• Veröffentlichungsdatum : 09.11.2017

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  • 484 Wörter

Militärisch-Industrieller Komplex?

Dieter H. Kollmer (Hrsg.)

Rüstung in Europa und Nordamerika nach dem Zweiten Weltkrieg

311 Seiten, 16,5 x 24 cm, broschiert

€ 24,80

ISBN 978-3-7930-9808-9

Rombach Verlag, Freiburg 2015

Aufgedeckte Missstände bei der Beschaffung von Rüstungsgütern für die Bundeswehr schrecken die deutsche Öffentlichkeit immer wieder kurzfristig auf. In den Diskussionen werden häufig Argumente und Begriffe aus der Zeit des Kalten Krieges verwendet, die bereits damals nur bedingt der Realität entsprachen. So ist zum Beispiel der Begriff des „Militärisch-Industriellen Komplexes“ für die Verhältnisse in Deutschland bis zum heutigen Tag unpassend. Bisher ist jedoch weder in der Politik- noch in den Sozialwissenschaften ein Modell entwickelt worden, das den „Militärisch-Industriellen Komplexes“ erklärt.

Das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr beschäftigt sich mit Fragen der Rüstungsgüterbeschaffung und einer gemeinsamen europäischen Sicherheitspolitik. Das vorliegende Buch ist die erste Publikation im deutschsprachigen Raum, die multinational, multiperspektivisch und komparatistisch die Entwicklung der Rüstung und Rüstungsgüterbeschaffung in Europa und in den USA während des Ost-West-Konfliktes nachvollzieht. Der Herausgeber Dieter Kollmer ist Bundeswehr-Offizier, Historiker und Fachprojektleiter „Geschichte der Bundeswehr“ am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr sowie Lehrbeauftragter an der Universität Potsdam.

Der Sammelband ist in fünf Kapitel gegliedert, die ihrerseits wiederum in zwei bis drei kleinere Unterkapitel unterteilt sind. Im ersten Kapitel „Supermächte“ schreiben die Autoren über den „Militärisch-Industriellen Komplex“ der Supermächte. Im ersten Beitrag werden die Anfänge des Konzeptes in den Vereinigten Staaten von Amerika beschrieben, die verdeutlichen, dass der Militärisch-Industrielle Komplex nicht urplötzlich während des Zweiten Weltkrieges oder im Kalten Krieg entstand. Das System entwickelte sich vielmehr während des Revolutionskrieges und ist durch eine jahrzehntelange Kontinuität geprägt. Der zweite Beitrag gibt einen Einblick in den Umfang, die Struktur und das Leistungsvermögen des Militärisch-Industriellen Komplexes in der Sowjetunion.

Im Kapitel „Mittelmächte“ wird das britische System und die Rüstungspolitik Frankreichs analysiert. Der Rüstung der ehemaligen beiden deutschen Staaten ist ein weiteres Kapitel gewidmet. Wobei die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik (DDR) dargestellt werden. Gemeinsam untersuchen die Autoren die Situation der Rüstungsgüterindustrie beziehungsweise die „spezielle Produktion“, wie die Industriesparte in der ehemaligen DDR benannt wurde.

Ein weiteres Kapitel „Kleine und Neutrale“ ist den Rüstungsindustrien der neutralen und kleinen Staaten Österreich, Schweiz, Schweden und Dänemark gewidmet. Aus österreichischer Sicht interessant ist die Einschätzung der österreichischen Rüstungsindustrie zwischen Eigenbedarf und Export, geschrieben von Dr. Erwin Schmidl. Dem Autor dieses Beitrages gelingt es dabei auf rund 23 Seiten das Wesen der österreichischen Rüstungsindustrie perfekt zu skizzieren und die wunden Punkte dieses Industriezweiges unter anderem in den Unterkapiteln „Das zweifelhafte Erbe - und das fehlende Geld“, „Teures Spielzeug? Raketen und Abfangjäger“, „Verbotene Waffen? Raketen und weitreichende Kanonen“ und „Österreichische Rüstungsproduktion und die Frage der Exporte“ verständlich zu entlarven.

In dem abschließenden Kapitel „Gegenwart und Zukunft“ wird ein Blick auf die Gegenwart und die Zukunft sowie auf Chancen und Grenzen des europäischen Rüstungsmarktes im 21. Jahrhundert geworfen. Insgesamt gesehen, gewinnt man als Leser des Sammelbandes einen klaren Blick auf den Zusammenhang zwischen Rüstung, Politik und Wirtschaft.

-pö-

 

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