• Veröffentlichungsdatum : 22.12.2017
  • – Letztes Update : 03.01.2018

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  • 578 Wörter

"Beweg´dich schlau!"

Konrad Tamegger

Zusammenhang von körperlicher Fitness und kognitiver Leistungsfähigkeit

Auch im militärischen Alltag bewegen wir uns in rasanten Schritten in Richtung „Arbeit 4.0“, in der die zukünftige Arbeitswelt als intelligente Vernetzung von Menschen, Maschinen, Objekten sowie der Informations- und Kommunikationssysteme skizziert wird. Damit verbunden, steigen die kognitiven Anforderungen an das Individuum.

Bereits heute sind viele militärische (Schlüssel-)Aufgaben (zum Beispiel Gefechtsfeld-/Luftraumüberwachung) mit hohen kognitiven Leistungsanforderungen verbunden. Übersehene oder falsch interpretierte Informationen, ein verzögertes bzw. eingeschränktes Reaktionsvermögen, zu spät oder falsch getroffene Entscheidungen sind typische Beispiele kognitiver Fehlleistungen.

Diese können im „besten“ Fall die Gesundheit von Soldaten gefährden, im schlimmsten Fall kosten sie Menschenleben. Auch die Weiterentwicklung der infanteristischen Ausrüstung insgesamt erfordert in zunehmendem Maße die Integration von immer komplexer werdenden Führungs-, Informations- und technischen Unterstützungssystemen. Damit wird das kognitive Leistungsvermögen - neben der als Grundvoraussetzung des soldatischen Handelns erwarteten körperlichen Leistungsfähigkeit - in allen Bereichen des militärischen Alltages von immer größerer Bedeutung.

Eine bestimmte bzw. geforderte „Leistungsfähigkeit“ bedeutet aber immer auch den Erwerb und Erhalt dieser „Fähigkeit“. Was also tun, um „fit for the job“ zu sein? Die gute Nachricht ist: Die Fachwelt ist sich darüber einig, dass körperliche Fitness und Bewegung auch die kognitive Leistungsfähigkeit optimiert. Salopp ausgedrückt: „Bewegung macht schlau“!

Bestand noch vor einigen Jahren ein Konsens darüber, dass im menschlichen Gehirn keine neuen Nervenzellen gebildet werden können und der Stoffwechsel sowie die Durchblutung unabhängig vom restlichen Körper abläuft, so ist diese Ansicht spätestens seit der Einführung der bildgebenden Verfahren wiederlegt. Bahnbrechend war in diesem Zusammenhang die Publikation von Eriksson (1998), in der erstmals die Neubildung von Nervenzellen - Neurogenese - im Gehirn Erwachsener und im Hippocampus beschrieben wurde. 

Diese Hirnregion an der Innenseite beider Schläfenlappen spielt eine bedeutende Rolle bei der Gedächtnisbildung und beim Lernen. Und dieser Prozess wird durch körperliche Aktivität, insbesondere durch Ausdauertraining, gefördert. Aus heutiger wissenschaftlicher Sicht ist das Gehirn kein starres Konstrukt, sondern ein flexibles und plastisches Organ, das durch seinen Gebrauch geformt und strukturell verändert wird, wie ein Muskel durch entsprechendes Training. Dabei wird die Gehirndurchblutung verbessert, vermehrt Neurotrophine sowie der sogenannte „growth factor“ ausgeschüttet, was die Neubildung von Nervenzellen und deren Vernetzung anregt.

Ein gut vernetztes Gehirn ermöglicht eine Vielzahl an Verhaltensreaktionen und fördert insgesamt die Entwicklung der Intelligenz. Körperliche Aktivität führt auch zu einer Verbesserung der so genannten „exekutiven Funktionen“, die es uns erlauben, zu planen, zielgerichtet zu handeln, Entscheidungen zu treffen aber auch unser Verhalten zu reflektieren und entsprechend dem Ergebnis anzupassen - das heißt, uns selbst zu steuern. Exekutive Funktionen und eine gute Selbststeuerung haben großen Einfluss auf die selektive Aufmerksamkeit, die Fehlerverarbeitung, und die Problemlösefähigkeit und bilden damit die Voraussetzungen für erfolgreiches Lernen. Darüber hinaus bildet eine gut ausgeprägte Selbstkontrolle die Basis für Impulskontrolle, Frustrationstoleranz sowie den Umgang mit Emotionen und beeinflusst damit entscheidend unser Sozialverhalten. 

Insgesamt deuten Studien zur körperlichen Fitness darauf hin, dass eine gesteigerte körperliche Fitness das Gehirn flexibler und effizienter arbeiten lässt. Dabei ist sowohl ein kurzzeitiger Effekt, zum Beispiel direkt nach einer Sporteinheit (10 bis 30 Minuten) zu beobachten, als auch eine langfristige Wirkung, die sich in verbesserten Leistungen im Bereich der Aufmerksamkeit, Konzentration, Lernen und Gedächtnis bemerkbar macht. Also bereits kurze Bewegungssequenzen steigern die Konzentrationsleistung und lassen unser Gehirn effizienter arbeiten.

So ganz nebenbei wird durch Bewegung die Figur erhalten, das Leben verlängert, das Immunsystem gestärkt, Rückenschmerzen vermindert und noch einiges mehr an positiven Effekten erzielt.Um sein volles geistiges Potenzial zu entfalten, sollte daher jeder immer öfter zu sich selber sagen: „Beweg Dich schlau!“

Mag. Konrad Tamegger ist Psychologie beim Heerespsychologischen Dienst.

 

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