• Veröffentlichungsdatum : 24.05.2017
  • – Letztes Update : 01.06.2017

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Jägerbataillon Salzburg "Erzherzog Rainer"

Martin Reichholf

Seit 2005 steht das Jägerbataillon Salzburg "Erzherzog Rainer" im Dienst der Landesverteidigung. Es knüpft dabei an die Tradition des k.u.k. Infanterieregiments 59 an, ein an Tapferkeit und Treue herausragender Verband der Monarchie. Neu formiert aus den Jägerbataillon 29 und 31, besteht es zum größten Teil aus Milizsoldaten.

Die Geschichte des „neuen” Jägerbataillons (JgB) Salzburg „Erzherzog Rainer“ begann im Jahr 2005. Alle Milizsoldaten, die für die Formierung in Frage kamen, konnten sich freiwillig zum Dienst im „neuen“ Verband melden. Daraus erklären sich auch der hohe Befüllungsgrad und die bis dato zu Tage getretene Leistungsbereitschaft dieser Mannschaft. Nach der Formierungsübung und weiteren drei Ausbildungs-Milzübungen kam in der Übung „Schutz 2014“ die Feuerprobe für die „Rainer“.

In dieser Großübung des Bundesheeres in Tirol, an der neben den drei westösterreichischen Milizverbänden zahlreiche weitere Verbände des Bundesheeres teilnahmen, war der Auftrag des JgBS der Schutz von strategisch wichtigen Objekten im Schwergewicht, wie dem Umspannwerk Fritzens-Wattens und Teilen der Hochleistungsstrecke der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) im Raum Inntal. Ziel dieser Übung war es, die Einsatzfähigkeit der Truppe zu überprüfen. 2014 wurde aufgrund bisheriger Übungsergebnisse bewiesen, dass das Jägerbataillon Salzburg, für alle seine Aufgaben voll einsatztauglich und bereit war, über die Grenzen der üblichen Belastbarkeit hinaus zu gehen.

Eine zu bewältigende logistische Herausforderung bei der „Schutz 2014“ war bereits die Übernahme der gemäß Organisationsplan vorhandenen Ausrüstung und der Kraftfahrzeuge, deren Beladung sowie die Unterbringung von nahezu 600 Soldaten im Mobilmachungsraum, durch die vorgegebenen knappen Zeitressourcen. Dass dies zeitgerecht bewerkstelligt werden konnte, zeugte von der Organisationsfähigkeit des Stabes.

Das Kader des Bataillons besteht zu 98 Prozent aus Milizsoldaten, die neben einer reichen militärischen Erfahrung zusätzlich viel ziviles Know-how mitbringen. Die Berufsfelder reichen im Offiziers- und Unteroffiziersbereich von Juristen, Medizinern, Ingenieuren über Poliere, Handwerkern aus allen Bereichen der Wirtschaft  bis hin zu IT-Experten. Mit der Übung „Schutz 2014“ erfolgte eine weitere Konsolidierung des Verbandes.

Vorstaffelung des Mob-Schlüsselpersonals

Am 5. Juni 2014 rückten der Bataillonsstab und das Mobilmachungsschlüsselpersonal in die Strucker-Kaserne in Tamsweg ein. Nach der Lageeinweisung begann man sofort damit, die Masse der Soldaten des Bataillons in Empfang zu nehmen. Besonders schwierig erwies sich dabei die Übernahme der Heeresfahrzeuge, da diese aus allen Teilen der Republik zusammengezogen werden mussten.

Diese wurden zuerst vom Kraftfahrunteroffizier (KUO) des mobilmachungsverantwortlichen Kommandos übernommen und dann den Einheiten übergeben. Schwierig gestalteten sich auch die Tätigkeiten in den Versorgungsgruppen der Kompanien, da sich (ausgenommen Stabskompanie und 1. Kompanie) aufgrund des Mangels an Fachunteroffizieren in der Miliz ein eklatanter Personalmangel bemerkbar machte. Durch das fortgeschrittene Dienstalter bei den verfügbaren Fachunteroffizieren der Miliz ist in den kommenden Jahren mit einer weiteren Verschärfung dieser Situation zu rechnen. Eine Lösung ist derzeit nicht in Sicht.

