• Veröffentlichungsdatum : 24.05.2019
  • – Letztes Update : 23.05.2019

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Illegale Substanzen

Thomas Angerer

Drogen sind unvereinbar mit dem Dienst an der Waffe. Der Sanitätsdienst des Österreichischen Bundesheeres kontrolliert routinemäßig seine Soldaten auf Drogenkonsum. Zusätzlich setzt das Bundesheer auf Aufklärung und Hilfestellung bei Drogenmissbrauch.

 

Das Österreichische Bundesheer sieht es als eine zentrale Aufgabe an, den Missbrauch von Drogen zu unterbinden und Präventionsmaßnahmen zu setzen. Die Sanitätselemente in den Kasernen sind mit Drogenschnelltests (Urineintauchschnelltests) ausgestattet, die einen raschen Nachweis über den aktuellen Konsum dieser Substanzen geben. Dies geschieht bei der Einstellungsuntersuchung der Grundwehrdiener und bei der Sicherheitsüberprüfung des Kaders. Neben dem Erfassen der Daten bedarf es weiterer Kontrollen aller Soldaten im Präsenzstand. Nicht nur die Sanitätsunteroffiziere, sondern speziell die Kommandanten sollen sensibilisiert werden. Denn die Beeinträchtigung durch Drogen und das Führen von Waffen sind unvereinbar!

Missbrauch (Abusus)

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert den Begriff „Missbrauch einer Substanz“ als: „Die Einnahme ohne medizinische Indikation oder in überhöhter Dosis“. Für Alkohol gelten besondere Verhältnisse: Er ist in Nahrungs- und Genussmitteln enthalten, wodurch eine Aufnahme von Alkohol teils unbewusst stattfindet. Ein Missbrauch von Alkohol besteht deshalb bei bewusster überhöhter Einnahme.

Geschichte der Drogen

Drogen einzunehmen, kann der Wunsch sein, aus der Realität entfliehen zu wollen. Schon zur Zeit der Mittelsteinzeit fand die Droge Opium (Mohnsaft) ihre Anwendung. Bis ins 19. Jahrhundert wurden einige Substanzen auch in der österreichischen Volksmedizin oder bei kultischen Handlungen von Priestern oder Schamanen angewendet. Im Waldviertel war Opium zwischen 1910 und 1970 in Form von „Mohnsaftschnullern“ für die „Beruhigung“ der Kleinkinder verbreitet. In Südamerika war und ist die Essenz des Coca-Strauches immer noch beliebt. Entdecker und Wissenschaftler der Neuzeit bemühten sich, aus den Rohsubstanzen der Drogen die Wirkstoffe zu isolieren (Alkaloide). Besondere Entdeckungen waren Morphin (1805), Coffein (1820), Nikotin (1828), Atropin (1833) und Kokain (1859). Diese Substanzen wurden künstlich herstellbar und verfügbar. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnten diese synthetisch hergestellten Substanzen in Apotheken und Drogerien gekauft und als Heilmittel verwendet werden.

Panzerschokolade

Im Ersten Weltkrieg wurden den Soldaten chemische Drogen ohne deren Wissen in ihr Essen gemischt, um sie wach und „kampflustig“ zu halten. Die Substanzen Amphetamin und MDMA (heute Ecstasy) wurden von der deutschen Chemiefabrik Merck 1914 als Appetitzügler patentiert. Im Zweiten Weltkrieg, ab Dezember 1939, lieferten die Berliner Temmel-Werke das Präparat Pervitin an das Heer und die Luftwaffe. Dieses Präparat wurde umgangssprachlich als „Panzerschokolade“ bezeichnet.

Gegenwart

Aktuell hat sich der Drogenmarkt speziell in Europa auf die klassischen Drogen wie Heroin, Kokain und der billig herzustellenden synthetischen Drogen wie Crystal-Meth verlagert. Die Besonderheit der gegenwärtigen Situation wurde von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht zusammengefasst. Grundprobleme sind sowohl die anhaltende ständige Verfügbarkeit als auch die laufend neuen psychoaktiven Substanzen. Alleine im Jahr 2016 wurden 66 neue Substanzen entdeckt.

