deshalb wird die Luftraumsicherung in vertiefter grenzüberschreitender Kooperation mit Partnern durchgeführt. Zur Abwehr von Cyber-Bedrohungen und Informationsoperationen werden substanzielle Fähigkeiten aufgebaut. „Die Weiterentwicklung des Milizsystems ist zentral, um die Einsatzfähigkeit des Österreichischen Bundesheeres zur Landesverteidigung zu erhöhen“, meint Hofbauer. Diese umfasst die personelle und materielle Ausstattung der Milizeinheiten sowie die Intensivierung der Ausbildungs- und Übungstätigkeit. Zur Abwehr nicht-konventioneller Gegner und zur Stabilisierung konflikthaltiger Entwicklungen wird die konsequente Weiterentwicklung der Fähigkeiten angestrebt.

Auf einen Blick

Generalmajor Hofbauer verdeutlichte in seiner Analyse die umfangreichen Herausforderungen, die das Österreichische Bundesheer nun bewältigen muss, um seine Fähigkeit zur militärischen Landesverteidigung bis 2032 wiederherzustellen. Die Neuausrichtung betont die Notwendigkeit einer modernen, flexiblen und reaktionsfähigen Truppe, die gegen unterschiedliche Bedrohungen in verschiedenen Domänen gerüstet ist. Die eingeleiteten Maßnahmen zur Anpassung der Infrastruktur, Ausrüstung und Ausbildung entspreche dem Wunsch, auf die sich wandelnde Sicherheitslage vorbereitet zu sein. Die kommenden Jahre erfordern eine gemeinsame Anstrengung des Bundesministeriums für Landesverteidigung und des Bundesheeres, um nicht nur technologisch, sondern auch mental kriegsfähig zu werden. Hier gilt: „Die Realisierung der ambitionierten Ziele bis 2032 stellt eine Herausforderung dar, bei der Prioritäten und Ressourcen sorgfältig abgewogen werden müssen.“

Redaktion TRUPPENDIENST

 

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