Einrückungstag „Schutz 2014“

Dieser begann mit Vorbereitungen um 0530 Uhr. Nach dem Einrücken und Ausfassen der persönlichen Ausrüstung konnte unverzüglich mit dem Abrücken in die jeweiligen Bereitstellungsräume begonnen werden. Diese wurden von den Soldaten zeitgerecht erreicht und bezogen. Danach wurde umgehend mit einer Lageeinweisung und der Ausbildung begonnen. Vorkommanden rückten gegen 1400 Uhr nach Schwaz in die Frundsberg-Kaserne ab, um Unterkünfte, Lager und die Zelte zu übernehmen.

Kurzer Übungseinblick

Am 10. Juni 2014 erfolgte um 0230 Uhr die Alarmierung, die Formierung des Marschpaketes und der Abmarsch in den Übungsraum. Dieses Vorhaben verlief reibungslos und - wider Erwarten - ohne Ausfälle. Nach Erreichen des Übungsraumes wurde sofort auftragsgemäß begonnen, die zugewiesenen Schutzobjekte zu sichern. Diese Objekte wurden im Sinne des § 2 Wehrgesetz übernommen. Die Bataillonsreserve (1. Kp) begann mit den nötigen Absprachen und dem Vorüben für den Einsatz der Reserve. Zu bemerken ist, dass das Bataillon eine Kompanie (2. Kp) an das Militärkommando Tirol (MilKdoT) abgeben musste.

Im Gegenzug erhielt das JgBS für Sicherungsaufgaben einen gemischten Zug, bestehend aus zwei „Leopard“-Panzern und vier „Ulan“Schützenpanzern. Als Beispiel der Handlungsfähigkeit und Situationselastizität der Truppe diente der Einsatz der Reserve beim Umspannwerk Fritzens-Wattens.

Aus dem Kommandotagebuch (KTB) der 1. Kp:

„Die Lage der Konfliktparteien bzw. die Lage der eigenen Kräfte im Kraftwerk Jenbach ist unbekannt, da seit längerer Zeit keine Verbindung möglich ist. Der mehrfache Versuch, eine Funkverbindung herzustellen, ist gescheitert. Zuletzt wurden verdächtige Personen, Schüsse oder auch eine mögliche Explosion in der Nähe des Kraftwerkes gemeldet.“ Die Bataillonsreserve befand sich in der Kaserne in Schwaz und war gerade von einem Auftrag zurückgekehrt, als sie erneut in den Einsatz geschickt wurde.

Die bewegliche Befehlsstelle des Bataillons stand in St. Margarethen/Schlierbach südlich von Jenbach. Westlich von Jenbach im Bereich Schloß Tratzberg befanden sich eigene Aufklärungsteile. St. Margarethen wurde der Reserve als sofortiger Nahverfügungsraum befohlen. Ausrücken konnten alle nicht gebundenen Teile - eineinhalb Züge und die Bataillonsreserve. Für die Reserve bedeutete dies ein Umrüsten von Fahrzeugen und ein Umdenken der Soldaten, die bei ihrem Einsatz immer wieder die „Zonen“ wechselten.

Westlich von Schwaz befand sich das Bataillon in einem Einsatz nach lit. a Wehrgesetz (militärischer Einsatz), ostwärts von Schwaz in einem Einsatz nach lit. b (SihpolAssE). Dies bedeutete, schwere Waffen (Maschinengewehr auf Lafette) entladen und im Fahrzeug versorgen, den Waffengebrauch auf Notwehr, Nothilfe beschränken. Im Nahverfügungsraum wurden die Soldaten durch die Versorgungsteile der Kompanie warm verpflegt, da diese seit der Früh im Einsatz standen. In dieser Zeit versuchte auch der Funktrupp der Kompanie mit seinem Funk-„Pinzgauer“ eine Verbindung zu den Teilen im Kraftwerk herzustellen, diese Versuche schlugen aber fehl.

Durch das Bataillonskommando erging der Auftrag an den Kompaniekommandanten die Lage im Kraftwerk zu erkunden, von dort Verbindung mit dem Bataillon herzustellen und zu melden. Aufgrund der mangelnden Nachtsichtfähigkeit (Vier Nachtsichtferngläser „Lucie“ pro Zug) entschied sich der Kommandant vor Einbruch der Nacht zu einem raschen Vorgehen und dem Ausnutzen der Überraschung gegenüber möglichen feindlichen subversiven Kräften. Zur eigenen Sicherung und Aufklärung der Annäherungsmöglichkeiten wurden die Scharfschützen (voll nachtsicht- und wärmebildtauglich) in Marsch gesetzt. Diese bezogen Beobachtungsstellungen bei einer holzverarbeitenden Firma direkt angrenzend an das Kraftwerk Jenbach. Als Anfahrtsweg wurde der kürzest mögliche Weg durch Jenbach gewählt.

