• Veröffentlichungsdatum : 01.03.2021

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Militärmuseum Belgrad: Zeitreise durch die Militärgeschichte Serbiens

Michael Ellenbogen

Die oberhalb der Mündung der Save in die Donau gelegene Festung Kalemegdan ist das wohl charakteristischste Wahrzeichen Belgrads. Der etwa 50 Meter hohe Hügel wurde bereits von den Römern und Byzantinern militärisch genutzt. Die Festung wurde im 15. Jahrhundert errichtet und im 17. und 18. Jahrhundert erweitert. In einem der repräsentativsten Gebäude der Anlage, das in den 1920er-Jahren nach Entwürfen des russischen Architekten Nikolai Vasilijev erbaut wurde, ist heute das serbische Militärmuseum untergebracht. 

Historische Institution

In dem Gebäude des Belgrader Militärmuseums war ursprünglich das Militärgeografische Institut der Jugoslawischen Armee untergebracht, das 1955 einen neuen Standort erhielt. Zwischen 1956 und 1959 erfuhr das Bauwerk eine Generalsanierung und wurde danach als neuer Standort für das Militärmuseum bestimmt.

Die thematische Struktur der Ausstellung beginnt bei der Eroberung der Balkan-Halbinsel durch slawische Stämme Anfang des 5. Jahrhunderts und endet mit dem Eingreifen der NATO-Streitkräfte im jugoslawischen Bürgerkrieg 1999. Insgesamt 15 Sammlungen bringen dem Besucher die militärhistorische Entwicklung dieser Region näher, dessen inhaltlicher Schwerpunkt zwischen 1919 und 1941 liegt. Einige Exponate aus dem Eigentum von Repräsentanten der jüngeren Geschichte, wie die Marineuniform des 1934 in Marseille ermordeten Königs Alexandar I. Karadordevic, zeigen die politische Fragilität des Königreiches Jugoslawien. Auch die Rolle Serbiens im Ersten Weltkrieg ist ein wesentliches Element bei der Aufarbeitung der historischen Entwicklung des Staates im 20. Jahrhundert. Davon zeugen unter anderem die Uniformen und Orden der Feldmarschälle Radomir Putnik und Živojin Mišic. Darüber hinaus wird die Epoche der ersten serbischen Aufstände gegen die osmanische Herrschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts beispielsweise durch Originalflaggen authentisch dargestellt.

Zeit im Bild

Militärmaler erfüllten früher die Aufgabe, kriegshistorische Ereignisse für die Nachwelt zu erhalten. Diese Männer nahmen als Soldaten am Kriegsgeschehen teil und profilierten sich gleichzeitig als Künstler, indem sie militärische Motive in ihren Werken verewigten. Die aktuelle Ausstellung: „Die Arbeiten der Kriegsmaler 1912 bis 1918 aus den Beständen des Belgrader Militärmuseums“, befasst sich mit diesem Thema.

Bei der wissenschaftlichen Arbeit der hauseigenen Historiker standen in den vergangenen Jahren verschiedene Gedenkanlässe der Jahre 2018 und 2019, wie jene der „Verteidigung gegen die militärische Intervention der NATO“ oder die Jubiläen 100 Jahre Ende des Ersten Weltkrieges sowie 75 Jahre Ende des Zweiten Weltkrieges im Vordergrund. Ein wichtiges Anliegen der Museumsleitung ist der Ausbau internationaler Kooperationen wie jene mit dem Königlichen Militärmuseum in Brüssel. Die Fachjury des belgischen Museums sprach der wissenschaftlichen Arbeit über Kampfuniformen, die einer der Kuratoren des Militärmuseums in Belgrad verfasst hatte, im Jahre 2007 eine hohe Anerkennung aus. Ebenso wird eine regelmäßige Zusammenarbeit mit ähnlichen Institutionen in Wien, Prag, Moskau und Sofia angestrebt.

Viele Exponate der Sammlungen des Belgrader Museums stehen bei der Forschungsarbeit von Militärhistorikern hoch im Kurs. Besonders archäologische Artefakte erwecken regelmäßig das Interesse bei der Erstellung wissenschaftlicher Publikationen. Das Gleiche gilt für die Waffenkollektionen aus verschiedenen Zeiträumen des 20. Jahrhunderts. Aufschlussreich und mit außergewöhnlichen Ausstellungsstücken ausgestattet sind die Sammlungen militärischer Ausrüstungen westeuropäischer Staaten im 19. Jahrhundert sowie jene aus den Balkanländern und anderer Streitkräfte. Sehenswert ist auch die Sammlung der Militärtechnologie nach 1945, in der Teile der Bewaffnung der Jugoslawischen Volksarmee zu sehen sind.

 

Schwere Waffen

In jeder Weise faszinierend ist die große Anzahl der vor dem Museum im Freien ausgestellten Geschütze und Panzer. Zu den imposantesten Artefakten zählen der 30,5-cm-Škoda-Mörser der österreichisch-ungarischen Armee und der französische Renault FT-Panzer aus dem Ersten Weltkrieg, der von der jugoslawischen Armee noch während des Balkanfeldzuges 1941 eingesetzt wurde. Die deutschen Panzerkampfwagen I bis IV erweitern das reichhaltige Repertoire genauso wie ein Exemplar der bekannten deutschen 8,8-cm-Fliegerabwehrkanone sowie des sowjetischen Kampfpanzers T-34, der nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Jugoslawien produziert wurde.

Auf einen Blick

Dem Besucher des Belgrader Militärmuseums wird die facettenreiche Geschichte Serbiens mit den bewaffneten Konflikten auf dem Balkan im Laufe der vergangenen 14 Jahrhunderte in einer authentischen Weise nähergebracht. Die Museumsleitung bietet nicht nur Führungen für Zivilisten an, sondern empfängt auch regelmäßig militärische Delegationen aus aller Welt. Die Anzahl der Exponate wird durch Schenkungen von Privatpersonen oder befreundeten Militärmuseen stetig erweitert. Die Einrichtung untersteht dem Ressort für Tradition, Veteranen und Personal des Verteidigungsministeriums der Republik Serbien.

Fazit: Bei einer Stadtrundfahrt durch die serbische Metropole darf die Besichtigung dieses Museums nicht fehlen, auch weil sie zu den wichtigsten kulturellen Einrichtungen des Balkanstaates zählt.

Michael Ellenbogen, MA; freier Journalist.

 

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