Testmethode

Zum Nachweis von Drogen oder Drogenkonsum werden in der Regel Einzel- oder Multitests verwendet. Die Anforderung der Tests richtet sich nach den Probenmaterialien. Beim Bundesheer werden dazu Urin-, Speichel-, Blut- (Serum, Plasma) oder im Falle von Alkohol auch Atemluftproben verwendet. Die Schnelltests funktionieren nach dem gleichen Prinzip. Die Patientenprobe (Urin) wird auf die Testplatte aufgebracht und „wandert“ durch die Kapillarkräfte auf dem Teststreifen entlang. Die Drogen werden von goldkonjugierten Antikörpern erkannt, gebunden und erzeugen das Testresultat.

Betrug durch falschen Urin

Die Urinabnahme erfolgt unter Aufsicht, denn von den Testpersonen werden unterschiedliche Verschleierungstechniken angewandt, um das eigene Fehlverhalten zu verbergen. Dazu können sogar „künstliche Urin-Sets“ gekauft werden. Diese Enthalten beispielsweise: gelben synthetischen Urin im Infusionsbeutel, einen leeren Infusionsbeutel zum Üben, einen Schlauch, ein Hautpflaster, einen Thermobeutel oder -hose (der den vorher erwärmten „Fake-Urin“ warm hält). Für Männer gibt es, das „künstliche Penis-Set“. Das ist ein aus Weichkunststoff hergestellter Penis mit integriertem Leitungssystem für künstlichen Harn. Neben umfassenden Manipulationsanleitungen werden im Internet unterschiedliche Produkte an „Kunsturin“ angeboten, die bei der Testung ebenfalls ein falsches Testergebnis vortäuschen.

Überblick Drogen

Haschisch - Cannabis

Diese Droge gehört zur Pflanzenfamilie der Hanfgewächse. Die verwendeten Pflanzenteile sind Blätter, Blüten und das Harz der Blätter. Die entscheidende chemische Substanz unter den etwa 400 Inhaltsstoffen ist das Tetrahydrocannabinol (THC). Auf dem Schwarzmarkt auch unter dem Begriff „Hasch“ oder „Gras“ bekannt. Die Wirkung ist vornehmlich abhängig von der persönlichen Befindlichkeit und den äußeren Einflüssen. Bei der Einnahme werden Gefühle wie Heiterkeit, Kältegefühl, Gliederschwäche, Verfeinerung der Sinneswahrnehmung, trockener Rachen und Esslust erlebt. THC ist fettlöslich und lagert sich in fetthaltigen Geweben wie auch im Gehirn, dem Nervensystem oder in den Fortpflanzungsorganen (Hoden und Eierstöcken) ab und wird hieraus nur sehr langsam wieder abgebaut und ausgeschieden. THC ist bei einmaligem Konsum über Tage, bei regelmäßigem Konsum bis zu Monaten nachweisbar. Der Missbrauch führt zu verringerter Spermienbeweglichkeit, einer Störung des Menstruationszyklus, Herzrhythmusstörungen, Veränderung des Blutdruckes und eventuell zu Schizophrenie ähnlichen Psychosen. Die Toxikologie führt bei Überdosierung zu räumlicher und zeitlicher Desorientierung, Angstgefühlen, starken Stimmungsschwankungen, Halluzinationen und Sehstörungen. Der chronische Missbrauch kann zur psychischen Abhängigkeit führen. Die Gefahr für Frauen ein mongoloides Kind zu gebären ist bei Haschisch rauchenden Müttern etwa 100-mal höher als bei drogenfreien. Die Droge Cannabis unterscheidet sich in den Formen Haschisch und Marihuana. Unter Marihuana versteht man ein tabakartiges Gemisch aus getrockneten Blättern der weiblichen Exemplare der Hanfpflanze. Haschisch ist das reine unveränderte Harz aus den Blütenspitzen der Pflanze.

