• Veröffentlichungsdatum : 03.08.2016
  • – Letztes Update : 18.08.2016

  • 5 Min -
  • 980 Wörter

Die Waffenschmiede Kroatiens

Michael Ellenbogen

Das traditionsreiche Unternehmen in Slavonski Brod feierte am 8. Juni 2016 sein 95jähriges Jubiläum mit einem Festakt und einer umfassenden Ausstellung im Zentrum der Hauptstadt Zagreb. Die Errichtung des Werkes im Jahr 1921 vollzog ein heute noch existierendes österreichisches Bauunternehmen.

Von der Waggonfabrik zum Stahlkonzern

Das nach Duro Dakovic (ehemaliger Führer „Bund der Kommunisten Jugoslawiens“) benannte Unternehmen wurde am 17. Februar 1921 in Slavonski Brod (dt. Slawonisch Brod) gegründet.

Die Hauptaufgabe des Betriebes sollte nach dem Willen seiner Aktionäre die Herstellung von Lokomotiven, Waggons, Schienen, Brücken und Industrieanlagen im noch jungen südosteuropäischen Staat, dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, sein. Am Anfang bildete die Produktion und die Reparatur von Eisenbahnwaggons die wichtigste Geschäftstätigkeit. Auch das Bahnnetz musste ausgebaut werden. Die jugoslawischen Staatsbahnen bestellten daher Güter- und Personenwagen und später Lokomotiven.

Die Produktionszahlen steigerten sich von Jahr zu Jahr. Bereits im Jahr 1923 beschäftigte das Unternehmen 1.200 Mitarbeiter. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges entwickelte sich „Duro Dakovic“ zu einem der größten und wichtigsten Industriebetriebe Jugoslawiens. Nach schweren Beschädigungen des Werkes durch die Kampfhandlungen im Zweiten Weltkrieg wurde die Produktion erst im Jahr 1947 wieder aufgenommen. Die Produktpalette konzentrierte sich zunächst wieder auf Lokomotiven und Waggons, später produzierte das Werk auch Brücken, Kräne, Dampfkessel, Industrieanlagen und Turbinen für Kraftwerke.

Ab den 1950er Jahren wurden Kooperationsverträge mit weltbekannten Unternehmen wie Babcock Wilcox, Krupp, General Motors, Wanson (heute Deconinck-Wanson), Deutz-Fahr, um nur einige zu nennen, abgeschlossen.

Der größte Rüstungsbetrieb im ehemaligen Jugoslawien

Im Jahr 1981 wurde nach dem Abschluss eines Lizenzvertrages mit der sowjetischen Rüstungsfirma „Uralwagonsawod“ ein neuer Produktionszweig begründet: Die Herstellung von Kampfpanzern des russischen Typs T-72, die als „M-84“ mit wesentlichen technischen Verbesserungen für die Jugoslawische Volksarmee (JVA) und für den Export erzeugt wurden.

Heute nennt sich der Rüstungsbereich der in Slavonski Brod beheimateten Firma „Duro Dakovic Specijalna vozila d.d.“, was so viel heißt wie „Duro Dakovic Spezialfahrzeuge Aktiengesellschaft“. Ein Mitglied des Vorstands der Firma, Darko Grbac, lässt die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte Revue passieren:
 „Wir haben diesen Panzer [M-84; Anm.] technisch weiterentwickelt und dafür ein eigenes Konstruktionsbüro gegründet. Aus den vielfältigen Verbesserungen sind neue Varianten und Modelle des Kettenfahrzeuges entstanden. Dieser Umstand war gerade während des Befreiungskrieges bedeutsam, als Kroatien mit einem Waffenembargo belegt wurde.“

Alle Baugruppen wie die Zielvorrichtung, Bewaffnung, Panzerung, Kommunikationselektronik und die Bewaffnung wurden optimiert. Die Serienproduktion des Kampfpanzers orientierte sich nach dem Bedarf der ehemaligen JVA ebenso wie nach den Bestellungen ausländischer Kunden. Während der 1990er Jahre wurden 149 Kampfpanzer M-84 AB an die Armee des Emirates Kuwait geliefert. Das war der größte Exportauftrag, den das Werk bis heute erhalten hat.

Ein kroatisches Unternehmen

 

Mit dem Ausbruch des Bürgerkrieges 1991 konzentrierte sich die Panzerproduktion auf den Bedarf der kroatischen Armee. Viele der im Werk befindlichen Fahrzeuge wurden den Streitkräften übergeben. Die teilweise jungen Mannschaften wurden von Werksmitarbeitern mit der Handhabung der Panzer vertraut gemacht. Erbeutete und durch die Einsätze beschädigte Fahrzeuge dieses Typs wurden in den Werkhallen instandgesetzt. Der M-84 war von Anfang ein von „Duro Dakovic“ eigenständig entwickelter Kampfpanzer, dessen Baureihen immer wieder den technischen Standards angepasst wurden.

