• Veröffentlichungsdatum : 07.03.2019

  • 3 Min -
  • 553 Wörter

Die Offiziere der Österreichischen Revolution

Christian FRECH, Markus PICHLER, Peter STEINER

Die Erste Republik und ihre Volkswehrleutnante

344 Seiten, 18,5 x 26 cm, gebunden mit Schutzumschlag, SW-Fotos im Bildanhang

€ 49,90

ISBN 978-3-902526-91-5

Verlag Militaria, Wien 2018

Mit Ausrufung der Republik Deutschösterreich stellte sich im Strudel der zusammenbrechenden Donaumonarchie sehr rasch die Frage nach einer bewaffneten Macht zum Schutz der jungen Republik und zur Durchsetzung gesamtstaatlicher Interessen. Durchziehende und oft marodierende Reste nunmehr „fremder“ Teile der alten k.u.k. Armee, Gebietsansprüche neu entstandener Nachbarstaaten, nationale Spannungen und soziale Spannungen ließen ein rasches Handeln unausweichlich werden. Logisch wäre es gewesen, die noch vorhandenen Strukturen der alten k.u.k. Armee zu nutzen. Eine ganze Reihe von Truppenkörper waren weitgehend geschlossen, bewaffnet und ausgerüstet im November 1918 heimgekehrt, die Ersatztruppenkörper und Anstalten waren (wenn auch aufgrund personeller Abgänge und lokaler Meutereien teilweise eingeschränkt) funktionsfähig geblieben. Doch die politische Lage entwickelte sich in eine andere Richtung. Der sozialdemokratische Abgeordnete (und Reserveoffizier) Julius Deutsch ergriff in Wien die Initiative und organisierte die Schaffung einer neuen, republikanischen Armee, der Volkswehr. Von tiefem Misstrauen gegenüber den als monarchistisch orientiert angesehenen k.u.k. Offizieren geprägt war eine wesentliche Forderung der Sozialdemokratie dabei die Schaffung eines neuen, republikanisch gesinnten Offizierskorps, das weitgehend aus dem Unteroffiziersstand hervorgehen sollte. Dieser Linie folgend wurden zwischen November 1918 und Jänner 1920 schließlich 122 „Volkswehrleutnante“ ernannt, wie die akribischen Nachforschungen der Autoren ergeben haben. Die Lebensläufe und Schicksale dieser Männer in der Monarchie, in der Ersten Republik, während des „Dritten Reiches“ und für einige sogar bis in die Zweite Republik werden im vorliegenden Werk auf Basis des vorhandenen Aktenmaterials beleuchtet und ausgewertet. Die Autoren setzen sich grundlegend mit der Entstehung der Volkswehr und dem damaligen politischen Umfeld auseinander, legen kompetent und verständlich die Organisation der Volkswehr dar und zeigen die zunehmende parteipolitische Einflussnahme auf das Militärwesen jener Tage auf. Eigene Kapitel sind der geografischen Herkunft und Altersstruktur der „Volkswehrleutnante“ gewidmet. Weit über den Bereich des Heerwesens der Ersten Republik hinaus interessant sind die Ausführungen zur Unteroffiziersausbildung in der k.u.k. Armee (die nicht in zentralen Schulen, sondern bei den einzelnen Truppenkörpern bzw. Einheiten erfolgte) und die Darlegung der damaligen Beförderungsmöglichkeiten. Erst während des Ersten Weltkrieges wurde mit dem Offiziersstellvertreter ein Dienstgrad für Stabsunteroffiziere geschaffen, der diese auch begrifflich besonders hervorhob: aufgrund der immensen Verluste an Offizieren füllten zunehmend qualifizierte Unteroffiziere die entstandenen Lücken an Führungspersonal auf Zugsebene anstelle von Fähnrichen bzw. Subalternoffizieren. 

Im Anschluss an die Biografien der Volkswehrleutnante werden in einem knappen Kommentarteil die Wandlung der sozialen Stellung des Offiziers von der Monarchie zur Republik und die Ergänzung des Offizierskorps zwischen 1918 und 1938 beleuchtet. Im Anhang findet sich dazu ein vollständiges Verzeichnis mit Datum der Ernennung zum Leutnant, dem (soweit eruierbar) Schicksal im Zweiten Weltkrieg und bei vielen sogar der letzte erreichte Rang im Bundesheer der Zweiten Republik. Das vorliegende, fundiert ausgearbeitete und gut dokumentierte Werk betrachtet nicht die Anfangszeit der Republik Österreich isoliert, sondern stellt mit großer Sachkenntnis sehr informative Bezüge zur umgebenden Geschichte her. Die Darstellung der Brüche und Kontinuitäten lässt erahnen, unter welch persönlich schwierigen Bedingungen und in welch Großteils ungewissem Umfeld die Offiziere ihr Leben und damit ihre Karrieren in einer Zeit tiefgreifenden Wandels meistern mussten. Mit „Die Offiziere der Österreichischen Revolution“ bringt der Verlag Militaria eine Reihe biografischer Nachschlagewerke zu ausgewählten militärischen und zivilen Themen aus der neueren Österreichischen Geschichte. Die Folgebände dieses sehr informativen Werkes dürfen also mit Spannung erwartet werden.

-heh-

 

Ihre Meinung

Meinungen (0)