Dies hatte drei Gründe:

  • Eine verdeckte Zufahrt bis nahe an das Objekt war möglich
  • Im südlichen Bereich des KW Jenbach war der Haupteingang, an dem sich schnell Verbindung aufnehmen ließ und im Norden war nur ein kleines versperrtes Tor mit einer Streife
  • Die nördliche Straße führte direkt zum Schloß Tratzberg, was zur Verwirrung der eigenen Kräfte hätte führen können, wenn hier ein Zug in der Dämmerung ansetzen würde. 

Nachdem die Scharfschützen ihre B-Stellen bezogen hatten, wurde der Marschbefehl an alle Teile gegeben. Aufgrund der Dunkelheit wurde auf eine einfache Kampfführung geachtet, um die Teile leichter führen zu können. Als Ablauflinie diente die Innbrücke, als Absitzpunkt (ein Zug) der Baumarktparkplatz (Innbrücke, erster KV links, ca. 1,5 km), für die Kräfte im Norden (ein Halbzug) zum Abriegeln die zweite Querstraße rechts nach der Kirche (Innbrücke, zweite Kreuzung links der Kirche, ca. 500 m zweite Querstraße rechts).

Vom Absitzpunkt, wo die abgestellten Fahrzeuge durch die Kraftfahrer bewacht wurden und auf das Nachziehen warteten, wurden von den B-Stellen die letzten Lageinformationen eingeholt. Diese meldeten sowohl den Anmarschweg, den Abflusskanal des Kraftwerkes als auch die angrenzende freie Fläche im Westen als „frei“. Vom Absitzpunkt wurde mittels gesichertem Fußmarsch die Strecke aus Jenbach heraus bis zum Tor rasch überwunden. Auch die Kontaktaufnahme mit den eigenen Teilen gelang sehr schnell. Hier endet der Übungseinblick in den Beginn der Übung Schutz 2014, die wesentliche Erkenntnisse für das Bataillon erbrachte, deren Umsetzung und weitere Vertiefung auch Inhalt nachfolgender Ausbildungen und Übungen war und weiterhin sein wird.

Vertiefung des Gelernten

Im Jahr 2016 stand wieder eine Übung am Programm. Das Motto lautete: „Vertiefung der Erkenntnisse“. Im November 2016 begann die Ausbildung an Waffen und Gerät, gleichsam eine Wiederholung der Grundausbildung im Schnelldurchlauf. Dabei war es wichtig, die Fertigkeiten an den Waffen des Bataillons zu automatisieren. Neben dieser Ausbildung an P80, StG77 und PAR66 gab es auch eine Einweisung in Nahkampfmethoden. Ein mitunter abwechslungsreicher Ausbildungsblock, der wie im Fluge verging.

An dieser Ausbildung nahmen alle Teile des Bataillons teil, da es wahrscheinlich ist, dass im Einsatz jeder Einzelne in eine derartige Kampfsituation kommen kann und sich auch im Zweikampf Mann gegen Mann „mit bloßen Händen“ verteidigen können muss. In Summe wurden alle Ausbildungsvorhaben positiv abgeschlossen. Davon konnte sich neben dem Militärkommandanten von Salzburg, Brigadier Heinz Hufler, auch der Chef des Generalstabes, General Othmar Commenda, während eines Truppenbesuches überzeugen.

Ausblick

Durch die neuerliche Umformierung der Verbände des Bundesheeres, kommen auf das Jägerbataillon Salzburg Veränderungen zu. Zum einen wird der Organisationsplan dahingehend verändert, dass aufgrund der Bedrohungslage die Bataillone der Miliz zu eigentlichen Wachbataillonen umgegliedert werden. Das zieht den Verlust der schweren Waffen im Bataillon nach sich.

Das Jägerbataillon Salzburg „Erzherzog Rainer“ ist ein einsatzbereiter Milizverband des Österreichischen Bundesheeres. Verwurzelt in der Tradition des IR 59, versucht dieser Verband, sich den permanent ändernden Verhältnissen anzupassen und die gestellten Aufträge der vorgesetzten Kommanden zu erfüllen. Die dargestellten Defizite, vor allem im Bereich der Überalterung des Milizkaders, müssen im Sinne der Erhaltung und Förderung der Einsatzbereitschaft  dringend ausgeglichen werden. 

Vzlt Mag. Martin Reichholf ist Gruppenleiter Jugendwohlfahrt Bezirkshauptmannschaft Zell am See, Dienstführender Unteroffizier JgBS.

 

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