Heroin

Heroin ist eine atemdepressive Substanz und gehört in die Gruppe der Opiate. Die Wirksubstanz ist das Diacetylmorphin. Heroin wird gespritzt, geraucht, inhaliert, selten auch geschnupft wobei die Wirkung etwa vier Stunden anhält. Die Gefahren des Heroins bei kurzem Missbrauch sind Atemdepression bis hin zu Lähmungen des Atemzentrums mit Todesfolge, Bewusstlosigkeit oder Herzversagen. Der chronische Missbrauch führt zu psychophysischer Abhängigkeit. Bei Entzug zeigen sich massive körperliche Zeichen wie Schwitzen, rinnende Nase, Schlafstörungen, Gänsehaut, Muskelzuckungen, massives Hitzegefühl, Appetitlosigkeit, deutlicher Blutdruckanstieg, Fieber, Erbrechen und Durchfall. Nach körperlicher Entgiftung bleibt teilweise ein psychisches Verlangen aufrecht.

Kokain

Kokain ist ein Extrakt aus den Blättern des Coca-Strauches, der ursprünglich aus Südamerika stammt. Durch chemische Isolierung entsteht ein kristallines, weißes Pulver. Kokain ist ein Aufputschmittel, das auch Coca, Coce, Koks oder Schnee genannt wird. Es wird geschnupft, geraucht, inhaliert oder gespritzt. Die Gefahren bei Missbrauch sind Magen-, Muskelschmerzen, Reizbarkeit, Depression, Angstzustände, psychotische Episoden, Krämpfe, Kreislaufdysregulationen, Atemkollaps und Tod durch Überdosis. Gefahren bei chronischem Missbrauch sind psychische Abhängigkeit, Desinteresse, Verfolgungswahn, Abmagerung, Entzündung der Nasenschleimhaut und Schäden an Blutgefäßen. Der Entzug hat starke Entzugserscheinungen zur Folge. LSD Lysergsäurediethylamid (LSD) ist ein Halluzinogen, das oral konsumiert wird. Die Wirkung hält etwa acht bis zwölf Stunden an. LSD wird als kristallines Pulver, in Tabletten oder in Gelatine gelöst, angeboten. Die Tabletten werden aufgelöst, danach auf Würfelzucker oder LSD-Blotter (Löschpapier) getropft und geschluckt. Nach der Einnahme kommt es zu massiven Halluzinationen und Wahrnehmungsverschiebungen. Die Gefahren bei Missbrauch sind „Horror-Trips“, gepaart mit Panik, Wahnvorstellungen bis hin zu Todesangst. Nach Monaten des Entzuges kann es immer noch zum „Backflash“ kommen.

Alkohol

Ethanol, Ethylalkohol, Äthanol oder Äthylalkohol werden umgangssprachlich als Alkohol bezeichnet. Weitere chemische Verbindungen sind Methylalkohol oder Propylalkohol. All diese Verbindungen wirken berauschend. Methylalkohol ist giftig und führt in großen Dosen zum Tod, in geringen Mengen zu Blindheit. Eine Menge von etwa 30 bis 50 Gramm (1 Liter Schnaps mit 40 Prozent) kann tödlich sein. Bei Einnahme von Alkohol kommt es zu einem Erregungsstadium und einer erkennbaren Reduktion von Hemmungen. Die große Muskelkraft steigt eher an, bevor die betäubende Wirkung einsetzt. Die Leistungsfähigkeit verringert sich bei der Bewältigung komplizierter Aufgaben. Auch verminderte Selbstkritik ist eine Folge während des Alkoholkonsums. Missbrauch findet statt, wenn Alkohol eingenommen wird, um eine Situation herbeizuführen, die einen „unangenehmen Gefühlszustand“ beendet.