Das Fahrzeug zählt gegenwärtig zu den Spitzenprodukten im Panzerbau weltweit. „Während der Bürgerkriegsjahre richteten wir die Konstruktions- und Produktionskapazitäten nicht nur auf den Bau von gepanzerten Kettenfahrzeugen aus, sondern bauten auch Raketenwerfer, Panzerabwehrwaffen und Spezialgeräte zur Verlegung von Minen“, erinnert sich Darko Grbac. Der M-84 A4 ist eine weiter Verbesserte Version des M-84 mit neuer Tag-Nachtsicht-Optik, verbesserten Sensoren für die Höhen- und Seitenrichtung, besseren Motoren aus deutscher Produktion und einem modernen Kommunikationssystem der Firma Racal. Der M-84 A4 wurde in großen Stückzahlen hergestellt und steht nicht nur bei den kroatischen Streitkräften in Verwendung, sondern auch in den Armeen Sloweniens, Serbiens sowie Bosnien und Herzegowinas.

M-95

Im Jahr 2000 stellte „Duro Dakovic Specjialna Vozila“, kurz DDSV, die erste kroatische Eigenentwicklung der Öffentlichkeit vor: den Kampfpanzer M-95 „Degman“, der über eine Mehrschichtpanzerung mit Silikateinlagen sowie reaktive Panzerplatten verfügt.

Der Besatzung stehen außerdem eine Kommunikations- und Feuerleittechnologie zur Verfügung, die westliche Standards erfüllen. Angetrieben wird das Kettenfahrzeug von einem 12-Zylinder-Dieselmotor mit einer Leistung von 735 kW (1.000 PS). Bislang wurden zwei Prototypen gebaut. Das kroatische Verteidigungsministerium hat über einen Ankauf des Panzers bis dato noch nicht entschieden.

Kooperationen mit Patria und Kongsberg

„Der Waffenmarkt hat sich in den vergangenen Jahren weltweit verändert. In vielen Armeen stehen die verschiedenen Typen und Versionen des russischen Kampfpanzers T-72 in Verwendung. Wir haben uns auf die Generalüberholung und die Modernisierung dieser Fahrzeuge spezialisiert,“ beschreibt der Leiter der Abteilung Spezialfahrzeuge bei „Duro Dakovic“ die gegenwärtige Firmenphilosophie.

Ein weiterer Meilenstein in der Unternehmensgeschichte ist die Kooperation mit dem finnischen Waffenproduzenten Patria und der damit verbundenen Herstellung eines der modernsten Radpanzer der Welt für die kroatischen Streitkräfte, dem Patria AMV 8x8. Die vielseitigen Ausrüstungsvarianten des Fahrzeuges sind auf die jeweiligen militärischen Einsatzvorgaben abgestimmt. Bis heute wurden von diesem Modell 1.400 Stück gebaut.

„Eines der wichtigsten Argumente, die für die Beschaffung dieses Fahrzeuges sprechen, ist die erfolgreiche Verwendung unter Kriegsbedingungen in Afghanistan sowie im Tschad. Wir bieten den AMV 8x8 im Paket mit verschiedenen Bewaffnungsvarianten und einem Wartungsvertrag auf Dauer der Einsatzzeit an“, sagt der Spezialist für Militärfahrzeuge, Darko Grbac.

Das Unternehmen Patria schätzt die Fertigungsqualität bei „Duro Dakovic“. Daher ist der kroatische Hersteller seit kurzem ein strategischer Partner der nordeuropäischen Firma und stellt in ihrem Auftrag Radpanzer für die Kunden des finnischen Konzerns her. Der Großbetrieb in Slavonski Brod hat in diesem Vertrag das Recht, den AMV 8x8 auf Drittmärkten eigenständig anzubieten und mit potentiellen Käufern als „prime contractor“ Verträge abzuschließen. Zudem wurde mit dem norwegischen Rüstungsbetrieb Kongsberg ein Kooperationsvertrag abgeschlossen, der die Basis für die Produktion fernbedienbarer Waffenstationen beinhaltet.

Großaufträge

Ein Großauftrag der Streitkräfte Kroatiens beinhaltet die Generalrevision aller in Verwendung stehenden M-84-Panzer. Dabei wird der technische Zustand sowie die damit verbundene Einsatzfähigkeit geprüft. Eine bestimmte Anzahl an Fahrzeugen wird auf Grundlage der Resultate einem Modernisierungsprozess zugeführt.
„Eines unserer wichtigsten Ziele ist es, auch in Zukunft strategischer Partner des kroatischen Verteidigungsministeriums zu bleiben“, so der oberste Repräsentant des Panzerproduzenten.

-emi-

 

Ihre Meinung

Meinungen (1)

  • Kauf Michael // 03.08.2016, 15:32 Uhr Sehr geehrte Redaktion!
    Ja, Kroatien ist ein viel kleineres Land als Österreich - warum haben wir unsere Panzer- und ähnliche Produktionen alle verkauft?! Ein weiterentwickelter Kürassier wäre m. E. eine ideale mobile Panzerabwehr, Bunkerknacker etc... sehr geeignet für Gebirgsregionen und Städtekampf. Der Pinzgauer fuhr bei uns schon in den 1970ern, und erst 20-30 Jahre später entdeckten US- und andere (Spezial-)Kräfte dessen Talente (dazu gibt es Videos, die man eher dem Trickfilmstudio zuordnet). Aber bei aller Friedensliebe, wir hätten schon stolz sein können - und nicht alles ins Ausland verkaufen müssen, sondern durchaus selbst die Geschäfte machen. Die Politik ignorierte und tut dies ja bis heute, wie die Welt - leider - wirklich ist...
    Beste Grüße, Michael Kauf, OltdRes