• Veröffentlichungsdatum : 03.03.2023

  • 2 Min -
  • 498 Wörter
  • - 1 Bilder

Isonzo 1915/17

Rolf Wörsdörfer

Rolf Wörsdörfer

Isonzo 1915/17

Völkerschlachten am Gebirgsfluss

BRILL/Schöningh, Paderborn 2022

302 Seiten, 21,3 x 13,7 cm

ISBN: 978-3-506-70265-4

€ 31,50

Der Isonzo (slowenisch Soca) entspringt aus einer Karstquelle am Fuße des Travnik in den Julischen Alpen und mündet südlich von Monfalcone in den Golf von Triest. Für die einstigen Kriegsgegner Österreich-Ungarn und Italien ist dieser Fluss nicht nur eine Naturschönheit. Er gab dem hiesigen Kampfgebiet, in dem zwischen Mai 1915 und Oktober 1917 zwölf Schlachten ungeheuren Ausmaßes zwischen den k.u.k. Streitkräften und dem Regio Esercito Italiano (königlich-italienisches Heer) tobten, seinen Namen.

Viele Werke zu den Kämpfen im Isonzotal und dem angrenzenden Karst widmen sich der klassischen Operationsgeschichte. Der Weg, den Rolf Wörsdörfer, Privatdozent an der TU Darmstadt, in seiner Studie einschlägt, ist ein anderer. Er nennt seine Vorgehensweise „die unterschiedlichen Deutungen an die historischen Ereignisse zurückzubinden. Sie sollen mit Orten, Strukturen, Fakten, Bildern, Personen, Worten und Handlungen zusammengebracht und kontextualisiert werden“. So sind seine Hauptquellen die bereits herausgegebenen Egodokumente („Tagebuchaufzeichnungen, Briefwechsel und Erinnerungen“) von Kriegsteilnehmern. Für die Beschreibung des Kriegsverlaufes, der Waffentechnik oder der Heimatfront verwendet der Autor die aktuell gängige Fachliteratur.

Wörsdörfer unterteilt sein Werk in einen struktur- (Kap. 1 bis 2) und einen ereignisgeschichtlichen Teil (Kap. 3 bis 5). Das erste Kapitel behandelt die beiden Armeen sowie den Wechsel des einstigen Bündnispartners zum Kriegsgegner und gibt dem Leser einen guten Überblick über die Zeit vor dem Mai 1915. Das zweite Kapitel thematisiert die beiden Befehlshaber Boroevic und Cadorna und geht auf die geographischen Verhältnisse im Kampfgebiet sowie das soziale Leben in den Schützengräben im Karst ein. Dem folgt im dritten Kapitel eine Beschreibung der ersten sechs Isonzoschlachten bis zur Eroberung von Görz (Gorizia). Dazwischen sind kurze Unterkapitel über Artillerie, Gaskampf und den Winter 1915/16.

Im darauffolgenden vierten Kapitel werden die restlichen Isonzoschlachten bis zum Durchbruch von Flitsch-Tolmein im Herbst 1917 thematisiert. Hier erarbeitet Wörsdörfer in kurzen Unterkapiteln die Situation an den Heimatfronten der beiden Kriegsgegner. Im fünften Kapitel zeichnet er den Vormarsch der Verbündeten bis zum Piave, den drohenden Zusammenbruch des königlichen italienischen Heeres sowie die endgültige Niederlage Österreich-Ungarns im Herbst 1918 nach. Kapitel sechs bietet für den Leser Neuigkeiten hinsichtlich der beginnenden Wiederbesiedlung des Kampfraumes, der Erinnerungskultur aller Kriegsparteien bis zum Schlachtfeldtourismus.

Der Autor legte mit seinem Buch eine interessante Studie vor, die ein Vorbild für österreichische Militärhistoriker sein könnte, die nach wie vor oft starr chronologisch bzw. thematisch Gefecht an Gefecht oder Uniform(teile), Ausrüstung und Waffen aneinanderreihen. Die hierfür herangezogenen Akten des Kriegsarchives und Fotografien aus verschiedenen Sammlungen liefern dem Leser aber kaum einen Einblick in den Soldatenalltag, in Landeskunde und Geographie des Kampfraumes oder etwa in soziale Beziehungen zwischen den verschiedenen Menschen wie es die Egodokumente vermögen. Kritikpunkte an Wörsdörfers Studie sind, dass die einzelnen Egopunkte nicht konsequent zitiert wurden bzw. die ausschließliche Verwendung von bereits publizierten Memoiren, Briefen und Tagebüchern.

Abgesehen davon ist das Werk unbedingt (mehrmals) lesenswert, da die Literaturliste viel Neues bietet. Die Tatsache, dass der Autor, der auch slowenisch spricht, Quellen aus Slowenien und Italien heranzieht, ist besonders hervorzuheben.

-mpr-

 

Ihre Meinung

Meinungen (0)