MDMA

Methylendioxy-N-methylamphetamin (MDMA) oder „Ecstasy“ ist eine oral eingenommene Designer-Droge. Sie bewirkt eine Bewusstseinsveränderung mit einer deutlichen Steigerung des Selbstwertgefühles und massiven Abbau der emotionalen Hemmungen. MDMA verändert den Puls, steigert den Blutdruck, führt zu erhöhter Körpertemperatur, Kieferkrämpfen, Depressionen und Verwirrung. Regelmäßige Einnahme führt zu Leberschäden und einer Schwächung des Herzmuskels. Häufig sind Wahnvorstellungen die zentrale Nebenwirkung. Die meisten Todesfälle sind bei Konsumenten während der überaktiven Phase verbunden mit Flüssigkeitsverlust und gesteigerter Körpertemperatur bis zu 40° C nachgewiesen. Es kommt zum Zusammenbruch und zum Tod. Bei der Herstellung dieser Drogen können die Konzentrationen der Inhaltsstoffe massiv um bis zu 200 Prozent schwanken, was eine zusätzliche Gefahr mit sich bringt.

Erstkontakt mit Drogen

Zu diesem Thema wurde für eine Abschlussarbeit der Gesundheits- und Krankenpflegeschule des ÖBH an zwei Einrückungsterminen in einer niederösterreichischen Kaserne eine Befragung durchgeführt. Dabei wurden 378 Personen befragt. Der erarbeitete Fragebogen wurde mit den Berufskollegen im örtlichen Krankenrevier erörtert, abgesprochen und einem militärinternen Bewilligungsverfahren zugeführt. Insgesamt waren zwölf Fragen zu beantworten, die hier auszugsweise dargestellt werden:

  • Hatten Sie schon einmal Kontakt mit illegalen Substanzen?
    54 Prozent bestätigten, Kontakte mit illegalen Substanzen vor dem Einrücken gehabt zu haben, 46 Prozent verneinten diese Frage.
  • Würden Sie Hilfe annehmen, wenn man Ihnen diese beim Bundesheer anbietet?
    32 Prozent gaben an, das Angebot anzunehmen und 68 Prozent würden es ablehnen.

Die Antworten zeigen, dass die Mehrheit der Befragten bereits vor dem Einrücken Kontakt mit illegalen Substanzen hatten. Etwa ein Drittel würde Hilfe annehmen.

Hilfe und Prävention

Der Dienst im Österreichischen Bundesheer stellt eine besondere Herausforderung dar. Neue Eindrücke und Erlebnisse müssen verarbeitet werden. Die ungewohnte Umgebung und die Anforderungen werden oft als belastend erlebt. Einige Beispiele hierfür können sein: Probleme mit Kameraden und Vorgesetzten, Sinnfrage, Beziehungsprobleme, Probleme mit der Sexualität, Eifersucht, Heimweh, Sorge um Angehörige, psychische Belastung. Ein Team aus psychologisch geschultem Personal steht allen Soldaten rund um die Uhr unter dem Help-Line-Service (Tel.: +43 (0) 50201/991656 oder +43 (0) 664 6221342) zur Verfügung, das anonym und vertraulich hilft. Das Krankenrevier kann die Hilfesuchenden ebenfalls an entsprechende Betreuungsstellen (z. B. Familienberatung, Drogenberatung) weitervermitteln. Auch direkt bei der Truppe gibt es Betreuung. So können die Brigade-Psychologen und auch Peers (Personen für Krisenintervention) vor Ort in den Kasernen unterstützen. Neben der Betreuung durch Heerespsychologen steht ebenfalls die traditionelle Möglichkeit der Hilfe durch die Militärseelsorge zur Verfügung. Dieses Bündel an Unterstützung bietet das ÖBH für Betroffene und Grundwehrdiener an, um rasche unbürokratische Hilfe zu bieten, für ein Leben ohne Beeinträchtigung durch Drogen. 

Offiziersstellvertreter Thomas Angerer ist diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Notfallsanitäter sowie Sanitätsunteroffizier des Aufklärungs-Artilleriebataillons 4.

 

Dieser Artikelserie liegen die Abschlussarbeiten des Lehrganges „Das Basale und Mittlere Pflegemanagement“ zugrunde. Dieser Lehrgang bereitet den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege auf die Leitung einer Station oder Funktionseinheit in Einrichtungen des Gesundheitswesens vor. Diese Ausbildung wird an der Gesundheits- und Krankenpflegeschule des ÖBH durchgeführt. Die gesamte Abschlussarbeit liegt in der Bibliothek der Gesundheits- und Krankenpflegeschule des ÖBH auf.

 

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